Sie haben mich völlig richtig zitiert. Wenn das Gesetz zur interkommunalen Zusammenarbeit greift, dann ist völlig klar, dass hier keine Steuerpflicht besteht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle sind wir uns einig, auch mit der Bundesregierung, dass bei der Zusammenlegung hoheitlicher Aufgaben definitiv keine Steuerlast anfallen wird. Im Mai - danach habe ich mich eben noch erkundigt - wird eine entsprechende Gesprächsrunde mit den Kommunen stattfinden, in der wir die bestehenden Unklarheiten beseitigen können. Wir werden uns auch insbesondere auf die entsprechende Stelle im Ratsbrief beziehen.
Das Finanzministerium hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass auf europäischer Ebene eine andere Diskussion geführt wird, dass das Risiko im Prinzip auf der europäischen Ebene liegt. Da es möglich ist, dass der EuGH hier einmal anders entscheidet, was aber absolut in den Sternen gesteht, können wir natürlich auf Landesebene nicht hundertprozentig garantieren, ob es zu Veränderungen kommt. Aber wir sind uns mit allen Bundesländern und mit der Bundesregierung darin einig, dass es bei Erledigung der hoheitlichen Aufgaben und bei der interkommunalen Zusammenarbeit nicht zu einer Steuerlast kommen sollte. Das werden wir den Kommunen gegenüber noch einmal darstellen, damit es keine Irritationen gibt, durch die interkommunale Zusammenarbeit behindert werden könnte.
Wer der Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.
Tagesordnungspunkt 31: Zweite Beratung: Vorlage eines Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Transplantationsgesetzes - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/2020 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/3557
Wir kommen zur Beratung, und ich erteile Frau Kollegin Weddige-Degenhard von der SPDFraktion das Wort.
Frau Kollegin, einen Augenblick bitte! - Es ist zu unruhig im Raum. Die Herrschaften können es wahrscheinlich nicht abwarten, zum Parlamentarischen Abend zu kommen. Aber die Sitzung wird sich umso länger hinziehen, je lauter es hier ist. Bitte schön!
Es ist ja ein bisschen pikant. Sie sprechen die Fleischesser an, und jetzt haben wir die Organspende am Wickel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, wie diese Landesregierung mit dem Parlament umgeht.
Die Mehrheitsfraktionen bringen im April 2004 einen Entschließungsantrag ins Parlament ein, in dem sie die Landesregierung auffordern, ein niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Transplantationsgesetz des Bundes vorzulegen. Kollege Dr. Winn begründete damals für die CDU-Fraktion den Antrag u. a. mit den Worten - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -:
„Die Organspende ist eine verdienstvolle Tat, der als Ausdruck großherziger Solidarität mehr gesellschaftliche Anerkennung geschenkt werden sollte. Durch Organtransplantationen können Lebensdauer und Lebensqualität vieler Schwerkranker weitgehend verbessert werden. Für diese Gemeinschaftsaufgabe muss sich auch die Politik intensiver einsetzen."
Im Juni 2004 verabschiedet der Landtag einstimmig diese Entschließung. Die damals zuständige Ministerin von der Leyen begrüßt diesen Auftrag. Doch siehe da: Plötzlich entdeckt die Landesregierung im Mai 2005, also ein Jahr später, verfassungsrechtliche Bedenken, obwohl sechs Bundesländer bereits ein solches Ausführungsgesetz haben.
Wie ging es nun weiter? - Die SPD-Fraktion brachte im Juni 2005 erneut einen Entschließungsantrag ein, in dem sie die Landesregierung aufforderte, den Fraktionen Hinweise auf verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber Landtagsbeschlüssen ausführlich und mit rechtlicher Stellungnahme frühzeitig zukommen zu lassen. Weiterhin forderte die SPD eine Erklärung dafür, dass in Niedersachsen verfassungswidrig sein soll, was in anderen Bundesländern augenscheinlich nicht verfassungswidrig ist. Dies hat die Landesregierung bis heute nicht plausibel erklären können.
Außerdem wurde die Landesregierung aufgefordert, ein verfassungsrechtlich unbedenkliches Transplantationsausführungsgesetz vorzulegen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es geht hier nicht um Rechthaberei. Es geht darum, todkranken Menschen das Leben zu ermöglichen.
Nach den Statistiken der DSO Region Nord wären im Jahr 2005 441 Organentnahmen bzw. Organspenden möglich gewesen. Davon sind aber nur 183 Wirklichkeit geworden. In 128 Fällen gab es Ablehnungen. Das heißt, die Zahl der Organspenden hätte fast doppelt so hoch sein können, wenn die Angehörigen ihre Zustimmung gegeben hätten oder ein Organspenderausweis vorhanden gewesen wäre.
Jeden Tag sterben drei Patienten, die auf der Warteliste stehen, weil sie nicht rechtzeitig ein neues Organ erhalten. Bundesweit gibt es etwa 11 000 Patientinnen und Patienten, die auf eine neue Niere warten. Sie müssen im Durchschnitt fünf Jahre auf ein Organ warten, wenn sie es denn können. Bei der Lebertransplantation ist die Situation noch dramatischer. Im Moment sterben 15 bis 20 % der Patienten, die auf eine neue Leber warten.
