Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Die Hochschulen haben den Hochschulpakt, Herr Güntzler, und auch den Minister nicht bejubelt. Sie haben eindeutig kritisiert - ich zitiere -:

„Die LHK wendet sich darüber hinaus gegen das Verfahren des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, den im Zuge des Bologna-Prozesses verzeichneten Rückgang der Studienanfängerzahlen in Niedersachsen durch eine Verschlechterung der Betreuungsverhältnisse aufzufangen.“

Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass die Stümpereien Ihres Ministers hier keine Meisterstücke sind, als die Sie sie darstellen wollen!

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Herr Güntzler anderthalb Minuten Redezeit.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Frau Kollegin, um einer Mär vorzubeugen: Ich habe mich informiert. Sie waren zu dem Hochschulpolitischen Kongress eingeladen. Sie hätten teilnehmen können. Sie sind anscheinend nicht gekommen, weil Sie unbedingt in einem Forum sitzen wollten. Aber es hätte auch Ihnen wie allen anderen Beteiligten etwas gebracht, einfach mal zuzuhören.

(Zustimmung bei der CDU - Dr. Gab- riele Andretta [SPD]: Das zu beurtei- len, steht Ihnen nicht zu!)

- Frau Andretta, dort hätten Sie dann auch mal hören können, wie die Sachverständigen außerhalb Niedersachsens das Land Niedersachsen beurteilen. Wir werden als verlässlicher Partner der Hochschulen gesehen. Ich habe schon Herrn Professor Erhardt zitiert, der gesagt hat, Niedersachsen sei vorbildlich.

Nun zu dem Thema eines eigenen Antrages. Für uns ist es kein Selbstzweck, Anträge zu produzieren,

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Dann kündigen Sie keine an!)

sondern wir machen es dann, wenn es notwendig ist. Ich glaube, ich habe ausgeführt - der Minister wird es auch gleich noch ausführen -, dass die Hausaufgaben gemacht worden sind und dass alle Forderungen, die Sie mit Ihren Anträgen erhoben haben, erfüllt worden sind. Von daher bedarf es keines eigenen Antrags.

Zum Thema LHK: Die Pressemitteilung der LHK ist uns auch bekannt. Aber uns ist genauso bekannt, dass die Vereinbarungen einvernehmlich zusammen mit den Hochschulen getroffen worden sind. Ich prognostiziere, dass alle Hochschulen die Vereinbarungen und die Ergänzung zur Zielvereinbarung unterzeichnen werden. In Deutschland herrscht Vertragsfreiheit. Von daher werden sie nicht gezwungen zu unterzeichnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christa Elsner-Solar [SPD]: Friss, Vo- gel, oder stirb!)

Danke. - Nächster Redner ist Herr Professor Zielke von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als die beiden Oppositionsparteien ihre jeweiligen Anträge in die Welt gesetzt haben, konnten sie klammheimlich darauf hoffen, dass der Hochschulpakt 2020 zwischen Bund und Ländern scheitern würde und sie sich ins Fäustchen lachen könnten. Aber es hat geklappt, auch dank der klugen Verhandlungen, die das niedersächsischen Wissenschaftsministerium federführend für die B-Länder gestaltet hat.

(Zustimmung bei der FDP)

Mit dem erfolgreichen Abschluss des Hochschulpaktes 2020 waren Ihre beiden Anträge dermaßen überholt, dass Sie eigentlich gut beraten gewesen wären, sie schlicht zurückzuziehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Stattdessen haben uns die Vorrednerinnen der Opposition überdrehte Verdrehungen präsentiert.

Ist es denn nicht ganz offensichtlich vernünftig, schon ausfinanzierte Studienplätze - Plätze, für die es schon Labore gibt, für die das Personal schon eingestellt ist, die aber mangels Nachfrage der Studierenden nicht besetzt sind - vorrangig zu besetzen und dafür auch etwas zu tun, statt alles woanders neu aufzubauen und dafür auch noch Geld in die Hand nehmen zu müssen,

(Zustimmung bei der FDP)

zumal diese unbesetzten Studienplätzen genau in den Fächern bestehen, in denen unser Land den akademischen Nachwuchs am dringendsten braucht - Ingenieure, Physiker, Chemiker? Ich vermag an der so genannten Auffüllprämie überhaupt nichts Falsches zu entdecken.

