Protokoll der Sitzung vom 06.06.2007

Der Kollege Meyer hat eben den Eindruck erweckt, ich hätte eine bestellte Frage gestellt. Ich weise das in aller Schärfe zurück. Ich habe gesagt: Mir fällt keine Frage mehr ein, auf die ich die Antwort nicht schon wüsste. Das gelingt mir deswegen, weil ich im Bereich der Energiepolitik ein ausgewiesener Fachmann bin - nicht, weil ich die Landesregierung vorher fragen muss. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei den GRÜNEN)

Bevor ich Tagesordnungspunkt 17 aufrufe, möchte ich daran erinnern, dass wir gegenüber der Tagesordnung eine Stunde in Verzug sind. Ich fände es sehr unangenehm, wenn wir die vorgesehenen Zeiten für die Wahl und die Vereidigung der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Staatsgerichtshofes nicht wie vorgesehen einhalten würden. Ich bitte daher die Parlamentarischen Geschäftsführer, darauf zu achten, dass es möglich ist, die vereinbarten Zeiten einzuhalten, und mitzuteilen, auf welche Weise das gewährleistet werden soll.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 17: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen und zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 15/3660 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 15/3804 Schriftlicher Bericht - Drs. 15/3851

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur lautet auf Annahme mit Änderungen.

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Dr. Winn. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den rund 28 000 grundständigen Studienplätzen in Niedersachsen waren im Studienjahr 2006/2007 62 % - das entspricht 17 400 Studienplätzen - zulassungsbeschränkt. Das heißt: Wollen sich in diesen Studiengängen mehr Studienplatzbewerberinnen und -bewerber einschreiben, als entsprechend der Kapazitätsfestsetzung Plätze vorhanden sind, müssen die Hochschulen festlegen, welche Studienplatzbewerberinnen und -bewerber den gewünschten Platz erhalten und welche nicht.

In bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen wie dem Studiengang Medizin entscheidet über die Zulassung nach der Abiturbestenquote und der Wartezeitquote die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, die ZVS. Die Auswahl kann dabei nur anhand verbindlicher und nachvollziehbarer Kriterien vorgenommen werden, um das in Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes verankerte Recht, die Ausbildungsstätte frei wählen zu können, gewährleisten zu können. Daher bedarf das Hochschulauswahlverfahren landesgesetzlicher Regelungen bzw. bedarf das von der ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der landesrechtlichen Umsetzung des Staatsvertrages der Länder über die Vergabe von Studienplätzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im vorliegenden Gesetzentwurf wird in Artikel 1 der von den Ministerpräsidenten am 22. Juni 2006 unterzeichnete neue ZVS-Staatsvertrag landesrechtlich umgesetzt. Durch Artikel 2 werden notwendige Änderungen des Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetzes vorgenommen. Es handelt sich dabei weitgehend um redaktionelle Anpassungen. Des Weiteren werden Regelungsbedarfe, die durch den Wegfall von Regelungen im Staatsvertrag entstehen, durch entsprechende Regelungen im Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetz ausgefüllt. Dies gilt insbesondere für die Kapazitätsfeststellung und die Kapazitätsfestsetzung in Studiengängen mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen.

Zu den Änderungen im Einzelnen.

Artikel 1 des neuen ZVS-Staatsvertrages sieht im Wesentlichen folgende Änderungen des derzeit noch gültigen ZVS-Staatsvertrages vor:

Erstens wird eine redaktionelle Anpassung der Vorschriften des Staatsvertrages an das Siebte

Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vorgenommen, wonach die hochschuleigene Auswahlquote in Studiengängen mit bundesweiten Zulassungsbeschränkungen zum Wintersemester 2005/2006 von 24 % auf 60 % erhöht wurde.

Zweitens wird die ZVS ermächtigt, gegen Kostenerstattung durch die Hochschulen sonstige hochschulorientierte Dienstleistungsaufgaben für die Hochschulen erbringen zu können.

Drittens kommt es zu einer Streichung der Vorschriften zur Ermittlung der Kapazität von Studiengängen mit lokalen Zulassungsbeschränkungen.

Viertens wird die Pauschalabgeltung der Sitzlandkosten für die ZVS geregelt.

