Protokoll der Sitzung vom 11.07.2007

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Ankündigungen der Opposition sind im Sande verlaufen. Alle Behauptungen haben sich als haltlos erwiesen. Heute ist nun auch für die Opposition der Zeitpunkt gekommen, Farbe zu bekennen, Farbe in der Sache, so wie sich die AWO, so wie sich der Landrat aus Oldenburg bereits geäußert haben. Deshalb fordere ich Sie auf: Stimmen Sie der Veräußerung des Landeskrankenhauses Osnabrück zu! Geben Sie Ihre völlig unbegründete Verweigerungshaltung auf! Sie machen sich sonst nur unglaubwürdig. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Herr Wenzel hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Wenzel, ich erteile Ihnen das Wort für zwei Minuten.

Frau Präsidentin! Herr Böhlke, was Sie hier an Geschichtsklitterung betreiben, ist wirklich unerträglich.

(Norbert Böhlke [CDU]: Sie verwech- seln mich mit Herrn Schwarz! - Bernd Althusmann [CDU]: Der mit der Ge- schichtsklitterung hieß Schwarz!)

Herr Möllring, wenn Sie hier als Märchenerzähler auf hohem Ross unterwegs sind

(Widerspruch bei der CDU)

und von „Erfolgsstorys“ sprechen und wenn Herr Böhlke von einer hervorragenden Arbeit redet,

(Zuruf von der CDU: Dann hat er Recht!)

dann wähnt man sich wirklich im falschen Film.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist bei Ihnen der übliche Zustand!)

Sie haben 3,9 Millionen Euro für die Arbeit von PwC und Baker & McKenzie ausgegeben.

(Bernd Althusmann [CDU]: McKen- zie!)

- Es ist mir egal, wie Sie die nennen.

Sie haben am Ende selber feststellen müssen, dass eine Minderleistung ohnegleichen abgeliefert wurde, dass der Lenkungsausschuss die Sache nicht im Griff hatte und Ihnen die Angelegenheit zwischendurch ziemlich aus dem Ruder gelaufen ist. PwC hat für diese Minderleistung am Ende einen sehr hohen Abschlag akzeptieren müssen. Und Sie erdreisten sich, das Ganze als Erfolgsstory darzustellen. Meine Damen und Herren, das ist wirklich ein Witz.

(Beifall bei der SPD)

Was bei PwC im Vorraum abgelaufen ist, die Tatsache, dass da offenbar niemand eine Uhr zur Hand hatte - oder nicht zur Hand haben wollte?; diese Frage könnte man ja auch einmal stellen, weil es gegen jede Lebenserfahrung spricht, dass in einem solchen Büro keine Uhr zur Hand ist -, ist Dilettantismus pur. Das verantwortet letztlich die Landesregierung, auch wenn Sie mit dem Urteil des OLG am Ende Glück gehabt haben.

Wir werden das nicht vergessen. Wir wissen ganz genau, was passiert ist. Das zeigt, wie dilettantisch die Landesregierung in solchen Fragen vorgeht und vorgegangen ist. Wir werden ähnliches leider noch beim Tiefwasserhafen erleben. Den ersten Teil der Story haben wir bereits hinter uns. Der Rest wird im Moment vor Gericht ausgetragen.

Herr Wenzel, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Das ist symptomatisch für die Arbeit dieser Landesregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 37: Erste Beratung: Kein FOC in der grünen Heide - Bewährte Raumordnungsregeln für die Ansiedlung von Hersteller-Direktverkaufszentren beibehalten - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3892

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „FOC - Landestheater in vier Akten“ steht auf meinem Zettel. Was wir in den letzten Monaten erlebt haben, war durchaus geeignet, die Irrungen und Wirrungen eines Sommernachtstraums in den Schatten zu stellen.

Beginnen wir mit dem Prolog. Da gibt es eine bewährte Regelung, wonach Hersteller-Direktverkaufszentren aufgrund ihrer besonderen Ausprägung und Funktion, wie es heißt, nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zulässig sind. Gegen diese Regelung wandten sich die Rebellen von Soltau, wurden aber vom Bundesverwaltungsgericht in die Schranken verwiesen und ins Unrecht gesetzt. Die Regelung funktioniert, und sie hat sich als gerichtsfest erwiesen. Sie verhindert, dass unter dem Deckmantel „FOC“ eine weitere Zersiedelung unserer Landschaft erfolgt. Sie verhindert, dass das zu zusätzlichem und unnötigem Verkehrsaufkommen und Belastungen führt. Sie verhindert, dass der Handel in den Städten der Region geschädigt wird und somit Versorgung und Attraktivität der Städte leiden. Sie verhindert, dass unseren Zentren Kapital entzogen wird und damit auch die Auslastung öffentlicher Infrastruktur geschwächt wird. Sie verhindert schließlich, dass neidende Nachbarn mit einem FOC-Wettrüsten antworten. - Soweit der Prolog.

