Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

Wir brauchen im Bereich der Tagespflege die Möglichkeit, dass auch Tagespflege in Räumen Dritter angeboten werden kann. Wir entsprechen dem Wunsch der Bevölkerung nach insgesamt flexibleren Lösungen. Das ist ganz wichtig, damit die Eltern Familie und Beruf vereinbaren können. Das kommt auch den Kindern zugute, weil sie qualifiziert und gut betreut werden. Im Grunde genommen tun wir all das, was Sie gefordert haben.

Wir haben aber nicht nur dieses Programm aufgelegt. Es gibt auch eine Ergänzung zu den Kindertagesstätten und bessere Angebote zur Ferienbetreuung, die man mit Tagespflege und Kindergärten gemeinsam aufstellen kann. Das alles wird dringend gebraucht, und das ermöglichen wir damit. Es ist für Strukturen und Vernetzung und nicht für die Aufgaben des TAG. Wir unterstützen die Kommunen.

Darüber hinaus machen wir eine ganze Menge für den Kinderschutz. Es ist sehr bezeichnend, dass von den Oppositionsparteien nicht viel darüber gesagt worden ist. Herr Schwarz, Sie haben das Kindernotruftelefon und die Familienhebammen angesprochen. Sie wollen im Prinzip genau das Gleiche im Haushalt dafür einsetzen, was wir in den Haushalt einstellen. Wir wissen, dass es für die Kinder wichtig ist, einen entsprechenden Schutz zu erfahren, und dass wir den Familien und Müttern, die nicht dazu in der Lage sind, selbst für

die Kinder zu sorgen, Unterstützung durch das Familienhebammenprojekt geben müssen. Ich weiß, dass dieses Projekt schon länger läuft. Es ist erfolgreich, und wir bauen es aus. Zu Ihrer Regierungszeit gab es vier Standorte mit 15 Hebammen. Jetzt gibt es 22 Standorte mit 200 Hebammen. Die Hebammen werden von den Kommunen bezahlt; denn das ist eine kommunale Aufgabe. Aber wir qualifizieren und vernetzen sie. Man muss überlegen: Was muss das Land tun, und was muss die Kommune tun? Daran orientieren wir uns.

Im Kinderschutzbereich bauen wir vieles aus. Dazu ist schon vieles gesagt worden. Wir bauen z. B. das Koordinationsprojekt gegen Kindesmisshandlung und sexuellen Missbrauch, das in Hannover begonnen hat, flächendeckend aus. Frau Mundlos hat es benannt. Wir errichten Außenstützpunkte in Oldenburg, Lüneburg und Braunschweig. Das ist erforderlich, um die Kinder überall in die Lage zu versetzen, Hilfe mit aufsuchender Sozialarbeit zu erhalten, wenn sie es brauchen. Das ist eine ganz wichtige Sache. Dafür sorgen wir auch.

(Zustimmung von Norbert Böhlke [CDU])

Denn aufsuchende Sozialarbeit, vernünftige Betreuung, Sorgfalt, die den Kindern zuteil wird, und Bildung von Anfang an sorgen für Chancengerechtigkeit. Das ist echte Sozialpolitik. Das machen wir auch.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich komme nun zur Jugend. Es wurde gesagt, dass wir das „Jahr der Jugend“ durchgeführt haben. Wir haben 250 000 Euro dafür investiert. Die Jugendlichen haben auch sehr gute Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Bei den Jugendlichen ist sehr viel Potenzial vorhanden, das wir damit unterstützt haben.

Sie haben angesprochen, dass wir jetzt das Landesjugendamt aufgelöst haben. Ich sage Ihnen noch einmal: Bereits 1999 hat Frau Trauernicht das Landesjugendamt in zwei verschiedene Abteilungen aufgeteilt. Diese waren de facto schon dem Kultusministerium und dem Sozialministerium zugeordnet. Es gab also bereits eine Spaltung. Wenn das Landesjugendamt jetzt nicht mehr als solches existiert, dann schaffen wir damit keine einzige Aufgabe und keinen einzigen Mitarbeiter ab, der sich für Jugendliche einsetzt. Eventuell werden zwei Stellen in das Sozialministerium umgelagert. Es ist aber noch nicht ganz klar, ob das

wirklich passiert. Vor allen Dingen wird aber auf alles, was die Jugend angeht, auch in Zukunft geachtet.

