Wir werden nicht 1,6 Milliarden Euro, sondern 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung haben. Wir haben dafür Sorge getragen, dass diese im Haus
haltsplan komplett gegenfinanziert werden. Das ist eine beachtliche Leistung, die Sie nicht in jedem Jahr vollbracht haben, in dem Sie die Regierungsverantwortung innehatten.
Wir werden bei diesen Programmen einen ganz wesentlichen Schwerpunkt auf Umwelttechnologien legen. Deswegen hat es Gespräche gegeben beispielsweise mit der Universität Lüneburg, mit der TU Clausthal über das Energieforschungszentrum und mit denen, die auf dem Feld regenerativer Energieträger außerordentlich erfolgreich unterwegs sind. Wir werden in den nächsten Jahren allein 300 Millionen Euro europäische Mittel für regenerative Energien, für neue Energietechniken binden, indem wir die Mittel mit 50 Millionen Euro aus dem niedersächsischen Landeshaushalt gegenfinanzieren.
Die dritte Bemerkung. Herr Wenzel, die von Ihnen angesprochenen Themen Klimaveränderung und mögliche Veränderungen des Golfstroms gehören in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung, weil diese Phänomene nachhaltige Veränderungen mit sich bringen. Die Analyse der Problematik ist eigentlich unstreitig. Sie wird nicht mehr in Zweifel gezogen. Aber die Schlussfolgerungen aus der Analyse müssen streitig diskutiert werden. Ich bin am Donnerstag in Brüssel bei EU-Umweltkommissar Dimas aus Griechenland gewesen. Er hat mir erläutert, warum die Europäische Kommission jetzt der Bundesrepublik Deutschland verschärfte Auflagen zur CO2-Reduktion macht. Wenn diese in Deutschland umgesetzt werden, dann führt das dazu, dass kein einziges neues Kraftwerk mehr entsteht - weder in Braunschweig, noch von RWE in Lingen, noch von Electrabel in Stade oder Wilhelmshaven. Eine nationale Kernenergieausstiegspolitik macht es unmöglich, Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen, die keinerlei CO2-Emissionen verursachen, und dafür teure Emissionszertifikate für CO2-Emissionen zuzukaufen, die dann bei Kohle- oder Gasverfeuerung entstehen. Das ist die Problematik.
Frau Steiner, Sie müssen sich einmal beispielsweise mit Herrn Vahrenholt, dem früheren sozialdemokratischen Senator in Hamburg, unterhalten, der die Windenergie in Deutschland zu Recht en
gagiert fördert. Sie müssen sich mit Leuten auseinandersetzen, die sagen: Wir brauchen für eine Übergangszeit die friedliche Nutzung der Kernenergie, die CO2-emissionsfrei ist, um beispielsweise Wasserkraft, Sonnenenergie, Windenergie ausreichend quersubventionieren zu können und um langfristig den Übergang zu regenerativen Energieträgern noch in diesem 21. Jahrhundert zu organisieren.
Es macht überhaupt keinen Sinn, dass wir in Deutschland national isoliert einen Ausstieg aus der Kernenergie organisieren, während auf der ganzen Welt Kernkraftwerke entstehen - die Finnen haben sich gerade entschieden, eines zu bauen, die Niederländer wollen ebenfalls eines bauen -, dass wir Kernkraftwerke, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen, nach 32 Jahren abstellen, während sie anderswo 60 Jahre laufen sollen, obwohl sie diesem Stand der Technik nicht entsprechen.
