Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

Ich sage Ihnen, Herr Wulff und Herr McAllister: Diese informelle Distanzierung, die Sie gerade betrieben haben, reicht nicht hin. Wir reden über offensive Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, und die sieht anders aus.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Rösler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Kampf gegen extremistische Parteien sind wir sind uns sicherlich alle einig. Ich halte deswegen für meine Fraktion, aber auch für die FDP in Niedersachsen fest, dass wir als demokratische Partei jegliche Zusammenarbeit mit allen extremistischen Parteien kategorisch ablehnen.

(Beifall im ganzen Hause)

Mein Landesvorstand - ich gehe davon aus, dass das auch für unseren Koalitionspartner gilt - hat vor der Kommunalwahl eindeutig beschlossen, dass jegliche Koalitionen und Bündnisse mit extremistischen Parteien vonseiten der Landespartei verboten sind. Verstöße werden immer mit Parteiausschlussverfahren enden müssen.

Herr Dr. Rösler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfragen. - Ich will Ihnen nur eines sagen: Auch wenn wir uns im Kampf gegen extremistische Parteien einig sind - es wird nicht so einfach gehen, dass man meint, einfach Vorgänge in einzelnen Landkreisen hervorheben zu können und damit schon etwas gegen den Rechtsextremismus getan zu haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Das Problem unseres demokratischen Systems ist aus meiner Sicht der Glaubwürdigkeitsverlust.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Genau!)

Deswegen muss man schon gemeinsam an der Glaubwürdigkeit arbeiten. Wer in der Kritik gegenüber extremistischen Parteien glaubwürdig sein will, der muss linke Bündnisse genauso scharf verurteilen, wie CDU und FDP rechte Bündnisse scharf verurteilen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ganz so naiv, wie Sie sich die Menschen manchmal wünschen, ist die Welt leider nicht. Sie haben ganz bewusst einige Dinge nicht angesprochen. Es fällt den Menschen durchaus auf, dass die SPD bundesweit - in den Ländern und in den Kommunen - teilweise sehr wohl mit extremistischen Organisationen und Parteien Koalitionen eingegangen ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD - Dr. Ga- briele Andretta [SPD]: Welche denn?)

- Die SED-Nachfolgepartei ist für mich eine extremistische Partei. Sie arbeiten mit dieser Partei ganz ungeniert und offen zusammen. Das führt natürlich auch zu einem gewissen Glaubwürdigkeitsverlust.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Wo denn?)

Wir brauchen Beschlüsse dahin gehend, dass wir mit solchen Kräften nicht zusammenarbeiten.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir dürfen auch nicht mit extremistischen Parteien zusammenarbeiten. Es kann im Einzelfall nicht verhindert werden, dass Sie manchmal Zustimmung erhalten, die Sie definitiv nicht haben wollen. Manchmal ist es eben so, dass Sie nicht dafür verantwortlich sind, wer Ihnen am Ende zustimmt. Das gibt es nun einmal in der Demokratie. Das müssen wir am Ende leider auch akzeptieren.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich sage Ihnen: Wenn Sie in einer Demokratie Extremismus wirklich verhindern wollen, dann müssen Sie die Menschen wieder mit inhaltlicher Arbeit überzeugen. Es wird nicht ausreichen, wenn Sie hysterisch das eine oder andere Thema aufgreifen,

(Zuruf von der SPD: Wie Sie! Wir nicht!)

ohne in der Sache auch nur einen einzigen Lösungsvorschlag zu haben.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie sich mit der Angelegenheit in Helmstedt beschäftigt haben, dann wissen Sie ganz genau, dass bisher alle Entscheidungen von den etablierten Parteien gemeinsam getroffen wurden. Dieses Mal hat die SPD aber die Zustimmung verweigert.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Was?)

