die im letzten Jahr, als die Föderalismusreform diskutiert wurde, den Untergang des Abendlandes in düstersten Farben ausmalten, der hereinbrechen würde, wenn im Zuge der Föderalismusreform tatsächlich substanzielle Aufgaben ganz an die Länder übertragen werden würden. Zentralisten aller Bundesländer vereinigt euch im Kampf gegen den Bildungspartikularismus! - So hieß das damals.
Heute beschließen wir über einen Staatsvertrag, den diese partikularistischen Bundesländer in eigener Verantwortung miteinander beschlossen haben. Er kann sich - o Wunder - durchaus sehen lassen. Mit diesem Vertrag haben die Länder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie sehr wohl dazu in der Lage sind, bei wichtigen Bildungsfragen zu einer vernünftigen Lösung zu gelangen, zu einem Beschluss, der auf der einen Seite den Bedürfnissen nach Einheitlichkeit gewisser minimaler Rahmenbedingungen Rechnung trägt und der auf der anderen Seite die sinnvolle Autonomie vor Ort, nämlich bei den Hochschulen, ansiedelt.
Eine zweite Vorbemerkung sei mir gestattet. Wir waren es, wir in Niedersachsen, diese Koalition aus FDP und CDU war es, die als erstes Bundesland das Thema ZVS - Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen - auf die politische Agenda gesetzt hat.
Als erstes Bundesland haben wir ein Gesetz dazu verabschiedet, nämlich das Hochschulzulassungsgesetz im Jahre 2005. Das hat für viele Fächer und Studienplätze das Ende der ZVS in ihrer damaligen Form eingeläutet und als Vorbild für Regelungen in anderen Bundesländern und auch für diesen Staatsvertrag gedient.
Ich darf in aller Bescheidenheit betonen, dass es die FDP war, die diese Entwicklung angestoßen hat.
Wir als FDP empfinden eine gewisse Genugtuung darüber, dass eine der Kernforderungen liberaler Hochschulpolitik, die wir lange vor anderen erhoben haben, mit diesem Staatsvertrag endlich umgesetzt worden ist, und zwar zum Besten der jun
Frau Dr. Heinen-Kljajić, die ZVS mit ihren alten Aufgaben hat ausgedient, und das ist gut so. Als Beratungsinstitut, so wie geplant, mag sie gern bestehen bleiben.
Worum geht es in dem Vertrag? - Herr Dr. Winn hat das schon weitgehend ausgeführt. Ich möchte aber noch auf ein paar Dinge zurückkommen, die sozusagen den Kern dahinter bilden. Wer studieren durfte und wer nicht, das entschied früher die ZVS nach den Kriterien Abiturdurchschnitt oder Wartezeit. Das war offensichtlich kein optimales Verfahren; denn es konnte weder Unterschiede im Profil einzelner Hochschulen noch in speziellen Qualifikationen der einzelnen Bewerber berücksichtigen. Dieses Verfahren ging von der stillschweigenden Fiktion aus, alle Hochschulen böten in einem Fach das gleiche Lernniveau, und das Abitur sei ein so verlässlicher Indikator für die Eignung der Bewerber, dass man auf feinere Differenzierungen verzichten könnte. Der vorliegende Vertrag schafft diese zentralistisch-planwirtschaftliche Regelung ab.
Künftig entscheiden die Hochschulen in Numerusclausus-Fächern für die meisten Studienplätze, nämlich 60 %, selbst, welche Bewerber sie aufnehmen, und zwar - das ist das Entscheidende nach Kriterien, die jede Hochschule in eigener Verantwortung festsetzen kann. Damit kann eine Hochschule ihr Profil im intellektuellen Wettbewerb schärfen und die Studierenden auswählen, die zu ihrem Profil passen und die ihr Profil schaffen. Den Bewerbern kann deutlicher werden, was in einem Studiengang tatsächlich auf sie zukommt. Indirekt senken präzise Auswahlverfahren die Zahl der Studienabbrecher. Das ist ja wohl ein Ziel, in dem wir alle uns einig sind.