Natürlich war es richtig, dass die Landesregierung detailliert mit jeder einzelnen Hochschule abgesprochen hat, wo welche Kapazitäten in sinnvoller Weise zusätzlich geschaffen werden können. Die Forderung im SPD-Antrag, die Studienplätze undifferenziert über das ganze Fächerspektrum zu schaffen, ist eben grundfalsch. Quantität vor Qualität - wir kennen doch die Schwierigkeiten, in die sich einzelne Hochschulen mit diesem undifferenzierten Tonnagedenken geritten haben.

Ihre Einlassung, verehrte Frau Kollegin Andretta, wenn nicht alle neuen Studienplätze besetzt würden, drohten den Hochschulen Rückzahlungen der Bundeszuschüsse in Millionenhöhe, passt genau in Ihr Ziel, Unsicherheit und Angst zu verbreiten. Wenn man es gutwillig interpretieren wollte, zeugt das schon von einer bemerkenswerten blauäugigen Hasenherzigkeit.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Blauäugig ist das deshalb, weil Sie unterstellen, die Länder hätten dem Bund die Zuschüsse abringen können, ohne eine A-posteriori-Kontrolle der Wirksamkeit zu akzeptieren. Da sind besetzte Stu

dienplätze offensichtlich ein objektiverer Maßstab als geschaffene, aber nicht besetzte Studienplätze. Die Zeiten der blinden Gießkannen sind vorbei!

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Rich- tig!)

Hasenherzig ist das deshalb, weil Sie davon ausgehen, dass es nicht gelingen könnte, die neuen Studienplätze zu besetzen. Nur, solcher Defätismus hilft den Studienbewerbern des doppelten Jahrgangs in keiner Weise weiter.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Im Übrigen kann ich mir, gesetzt den unwahrscheinlichen Fall, es müssten tatsächlich Zuschüsse an den Bund zurückgezahlt werden, nicht vorstellen, dass das Land die Hochschulen dann im Regen stehen lassen würde, jedenfalls nicht, solange diese Koalition regiert.

Noch eines ganz allgemein: Natürlich würden wir den Hochschulen gern mehr Geld pro Studienplatz zur Verfügung stellen. Aber wir sind angetreten mit dem Versprechen, dieses Land um der Zukunft unserer Kinder willen finanziell zu sanieren. Wir haben einen guten und soliden Sanierungsplan, aber wir sind noch mitten in dieser Sanierung. Wir alle freuen uns über die momentane gute Konjunktur und die höheren Steuereinnahmen. Dennoch besteht kein Anlass, aus der Kiepe zu hucken. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt erteile ich Herrn Minister Stratmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will ja gerne zugeben, dass das keine ganz einfache Thematik ist.

(Zurufe von der SPD)

- Das ist ja so. Es gibt viele Missverständnisse. Manche haben auch noch nicht alles verstanden. Lassen Sie mich deshalb, liebe Frau Heinen-Kljajić und Frau Andretta, eingangs noch einmal etwas zur Erklärung sagen; vielleicht hellt das ja manches auf: Die Beschlüsse, die gefasst worden sind, zielen nicht darauf ab, vornehmlich mehr Kapazi

täten zu schaffen - das ist zwar die Folge -, sondern die Beschlüsse zielen darauf ab, mehr Studentinnen und Studenten an die Hochschulen zu bekommen. Deshalb macht es Sinn, wenn es auf die Studierendenzahlen im Vergleich zu 2005 ankommt - das ist das Basisjahr -, dort, wo Kapazitäten, aber keine Studierenden vorhanden sind, dafür Sorge zu tragen, dass Studierende dorthin kommen. Denn das trägt nach Adam Riese dazu bei, dass saldiert die Studierendenzahlen im Vergleich zu 2005 steigen, und dafür gibt es Geld. Vielleicht hat es jetzt jeder in diesem Plenarsaal verstanden; denn das ist für die weitere Diskussion wichtig.

Wenn wir die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, dass es bis zum Jahr 2010 in Niedersachsen 11 200 Studierende mehr gibt, dann kann man an dieser Zahl überhaupt nichts bekritteln. Vor allem kann man feststellen, dass wir Ihren Antrag insoweit weit übertreffen; denn Sie reden von 10 000 zusätzlichen Studierenden. Überhaupt muss ich sagen, dass ich zumindest aus inhaltlicher Sicht wenig Verständnis dafür habe, dass Ihr Antrag hier im Plenarsaal noch einmal zur Debatte gestellt wird. Denn wir haben Ihre Forderungen wirklich abgearbeitet und übertreffen sie sogar. Wenn Sie unter Umständen wahltaktische Gesichtspunkte im Kopf haben, ist dies in Ordnung.