Der Landesjugendhilfeausschuss wird in einen Beirat überführt. Verschiedene Jugendverbände haben mich schon darauf angesprochen, dass sie in dem Beirat gerne direkter beteiligt werden möchten, als es vorher im Landesjugendhilfeausschuss der Fall war, dem mehr Funktionäre und weniger Jugendliche angehörten. Es besteht also durchaus eine Chance, die Beteiligung in diesem Bereich zu verbessern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zum Schutz von Frauen vor Gewalt muss ich gar nicht mehr viel sagen. Nur so viel: Wir haben erst die BISS-Stellen flächendeckend ausgebaut - das haben wir versprochen und auch gehalten -, und jetzt haben wir eine neue Richtlinie, die nicht mehr einen historisch gewachsenen Verteilungsschlüssel bedient, sondern eine situationsabhängige Gewichtung vornimmt. Das hatte bei einigen Standorten zu Verwerfungen geführt, die wir ausgeglichen haben. Insgesamt stehen im Haushalt 448 000 Euro mehr zur Verfügung. Das ist viel mehr als zu Zeiten der SPD-Regierung und ganz eindeutig ein Verdienst dieser Regierungsfraktionen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ganz wichtige Heroinprojekt ist noch gar nicht angesprochen worden. Das Modellprojekt läuft zum Jahresende aus. Wir hatten von Niedersachsen aus versucht, darauf hinzuwirken, dass das getan wird, was die logische Konsequenz gewesen wäre, dass nämlich auf Bundesebene eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vorgenommen wird, um die Regelversorgung zu ermöglichen. Dies ist leider nicht gelungen; es ist an der Unionsfraktion im Bundestag gescheitert, obwohl ich weiß, dass alle Fachpolitiker der Unionsparteien die Notwendigkeit sehr wohl bejaht haben. Da wir hier die Menschen nicht im Regen stehen lassen können, haben wir 200 000 Euro für die psychosoziale Betreuung eingesetzt; denn wenn dieses Projekt nicht weitergeführt werden kann, müssen wir einen geordneten Ausstieg organisieren. Damit betreiben wir hier eine zukunftsweisende Drogenund Suchtpolitik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Bereich der Aidsprävention haben wir wieder 20 000 Euro zusätzlich für Lingen eingestellt. Dies war uns schon für dieses Jahr erstmals gelungen. Wir möchten das dauerhaft machen, weil es wirklich notwendig ist. Da die SPD mehr Mittel für die Aidsberatung einstellen will, füge ich hinzu: Dies wäre in der Tat wünschenswert. Dass die Gefahr nicht gebannt ist, merken wir daran, dass zwar nicht in Niedersachsen, wohl aber woanders wieder mehr Infektionen auftreten. Wir wollen jedoch nur das ausgeben, was wir im Moment bezahlen können. Niedersachsen ist bei der Aidsberatung sehr gut aufgestellt; es ist wichtig, auch dies zu benennen. Ich weiß nichts von irgendwelchen Kürzungen in Miplas, die real umgesetzt werden sollten. Warten wir also ab, bis es so weit ist. Dann können wir wieder darüber sprechen.

Zu den Landeskrankenhäusern ist schon vieles gesagt worden. Jetzt läuft hier ein geordnetes Verfahren. Nur so viel noch: Hier spielen medizinische Konzepte eine Rolle, und wir berücksichtigen auch Belange von Mitarbeitern. So, wie Sie es dargestellt haben, ist es also überhaupt nicht.

