Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Ge- nau! Deswegen muss informiert wer- den! Aber es wird nicht informiert!)

Dann sind wir alle verstrahlt.

(Unruhe - Zurufe)

- Darf ich jetzt meine Frage stellen? - Insofern meine Frage an Herrn Minister Sander und an den Herrn Ministerpräsidenten Wulff, der sich auch in der gestrigen Aktuellen Stunde dazu eingelassen hat: Glauben Sie eigentlich, Ihrer Verantwortung für Leben und Gesundheit der Menschen in Niedersachsen damit gerecht zu werden, dass Sie auf die Verantwortlichkeit für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein und im Bund hinweisen und sich in Niedersachsen darauf verlassen, dass es nur die Kategorie N gewesen sein soll? Dabei muss man wissen, dass diese Kategorien in den letzten Jahren ständig verändert worden sind. Früher gab es eine INES-Skala. Da wurden die Störfälle in verschiedene Kategorien eingeordnet. Man ändert immer wieder einmal die Kategorien, damit die Öffentlichkeit nicht weiß, um was es geht. Für mich bestehen erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers Vattenfall, und E.ON ist an beiden AKWs beteiligt.

(Joachim Albrecht [CDU]: Frage!)

- Die habe ich schon gestellt.

(Bernd Althusmann [CDU]: Dann dürfen Sie nicht weiter reden!)

Wo will die Landesregierung da aktiv werden, um unser Leben und unsere Gesundheit auch zu schützen?

(Bernd Althusmann [CDU]: Die Fra- gen werden dem Thema nicht ge- recht!)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe bei der Beantwortung der vorletzten Frage gesagt, dass ich Ihnen die Liste der letzten Jahre gerne zur Verfügung stellen will. Wenn das nicht ausreicht, dann lese ich sie Ihnen jetzt vor. Ich lese jetzt erst einmal die drei Fälle für das KKU Unterweser vor. 8. Februar 2007: Pore in einer Schweißnaht der Rohrleitung der Stopfbuchsabsaugung einer Armatur im Volumenregelsystem. Am 14. März: defekte Zeitbaugruppe im Reaktorschutzsystem. Am 18. März: Nichtschließen einer Primärkreis- und -gebäudeabschlussarmatur im Volumenregelsystem bei einer wiederkehrenden Prüfung. - Das waren die drei meldepflichtigen Ereignisse im Jahr 2007 im KKU Unterweser.

Ich gehe davon aus, Sie sind damit einverstanden, dass ich Ihnen die Liste, wie ich es Frau Steiner angekündigt habe, insgesamt zur Verfügung stelle, sodass ich hier nicht alle meldepflichtigen Vorfälle vorlesen muss.

Eines möchte ich aber noch sagen: Da wir bei uns sehr strenge Überprüfungen vornehmen und meine Beamten sehr akribisch arbeiten, kann man doch vielleicht auch einmal anerkennen - menschlich -, dass sie mit hohem Einsatz dafür sorgen, dass die Kernkraftwerke in Niedersachsen nach dem besten Stand der Technik und Wissenschaft sicher sind. Dafür darf ich mich jedenfalls bei meinen Mitarbeitern bedanken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Dehde.

Herr Minister, in Ihrem Haus gibt es noch eine ganze Reihe anderer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei denen man sich bedanken könnte; das tun Sie leider zu wenig.

(Beifall bei der SPD - Reinhold Coe- nen [CDU]: Was soll denn das wie- der?)

Meine Damen und Herren, wir haben gelernt: Da brennt ein Atomkraftwerk, und schon einen Tag später ist dieser Minister tätig geworden. Das finde ich beachtlich. Wir haben des Weiteren gelernt, dass der Minister seinen Staatssekretär offensichtlich nicht für kompetent hält; denn ansonsten könnte er sich ja nicht gegen Gespräche auf Staatssekretärsebene aussprechen.

(Beifall bei der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Damit, meine Damen und Herren, bin ich bei meiner ersten Frage. Genau an dieser Stelle ist der Faktor Mensch anzusprechen, der offensichtlich in Krümmel auch wieder eine Rolle gespielt hat, wie übrigens auch in Tschernobyl oder in Harrisburg oder auch bei anderen zahlreichen Störfällen, die zu schlimmen Katastrophen geführt haben, der Faktor Mensch eigentlich ein großes Problem gewesen ist.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir haben gehört, dass sich der Betreiber Vattenfall weigert, dass die Atomaufsicht mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort spricht.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist jetzt eine Erklärung!)

