Protokoll der Sitzung vom 05.06.2007

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb enttäuschen mich Ihre Ausführungen, auch Ihr Antrag. Bürokratismus aufzubauen und Kindern sicheres Schwimmen beizubringen, ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kultusminister hat in seinen Ausführungen und auch in der Antwort auf die Kleine Anfrage angeführt, er habe eine Überprüfung angesagt, ob es mit der Schulinspektion möglich ist. Es kam eben auch schon der Vorschlag, das eventuell im Zeugnis zu vermerken. Wenn ich mich an meine Lehrerzeit erinnere, war es so: Es gab auch bei den Bundesjugendspielen Punkte, wenn man ein bestimmtes Abzeichen erreicht hatte. Ich meine auch, Sportlehrer mit der Qualifikation zum Erteilen von Schwimmunterricht stehen zur Verfügung.

Weshalb mich Ihr Antrag ein bisschen enttäuscht und warum mir das nicht genau genug ist, muss ich hier auch noch einmal begründen. Sie erwähnen in dem Antrag die SPRINT-Studie 2004. Jetzt haben wir 2007! Ich hoffe, Sie merken das irgendwann.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Wenn darin kritisiert wird - das ist damals auch von der Kultusministerkonferenz behandelt worden -, dass Sportunterricht und Schwimmunterricht ausfällt, muss ich wirklich sagen: Erinnern Sie sich bitte einmal: Eine Studie von 2004 basiert auf Zahlen der Vorjahre. Das war dann schon 2003 und vorher. Der Kultusminister hat es eben gesagt: Es hat sich nichts geändert, Schwimmunterricht wird erteilt.

Jetzt ernsthaft, meine Damen und Herren: 64 Todesfälle durch Schwimmunfälle in Niedersachsen 2006! Das sind fünf Todesfälle mehr als im Jahr zuvor. Ich halte das für erschreckend. Das sind 64 Tote zu viel.

(Beifall bei der CDU)

Der Kultusminister hat es auch erwähnt - diese Zahlen sind für ganz Deutschland gravierend -: 63 Kinder zwischen 6 und 20 Jahren und 29 Kinder unter 6 Jahren. Jedes Unglück, jeder Unfall ist zu viel. Da muss man etwas mehr unternehmen.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Wir müssen aber auch feststellen, dass die Rahmenbedingungen in unserem Land, auch in Niedersachsen - ganz gleich, welches Bundesland Sie nehmen -, sehr unterschiedlich sind. Herr Busemann hat es ebenfalls erwähnt: Bäder werden geschlossen. Gravierend ist auch - in den ganzen Studien wird es erwähnt - der Umbau von Schwimmhallen in Spaßbäder. Da können die Kinder nämlich nicht mehr richtig Schwimmen üben, sich fünf Minuten über Wasser zu halten oder 25 oder sogar 50 m zu schwimmen, sondern da wird gerutscht und gewirbelt usw. Das trägt nicht dazu bei, dass die Kinder eine gewisse Schwimmsicherheit bekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch die Entfernungen zu den Schwimmbädern sind für einige Schulen ein Problem. Hier ist ebenfalls der Schulträger gefordert. Sie tragen mit Verantwortung. Herr Busemann hat es auch erwähnt: Schulen regeln den Schwimmunterricht in eigener Verantwortung - das ist richtig -, und zwar in Absprache mit den Schulträgern.

Ich meine auch, die erste Verantwortung liegt natürlich im Elternhaus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dort muss in Zukunft weiter aufgeklärt werden. Dank des großen Engagements der DLRG und anderer Schwimmvereine gibt es eine Reihe von guten Angeboten. Ich meine, Schwimmen lernen ist doch heute gar nicht so schwer! Es gibt doch schon zunehmend Unterwassergeburten. Da fängt es doch schon an. Es gibt Baby- und Kleinkindschwimmen. Es gibt genug andere Kurse: Mutter und Kind, sogar Vater und Kind, damit sich Kinder frühzeitig an das nasse Element gewöhnen und richtig Schwimmen lernen.

Ich bin der Meinung - ich denke, Sie stimmen mir da zu -, normalerweise sollten Kinder, die in die Schule kommen, zumindest bereits das Seepferdchen erworben haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist aber leider nicht der Fall. Die Studien sagen dann noch aus, in diesen Fällen reicht der reguläre Unterricht nicht aus. Es müssen also noch weitere Maßnahmen folgen. Vor allen Dingen muss aufgeklärt werden. Vor allen Dingen, Herr Voigtländer, müssen die Männer, müssen die Jungen herangezogen werden.

(Zuruf von der CDU: Jawohl! - Zu- stimmung von Ursula Körtner [CDU])

Wertet man die Statistik und die Ausführungen von Professor Kurz aus Bielefeld aus - das habe ich auch gelesen -, dann steht eindeutig fest:

(Zuruf von der SPD: 2006!)

Von den vielen Toten, die im letzten Jahr ertrunken sind, sind fast 80 % männlich. Leider Gottes. Das hängt wahrscheinlich nicht nur damit zusammen, dass die Männer schlechter schwimmen können - deshalb behalten Sie die Dinger -, sondern das hängt auch damit zusammen, dass sie leichtsinniger sind. Denn von den Todesunfällen - das muss man auch noch erwähnen - passieren fast 85 % in unbewachten Gewässern, also in Flüssen, in Baggerseen, in Kanälen, in Hafenbecken usw. usf. Auch da muss Aufklärung passieren.

