Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Deshalb dazu vorweg noch einmal Folgendes. Wir haben das Widerspruchsverfahren, das weitestgehend abgelöst worden ist, sehr genau darauf überprüft, in welchen Verfahren das Widerspruchsverfahren wirklich gut war. Damit meinen wir, wenn wir „gut“ sagen: Wo hat es dazu geführt, dass es eine Veränderung der behördlichen Entscheidungen gegeben hat bzw. dass eine Befriedung damit verbunden gewesen ist? - Wir mussten feststellen, dass das weitestgehend nicht der Fall war, sondern dass das Widerspruchsverfahren ein Durchlaufverfahren war, das der Bürger noch zusätzlich hinter sich bringen musste, bevor er zu Gericht gehen konnte, mit der weiteren Folge, dass er zusätzliche Widerspruchsgebühren zu zahlen hatte und dass sich der Rechtsschutz durch die Dauer des Vorverfahrens plus des nachfolgenden Gerichtsverfahrens eher verlängert hat. In den Fällen, in denen wir festgestellt haben, das Widerspruchsverfahren war ein erfolgreicher Rechtsbehelf, haben wir ihn nicht abgeschafft, sondern bestehen lassen.

Dann ist zum 1. Januar 2005 das Widerspruchsverfahren in der eben beschriebenen Form beseitigt worden, und wir haben in der Tat - das habe ich beim letzten Mal eingeräumt - eine ganz erhebliche Steigerung der Fallzahlen beim Verwaltungsgericht festgestellt. Das hat uns nicht überrascht. Wenn man ein Widerspruchsverfahren abschafft, sodass die Bürger direkt zum Gericht gehen, dann weiß man ja, dass das zu einer entsprechenden Erhöhung der Fallzahlen führen wird. Und weil wir dies wussten, haben wir ja von vornherein - um das noch einmal deutlich zu sagen - gesagt: Wir überprüfen die Situation für die Dauer von fünf Jahren. Das Gesetz ist zeitlich befristet auf fünf Jahre. Das heißt, wenn wir nichts tun würden, würde das Widerspruchsverfahren dann wieder eingeführt werden. Wir werden uns in diesen fünf

Jahren die Zahlen und die Entwicklung genau angucken.

Manchmal ist es ganz gut, wenn zwischen den Ausschussberatungen und den Beratungen im Plenum eine gewisse Zeit vergeht. Diese gewisse Zeit ist deshalb gut, Herr Professor Lennartz, weil wir jetzt neuere Zahlen haben. Wir haben im November auf der Grundlage der Zahlen des Jahres 2005 diskutiert. Dabei hatten wir in der Tat eine ganz exorbitante Steigerung der Fallzahlen. Wir haben inzwischen die Zahlen bei den Verwaltungsgerichten des Jahres 2006. Im Jahr 2006 ist ein Rückgang der Zahl der Klagen beim Verwaltungsgericht um 3 290 zu verzeichnen. Das sind 13 % weniger Klagen trotz Abschaffung des Widerspruchsverfahrens.

Wenn Sie sich diese Entwicklung einmal anschauen, dann erklärt es sich auch, wie Herr van Nieuwland, den Sie gerade zum Kronzeugen für Ihre Äußerungen gemacht haben, das bewertet. Herr van Nieuwland hat bestätigt, dass die Zahlen in dieser Form zurückgegangen sind, und er hat das verbunden mit dem Bemerken, dass es wahrscheinlich zwei Gründe gibt. Erster Grund: Die Leute haben gemerkt, dass ein Klageverfahren beim Verwaltungsgericht nicht kostenfrei ist, sondern sie einen Kostenvorschuss zahlen müssen. Das ist auch so. Auch in anderen Gerichtszweigen muss man, wenn man die Justiz in Anspruch nimmt, entsprechende Gebühren zahlen. Aber das, was ich bemerkenswert finde, ist, dass er zweitens gesagt hat: Offensichtlich ist es so, dass die Behörden mit ihren Bürgern inzwischen freundlicher umgehen, ein besseres Beschwerdemanagement haben, sich die Verwaltungsbehörden also darauf eingestellt haben, dass es kein Widerspruchsverfahren mehr gibt, weshalb sie anders mit den Bürgern umgehen müssen, um Klagen zu vermeiden, und dass das anscheinend zunehmend Früchte trägt. Denn nur so ist der starke Rückgang der Zahlen von 2005 auf 2006 erklärlich.