In Artikel 2 wird das Niedersächsische Hochschulzulassungsgesetz redaktionell angepasst, und notwendige weitere Änderungen werden vorgenommen:

Erstens. Querverweise auf den Staatsvertrag werden aktualisiert. In § 8 wird die Verweisung auf das Hochschulrahmengesetz, das voraussichtlich zum 1. Juli 2008 vom Bund aufgehobenen wird, durch die Verweisung auf den Staatsvertrag ersetzt.

Zweitens. Die Auswahlkriterien im Hinblick auf die Ausländerquote werden in § 5 geregelt, da der neue ZVS-Staatsvertrag insoweit keine Regelungen mehr enthält. Den Hochschulen wird hier erstmals eine Auswahlmöglichkeit im Rahmen dieser Quote eingeräumt. Die Studienplätze, die nach dieser Quote vergeben werden, können somit entweder nur nach der Durchschnittsnote der Zugangsberechtigung oder nach einer Kombination der Note mit mindestens einem weiteren Auswahlkriterium wie z. B. Motivation, Praktikum, Berufserfahrung, Ergebnis eines Tests oder eines Auswahlgespräches vergeben werden. Der bislang im ZVS-Staatsvertrag aufgeführte Katalog der berücksichtigungsfähigen besonderen Umstände kann über den neuen § 5 auch weiterhin von den Hochschulen angewandt werden.

Drittens. Das Verfahren auf Zulassung zum konsekutiven Masterstudium wird an den den Zugang regelnden neuen § 18 angepasst. Danach nehmen auch die Bewerberinnen und Bewerber, die ihr Bachelorstudium nicht innerhalb der Frist zur Bewerbung für das Masterstudium abgeschlossen haben, am Verfahren auf Zulassung zum Masterstudium teil, und zwar mit einer von der Hochschule auf der Basis der bislang vorliegenden

Prüfungsleistungen ermittelten Durchschnittsnote. Hierdurch werden gegebenenfalls aus der verspäteten Ausstellung des BA-Zeugnisses resultierende zeitliche Verzögerungen beim Übergang vom Bachelor- in das Masterstudium vermieden.

Der neue Staatsvertrag enthält keine Regelungen mehr zur Kapazitätsfeststellung und Kapazitätsfestsetzung in Studiengängen mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen. Indem in § 9 auch für diese Studiengänge auf die staatsvertragliche Regelung für Studiengänge mit bundesweiten Zulassungsbeschränkungen verwiesen wird, wird die erforderliche landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage für eine Ausführung durch Landesverordnung geschaffen. Hierdurch kann die geltende Kapazitätsverordnung auch für Studiengänge mit Orts-Numerus-clausus weiterhin Anwendung finden.

Die zwischen der Landeshochschulkonferenz und dem MWK erörterten neuen Kapazitätsfeststellungsmodelle, z. B. das CNW- bzw. CurriculaNormwert-Bandbreitenmodell, können hiermit umgesetzt werden, da die in Bezug genommene Vorschrift des Artikels 7 des Staatsvertrages hinreichend flexibel ist. Mit dem CNW-Bandbreitenmodell können bei Vorhandensein eines besonderen Studienprofils der Hochschule unter Beibehaltung der festgesetzten Studienplatzkapazität der gewählten Fächergruppe insgesamt Veränderungen beim CNW durch die Hochschule vorgenommen werden. Im Rahmen der bestehenden Kapazitätsverordnung gewinnt die Hochschule damit an Flexibilität und eine größere Differenzierungsmöglichkeit. Von dem Grundprinzip der Ermittlung von Zulassungszahlen auf der Grundlage des vorhandenen Lehrpotenzials und des unterschiedlichen Aufwands in den Studiengängen soll und kann auch im Sinne einer Qualitätssicherung mittelfristig aber nicht abgewichen werden. Dies wäre vor dem Hintergrund des Hochschulpakts und des doppelten Abiturjahrgangs geradezu fahrlässig. Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung werden notwendige Änderungen umgesetzt, die auf das Auswahlverfahren zum Wintersemester 2007/2008 Anwendung finden sollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen, ich kann nicht verstehen, dass Sie diesen Gesetzentwurf nur wegen einiger Marginalien - z. B. wegen des Inkrafttretens und auch wegen der Nichtnennung des Losverfahrens - ablehnen wollen. Ich mache aber dennoch