(Glocke der Präsidentin)

Eines der tollsten Projekte, über die ich gelesen habe, ist das Projekt der DLRG zusammen mit Bayer DLRG/NIVEA-Kindergartenprojekt. Darin geht es nicht direkt um Schwimmen, sondern darum, die Kinder aufzuklären, was gefährlich ist, wie sie sich helfen können, wo sie hin dürfen und wo sie nicht hin dürfen. Es geht nicht um Eincremen, sondern es geht wirklich um Sicherheit, um Schwimmsicherheit.

Wir sollten im Ausschuss ernsthaft darüber diskutieren, welche Möglichkeiten sich noch anbieten. Denn Kinder müssen tatsächlich am Ende der 4. Klasse sicher schwimmen können, sich fünf Minuten über Wasser halten können oder 25 m schwimmen können, damit sie auf alle Fälle das rettende Ufer erreichen.

(Glocke der Präsidentin)

Einige Möglichkeiten hat auch Professor Kurz aufgezeigt, z. B. Kurse in offenen Ganztagsschulen, aber auch klassenübergreifende Kurse für Nichtschwimmer, Projektwochen mit dem Schwerpunkt Schwimmen. Es gibt eine ganze Menge. Vor allen Dingen ist aber die Zusammenarbeit der Schulen mit der DLRG, mit den Schwimmvereinen und anderen Organisationen wichtig, - -

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Ernst, nun müssen Sie unbedingt zum Schluss kommen. Sie haben jetzt eine halbe Minute überzogen.

- - - denen wir ganz herzlich für ihren Einsatz danken.

(Ursula Körtner [CDU]: Jawohl!)

In unserer Regierungserklärung haben wir die Bedeutung des Schwimmunterrichts deutlich gemacht. Herr Busemann hat es gemacht. Die Landesregierung ist ernsthaft und nachhaltig für die Schwimmfähigkeit der nachfolgenden Generationen im Einsatz. Sie wird gefördert. Wir setzen alles daran, dass unsere Kinder lebensrettende Schwimmsicherheit erlangen können. Deshalb freue ich mich auf die Ausschussdiskussion. Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Schwarz von der Fraktion der FDP.

(Zuruf von der CDU: Tatsächlich schon? Du hast 20 Minuten! - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Es ist alles ge- sagt!)

Wenn das einmal zutrifft, dann an dieser Stelle. Da gebe ich Ihnen recht, Frau Stief-Kreihe. Das ist absolut richtig.

(Jacques Voigtländer [SPD]: Frei- heitsschwimmer!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz offensichtlich haben wir in der Sache Konsens, wenn es darum geht, die Bedeutung der Schwimmfähigkeit zu bewerten. Das ist in der Tat außergewöhnlich wichtig. Trotzdem, Herr Voigtländer, möchte ich ganz gern, auch wenn Sie den Sachstand insgesamt richtig festgestellt haben, noch einmal darauf verweisen, dass dieser Antrag in zwei Punkten nicht unbedingt stimmig ist.

Sie kümmern sich erstens darum, dass Daten in Bezug auf den Schwimmunterricht erhoben werden sollen. Wir haben mal das Angebot gemacht, die körperliche Fitness herauszustellen, zu bewerten und zu ermitteln. Das haben Sie abgelehnt. Wenn man in dem einen Bereich, in dem es um Gesundheit und Ernährung geht, die Daten nicht erheben will, dann frage ich mich: Warum soll man das beim Schwimmen tun? - Gleichwohl sage ich, dass es in beiden Bereichen getan werden muss.

Sie beklagen aus meiner Sicht des Öfteren zu Recht, dass die Belastung von Lehrkräften ausgesprochen hoch ist. Wenn jetzt aber die Daten erhoben werden sollen, dann heißt das doch nichts anderes, als dass nicht in erster Linie das Kultusministerium, sondern die Lehrkraft gefragt ist, die sich damit zu beschäftigen hat und dann im Prinzip sachfremde Tätigkeiten ausüben muss, von denen wir sie eigentlich ein bisschen fernhalten wollen.

Wir haben doch in der Tat ein ganz anderes Problem. Es fehlen heute oft die Möglichkeiten und Gelegenheiten, dass unsere Kinder das Schwimmen erlernen können. Der Kultusminister hat darauf hingewiesen, dass in den Kommunen heute viele Freibäder und Hallenbäder geschlossen sind und das Angebot vor etlichen Jahren noch viel größer war. Ich spreche mich daher ausdrücklich dafür aus, die Bedingungen auf diesem Gebiet zu verbessern.

Außerdem halte ich es aufgrund meiner Erfahrung als Lehrer, der auch Sport unterrichtet hat, für einen sehr wesentlichen Aspekt, dafür Sorge zu tragen, dass in dem Bewusstsein der Eltern verankert wird, dass die Schwimmfähigkeit ihrer Kinder sehr wichtig ist.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Schwarz, letzter Satz!

Letzter Satz: Oftmals halten die Eltern ihre Kinder vom Schwimmen ab, weil sie das nicht wollen. Das ist ein riesiges Problem.

(Beifall bei der FDP)

Das war schon der letzte Satz.

Das war der letzte Satz. - Ich meine, dass wir uns darin einig sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)