Nun beginnt allerdings das Possenspiel. Der erste Akt wird aufgezogen. Was gerade noch vor Gericht

erfolgreich verteidigt wurde, soll in Zukunft nicht mehr gelten. Die Landesregierung schreibt eine Öffnungsklausel in ihren Entwurf für ein neues Landes-Raumordnungsprogramm. Mit einem Raumordnungsverfahren sollen auch FOCs auf der grünen Wiese möglich werden. Man denke so an drei bis vier.

Kaum war dieser Ruf über das Land gegangen, standen die Bewerber dieses Landeslehens schon Schlange: Soltau, Bispingen, Helmstedt, Walsrode, Rhade und viele andere mehr. Jetzt galt es, die Geister, die man rief, wieder los zu werden.

Der helfende Zauberspruch im zweiten Akt lautete: Es gibt keine allgemeine Öffnung, sondern nur die Verankerung des Standortes Bispingen als Experimentierprojekt im Rund der dort vorhandenen Spiel-, Sport- und Vergnügungsstätten.

Das ließ die Verschmähten nicht ruhen, und mit vielerlei Schlichen und mit Hilfe des engagierten Publikums vor allem auf den rechten niedrigen Rängen erlebten wir im dritten Akt eine neue Situation. Ein Experiment im touristischen Umfeld sollte es bleiben, aber über den Standort sei noch nicht entschieden. Also vielleicht doch Soltau? Nebenbei bemerkt: Die meisten touristischen Übernachtungen gibt es mit über drei Millionen in Cuxhaven. Das soll aber keine Bewerbung sein.

Das Ränkespiel nahm seinen Fortgang, und schon drohte der offene Bruderkampf. Diesen galt es im vierten Akt zu verhindern. Deshalb fanden verschiedene Konzilien statt, und als sich der Debattenrauch lüftete, war eine wirklich theaterreife Lösung gefunden. Sie lautete: Das FOC ist tot, es lebe das FOC. - Alles sollte also bleiben, wie es ist, was nicht so ganz der Wahrheit entspricht. Denn natürlich findet sich die jetzige klare Formulierung nicht mehr in dem Entwurf des neuen Dekrets. Aber trotzdem soll - vermutlich nach der Wahl - in einem Raumordnungsverfahren geprüft werden, wie mit einem FOC auf der grünen Wiese die Heide wirtschaftlich erblühen soll. Wie das zueinander geht, das verstehen wohl nur die hohen Herren. Oder würden Sie als einfacher Abgeordneter z. B. ein Flugblatt verbreiten, mit dem Sie auf der Vorderseite dazu aufrufen, künftig nicht mehr zu kiffen, und auf der Rückseite eine Anbauanleitung für Hanf abdrucken? Das ist ja das, was jetzt die Lösung sein soll.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, die Versuchung war natürlich groß, nach Analogien zwischen den Charakteren des „Sommernachtstraums“ und den handelnden Personen des FOC-Theaters zu suchen. Aber wer möglicherweise der Puck ist oder der mit den Eselsohren - das überlasse ich dann doch lieber Ihrer individuellen Fantasie.

Wir möchten Ihnen mit unserem Antrag einen Epilog mit dem bekannten Schluss im „Sommernachtstraum“ anbieten, nämlich dass alles am Ende nur ein böser Traum war, dass alles so ist, wie es war, und wir nach wie vor eine gute, gerichtsfeste Regelung haben und diese behalten, eine Regelung, die sichert, dass FOCs auch zukünftig nicht auf der grünen Wiese gebaut werden, sondern ausschließlich in den Innenstädten von Oberzentren zulässig sind, wie das eben zurzeit in Wolfsburg praktiziert wird. Für dieses Happy End bitte ich um Ihre Zustimmung und um Ihren Schlussapplaus. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke. - Nächster Redner ist Herr Biestmann von der CDU-Fraktion.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Geben Sie die Rede zu Protokoll, Herr Biest- mann!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen der jüngsten Diskussion zum Landes-Raumordnungsprogramm ist das Thema „Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel“ bereits mehrfach und an unterschiedlicher Stelle diskutiert worden. Dabei ist auffällig, dass die Frage der Ansiedlung von sogenannten Factory-Outlet-Centern besonders sensibel ist und mit einer gewissen Emotionalität begleitet wird. Die CDU-Fraktion hat sich seinerzeit gegen den Bau eines Factory-Outlet-Centers im Raum SoltauFallingbostel ausgesprochen, weil sie insbesondere den Abfluss der Kaufkraft aus den umliegenden Innenstädten fürchtete.