den Versuch, Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zu bitten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich alle Kolleginnen und Kollegen gern darauf aufmerksam machen - auch die an den Lautsprechern -, dass die Tagesordnungspunkte 19 und 20 nach der Vereidung der Mitglieder der stellvertretenden Mitglieder des Staatsgerichtshofs und vor dem Tagesordnungspunkt 22 behandelt werden. Dies haben die Fraktionen so vereinbart. Vielleicht können Sie sich darauf einstellen. - Jetzt erteile ich dem Kollegen Wulf das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem uns der Kollege Winn noch einmal erklärt hat, um was es bei diesem Staatsvertrag geht, und nachdem er uns die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung noch einmal vorgelesen hat, darf auch ich Ihnen jetzt noch einmal erklären, warum wir von der SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden.

Die für Niedersachsen spezifischen Regelungen zum Staatsvertrag werden in diesem Gesetzentwurf geregelt. Wir begrüßen es außerordentlich, dass die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen erhalten bleibt, und wir unterstützen den Staatsvertrag, der zwischen den Ministerpräsidenten am 22. Juni 2006 abgeschlossen worden ist. Dem Staatsvertrag stimmen wir also durchaus zu.

Mit zwei Punkten des Gesetzentwurfs - das sind nicht die beiden Punkte, die Sie, Herr Winn, erwähnt haben - sind wir aber nicht einverstanden. Es ist nun nicht so - sagen wir es einmal so, wie es in der Begründung zu dem Gesetzentwurf steht -, dass der Gesetzentwurf die Regelungen des Staatsvertrages im Wesentlichen fortschreibt, sondern es werden zwei Veränderungen vorgenommen, die durchaus von Gewicht sind.

Unsere Kritik richtet sich zunächst auf die Regelungen über die sogenannten Vorabquoten für ausländische Studierende. Hinsichtlich dieser Vorabquoten gibt es besondere Regelungen außerhalb des normalen Vergabeverfahrens. Diese gelten für bis zu zwei Zehntel der zur Verfügung ste

henden Studienplätze. Neben anderen Zielgruppen, auf die ich jetzt nicht eingehen will, geht es dabei im Wesentlichen um ausländische und staatenlose Studierende, sofern sie deutschen Studierenden nicht gleichgestellt sind. Im alten Staatsvertrag von 1999 ist hinsichtlich der Vorabquote für ausländische Studierende eine sehr detaillierte Regelung enthalten gewesen. So war bisher ganz klar, dass ausländische und staatenlose Studierende in erster Linie nach dem Grad ihrer Qualifikation ausgewählt werden. Außerdem haben dann auch besondere Umstände eine Rolle gespielt, die für ein Studium an einer deutschen Hochschule sprechen. Diese Umstände sollten berücksichtigt werden. Solche Umstände liegen insbesondere dann vor, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber von einer deutschen Einrichtung zur Förderung begabter Studierender für ein Studium ein Stipendium erhält, wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber aufgrund besonderer Vorschriften mit der Einweisung in ein Studienkolleg oder in eine andere vergleichbare Einrichtung für die Zuteilung eines Studienplatzes in dem im Zulassungsantrag genannten Studiengang vorgemerkt ist, wenn sie oder er in der Bundesrepublik Deutschland Asylrecht genießt oder - das ist jetzt ganz wichtig - aus einem Entwicklungsland oder einem Land kommt, in dem es keine Ausbildungsstätten für den betreffenden Studiengang gibt, oder einer deutschsprachigen Minderheit im Ausland angehört. Im neuen Staatsvertrag aber sind alle diese detaillierten Regelungen nicht mehr enthalten, weil man darauf vertraut hat, dass diese in eigenen länderspezifischen Gesetzen entwickelt werden. In Niedersachsen ist das für die meisten dieser von mir soeben genannten Punkte durchaus geschehen, leider aber nicht in allen Punkten.