Verehrter Herr Wenzel, man darf manchmal nicht nur beklagen, sondern manchmal muss man auch mutig und entschlossen etwas tun. Wir sind bereit, eine Energiepolitik zu machen, die auch unter dem Gesichtspunkt der Klimaveränderungen nachhaltig und erfolgreich ist, die vor allem die Umwelt schützt und die das Erdklima nicht weiter erwärmt. Uns werden sonst später Vorwürfe gemacht werden. Die Neandertaler haben in ihrer Zeit mit ihren Erkenntnissen und aus ihrer Sicht alles richtig gemacht. Aber in 150 oder 200 Jahren wird man sagen: Die Deutschen haben 2006 Öl und Gas - endliche Rohstoffe - verbrannt, die Erdatmosphäre erwärmt, CO2-emitttiert; stattdessen hätten sie diese Rohstoffe sparen sollen, damit man daraus Kunststoffe und Schmieröle herstellen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, das war eine schöne Ablenkungsrede. Zum Thema haben Sie aber nichts gesagt.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das kann doch nicht wahr sein! Haben Sie nicht zugehört?)
- Doch. Ich erkläre Ihnen das gleich. - Ich will auf Folgendes hinweisen: Seit Monaten sind die beteiligten Ressorts nicht in der Lage, sich zu verständigen. Bis heute ist bei Ihnen nicht abschließend klar, wie die Schwerpunkte gesetzt werden sollen. Es macht sogar Schwierigkeiten, das mit Dritten zu verhandeln. Das ist das erste Problem.
Zweitens. Ich möchte darauf hinweisen, dass mein Kollege Möhrmann vor wenigen Wochen im Haushaltsausschuss gefragt hat, wie mit den Strukturmitteln umgegangen werden soll. Die Fragen konnten nicht beantwortet werden. Da dieses Thema aber als problematisch galt, ist erst einmal ein Kurzprotokoll erstellt worden. Augenscheinlich überlegt man jetzt ganz intensiv, wie man damit umgeht. Das ist aber auch dringend überfällig, Herr Wulff.
Drittens. Sie haben hier den Eindruck erweckt, als seien Sie derjenige, der Niedersachsen von einem Agrarland in ein Industrieland überführt hat. Da lachen die Hühner in Niedersachsen!
Ich empfehle Ihnen, die Untersuchung des NIW vom September dieses Jahres zu lesen. Da finden Sie sinngemäß folgende Formulierung: Zu Beginn der 1990er-Jahre startete das Land Niedersachsen eine Aufholjagd bei Forschung und Entwicklung. Das ist leider nach 2000 abgebrochen, meine Damen und Herren. Das ist Ihre Verantwortung. Das ist die Situation.
(Beifall bei der SPD - Anneliese Za- chow [CDU]: Ab 2003 ging es wieder los! - Weitere Zurufe von der CDU)
Niedersachsen war auf gutem Wege. Dann kamen Sie und haben die Akzente neu gesetzt. Das ist Ihr politischer Fehler, und das werfen wir Ihnen vor!
Ich will noch einmal deutlich bestätigen, was Herr Wenzel schon ausgeführt hat: Die 112 Millionen Euro, die in dem großen EFRE-Paket als umweltorientiert ausgewiesen sind, sind durch die Bank weg Mittel, mit denen Pflichtaufgaben des Landes Niedersachsen finanziert werden. Dass Mittel für
Pflichtaufgaben des Landes sozusagen durch Innovationsmittel aus Brüssel ersetzt werden sollen, ist doch keine Zukunftspolitik!
Sie erwecken hier den Anschein, als gehe es Ihnen um Ressourceneffizienz oder Zukunftsenergiemix. Darüber können wir ja gerne streiten. Das ist aber nicht die Frage gewesen. Hier ging es darum, ob von den 1,2 Milliarden Euro, die das Land bis 2013 zur Verfügung hat, Mittel in Energieund Umwelttechnik investiert werden. Diese Landesregierung beabsichtigt, die Kriterien Energieund Umwelttechnik aus dem Förderkatalog zu streichen, meine Damen und Herren. Das ist ein Skandal! Das lassen wir nicht zu, das geht nicht!