Auf die 10 000 Studienplätze, aus denen 11 200 werden, habe ich hingewiesen. Auch zum Verteilerschlüssel wurde hier bereits klar zum Ausdruck gebracht, dass wir es u. a. deshalb hinbekommen haben, weil Herr Lange als zuständiger Staatssekretär, der auf Staatssekretärsebene die Federführung hatte, dort sehr geschickt im Interesse Niedersachsens verhandelt hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben hinbekommen, dass der Königsteiner Schlüssel zur Anwendung kommt, wonach auf uns 10 % entfallen. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns jetzt auf diesen 10 % ausruhen, sondern wir schaffen sogar 12,5 %. Nennen Sie mir ein vergleichbares Land in Deutschland - erst recht unter den sozialdemokratisch regierten Ländern -, das das nur annähernd hinbekommen hat! Damit ist die zweite Forderung bereits erfüllt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der nächste Punkt ist die notwendige Kofinanzierung. Das machen wir doch. Wir haben doch die Mittel für die kommenden Haushalte angemeldet.

Ich möchte an dieser Stelle eine Bemerkung machen, auch für die Öffentlichkeit, weil das ein Kritikpunkt ist, der sowohl von der HRK als auch von der LHK kommt. Wir haben die Vereinbarung bis 2010 miteinander getroffen. Aber wenn Sie alle Beschlüsse durcharbeiten, die von den Ministerpräsidenten dann ja auch so abgesegnet worden sind, dann werden Sie feststellen, dass es überhaupt keinen Zweifel daran geben kann, dass wir in den Folgejahren nach 2010 weiter verhandeln werden und dass es auch über das bisherige Volumen hinaus Geld vom Bund und von den Ländern geben wird. Aber aus haushalterischen Gründen konnten wir keine Beschlüsse fassen, die bis 2016 oder darüber hinaus reichen.

Lassen Sie mich etwas zu den CNWs und zur Kritik der LHK im Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess sagen.

Zur Kritik der LHK: Wir haben in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit der LHK die Grundprinzipien miteinander besprochen und einstimmig beschlossen. Eines dieser Grundprinzipien ist beispielsweise - damit ist eine weitere Forderung Ihrerseits erfüllt -, dass die Fachhochschulen in besonderer Weise partizipieren. Und zwar werden zwei Drittel der Gelder an die Fachhochschulen gehen. Ferner haben alle Hochschulen mit uns in bilateralen Gesprächen in den letzten Wochen vereinbart - dabei waren wir schneller als alle anderen -, wie und an welcher Stelle zusätzliche Plätze zu schaffen sind.

Zu den CNWs: Wir machen nichts anderes, als eine Forderung der Finanzministerkonferenz aufzugreifen. Dort wurde nämlich gefordert, dass sich auch die Hochschulen in gewisser Weise beteiligen müssen. Wir haben dann gesagt, wir möchten, dass diese Beteiligung möglichst gering ausfällt. Deshalb haben wir nichts anderes getan, als eine Angleichung an die anderen Länder vorzunehmen. Denn in anderen Ländern gibt es beispielsweise für die Fachhochschulen schon längst eine Absenkung der CNWs auf 80 %. Wir sind von 90 % auf 80 % heruntergegangen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine Bemerkung machen: Ich finde es schon ein wenig putzig, dass uns Fachhochschulen auf der einen Seite dazu auffordern, Studenten, die sich in der Praxisphase befinden, von Studienbeiträgen zu befreien mit der Begründung, in der Praxisphase gebe es keine Betreuung, dass diese Fachhochschulen auf der anderen Seite aber gleichzeitig

sagen, es sei nicht vertretbar, die CNWs abzusenken, weil man die CNWs für die Praxisphase brauche.

Meine Damen und Herren, so können wir nicht miteinander umgehen. Entweder gilt das eine, oder es gilt das andere. Ich sage Ihnen noch einmal: Wir machen nichts anderes als das, was in allen anderen Ländern Standard ist. Und besser noch: Wir gehen beispielsweise nicht an die Professorendeputate im Universitätsbereich heran, sondern wir wollen, dass diejenigen, die auf der wissenschaftlichen Ebene tätig sind und unbefristete Stellen haben, künftig höhere Lehrverpflichtungen erbringen. Das führt übrigens zu einer Verbesserung der Studienbedingungen. Weiter kann künftig in Berufungsverfahren dafür Sorge getragen werden, dass zu Berufende ein zwölfstündiges anstatt ein achtstündiges Deputat erhalten. Damit haben wir im Prinzip eine weitere Forderung von Ihnen aufgegriffen, nämlich die Forderung nach der Einsetzung von Lecturers.