Zu den Auswahlkriterien können Gespräche, fachspezifische Tests und außerschulische relevante Qualifikationen zählen und selbstverständlich nach wie vor die Abiturnoten als klassischer Notendurchschnitt oder zusätzlich in fachspezifischer Gewichtung.
Hier mein erster kleiner Kritikpunkt: Nach wie vor soll in die Gesamtentscheidung über die Zulassung der Abiturnotendurchschnitt mit einem Gewicht von mindestens 50 % eingehen. Die Durchschnittsnote im Abitur zählt also in jedem Fall mehr als alle andere Kriterien zusammen, völlig unabhängig vom Studienfach. Das ist nicht einzusehen. Dies ist eigentlich überflüssiger Einheitlichkeitsfetischismus.
Es ist im Grunde genommen nichts anderes als eine Verbeugung vor einer ältlichen heiligen Kuh namens Abitur als sogenannter allgemeiner Hochschulreife.
Was auch immer „reif“ in diesem Zusammenhang bedeuten mag, allgemeine Studierfähigkeit garantiert das Abitur heute nicht mehr; sonst würden die Hochschulen wohl kaum allerlei Brückenkurse oder Vorkurse zur Herstellung der Studierfähigkeit anbieten. Die Hervorhebung der Abiturnote passt auch nicht mehr zu der heutigen Vielfalt der Ausbildungswege, die zur Studienberechtigung führen. Hier sollten wir flexiblere Lösungen anstreben und ermöglichen.
Ein zweiter Gedanke, wie dieser Vertrag weiterentwickelt werden könnte: Es ist in keiner Weise einsichtig, dass nach wie vor 20 % der Studienplätze in einem Fach zentral nach dem Steinzeitverfahren der Wartezeit vergeben werden. Warten macht niemanden für ein bestimmtes Studienfach geeigneter. Wartezeiten sind unsozial;
denn Wartezeiten privilegieren jene, die oder deren Eltern sich das Warten finanziell leisten können.
Schließlich ist nicht einzusehen, dass weitere 20 % der Studienplätze in NC-Fächern nach allerlei Kriterien vergeben werden, die zentral ein für allemal festgelegt sind und zu denen u. a. alles zählt, was unter dem Rubrum „Härtefall“ zusammengefasst ist.
Diese beiden Pauschalquoten von je 20 % sollten mittelfristig gesenkt und der Disposition der Länder anheimgestellt werden. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus Respekt vor der anstehenden Wahl der Staatsgerichtshofsmitglieder und angesichts der Tatsache, dass wir in der Zeit sehr weit vorangeschritten sind, möchte ich mich auf einen Kernpunkt beschränken, zumal von meinen Vorrednern im Prinzip schon alles gesagt worden ist. Ich möchte einige wenige Ausführungen zur Zukunft der ZVS machen und mich dabei besonders an die Kollegen der SPD wenden.
Die Entscheidungen dazu werden in der nächsten Woche seitens der Kultusministerkonferenz getroffen werden. Die Staatssekretäre haben sich bereits auf Staatssekretärsebene - einschließlich der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre der A-Länder, also der SPD-geführten Länder - darauf verständigt. Ich sage das an die SPD-Kollegen gerichtet, damit Sie hier nicht sozusagen eine Politik verkaufen, die der Wissenschaftspolitik der A-Länder längst nicht mehr entspricht. Aber das erleben wir hier ja häufiger, dass Sie einige Jahrhunderte hinterherhinken.