Das Landesblindengeld haben wir wieder eingeführt. An dieser Stelle erinnere ich an meine letzte Haushaltsrede. Ich habe schon im letzten Jahr gesagt - wir hatten ja eine Umstellung vorgenommen -, dass das Geld nicht in dem Maße bei den blinden Menschen ankomme, wie es von ihnen gebraucht wird, dass wir mit dem Blindenverband reden wollten und dafür sorgen würden, dass die blinden Menschen das Geld bekommen, das sie brauchen. Dem haben wir entsprochen. Von daher ist das eine konsequente Entwicklung gewesen.

Wir haben Palliativstützpunkte ausgebaut. Es gibt, glaube ich, eine große Einigkeit, dass das sinnvoll ist. Vergleicht man die Haushaltsanträge, verlangen alle Fraktionen, den Ansatz des Haushaltsentwurfs um 200 000 Euro zu erhöhen. Dies findet sich sowohl bei uns als auch bei der Opposition. Von daher tun wir genau das, was notwendig ist.

Als Ministerin Ross-Luttmann den Haushaltsplanentwurf im Sozialausschuss eingebracht hatte, verlief die Debatte noch recht einvernehmlich. Wir sagten damals, die Opposition könne eigentlich zustimmen. Inzwischen stellt sich dies hier im Plenum aber ganz anders dar. Vergleicht man aber die einzelnen Posten, kommt man zu dem Ergebnis, dass wir in ganz ähnlicher Form dort Akzente setzen, wo es auch die Opposition tut. Wir sind uns eigentlich einig. Sie setzen noch einen drauf; aber

das kann man nicht bezahlen. Auch uns wäre es lieb, mehr draufzusatteln. Wir aber wollen eine zukunftsweisende Sozialpolitik, die ehrlich ist und dem Haushalt entspricht. Das setzen wir auch um.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein Letztes: Im Lande sind zahlreiche Verbände mit uns zufrieden. Wir sind mit uns natürlich auch zufrieden. An dieser Stelle danke ich ausdrücklich allen, die sich auch in diesem Jahr ehrenamtlich und hauptamtlich für die Sozialpolitik eingesetzt haben. - Sie, meine Damen und Herren von der SPD, können noch einmal darüber nachdenken, ob Sie unserem Sozialhaushalt nicht doch zustimmen wollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nächste Rednerin ist Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was haben wir gerade erlebt? - Ein Jahr vor der Landtagswahl versuchen die Abgeordneten der schwarz-gelben Regierungskoalition, mit diversen kleinen Änderungsanträgen zum vorgelegten Haushaltsplanentwurf den Eindruck zu erwecken, dass sie diejenigen seien, die zum Wohl des Landes Niedersachsen und seiner Menschen Politik machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Ja, genau!)

- Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie täuschen sich selber, und Sie täuschen die niedersächsischen Bürger. Sie werfen Nebelkerzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihnen fehlt doch ein Gesamtkonzept inklusive Finanzierung. Gestern haben Sie in der Generaldebatte von dieser Stelle aus behauptet, dass sich diejenigen, die am meisten Schutz brauchen, auf diese Landesregierung verlassen könnten.

(Zurufe von der CDU: So ist es!)

Ich glaube, das ist eine grobe Fehleinschätzung. Schauen Sie sich die Gesundheitsförderung, die Kinder- und Jugendarbeit, den Kinder- und Jugendschutz und die Kinderarmut in Niedersachsen

an! Das sind Negativposten in Ihrer Regierungszeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch von Norbert Böhlke [CDU])

Ich erinnere an die Beratung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst,

(Ursula Körtner [CDU]: Immer das Gleiche!)