Was tun Sie konkret, um die niedersächsischen Betreiber im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung zu kontrollieren und um auch konkrete Einblicke zu bekommen, damit sich Abläufe, wie sie u. a. in Krümmel passiert sind, nicht wiederholen können?

(Heinz Rolfes [CDU]: Das war schon beantwortet!)

Herr Minister Sander antwortet für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dehde, ich versuche es jetzt noch einmal; denn bei Ihnen muss man manche Dinge des Öfteren wiederholen.

(David McAllister [CDU]: Aussichts- los!)

Am 6. Juli, also am Freitag letzter Woche, ist unseren Fachbeamten mitgeteilt worden, dass die auf Fachebene geführten Gespräche von der Hausleitung nicht mehr erwünscht sind. Sie sollen auf die Staatssekretärsebene verlagert werden. Ich hoffe, Sie wissen so viel von dem Funktionieren eines Ministeriums, dass Ihnen klar ist: Das Wissen auf der Fachebene, die dann auch auf die einzelnen Kernkraftwerke bzw. auf die einzelnen Betreiber durchgreift, und auch das Nachfragen der Fachebene bringen sehr viel mehr, als wenn eine Person dies tut, die ebenfalls nur der Hausleitung eines benachbarten Bundeslandes angehört.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Man will filtern, hat aber den Eindruck - das ist im Grunde genommen der Skandal -, dass es sowohl in Schleswig-Holstein als auch in Berlin Kräfte gibt, die diese Fragen wieder politisch bewerten wollen. Das ist der Sache nicht angemessen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir müssen sachlich aufklären und dürfen nicht weiterhin Ängste schüren. Das Ziel haben einige allerdings. Zu denen, Herr Dehde, gehören nach meinem Eindruck auch Sie.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sehr rich- tig!)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete - -

(Unruhe - Zurufe)

- Meine Damen und Herren, machen Sie es dem Präsidium doch nicht so schwer! - Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Meyer. Ihm folgen Herr Jüttner, Herr Wenzel, Herr Harden und Herr Dr. Runkel. So sieht die Fragestellerliste aus. - Herr Meyer!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den seltsamen Eindruck, dass hier immer der Versuch gemacht wird, auf Frau Trauernicht einzupieken. Die Gesamtverantwortung in Schleswig-Holstein hat der Ministerpräsident. Der heißt Peter Harry Carstensen und gehört der CDU an. Wenn die dort entschieden haben, dass es nicht sinnvoll ist, auf Fachebene zu verhandeln, dann

könnte das auch etwas mit der Fachebene zu tun haben.

(Zuruf von der CDU: Armselig! - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Meyer, Augenblick mal! Ihre Frage soll jeder akustisch mitbekommen können. Es reden aber immer einige dazwischen.

Zur Einleitung meiner Frage möchte ich aus einem Kommentar der Frankfurter Rundschau von heute zitieren. Da heißt es wie folgt:

„Seine Siedewasserreaktoren Brunsbüttel und Krümmel basieren auf einer Baulinie, die 1969 entwickelt wurde. Sie ist schlicht veraltet. Der Sicherheitsbehälter im Reaktorkern ist vergleichsweise dünnwandig, der gesamte Dampfkreislauf radioaktiv, die Reaktorkuppe nicht ausreichend gegen Flugzeugabstürze gesichert. Nach heutigem Atomrecht wären solche Reaktoren nicht genehmigungsfähig.“

Herr Minister, sind Sie nicht auch der Meinung, dass solche atomaren Pommesbuden möglichst schnell abgeschaltet werden sollten?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Sander antwortet für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Meyer, ich habe Ihnen auch in meiner Antwort gesagt, dass wir solche Siedewasserreaktoren nicht haben, sondern einen anderen Bautyp. Daher können Sie mir diese Frage gar nicht stellen; denn ich kann sie nicht beantworten, weil wir andere Kernkraftwerkstypen haben. Sie müssten den Bundesumweltminister als höchste atomaufsichtliche Genehmigungsbehörde auffordern, dort tätig zu werden, zumindest die Sozialministerin, und die gehört bekanntlich der SPD an.

(Beifall bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Jüttner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Sander hat ausgeführt, dass die Hausleitung in Kiel am letzten Freitag den Kontakt zur niedersächsischen Fachebene verboten hat. Ich habe eben mit Staatssekretär Körner telefoniert. Er hat mir bestätigt, dass die Fachabteilung in Kiel gebeten worden ist, nicht mehr mit den Journalisten zu reden, damit eine einheitliche Kommunikation aus dem Hause entwickelt werden kann. Eine solche Weisung von der Hausleitung war dem Staatssekretär nicht bekannt.