Um nicht missverstanden zu werden: Wir haben immer noch eine deutliche Steigerung gegenüber der Situation von 2004, aber die Flutwelle, die beim letzten Mal so massiv beklagt worden ist, ebbt offensichtlich ab. Diese Tatsache, dass die Zahlen so unterschiedlich sind, bestätigt uns in der Beschlussfassung, die wir in der Fraktion auch tatsächlich herbeigeführt haben, indem wir gesagt haben: Okay, wir werden die Situation noch weiter beobachten. Wir werden sehen, wie sich die Zahlen entwickeln, wir werden evaluieren, in welchen

Bereichen genau die Steigerungen sind, und dann unsere Entscheidung treffen. Das ist vergleichbar mit der Polizeireform. Man kann nicht nach bereits einem Jahr, nach zwei Jahren sichere Schlüsse ziehen, sondern man muss die Entwicklung über einen längeren Zeitraum betrachten. Erst dann kann man sichere und zuverlässige Schlüsse ziehen. Das werden wir entsprechend tun.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Dr. Biester. - Die nächste Rednerin ist Frau Bockmann von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, Herr Kollege Dr. Biester, das Thema Widerspruchsverfahren ist hier mehrfach diskutiert worden, die Argumente sind ausgetauscht. Das ist richtig. Auch ich habe nicht vor, nach der Art tibetanischer Gebetesmühlen alles wieder von vorn aufzurollen.

Aber nichtsdestotrotz bleiben wir der Auffassung, dass die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens reparaturbedürftig ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Wenn Sie Ihr Verfahren so preisen, dann möchte ich einmal zu bedenken geben, dass die Landesregierung schon zurückgerudert ist und die Regelung zu den Rundfunkgebühren zurückgenommen hat, weil sie sich als sinnlos erwiesen hat. Das ist ein Beweis dafür, dass dieses Widerspruchsverfahren schon seine Berechtigung hat: Es findet eine Selbstkontrolle der Verwaltung statt, der Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger ist gewährleistet, und die Justiz wird nicht ohne Not belastet.

Der Kollege Lennartz hat zu Recht auf Bayern hingewiesen. Man muss feststellen - das hat auch Herr Dr. Nieuwland in seinem Bericht ausgeführt -, dass kaum ein anderes Bundesland diesen niedersächsischen Sonderweg gegangen ist, eben weil die Ergebnisse doch relativ negativ waren. Bayern hat das lediglich in einem ganz kleinen Bezirk, nämlich dem Verwaltungsgerichtsbezirk Ansbach, ausprobiert. Dieser Modellversuch ist, wie Herr Kollege Professor Dr. Lennartz eben ausgeführt hat, total danebengegangen. Bayern ist heilfroh, das nicht im ganzen Bundesland gemacht

zu haben und nicht alle bayerischen Bürgerinnen und Bürger zu Versuchskaninchen gemacht zu haben, sondern das nur in diesem kleinen Bereich ausprobiert zu haben. Das Ergebnis ist, dass das auf keinen Fall weitergeführt wird.

Lassen Sie mich noch einen anderen Aspekt hinzufügen. Wir haben gestern in diesem Plenum das Mediationsgesetz beraten. Wir haben die positiven Aspekte hervorgehoben. Parteiübergreifend sind wir alle von der Mediation begeistert. Aber was gestern gesagt wurde, scheint für den Verwaltungsgerichtsprozess nicht zu gelten. Denn ein gestaltetes, mediatives Widerspruchsverfahren würde dazu dienen, einen respektvollen Umgang mit den Bürgern zu gewährleisten und die Gerichte zu entlasten. Genau das ist gestern alles ausgeführt worden und gilt natürlich auch für diesen Gerichtszweig.

Herr Kollege Dr. Biester, Sie haben gesagt, dass es keine Belastung der Verwaltungsgerichte gebe und dass die Kurve nur kurzfristig nach oben gegangen sei. Sie haben sich aber lediglich auf die Abfallgebühren und einen anderen Part bezogen. Richtig ist, dass Herr Dr. Nieuwland das in seinem Artikel erwähnt hat. Aber bei den anderen Gebieten, z. B. im landwirtschaftlichen Bereich, gehen die Zahlen nach wie vor nach oben. Deshalb weist der Geschäftsbericht für das Jahr 2006 eine Mehrbelastung der Richterinnen und Richter an den Verwaltungsgerichten in Niedersachsen gegenüber dem vom Ministerium veranschlagten Normalpensum von 40 bis 50 % aus. Ich will Sie jetzt nicht mit Verteilungsschlüsseln, Pebbsy etc. langweilen. Aber die Richterinnen und Richter arbeiten zwischen 40 und 50 % mehr, als das Ministerium veranschlagt hat. Ein Teil davon liegt auch an der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb fordert die SPD-Fraktion die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP auf: Beenden Sie endlich den Spuk um die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens! Denn im Kern geht es bei diesem Thema um den Schutz und um den Erhalt von Bürgerrechten, also um ein Stück Gerechtigkeit. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Bockmann. - Nächster Redner ist jetzt Professor Zielke für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir seinerzeit die Abschaffung der Widerspruchsverfahren beschlossen, war uns bewusst, dass sie eine einschneidende Veränderung des Verwaltungsverfahrens bedeutete und dass Schwierigkeiten bei der Umstellung auf das neue System gar nicht ausbleiben konnten. Deshalb haben wir damals vorausschauend beschlossen, nach einer gewissen Zeit die gewonnenen Erfahrungen auszuwerten und etwa sichtbar gewordene Defizite zu beseitigen.