Dann hätte man womöglich bei der Einbringung des Haushalts keine Mehrheit gefunden. Dieses Risiko sind die Kollegen in Helmstedt anscheinend eingegangen. Wenn Sie aber wirklich gegen Rechtsextremismus wären, dann würden Sie mit inhaltlicher Arbeit versuchen, die Menschen jetzt davon zu überzeugen, dass Sie eine Alternative sind. Dafür gibt es im Landesparlament die Aktuelle Stunde. Da hätten wir in der Tat Inhalte und Vorschläge erwartet, wie Sie die Probleme der Menschen in unserem Land lösen wollen. Da ist von Ihnen aber wiederum nichts gekommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Jetzt ist die SPD schuld?)

Mit einem solchen Verhalten bewirken Sie erst recht, dass sich die Extremen, gerade die Rechtsextremen, bestätigt fühlen. Sie holen sie jetzt hier in das Parlament, Sie holen sie direkt zu den Medien. Das führt am Ende dazu, dass sich solche politischen Richtungen durch Ihr Verhalten extrem politisch bestätigt fühlen. Ich halte das für einen Schaden für unsere Demokratie.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD - Dr. Ga- briele Andretta [SPD]: Das ist eine schlimme Rede! Jetzt ist die SPD schuld! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe)

Meine Damen und Herren, können Sie sich ein bisschen beruhigen?

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Schünemann das Wort.

(Werner Buß [SPD]: Ich dachte, der Landesvorsitzende der CDU spricht!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu diesem Thema drei Bemerkungen machen.

Erstens. Demokratische Parteien und Fraktionen dürfen mit Extremisten weder kooperieren noch paktieren oder taktieren, meine Damen und Herren. Das ist eindeutig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hat hier Ende der 80er-Jahre einen Vorfall gegeben, an den sich die einen oder anderen noch erinnern können. Ein Mitglied der CDU-Fraktion hat mit den Republikanern geliebäugelt. Die CDUFraktion hat damals selbstverständlich be-schlossen, diesen Abgeordneten aus der Fraktion auszuschließen - das war eine einstimmige Mehrheit -,

(Werner Buß [SPD]: Nach langem Zögern!)

auch wenn es dabei um den Verlust der Mehrheit ging. Meine Damen und Herren, das ist für De

mokraten selbstverständlich, und das war richtig so.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich bin ganz sicher, dass sich die kommunalen Mandatsträger in Niedersachsen ihrer Verantwortung in diesem Sinne bewusst sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gerade im letzten Jahr gab es einige Beispiele, bei denen man zusammenstand. Nicht nur die einzelnen demokratischen Parteien und Fraktionen, sondern die Bürgerschaft insgesamt hat gesagt: Wir müssen Zeichen setzen. Wir müssen, wenn es um Rechtsextremismus geht, auf jeden Fall alles verhindern, damit sich in Dörverden, in Verden und in Delmenhorst nicht etwas breit macht, was wir auf jeden Fall verurteilen. - Das ist modellhaft. Ich glaube, dass man sich insgesamt - auch in den Kommunen, auch die Mandatsträger - dieser Verantwortung in unserem Land bewusst ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Diese Landesregierung geht mit aller Härte und Konsequenz gegen jede extremistische Bewegung in unserem Land vor.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das hat etwas mit Repression zu tun, genauso aber auch etwas mit Prävention. Bisher waren wir uns hier im Parlament einig, dass wir in dieser Frage zusammenstehen müssen. Deshalb hat auch diese Landesregierung die guten Projekte der Vorgängerregierung übernommen, teilweise ausgebaut, aber auch neue Akzente gesetzt.

Das Landesamt für Verfassungschutz hat in den letzten drei Jahren hierbei wirklich Akzente gesetzt. Es geht darum, gerade die Jugend davor zu schützen, dass sie dieses Gedankengut durch rechtsextreme Musik verinnerlicht und damit in diese Szene abrutscht. Deshalb ist man in die Schulen gegangen, hat dort mit den Eltern, Schülern und Lehrern verantwortungsvoll darüber gesprochen und teilweise diese Musik sogar vorgespielt, damit man genau weiß, was diese - ich muss schon sagen - Verrückten versuchen, mit dieser Jugend zu machen.