Bei der Erbschaftsteuer besteht jetzt genau die richtige Gelegenheit; denn das Bundesverfassungsgericht hat sie in ihrer derzeitigen Ausgestaltung für verfassungswidrig erklärt. Die Erbschaftsteuer muss neu gestaltet werden.
An dieser Stelle rufen wir dazu auf, gemeinsam den Mut aufzubringen, diese Neuordnung in der Föderalismusreform Teil II zum Anlass zu nehmen, die Erbschaftsteuer zu einer reinen Landessteuer zu machen.
Natürlich sollte der Bund die einheitlichen Bewertungsmaßstäbe benennen und vorgeben. Die Länder sollten die Ausgestaltung der Erbschaftsteuer aber alleine regeln dürfen. Für uns ist wichtig, dass dabei die folgenden Kernpunkte umgesetzt werden:
Erstens. Die Neugestaltung der Erbschaftsteuer darf für die Bürger nicht zu einer Mehrbelastung führen. Das ist den Bürgern heutzutage - auch nach den Steuererhöhungen durch die Große Koalition - nicht zumutbar.
Zweitens. Selbstverständlich muss es wie schon in der Vergangenheit dabei bleiben, dass beispielsweise das private Einfamilienhaus weiter steuerfrei vererbt werden kann. Schließlich ist gerade das Einfamilienhaus aus versteuertem Einkommen bezahlt worden. In der Regel ist es auch als Altersvorsorge und für die kommenden Generationen angelegt und vorgesehen worden. Deshalb muss man es auch ohne Steuerlast vererben können.
Drittens. Die Erbschaftsteuer darf nicht zu einer Belastung für Unternehmen werden. Wir müssen dafür sorgen, dass funktionierende Betriebe im Erbfall nicht benachteiligt werden.
Meine Damen und Herren, mit diesen Vorgaben können wir die Erbschaftsteuer als Landessteuer ausgestalten. Die FDP wird sich hierfür in der Föderalismusreform Teil II einsetzen. Ich bin der FDP-Bundestagsfraktion für ihre Beschlüsse am gestrigen Tage dankbar.
Ich komme zum Schluss. In der Schweiz ist das bei der Erbschaftsteuer übrigens schon gang und gäbe. Dort wird sie von den einzelnen Kantonen gestaltet, und zwar mit sehr unterschiedlichen Regelungen. Meine Damen und Herren, das, was die Schweizer können, sollten wir in Deutschland auch schaffen. Die Schweizer haben zwar viele Berge, aber die Niedersachsen versetzen jeden Tag neue. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bode, das hört sich ganz so an, als wollten Sie hier in Niedersachsen eine kleine Steueroase aufmachen. Aber die Erbschaftsteuer ist eine Gerechtigkeitssteuer. Deshalb bietet es sich auch nicht an, viele kleine Inseln anzulegen. Die Erbschaftsteuer muss einen Beitrag zum Ausgleich zwischen Arm und Reich leisten. Sie hat im Hinblick darauf eine sehr wichtige Bedeutung.
Ererbtes oder geschenktes Vermögen ist Vermögen, das einem ohne eigene Leistung zuwächst. Als Liberaler sollte man schon sehr genau hinhören, wie man mit Erträgen aus Vermögen umgeht, das einem ohne eigene Leistung zugewachsen ist. Dabei gilt: Größere Vermögen müssen stärker besteuert werden, und kleinere müssen geschont werden.