Zwei Regelungen sind aus dem alten Staatsvertrag nicht bzw. anders übernommen worden. Dies führt erstens zu einer Verschärfung der Regelung über die Studienkollegs. Voraussetzung für den Zugang zum Studium ist in Zukunft die Ablegung einer Prüfung, während es nach dem alten Staatsvertrag noch ausreichte, wenn die Bewerberin bzw. der Bewerber mit der Einweisung in ein Studienkolleg oder in eine andere vergleichbare Einrichtung für die Zuteilung eines Studienplatzes vorgemerkt war. Hier ist offensichtlich eine Veränderung auch der Aufgabenbestimmung von Studienkollegs erfolgt. Diese Studienkollegs waren in den 50er-Jahren - dies zur Erläuterung - insbesondere für die Internationalisierung unserer Hochschulen durchaus wichtig. Auch für die Entwicklungshilfe hatten sie

eine entscheidende Bedeutung. Heute sieht man dies offensichtlich jedoch anders. Ich gehe davon aus, dass diese veränderte Sichtweise entscheidend dafür war, jetzt auch im Gesetzentwurf eine andere Regelung vorzusehen.

Es gibt auch Bemerkungen wie z. B. die des Vorsitzenden der Landeshochschulkonferenz Nordrhein-Westfalen, der gesagt hat, dass man das so macht, damit sich die Studienkollegs und die Hochschulen nicht mehr um „Sorgenkinder“ kümmern müssen. Das sind noch keine Spitzenleute. Man will sie ja erst zu Spitzenleuten heranbilden. Dafür hatten die Studienkollegs eine besondere Bedeutung. Diese Möglichkeit wollen wir aufrechterhalten. Aus diesem Grunde vertreten wir in dieser Frage eine andere Auffassung als die Landesregierung. Wir sind der Ansicht, dass die alte Regelung hätte übernommen werden sollen.

Das gilt auch für eine weitere im alten Staatsvertrag noch enthaltene Regelung, nach der auch Studierende aus Entwicklungsländern berücksichtigt werden sollen. Auch diese Regelung hätte man so in das niedersächsische Gesetz übernehmen können. Das aber ist nicht geschehen. Stattdessen ist diese Regelung gestrichen worden. Wir haben im Ausschuss die Vertreter der Landesregierung nach den Gründen für diese Streichung gefragt. Auf diese Frage haben wir aber keine ausreichende Antwort bekommen. Das ist unbefriedigend. Wir sehen in diesem Punkt eine Benachteiligung der Studierenden aus den Entwicklungsländern. Das gilt nicht nur für diesen Gesetzentwurf, sondern auch für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes, über den wir beim nächsten Tagesordnungspunkt gleich noch sprechen werden. Meine Kollegin Andretta wird dann noch unsere Kritik deutlich machen.

Zusammenfassend: Wir sind durchaus für die Neuregelungen über die Vergabe von Studienplätzen im Staatsvertrag. Deshalb stimmen wir dem Artikel 1 des Gesetzentwurfs zu. Wir sehen aber Probleme in den länderspezifischen Regelungen. Insbesondere die vorgesehenen Regelungen für ausländische Bewerberinnen und Bewerber führen zu einer Diskriminierung von Menschen aus Entwicklungsländern. Wir sind der Meinung, dass dies nicht richtig ist. Auch den Menschen aus diesen Ländern sollten wir die Möglichkeit geben, hier zu studieren. Man sollte aber durchaus auf Spitzenleistungen gucken und Spitzenleute fördern. Manchmal jedoch - ganz besonders sollte dies für ein so reiches Land wie Deutschland gelten

kommt es darauf an, Menschen aus schwach entwickelten Ländern Hilfestellungen zu geben, damit sie zu Spitzenleuten heranwachsen können. Hier hätte Niedersachsen eine Vorbildfunktion einnehmen können. Dies haben die Landesregierung und Minister Stratmann aber wieder einmal versäumt. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Dr. Heinen-Kljajić, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um unser Abstimmungsverhalten gleich vorwegzunehmen: Dem eigentlichen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen stimmen wir im Grundsatz zu. Die damit einhergehende Umsetzung im Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetz lehnen wir allerdings ab.