in der Ihre Sozial- und Gesundheitspolitiker kurz vor Toresschluss zurückgepfiffen wurden, als es um verbindliche standardisierte Eingangsuntersuchungen für Kindergartenkinder ging.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Versuche, dieses Gesetz auch in Anbetracht der bekannten Fälle Jessica und Kevin sowie der öffentlichen Debatte über misshandelte Kinder nachträglich zu einem wirklichen Gesundheitsdienstgesetz zum Wohle der Kinder auszubauen und für einen Vorrang für frühzeitige Prävention zu sorgen, wurden von Ihnen wiederholt abgelehnt bzw. es wurden ganze Themenkomplexe verschleppt. Sie haben Angst vor der Konnexität. Aber man muss natürlich Geld in die Hand nehmen und im Haushalt zugunsten der Kinder und Jugendlichen im Bereich Gesundheits- und Sozialpolitik umschichten. Da aber waren Sie feige.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben dann auf öffentlichen Druck - der Druck wurde Ihnen offenbar zu groß - nur die Verpflichtung zu Schuleingangsuntersuchungen aufgenommen.

Auch heute versuchen Sie, sich hier als Vorreiter in Sachen Kinderschutz aufzuführen. Eines muss ich Ihnen zugestehen: Es gelingt Ihnen immer noch ganz gut, die Menschen und auch die Kommunen z. B. in Sachen Familienhebammen zu täuschen. Ihr Täuschungsmarketing - Frau Meißner, auch Sie haben es eben wieder gezeigt - ist gut, Ihre Umsetzungsstrategie aber mehr als mangelhaft. Nach Ihren Pressemitteilungen gingen die Menschen wirklich davon aus, dass das erfolgreiche Modellprojekt eben wegen seiner Erfolge im präventiven Kinderschutz flächendeckend in Niedersachsen eingeführt werde. Aber nein, die Kommunen bezahlen die Familienhebammen. Sie müssen 100 % der Kosten aufbringen, und das Land macht ein bisschen Qualifizierung und ein bisschen Vernetzung. Das ist nichts anderes als Kinderschutz und

Familienhilfe nach Kassenlage der jeweiligen Kommune.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wissen Sie was? - Die Meinungsbildung zur Frage des gesundheitlichen Schutzes ist in der CDU dermaßen bunt und von Gegensätzen gekennzeichnet, dass ich gespannt bin, wann sich welche Linie abzeichnen wird. Etwas scheinen Sie ja in der Familienwirklichkeit angekommen zu sein. Die Realität ist erschreckend, zeigt aber nur die Spitze des Eisbergs. Wir erkennen ein Dreieck von überforderten Eltern, von unzureichender oder ebenfalls überforderter und unterfinanzierter Kinderund Jugendhilfe und von löchrigem Gesundheitsschutz bzw. unzureichender Gesundheitsversorgung. Die Zukunft eines verstärkten Kinderschutzes muss in einem verbindlichen präventiven Handlungsprogramm aller zuständigen und beteiligten Stellen und Initiativen liegen.

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen ein Programm für ein familien- und kinderfreundliches Niedersachsen vorgelegt, das auch Finanzierungsvorschläge enthält, Herr McAllister. Es baut darauf auf, die Verantwortung nicht immer von einer Ebene zur anderen zu schieben, sondern auch in finanzieller Hinsicht gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Auch die familienpolitischen Verbände haben einen Vorstoß unternommen: Kinderförderung statt Ehegattensplitting. Schließen Sie sich dem doch einfach an. Dann tun auch Sie etwas für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Gegensatz zu Ihnen meinen wir es mit dem von uns vorgelegten Programm ernst, wenn wir über Kinderarmut, Kinderschutz, Bildung und Chancengleichheit sprechen. Grüne machen nachhaltige und zukunftsfähige Politik. Dies haben wir auch in unseren Änderungsanträgen zum Haushalt dokumentiert, ob es Ihnen passt oder nicht. Da sind wir ganz auf einer Linie mit McKinsey und stellen uns den notwendigen qualitativen und quantitativen Herausforderungen.

Nun noch ein Wort zum Programm zur Förderung familienfreundlicher Strukturen, bei dem Sie sich so abfeiern lassen. Das ist eine Pflichtaufgabe! Es geht hier um 25 Millionen Euro. Sie nutzen aber selbst diese 25 Millionen Euro und verkaufen das Programm „Familie mit Zukunft“, um die Standards