Grundsatz nicht nur der Niedersächsischen Landesregierung ist es, dass sich die Hochschulen ihre Studierenden in der Zukunft weitestgehend selber auswählen sollen. Dieser Grundsatz verträgt sich nicht mit der zentralistischen „Kinderlandverschickung“ der ZVS, wie wir sie in der Vergangenheit erlebt haben. Das heißt, die ZVS hat ihre Daseinsberechtigung verloren. Übrigens hat die in Anspruchnahme der ZVS kontinuierlich abgenommen. Wenn bei den bundesweit zulassungsbeschränkten Studienplätzen ohnehin jetzt schon 60 % der Studienplätze nach dem Ergebnis von Hochschulauswahlverfahren vergeben werden, verbleiben nur noch 40 % der zulassungsbeschränkten Studienplätze, die weitestgehend zum Bereich der Medizin gehören, bei der ZVS.
Das bedeutet, dass bei den Hochschulen die administrativen Aufgaben zugenommen haben und dass vermehrt Studienplätze frei bleiben, weil es seitens der Studierenden Mehrfachbewerbungen gibt. Deshalb hat die Kultusministerkonferenz am 22. Dezember 2005 die Grundsatzentscheidung getroffen, die ZVS zu einer Serviceeinrichtung im Bereich der Hochschulzulassung umzubauen, der sich die Hochschulen bedienen können.
In der kommenden Woche wird die 318. Kultusministerkonferenz rechtliche Grundlagen für die Arbeit dieser Serviceeinrichtung festschreiben. An der Formulierung dieser rechtlichen Grundlagen - wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf ist Niedersachsen maßgeblich beteiligt, weil wir auf Staatssekretärsebene die Federführung haben.
Die neue Serviceeinrichtung wird in der Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts geführt. Diese Stiftung wird keine Dienstherreneigenschaft besitzen, und sie wird durch einen Geschäftsführer geleitet. Artikel 4 des Entwurfs eines Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für die Hochschulzulassung ermächtigt die Stiftung, bei der Durchführung des Hochschulzulassungsverfahrens die Hochschulen administrativ zu unterstützen. Diese haben übrigens für diese Dienstleistung - das ist wichtig - zu zahlen; die Kosten, die entstehen, müssen also von den Hochschulen beglichen werden.
Ergebnisse einer Organisationsuntersuchung werden im Herbst Anhaltspunkte dafür liefern, wie die Arbeitsweise dieser Serviceeinrichtung weiter optimiert werden kann. Nach Artikel 5 hat die Stiftung die Aufgabe, die Studienplätze im zentralen Verfahren zu vergeben. Das entspricht weitgehend der Kernaufgabe der heutigen ZVS.
Wichtig ist - das ist meine abschließende Bemerkung -: Entstehende Kosten dürfen nach dem, was wir vereinbart haben und in der nächsten Woche beschließen werden, nicht den Studienbewerbern in Rechnung gestellt werden. Das heißt, für die Studierenden entstehen in keiner Weise Nachteile, im Gegenteil: Es werden durch beschleunigte
Danke, Herr Minister. - Um zusätzliche Redezeit hat Frau Andretta von der SPD-Fraktion gebeten. Frau Andretta, Sie haben drei Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie erweisen sich hier als gelehriger Schüler Ihres Herrn: Sie erwecken den Anschein, als ob die Frage der Auswahlverfahren über die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen entscheiden würde. Jede Auswahl, jede Zulassungsbeschränkung - das sage ich auch an die Adresse von Herrn Kollegen Zielke - ist eine Zwangsbewirtschaftung, ist eine Notmaßnahme von Hochschulen, weil nicht genügend Studienplätze zur Verfügung stehen.
Unser hochschulpolitisches Ziel ist es, die Chance des Hochschulpaktes zu nutzen und endlich dafür zu sorgen, dass in Niedersachsen nicht mehr fast 90 % der Studiengänge an unseren Fachhochschulen zulassungsbeschränkt sind, dafür zu sorgen, dass auch in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen, bei denen heute Studienbewerber abgewiesen werden, Chancen für die nachfolgende Generation geschaffen werden. Wir dürfen doch die Angehörigen der nächsten, geburtenstarken Jahrgänge nicht abweisen;