Es geht bei den EFRE-Mitteln nicht darum, Pflichtaufgaben des Landes zu ersetzen, sondern es geht darum, die KMUs in Niedersachsen in den Stand zu versetzen, sich ökologisch zu erneuern, damit sie im internationalen Wettbewerb, in den sie immer stärker gedrückt werden, mithalten können. Auch das können Sie in diesen Studien lesen. Es geht um einen Strukturwandel insbesondere der KMUs, damit Niedersachsen mit diesem Pfund, mit dem wir am ehesten wuchern können, gut in die Zukunft kommt. Darum geht es im Kern. Das haben Sie überhaupt nicht angesprochen. Sie sind auf Nebenveranstaltungen ausgewichen. Aufgrund der Art und Weise, wie das Kabinett mit den Strukturmitteln umgehen will, verspielen Sie die Zukunft des Landes Niedersachsen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was die Regierung erbitten darf, ist zumindest die Kenntnisnahme dessen, was wir beschlossen haben. Im Vergleich zu den anderen Ländern gibt es in Niedersachsen den sicherlich umfassendsten und präzisesten Nachhaltigkeitsbericht. Es gibt den Bericht „Umweltgerechter Wohl
in dem zu den Fragen, die wir gerade diskutieren, von allen Ressorts umfassend Position bezogen wird.
Es gibt einen solchen Bericht, in dem alle Ressorts, beispielsweise auch das Finanzressort, zu Nachhaltigkeit verpflichtet werden.
- Herr Wenzel, der Aufbau einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur ist einer der wichtigsten Punkte von Nachhaltigkeit.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Dann haben Sie aber nicht begriffen, was nachhal- tig ist!)
Nachhaltigkeit für Wohlstand bedeutet auch, dass die Menschen Arbeit haben, dass sie eine Ausbildung bekommen und sich von ihrem Einkommen ernähren können.
60 % aller industriellen Arbeitsplätze in Niedersachsen liegen im Abstand von 50 km links und rechts des Mittellandkanals. Dies zeigt, dass die Entscheidung vor 100 Jahren, den Mittellandkanal zu bauen, heute noch nachhaltige positive Auswirkungen für unser Land hat.
- Sie müssen es schon ertragen können, dass über Ihre Politik gesprochen wird! Sie haben 1990, als Sie in der Regierung waren, nach der deutschen Einheit entschieden, keinen einzigen Verkehrsweg zum Bundesverkehrswegeplan anzumelden.
Im Infrastrukturbericht der Landesregierung 1992, als Sie die Regierung gestellt haben, steht, die Minister hätten Fahrräder angeschafft, um die Transportwege in Hannover mit Fahrrädern zu
rückzulegen - das hat man dann nie wieder gesehen -, und man habe keinen einzigen Verkehrsweg zum Bundesverkehrswegeplan neu angemeldet; das sei der Erfolg grüner Regierungsbeteiligung. So steht es im Bericht von Herrn Trittin.
Zu den europäischen Programmen wird das Kabinett am 19. Dezember einen Grundsatzbeschluss fassen. Es gibt kein Bundesland, das einen dreistufigen Konsultationsprozess für die Ausnutzung europäischer Programme organisiert hat. Wir haben in drei Phasen alle Kommunen beteiligt und im Rahmen der damaligen Regierungsbezirksstruktur alle Regierungsbezirke zu entsprechenden Versammlungen eingeladen. Wir haben z. B. in der Ziel-1-Region die Vertreter von Wissenschaftsunternehmen, von Forschungsunternehmen, von Technologiefirmen zu einem Dialog eingeladen. Wir werden jetzt Schwerpunkte beschließen. Kritik kann dann angebracht werden, wenn diese Schwerpunkte beschlossen sind. Wir werden dazu dem Landtag im Detail Rechenschaft ablegen. Das europäische Programm mit seinen Mitteln wird besser und mehr für den Strukturwandel genutzt werden als Ihr Programm PROLAND, bei dem im Regelfall traditionelle Ausgaben durch europäische Mittel ersetzt worden sind. Insofern sind Sie da bestens im Stoff, wenn Sie diese Punkte angreifen; denn wir haben gerade bei PROLAND erlebt, wie Sie die Mittel eingesetzt haben. Nein, wir werden sie für die Zukunftspotenziale unseres Landes einbringen.