Herr Bode, ich habe aber den Verdacht, dass Sie eigentlich etwas ganz anderes wollen. Herr Niebel hat beim diesjährigen politischen Aschermittwoch Ihrer Partei jüngst bierselig erklärt: Alles, was wir hier versaufen, wird nicht versteuert. Aber das, was wir für unsere Kinder sparen, schon. - Das war
ganz offensichtlich seine Anspielung auf die Erbschaftsteuer. Herr Bode, man muss hierzu leider festhalten: Der Mann hat keine Ahnung, weder von der Besteuerung von Getränken mit Alkohol noch von der Besteuerung von Getränken ohne Alkohol. Das gilt auch für seine Aussagen zur Erbschaftsteuer. Der überwiegende Teil der kleineren Erbschaften, so z. B. auch das kleine Häuschen, ist steuerfrei und wird auch zukünftig steuerfrei bleiben. Manche in der FDP wollen aber noch darüber hinaus. Das gilt offenbar auch für Herrn Solms. Er hat seine Auffassung nicht direkt, sondern etwas verklausuliert zum Ausdruck gebracht, indem er vorgeschlagen hat, im Rahmen der Föderalismusreform eine einheitliche Bewertung festzulegen und es den Ländern zu überlassen, ob und in welcher Höhe sie Steuern auf Erbschaften erheben. Dahinter verbirgt sich offenbar ein Konzept der FDP, das darauf hinausläuft, auf diese Steuer zu verzichten.
Dann erwarte ich aber von Ihnen hier ein klares Wort, meine Damen und Herren. Dann verstecken Sie sich nicht hinter solchen verklausulierten Bemerkungen und erklären Sie uns bitte auch, wie Sie das, was im Lande bei Schulen, Kitas, Polizei oder vielleicht auch im Wirtschaftsressort Ihres Kollegen Hirche nicht mehr finanziert werden kann, wenn es zu Einbrüchen bei der Erbschaftsteuer kommt, kompensieren wollen. Herr Bode, dann führen Sie hier eine ehrliche Debatte! So richtig transparent ist das, was Sie mit dieser Aktuellen Stunde bezwecken, nicht geworden.
- 258 Millionen Euro. - Seien Sie transparent! Dann kann auch der Koalitionspartner rechnen und weiß, wie hoch die Preise sind. Herr Bode, wenn das Ihr neues Projekt ist, dann sind Sie auf der falschen Spur. Das Bundesverfassungsgericht hat genaue Vorgaben gemacht, wohin der Weg geht. Wir haben hierzu sehr klare Vorschläge vorgelegt. Wir wollen eine gerechte Bewertung von verschiedenen Arten von Besitz, u. a. eine gerechte Bewertung von Grundbesitz. Dahin muss der Weg gehen. Wir brauchen aber keine neue Kleinstaaterei. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich hat auch die Landesregierung ein großes Interesse an der verfassungskonformen Ausgestaltung des Erbschaftsrechtes. Wenn das nämlich nicht gelingt, dann entfällt eine für das Land wichtige Steuerquelle. Es ist hier schon gesagt worden, dass die Erbschaftsteuer bisher ausschließlich dem Land zufließt. Deshalb unterstützen wir mit Nachdruck das Gesetzesvorhaben zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge, das die Bundesregierung demnächst in den Bundestag einbringen wird. Bereits am 25. Oktober letzten Jahres hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge verabschiedet. Die auf begünstigtes Vermögen entfallende Erbschaftsteuer und natürlich auch die Schenkungsteuer sollen dann über zehn Jahre zinslos gestundet werden und für jedes Jahr der Unternehmensfortführung um 10 % erlassen werden.
Das neue Recht soll eine Option enthalten, wonach es auch auf Erwerbe in der Zeit zwischen dem 1. Januar dieses Jahres und dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes angewendet werden kann. Dieses Gesetzgebungsvorhaben ist notwendig, um Unternehmensübergänge in Deutschland zu erleichtern, die Unternehmensnachfolge durch die nächste Generation zu fördern und die Unternehmen auch nach einem Erbfall wettbewerbsfähig zu machen.
