Protokoll der Sitzung vom 27.06.2003

Wir haben eine gewisse Kontinuität in der Landespolitik. Das hat man auch in den letzten Wochen vernommen, und ich habe das in meiner Rede vorgestern angedeutet. Was die Hochbegabtenförderung anbelangt, so ist im Kultusministerium in den letzten Jahren konzeptionell gut gearbeitet worden. Wir können daran anknüpfen und vielleicht den einen oder anderen zusätzlichen Akzent oder Gedanken mit einbringen, um das Ganze zu einem guten Ergebnis zu führen. Bundesweit sind wir führend; daran hat auch die Vorgängerregierung ihre Verdienste. Es gibt nur einen entscheidenden Unterschied: Wir sind jetzt schneller!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur

Frage 2: Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger für den Schuldienst

Frau Pfeiffer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Trotz der drückenden Finanzlage des Landes Niedersachsen werden zum Schuljahresbeginn 2003/2004 2 500 zusätzliche Lehrerstellen bereitgestellt. Insgesamt ergeben sich landesweit 4 114 Einstellungsmöglichkeiten. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Fachlehrermangels und des damit verbundenen Lehrermangels im ländlichen Bereich haben verstärkt auch für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger die Chance, in den Schuldienst zu gelangen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Von welchem konkreten Bewerberpotenzial geht die Landesregierung aus?

2. Wie viele Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind a) in den Vorbereitungsdienst und b) in den Schuldienst mit berufsbegleitender Qualifizierung bisher eingestellt worden?

3. Welche Konzeption verfolgt die Landesregierung in diesem Bereich künftig?

Herr Minister Busemann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der wachsende Ersatzbedarf an Lehrkräften in den kommenden Jahren, der für alle Schulformen im allgemein bildenden wie berufsbildenden Bereich gilt, hat bereits im Jahr 2001 - also schon unter der vorhergehenden Landesregierung - zu Sondermaßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften geführt. Dabei geht es nicht nur um einen quantitativen Ersatz, sondern insbesondere um die fachgerechte

Versorgung der Schulen, und das auch in den ländlichen Regionen Niedersachsens.

Einen spezifischen Bedarf gibt es in den Fächern Physik, Chemie, Musik, Englisch, Französisch, Gestaltendes Werken, Technik und Hauswirtschaft an Hauptschulen und Realschulen. Für die Gymnasien werden auf diesem Wege Lehrkräfte vor allem für Physik, Latein, Spanisch und Musik gesucht. An den berufsbildenden Schulen fehlen Lehrkräfte insbesondere für Elektrotechnik, Metalltechnik, Druckund Medientechnik, Informatik sowie Wirtschaftswissenschaften in Verbindung mit Englisch und Spanisch.

In Niedersachsen gibt es drei Wege für Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen, ohne Lehramtsstudium in den Schuldienst einzutreten:

Erstens. Nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Ausbildung und die Zweiten Staatsprüfungen für Lehrämter - PVO-Lehr II - vom 18. Oktober 2001 können Hochschulabsolventinnen und –absolventen mit einem Diplom- oder Magisterabschluss in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden, wenn der Abschluss zwei Fächern zugeordnet werden kann, von denen mindestens eines zu den jeweils aktuell benannten Bedarfsfächern gehört. Damit kann zu jedem Einstellungstermin kurzfristig auf den besonderen Bedarf reagiert werden.

Zweitens. Zwei Universitäten bieten einen Intensivstudiengang „Schulpädagogik und Didaktik“ mit je 25 Studienplätzen an, nämlich die Universität Göttingen für das Lehramt an Gymnasien und die Universität Lüneburg für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen, Schwerpunkt Hauptschule und Realschule. Zugelassen werden können Hochschulabsolventinnen und –absolventen nach den vorgenannten Kriterien. Der Studiengang schließt mit einer Masterprüfung ab und berechtigt zum Eintritt in den Vorbereitungsdienst.

Drittens. Es besteht die Möglichkeit, direkt in den Schuldienst im Angestelltenverhältnis eingestellt zu werden. Neben den Absolventinnen und Absolventen von Universitäten können sich auf ausgeschriebene Stellen im Angestelltenbereich auch Fachhochschulabsolventinnen und –absolventen bewerben, z. B. mit dem Abschluss im Studiengang Ökotrophologie für das Fach Hauswirtschaft für Hauptschulen und Realschulen.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu Frage 1: Zum Einstellungstermin 18. August 2003 liegen für die 4 114 Lehrerstellen insgesamt etwa 12 000 Bewerbungen in den Bezirksregierungen vor, davon 3 300 Bewerbungen von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern ohne Lehramtsausbildung, darunter ca. 2 800 für die allgemein bildenden Schulen und 500 für die berufsbildenden Schulen.