Die Zahl der Transplantationen liegt in Niedersachsen mit 11 pro 1 Million Einwohner unter dem Bundesdurchschnitt von 14 pro 1 Million. In Ländern mit einer Widerspruchsregelung - d. h. nur wer nicht mit einer Organspende einverstanden ist, muss dieses erklären -, wie z. B. in Österreich und Spanien, liegt die Zahl bei 30 bis 40 pro 1 Million Einwohner. In der Anhörung im Juni 2006 erklärte Professor Dr. Klempnauer von der MHH, dass es zur Verbesserung der Organspende einer Verbesserung der Zusammenarbeit innerhalb der Krankenhäuser, der Deutschen Stiftung Organtransplantation und der Transplantationszentren bedürfe. Professor Dr. Kirste von der DSO betonte den Sinn eines Landesgesetzes. Bayern macht es uns mit positiven Ergebnissen vor. Aus diesem Grund sollte dieses Gesetz Vorbild für Niedersachsen sein. Darüber waren wir uns fraktionsübergreifend im Landtag einig. Wir können uns nicht mit den Stadtstaaten vergleichen, wohl aber mit einem Flächenland wie Bayern, das mit seinem Landesgesetz positive Ergebnisse erzielt.
Jeder von uns kann in die Lage kommen, auf eine lebensrettende Organspende angewiesen zu sein. Ich appelliere an die Landesregierung: Die Herausgabe eines Faltblattes, ein Gespräch von Frau von der Leyen mit Transplantationsmedizinern, eine Eröffnungsrede des Staatssekretärs bei einer Fachtagung, eine Telefonaktion und eine Informationskampagne sind nicht genug, um zu einer nennenswerten Steigerung der Organspenden zu kommen. Das sind typische Showaktionen dieses Ministeriums.
Was wir brauchen, sind konkrete Taten, Frau Ministerin. Die todkranken Menschen warten darauf. Am kommenden Sonntag ist übrigens der Tag der Organspende. - Herzlichen Dank.
Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den unter Tagesordnungspunkt 32 zu behandelnden Antrag zur Gesundheitsreform schriftlich zurückgezogen hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zahl der Organspender in Niedersachsen ist ganz leicht gestiegen: von 11,5 im Jahr 2005 auf zurzeit 13 Spender pro 1 Million Einwohner. Durchschnittlich gibt es in Deutschland nur 15,3 Spender. Das ist zu wenig und reicht bei Weitem nicht aus, den Bedarf von mehr als 2 000 lebensrettenden Organtransplantationen allein in Niedersachsen zu decken. Die Zahl der für Transplantationen zur Verfügung stehenden Organe muss dringend erhöht werden. Bei Organspenden liegt Niedersachsen im Bundesvergleich an drittletzter Stelle.
Kann man dieser Situation mit einem niedersächsischen Transplantationsausführungsgesetz begegnen? - Wir haben im Fachausschuss lange darüber diskutiert; die Mitglieder des Sozialausschusses wissen das. Im Juni letzten Jahres fand in einer öffentlichen Sitzung eine Anhörung über die Möglichkeit der Einführung jenes Gesetzes statt. Danach haben sich für eine gesetzliche Regelung der Runde Tisch Organspende Niedersachsen und die Deutsche Stiftung Organtransplantation ausgesprochen. Gegen eine gesetzliche Regelung haben sich in der Anhörung insbesondere die MHH, die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft e. V., die Ärztekammer Niedersachsen, die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen und die Verbände der Krankenkasse ausgesprochen. Weitgehende Übereinstimmung herrschte in der Anhörung hingegen darüber, dass die Zahl der Organspenden vor allem von der Zahl der Organspendeausweise abhängig ist.
Fest steht, dass sich im Ländervergleich kein signifikanter Unterschied der Spendenbereitschaft bei gesetzlich geregelten Transplantationsbeauftragten ergibt. Auch Niedersachsen hat seit Jahren Transplantationsbeauftragte, die auf freiwilliger Basis in den Kliniken eingesetzt sind und sehr engagiert arbeiten. Aber durch die bloße Ernennung solcher Beauftragten kann das Problem nicht gelöst werden. Ein Ausführungsgesetz allein führte auch in anderen Bundesländern zu keiner erhöhten Spendenbereitschaft.
Was wir brauchen, ist eine Verbesserung der Motivation in der Bevölkerung - die Motivation, Organe zu spenden. Es besteht eine sehr große Diskrepanz zwischen der Bereitschaft von Menschen, Organe im Krankheitsfall selbst transplantiert zu bekommen - das sind mehr als 70 % -, und der Bereitschaft, überhaupt ein Organ zu spenden. Das sind nur 12 %. Nur 12 % haben einen Organspendeausweis. In diesem Zusammenhang sollte sich jeder die Frage stellen, ob man es verlangen kann, ein Organ zu bekommen, wenn man es braucht, während man selbst aber nicht dazu bereit ist, sich als Spender zu Verfügung zu stellen.
Insgesamt 15 Kliniken in Niedersachsen machen die Organspenden im Wesentlichen möglich. Es handelt sich jeweils um Kliniken, die über eine neurochirurgische Abteilung und über Krankenhausstrukturen verfügen, die es überhaupt erst möglich machen, Organspenden zu realisieren.