Das derzeitige Erbschaftsteuerrecht ist nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November letzten Jahres, verkündet am 31. Januar dieses Jahres, verfassungswidrig. Der Gesetzgeber muss bis Ende nächsten Jahres ein neues Gesetz vorlegen. Bundestag und Bundesrat wollen das neue Gesetz aber bereits in diesem Jahr vorlegen, weil ansonsten die Unternehmensnachfolge ab dem 1. Januar 2007 nicht rückwirkend geregelt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat dafür zwei Vorgaben gemacht: Die Bewertung des anfallenden Vermögens muss sich am Gemeinwert, also wohl am Verkehrswert, orientieren. Das gilt nicht nur für Grundstücke, sondern auch für Betriebsvermögen, für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und für nicht no
tierte Anteile an Kapitalgesellschaften. Wenn diese gleichmäßige Bewertung gefunden worden ist, darf eine am Gemeinwohl ausgerichtete steuerliche Verschonungsregelung für bestimmte Vermögensgegenstände ausgestaltet werden. Die Finanzministerkonferenz hat unter Einbeziehung des Bundesfinanzministeriums eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die binnen sechs Wochen entsprechende Vorschläge unterbreiten soll. Herr Bode hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das eine reine Landessteuer ist. Deshalb ist es im Interesse der Landesfinanzminister bzw. der Landesregierungen und letzten Endes der Landesparlamente, möglichst schnell eine Entscheidung herbeizuführen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Landesregierung hat die Fraktionen der SPD und der CDU motiviert, sich zu Wort zu melden. Der Abgeordnete Aller hat für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Finanzminister sehr dankbar dafür, dass er den Zusammenhang dargestellt hat, in dem die Erbschaftsteuer diskutiert wird, und die Konsequenzen aus dem Verfassungsgerichtsurteil zum Besten gegeben hat. Seine Ausführungen haben deutlich gemacht, warum der Antrag der FDP völlig daneben liegt. Hier wird mithilfe einer Ablenkungsstrategie versucht, den Dissens zwischen den beiden Koalitionspartnern zu verdecken. Herr Möllring hat klargemacht, dass er, eingebunden in die Diskussion in der Großen Koalition, hieran konstruktiv mitarbeiten muss, will oder gar nicht anders kann, und die FDP redet über die Föderalismusreform Teil II, die mit dem aktuellen Thema überhaupt nichts zu tun hat.
- Herr Bode wird verstanden haben, dass der Zeitablauf die Koalition hier in Hannover schon in diesem Jahr unter Entscheidungsdruck setzen wird. Dann muss Farbe bekannt werden, Herr Bode.
Wir von der SPD wollen nicht, dass Sie sich bei der Abstimmung wieder enthalten und hinterher kassieren. Es geht um 258 Millionen Euro an Erb
schaftsteuern, die im Haushalt 2007 veranschlagt sind. Diese Mittel wollen wir nicht verlieren. Was passiert, wenn man blockiert und aussitzt, sehen wir bei der Vermögensteuer. Bei der Vermögensteuer ist im Jahr 2007 zum ersten Mal eine glatte Null veranschlagt. Das war das Ergebnis einer nicht gegebenen Handlungsfähigkeit der Akteure in einem Bereich, in der eine Landessteuer betroffen ist.
Unser Antrag, der am Donnerstag diskutiert werden soll, zeigt die Eckdaten auf, auf deren Berücksichtigung wir in dem Verfahren, das wir aus Niedersachsen mit beeinflussen wollen, dringen wollen.
Immer - wenn Sie die Zeit seiner Ausführungen von meiner Zeit abziehen; anderenfalls muss ich weiterreden.
Herr Aller, nach der neuen Geschäftsordnung ist das nicht mehr der Fall. - Bitte sehr, Herr Althusmann!
Herr Aller, Sie sprachen eben davon, dass die Vermögensteuer im Haushalt des Landes mit null angesetzt sei. Ist Ihnen bekannt, dass seit dem 1. Januar 1997 - dieser Zeitpunkt fällt in die Zeit, als Sie Finanzminister waren - die Vermögensteuer aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 22. Juni 1995 nicht mehr erhoben wird?
Das ist mir bekannt. Ich will ja mit Ihrer Hilfe erreichen, dass wir bei der Erbschaftsteuer nicht das gleiche Desaster erleiden, Herr Althusmann.