Für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst zum 1. November 2003 haben sich rund 330 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger für die allgemein bildenden Schulen und 100 für die berufsbildenden Schulen beworben. Aufgrund der genannten Kriterien werden etwa 190 Bewerberinnen und Bewerber grundsätzlich für eine Zulassung im allgemein bildenden Bereich in Betracht kommen – im Vorjahr waren es 89 – und im berufsbildenden Bereich etwa 40 – im Vorjahr waren es ähnlich viele, nämlich 42.

Zu Frage 2: Seit dem 1. November 2001 sind 222 Bewerberinnen und Bewerber für das Lehramt an Gymnasien und für das Lehramt an Grund-, Hauptund Realschulen sowie weitere 60 für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in den Vorbereitungsdienst eingestellt worden. Die ersten Absolventinnen und Absolventen mit erfolgreich abgelegter Zweiter Staatsprüfung – sie haben eine Durchschnittsnote von 2,1 erreicht – können sich zum jetzigen Einstellungstermin als Laufbahnbewerber um ausgeschriebene Stellen für Physik und Chemie bewerben.

Direkt in den Schuldienst wurden seit August 2001 insgesamt 56 Bewerberinnen und Bewerber für allgemein bildende Schulen eingestellt. Für die berufsbildenden Schulen waren es seit August 2001 insgesamt 121 Lehrkräfte, davon 94 im Beamtenverhältnis nach § 12 der Besonderen Niedersächsischen Laufbahnverordnung und 27 im Angestelltenverhältnis.

Zu Frage 3: Solange ein fachspezifischer Bedarf in bestimmten Unterrichtsfächern und Fachrichtungen besteht, der mit regulären Bewerberinnen und Bewerbern nicht gedeckt werden kann, wird die Landesregierung die aufgezeigten Sonderwege weiter verfolgen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur nächsten Frage.

(Daniela Pfeiffer [CDU] meldet sich zu Wort)

Das Präsidium hat die herzliche Bitte, nicht im allerletzten Moment, sondern schon ein bisschen vorher das Handzeichen zu geben. - Frau Pfeiffer, Sie haben das Wort.

Vor dem Hintergrund, dass Sie dargestellt haben, Herr Minister Busemann, wie sich verstärkt für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger aufgrund des anhaltenden Fachlehrermangels die Chance ergibt, in den Schuldienst zu gelangen, vor dem Hintergrund, dass sich gerade im ländlichen Raum grundsätzlich das Problem stellt, ausreichend Lehrer zu finden, und vor dem Hintergrund, dass die Unterrichtsversorgung im ländlichen Raum unter der alten Landesregierung dramatische Züge angenommen hatte, frage ich die Landesregierung: Wie sah die Unterrichtsversorgung speziell im ländlichen Raum unter der alten Landesregierung aus, und wie wird sie sich durch die Maßnahmen der neuen Landesregierung verbessern?

Herr Minister Busemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Jahren bei insgesamt zu beanstandender defizitärer Unterrichtsversorgung feststellen müssen, dass es insbesondere in einigen ländlichen Bereichen des Landes eine nicht hinnehmbare schlechte Unterrichtsversorgung gibt, manches Mal auch deshalb, weil die Lehrer nicht dorthin wollten. Ähnliche Probleme hatten wir fächerspezifisch, sodass wir in einigen Bereichen die Fächer nicht bedienen konnten.

Die statistischen Daten zur Unterrichtsversorgung werden nicht nach „ländlich“ und „städtisch“ aufgeschlüsselt, sondern nach Landkreisen und kreisfreien Städten, sodass aufgrund der Zahlen, die kundgetan werden, nicht die Löcher sichtbar werden, die sich in problematischen ländlichen Bereichen auftun. Historisch ist es so – das ist auch in den letzten Jahren so gewesen -, dass wir in einigen Bereichen des Harzes, in einigen Ecken der Region Hannover, in manchen Bereichen der Region Lüneburg, in einigen Bereichen der Region Weser-Ems, in Cuxhaven bzw. entlang des Küs

tenstranges Probleme hatten, Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen. Wenn insgesamt das Angebot auf dem Markt und die Einstellungspraxis einer Landesregierung dürftig sind, dann bekommen diese Regionen es besonders ab.