Als die Grünen den vorliegenden Antrag vor einigen Monaten in den Landtag einbrachten, da wurde die Problemlage, die Klageflut an den Verwaltungsgerichten, von niemandem bestritten. Als erste Maßnahme haben wir zusätzliche Richterstellen eingerichtet, die offensichtlich dazu beigetragen haben, die dramatische Situation abzumildern. Außerdem haben wir dann Ende 2006 wegen der Sonderproblematik bei den Rundfunk- und Fernsehgebühren auf diesem Gebiet das Widerspruchsverfahren wiedereingeführt. Das war in der Tat eine der Forderungen in Ihrem Antrag. Man sieht also: FDP und CDU sind Anträgen der Opposition durchaus aufgeschlossen, soweit sie sinnvoll sind.

Im Übrigen hat sich unsere Beurteilung dieses Antrags bis heute nicht geändert, da der Evaluationsbericht noch nicht vorliegt und wir also heute bedauerlicherweise nicht auf Grundlage dieses Berichts diskutieren können. Was aber vorliegt, ist seit genau einer Woche der erwähnte Geschäftsbericht des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes in Lüneburg für das Jahr 2006. Daraus ergibt sich ein durchaus differenziertes Bild.

Zunächst verzeichnet der Bericht, dass die Gesamtzahl der Klageeingänge bei allen Verwaltungsgerichten im Vergleich zum Basisjahr 2004, also dem letzten Jahr vor der Aussetzung des Widerspruchsverfahrens, im Jahre 2005 deutlich gestiegen und dann im Jahre 2006 fast genau wieder auf den Wert von 2004 gefallen ist. Dabei ist die Entwicklung der Fallzahlen in den einzelnen Rechtsgebieten sehr unterschiedlich, mindestens im Vergleich der Jahre 2005 und 2006. Für die drei Rechtsgebiete, in denen die Fallzahlen stark an

gestiegen sind, nennt der Bericht allerdings Ursachen, die mit der Abschaffung der Widerspruchsverfahren jeweils höchst indirekt zu tun haben. Ich habe keine Zeit, das jetzt zu zitieren; ich könnte das tun.

Die Zahl der erledigten Verfahren an den Verwaltungsgerichten ist in den Jahren 2004 bis 2006 praktisch konstant geblieben, die Zahl der anhängigen Verfahren erst um 3 000 gestiegen und dann wieder um 1 000 gefallen. Die durchschnittliche Verfahrensdauer hat sich kaum geändert und liegt deutlich unter den Vergleichswerten aller Bundesländer und auch der westlichen Bundesländer.

Wenn man das alles zusammen betrachtet, liegt es für mich nahe, jetzt den Evaluationsbericht abzuwarten - er müsste ja bald vorliegen - und dann zügig die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt möchte auch noch Herr Minister Schünemann zu diesem Thema Stellung nehmen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens ist in der Tat ein im Vergleich mit anderen Bundesländern großer Schritt gewesen. So ist es auch mit der Verwaltungsreform in Bayern. Die Bayern schauen auf Niedersachsen, weil sie sehen, dass wir mutiger vorangegangen sind und dass das hier ein Erfolg ist. Es ist schön, dass die Bayern sagen, dass wir hier Vorreiter sind. So muss man Politik machen. So ist das meiner Ansicht nach im Bereich des Widerspruchsverfahrens.

Hier wird immer von der linken Seite des Hauses dargelegt, wir müssten auf Dauer mit einem Anstieg bei den Klageverfahren rechnen. Wir haben von Anfang an gesagt, dass dieser nicht eintreten wird, dass das nur ein kurzfristiger Effekt ist und dass wir spätestens nach fünf Jahren etwas anderes aufzeigen können. Wir können schon jetzt, nach zwei Jahren, feststellen, dass sich diese Entwicklung bestätigt. Die Zahlen sind hier schon dargestellt worden. Wir haben nur noch einen Anstieg um insgesamt 7 %. Herr Dr. Zielke hat die

Gründe für diesen Anstieg nicht nennen können. Ich möchte diese kurz darstellen.

Zunächst geht es um die kommunalen Steuern. Wegen einer breiten Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer haben viele Steuerpflichtige Klage gegen ihre Steuerbescheide erhoben. Im Bereich der Landwirtschaft und der Subventionen ist für den Anstieg der Zahl der Verfahren ausschließlich die Umstellung des bisherigen Beihilfesystems der Europäischen Union im Bereich der Landwirtschaft auf eine einheitliche Betriebsprämie ursächlich gewesen. Das hat nichts mit dem Widerspruchsverfahren zu tun.