Im Hinblick auf den Staatsvertrag möchte ich zwei zentrale Punkte herausheben, der ja ansonsten, wie die Ausführungen des Kollegen Dr. Winn erahnen ließen, eine eher trockene Materie abhandelt. Wir begrüßen die Weiterentwicklung der ZVS zu einer Serviceeinrichtung für Hochschulen und Studierende, die die Auswahl- und Verteilungsverfahren auch weiterhin unterstützen kann. An dieser Stelle muss man noch einmal betonen, dass noch vor zwei Jahren Ministerpräsident Wulff und Minister Stratmann vollmundig verkündet haben, die ZVS habe ausgedient. Damit ist die Zustimmung zu diesem Staatsvertrag schlicht auch das Eingeständnis, dass man seinerzeit den Mund - jedenfalls an dieser Stelle - zu voll genommen hat.

Die Hochschulen haben zwar die Steigerung der Hochschulauswahlquote begrüßt, aber in der Praxis schlagen sie sich mit Mehrfachbewerbungen herum. Die Möglichkeiten, die ihnen das neue Auswahlrecht bietet, nutzen sie nur sehr eingeschränkt aus. Grund dafür ist vor allem die mangelnde finanzielle Ausstattung. Denn statt mit einer finanziellen Kompensation des neuen Aufgabenfeldes wurden die Hochschulen in Niedersachsen vom Land mit drastischen Kürzungen konfrontiert. Stattdessen sollen jetzt im Zweifel die Studierenden mit einer Bewerbungsgebühr zur Kasse gebeten werden. In der Bilanz fristen die Potenziale,

die in intelligenten Auswahlverfahren stecken könnten, an unseren Hochschulen zurzeit noch ein eher kümmerliches Dasein.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Festsetzung von Zulassungszahlen. Ihr Umgang mit dem Hochschulpakt, Herr Minister Stratmann, lässt befürchten, dass die im Grundsatz sicherlich sinnvolle Flexibilität bei der Kapazitätsbemessung in Niedersachsen als Einsparmöglichkeit missbraucht wird. Die Absenkung der Betreuungszahlen an Fachhochschulen, die dazu dienen soll, bei gleichem Personal mehr Studierende durch die Hochschulen zu schleusen, lässt jedenfalls nicht erkennen, dass Sie die neuen Vereinbarungen dazu nutzen wollen, die Studienbedingungen für die Studierenden zu verbessern. Hier fordern wir eine Kurskorrektur, um die Chancen, die der Staatsvertrag bietet, wirklich positiv nutzen zu können.

Meine Damen und Herren, letztendlich ablehnen werden wir die landesgesetzliche Umsetzung dieses Staatsvertrages wegen eines Punktes, der zwar in seiner rechtlichen Konsequenz vermutlich ohne Bedeutung bleibt, der aber nichtsdestotrotz ein politisches Signal setzt, das wir als Grüne so nicht mittragen wollen. Im Gegensatz zum geltenden Staatsvertrag wird unter der Regelung „besondere Umstände“, die die Hochschulen bei der Zulassung in Vorabquoten berücksichtigen können, die Herkunft aus Entwicklungsländern gestrichen. Der Kollege Wulf hat das eben ausführlich dargestellt; dies muss ich nicht wiederholen. Wir wollen weiterhin an der besonderen Verantwortung gegenüber Entwicklungsländern festhalten und dies im Gesetz zum Ausdruck bringen. Da beispielhafte Aufzählungen in einem Paragrafen immer auch politische Willensbekundungen sind, bleibt festzuhalten, dass es hier einen klaren Dissens zwischen Schwarz-Gelb und meiner Fraktion gibt, weshalb wir den Artikel 2 ablehnen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt Herr Kollege Professor Zielke. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich noch sehr gut an jene Kassandren,

die im letzten Jahr, als die Föderalismusreform diskutiert wurde, den Untergang des Abendlandes in düstersten Farben ausmalten, der hereinbrechen würde, wenn im Zuge der Föderalismusreform tatsächlich substanzielle Aufgaben ganz an die Länder übertragen werden würden. Zentralisten aller Bundesländer vereinigt euch im Kampf gegen den Bildungspartikularismus! - So hieß das damals.