Die kräftige Einstellungsaktion, die diese Landesregierung in diesen Tagen durchführt, bedeutet einen erheblichen Schub. Sie haben das gehört, 4 100 Stellen sind ausgeschrieben worden; dabei handelt es sich um den Ersatz für pensionierte Kräfte, um Einstellungen für gewisse Zusatzbedarfe, vor allem aber um die Einstellung von 2 500 zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrern. In meiner Antwort auf die Frage 1 bin ich schon auf die Quereinsteigerquote eingegangen. Wir haben 12 000 Bewerbungen, die wir nicht alle berücksichtigen können. Bei den Quereinsteigern bauen wir uns vielleicht ein verfügbares Potential – gerade auch fächerspezifisch – für die nächsten Jahre auf. Durch diesen Schub kriegen wir es hin, dass die Unterrichtsversorgung im Herbst dieses Jahres insgesamt etwa bei 99,9 % liegen wird; wir hatten darüber schon vor ein oder zwei Monaten debattiert. Damit können wir aber auch die Lücken schließen, die sich in den etwas schwierig gelagerten Regionen auftun, sodass wir auch dort eine ordentliche Lehrerversorgung erreichen, die in etwa oder vielleicht sogar völlig dem Landesdurchschnitt entspricht. Die letzten Ausschreibungs- oder Stellenvergabemodalitäten muss man vielleicht noch abwarten, aber es deutet sich - bei weiter bestehenden Problemen - an, dass wir im Verlaufe des jetzt beginnenden neuen Schuljahres fächerspezifisch in eine günstige Situation kommen werden.

Zu einer Zusatzfrage hat sich der Abgeordnete Pörtner gemeldet. Herr Pörtner!

Herr Minister, vor dem Hintergrund mehrerer Anfragen, die in dieser Angelegenheit an mich gerichtet worden sind, habe ich folgende Frage: Spielen bei der konkreten Einstellung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern weitestgehend fachspezifische Qualifikationen eine Rolle, oder wird auch auf die didaktisch-pädagogische Qualifikation der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, der Bewerberinnen und Bewerber Wert gelegt?

Herr Minister Busemann!

Herr Kollege, Sie sprechen die beiden Kriterienfelder – zum einen das Fachspezifische und zum anderen das Didaktische – an. Beides ist zwingend erforderlich. Das Didaktische muss sich die Bewerberin oder der Bewerber notfalls noch aneignen, sonst kann es nicht zu einer Einstellung kommen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu

Frage 3: Was tut der zuständige Minister eigentlich zur Stärkung des ländlichen Raumes?

Sie wird vom Abgeordneten Steinecke gestellt. Herr Steinecke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Niedersächsische Minister für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wird nicht müde, die Stärkung des ländlichen Raumes in den Mittelpunkt seiner Arbeit zu stellen.

Tatsächliche Folgen dieser Ankündigungen lassen bisher auf sich warten. Im Gegenteil: Der Eindruck verfestigt sich, dass schon mit dem Erhalt des Status quo im ländlichen Raum eine Menge gewonnen wäre, um einer Verschlechterung der Lebensbedingungen entgegenzuwirken.

Aktueller Hintergrund für diese Befürchtungen ist eine Maßnahme der Deutschen Post AG mit erheblichen Auswirkungen. Die von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post verordnete Portosenkung hat die Deutsche Post AG teilweise dadurch kompensiert, dass sie zahlreiche Postfilialen geschlossen und etliche tausend Briefkästen abgehängt hat. Landesweit sorgten diese Maßnahmen in Städten und Regionen gleichermaßen für große Empörung. Werden Briefkästen, besonders auf dem Land, weiter ausgedünnt, wäre dies ein Verstoß gegen das Gebot der wohnortnahen Versorgung mit postalischen Basisangeboten.

Weitere Schließungen von Postfilialen und weitere Demontagen von Briefkästen würden vor allem den ländlichen Raum benachteiligen.

Diesen konkreten Vorgang zum Anlass nehmend, fragen wir die Landesregierung:

1. Hat sie das Gespräch mit der Post gesucht, um Hinweise oder Informationen von der Post zu erhalten, ob weitere derartige Maßnahmen geplant sind, und was wurde unternommen, um diese abzuwenden?

2. Welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um einer mangelnden Versorgung des ländlichen Raumes mit Briefkästen und Poststellen entgegenzuwirken?

3. Welche Möglichkeiten hat sie, private Betreiber von Poststellen und Briefkästen im ländlichen Raum zu unterstützen?

Herr Minister Hirche!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Hängen Sie sie eigenhändig wieder auf!)