Zum 1. Januar 2007 haben wir - da haben Sie recht, Frau Bockmann - beschlossen, dass im Bereich des Rundfunk- und Fernsehrechts das Widerspruchsverfahren wiedereingeführt wird. Das hat einen einzigen Grund, den ich hier auch dargestellt habe: Wir haben hier gar keine Möglichkeit, ein vernünftiges Beschwerdemanagement aufzubauen, weil weder das Land noch eine Kommune darauf Einfluss hat.

Rechnet man diese Bereiche heraus - das sind für das Jahr 2006 nämlich 1 677 Verfahren -, so handelt es sich schon um mehr als diese 7 % Anstieg. Ich kann im Moment keine Prognose für 2007 geben; aber wenn man die Daten von 2006 als Grundlage nimmt, dann kann man schon jetzt davon ausgehen, dass wir im Jahr 2007 überhaupt keinen Anstieg bei den Klagen haben.

Das ist ein Beweis dafür, dass die Kommunen, aber auch die Behörden des Landes sich darauf eingestellt haben. Das hat ein Jahr gedauert. Damit musste man rechnen. Aber jetzt haben wir ein Beschwerdemanagement. Die Bürger wenden sich direkt an die Behörde, wenn sie eine Frage haben, wenn sie meinen, dass der Bescheid nicht richtig ausgestellt ist. Sie können sich direkt mit dem Sachbearbeiter in Verbindung setzen. Es ist doch sehr viel bürgernäher, sehr viel moderner, wenn man Informationen bekommt und direkt Einfluss nehmen kann und der Bescheid dann entweder bestätigt oder anders ausgestellt wird. Dafür brauche ich überhaupt kein formales Widerspruchsverfahren. Meine Damen und Herren, das ist Bürgernähe. Das ist sehr viel besser, als wenn wir ein formalistisches Widerspruchsverfahren wieder einführen und vielleicht sogar darüber nachdenken, eine Behörde einzurichten, die die Bescheide auf Widersprüche, welche auf kommunaler Ebene herausgegangen sind, auf Landesebene noch

einmal herausschickt. Das ist etwas, was nun wirklich der Vergangenheit angehören sollte. Sie sehen, wir haben uns auf die Situation eingestellt. Nach zwei Jahren ist der Erfolg dessen, dass wir das Widerspruchsverfahren abgeschafft haben, durchaus sichtbar. Wir können jetzt ganz in Ruhe die Evaluation abwarten. Es scheint so, dass man schon nach zwei Jahren von einem Erfolg sprechen kann. Die Bayern werden es wahrscheinlich bald genauso machen, wie wir es hier in Niedersachsen gemacht haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist es so beschlossen.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 22: Einzige (abschließende) Beratung: Bei Gerichtsterminen der Gefangenen besser für die Sicherheit der Bürger sorgen! Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1757 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen Drs. 15/3680

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Frau Müller von der SPD-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil dieser Antrag bei der Einbringung direkt überwiesen wurde, will ich heute die Gelegenheit nutzen, um Ihnen noch einmal den Anlass für diesen Antrag deutlich zu machen. In der Zeit von August 2003 bis Dezember 2004 gab es sechs Vorfälle,

bei denen Gefangene oder U-Häftlinge bei Vorführungen vor Gericht geflüchtet waren. Die Fluchtmöglichkeiten waren unterschiedlich. Das eine Mal war es ein nicht ausreichend gesichertes Toilettenfenster, das die Möglichkeit zur Flucht gab. Ein anderes Mal war es eine unzureichend gesicherte Tür in einem Raum, in dem der Betreffende eigentlich eine Verhandlungspause sicher verbringen sollte. Ein weiteres Mal waren es die ungeheuer schnellen Beine eines Flüchtenden, dem ein Justizbediensteter nicht so schnell folgen konnte.

Wir haben damals deshalb ein umfassendes Konzept verlangt, um die Sicherheit bei solchen Gerichtsvorführungen zu verbessern. Bei den späteren Beratungen im Ausschuss wurde deutlich, dass inzwischen bauliche Schwachstellen beseitigt wurden oder werden. Des Weiteren sollte ein sogenannter Wachtmeisterpool auf Landgerichtsbezirksebene eingerichtet werden. Das hat sich insofern nicht bewerkstelligen lassen, als die Landgerichtsbezirke dafür zu klein waren und nicht genügend Personal zur Verfügung stand. Inzwischen gibt es eine sogenannte Einsatzreserve auf der Ebene der Oberlandesgerichte. Das Personal soll auf seine Tätigkeit besser vorbereitet und besser geschult werden.