Zu dem zweiten Punkt, der hier eine Rolle spielt: Wir reden hier nicht über die Besteuerung von Einfamilienhäusern, sondern wir reden in der Tat, wie Herr Wenzel gesagt hat, über ein Stück Steuergerechtigkeit in diesem Land. Es kann nicht sein, dass Millionenvermögen mit einer Minimalbesteuerung weitervererbt werden, während gleichzeitig die Bruttolöhne von Arbeitnehmern massiv - mit bis zu 35 % - besteuert werden. Das ist ungerecht. Deshalb ist die Erbschaftsteuer ein Stück Substanzbesteuerung, das fester Bestandteil in unserem Steuersystem sein muss.
Ein dritter Punkt: Wir wollen in der Tat die Chancen, die das Bundesverfassungsgericht eröffnet hat, im unternehmerischen Bereich nutzen, aber nicht ohne Gegenleistung. Das Betriebsübergabeverfahren soll also steuerlich begünstigt werden, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Unternehmen und die Arbeitsplätze am Markt bleiben. Dann kann die Erbschaftsteuer über zehn Jahre in Stufen gestundet bzw. auch erlassen werden. Diese Bedingung - darin bin ich mit Herrn Möllring wohl einig - wird in einem Paket verhandelt werden müssen, in dem einerseits die Bemessungsgrundsätze festgelegt werden und bei dem andererseits das Verfahren nachgeschaltet wird. Da kann es überhaupt kein Vertun geben. Wenn man so verfährt, ist die entscheidende Frage: Wie werden diese Bemessungsgrundsätze definiert? - Herr Bode, das Verfassungsgericht hat gesagt - das ist eine schlichte Erkenntnis -: Was bisher praktiziert worden ist, ist völlig ungerecht gewesen; denn Immobilien, Häuser und Liegenschaften sind günstiger als Geldvermögen weggekommen. Der gemeine Wert ist nichts anderes als der Verkehrswert. Wir sind nun aufgerufen, dies durchzusetzen. Daran dürfen Sie mitwirken. Dann dürfen Sie auch zustimmen.
Am Ende bleibt für uns die Frage, ob Sie bereit sind, einige Dinge, die wir unbedingt für notwendig halten, im künftigen Verfahren konstruktiv zu begleiten, oder ob Sie über einen Seitenweg mithelfen wollen, die Erbschaftsteuer komplett abzuschaffen. Ich empfehle Ihnen in diesem Zusammenhang wirklich einmal einen Blick über die Landesgrenzen hinweg, und zwar auch auf andere Länder in Europa, in denen andere Erbschaftsteuerregelungen gelten als bei uns. Wir haben uns bei
der Erbschaftsteuer im unteren Mittelfeld angesiedelt. In den angelsächsischen Ländern greift die Erbschaftsteuer demgegenüber in wesentlich größerem Umfang. Bei uns wird gesagt, dass die Neuregelung aufkommensneutral sein müsse. Wir gehen davon aus, dass es selbst bei Erfüllung der hier erläuterten Minimalforderung zu Verschiebungen kommen muss, was bedeutet, dass einige mehr, andere vielleicht genauso viel wie bisher und wieder andere weniger zahlen müssen. Es darf aber nicht so sein, Herr Bode, dass Ihre Klientel im Rahmen der Erbschaftsteuerreform noch besser absahnt, als es bisher der Fall ist, und andere dafür die Zeche zahlen.
Herr Bode, ich sage es am Schluss ganz deutlich: Wir sind für eine Erbschaftsteuerneuregelung, die erstens das sehr deutliche Signal setzt, dass Kleinverdiener und Einfamilienhausbesitzer durch die neue Regelung keinen Schaden nehmen, und die zweitens so angelegt ist, dass ein Gleichstand von Geldvermögen, Immobilien und ähnlichen Werten erreicht wird.
Ich bin sofort fertig. - Drittens wollen wir erreichen, dass die Weitergabe des Betriebes nicht zulasten der Arbeitsplätze und der kleinen und mittelständischen Betriebe geht, wie ich dies skizziert habe. Schönen Dank.
Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Rolfes das Wort. Herr Rolfes, Sie haben fast vier Minuten Redezeit.