Wir sind bereit, unsere Position in dieser Frage zu überdenken, weil diese Landesregierung für Zukunft, Innovation, Fortschritt und Reformen steht. Aus diesem Grunde unterstützen wir die von der Landesregierung im Entwurf einer Verordnung zum

Landes-Raumordnungsprogramm vorgeschlagene Regelung.

Die grundsätzliche raumordnerische Festlegung gilt weiterhin, nämlich dass Einzelhandelsgroßprojekte ihrer Verkaufsfläche und ihrem Warensortiment nach den zentralörtlichen Versorgungsfunktionen und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen zentralen Ortes entsprechen müssen. Das ist das sogenannte Kongruenzgebot.

Darüber hinaus muss sich auch der Umfang neuer Flächen an den vorhandenen Versorgungseinrichtungen und innergemeindlichen Strukturen ausrichten. Damit können kleinere Hersteller-Direktverkaufszentren auch in Mittelzentren innerhalb von städtebaulich integrierten Lagen raumverträglich sein. In Grundzentren oder außerhalb von Grundzentren entsprechen Hersteller-Direktverkaufszentren von vornherein nicht mehr der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des zentralen Ortes und sind somit schon deswegen unzulässig.

Meine Damen und Herren, bei der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten muss damit auch in Zukunft den Grundsätzen und Zielen zur Entwicklung der Versorgungsstrukturen gefolgt werden. Deshalb sind auch weiterhin neue Einzelhandelsgroßprojekte nur innerhalb des zentralen Siedlungsgebietes des jeweiligen zentralen Ortes und nur innerhalb von städtebaulich integrierten Lagen zulässig. Im Klartext heißt das: An unserer grundsätzlichen Position, im Rahmen der Raumordnung Einzelhandelsgroßprojekte nur in Oberzentren zuzulassen, hat sich nichts geändert.

Ungeachtet dieser Festlegung wollen wir aber eine Ausnahme in Niedersachsen zulassen. Eine Ausnahme, Herr Klein! Wir wollen die Ansiedlung eines Hersteller-Direktverkaufszentrums in der überregional bedeutsamen Tourismusregion Lüneburger Heide. Wir wollen, dass hier die Potenziale der Verbindung aus Tourismus und Shopping für Niedersachsen genutzt werden. Ein solches Hersteller-Direktverkaufszentrum darf eine maximale Verkaufsfläche von 10 000 m² haben.

Diese im Entwurf der Verordnung zum LandesRaumordnungsprogramm festgelegte Regelung ist kein Freifahrtschein; denn ein Factory-Outlet- oder ein Designer-Outlet-Center in der Lüneburger Heide darf keine entwicklungshemmenden Beeinträchtigungen für den Einzelhandel in den umliegenden, im Einzugsbereich befindlichen Oberzent

ren oder Mittelzentren haben. In einem gesonderten Raumordnungsverfahren soll ermittelt werden, welche Beeinträchtigungen ein solches HerstellerDirektverkaufszentrum mit sich bringen würde. Erst danach wird die Landesregierung, die dieses Raumordnungsverfahren maßgeblich beeinflusst, entscheiden, ob ein FOC in der Lüneburger Heide überhaupt gebaut wird. Ein eventuelles HerstellerDirektverkaufszentrum hat sich in ein landesbedeutsames Tourismuskonzept für die Lüneburger Heide einzufügen. Diese Verknüpfung soll dann in einem raumordnerischen Vertrag zwischen dem Land Niedersachsen, der Standortgemeinde und dem Projektbetreiber festgelegt werden.

Mit dieser Entscheidung folgen wir der Entwicklung des Einzelhandels in Deutschland der letzten Jahre, von denen auch Niedersachsen als Bundesland betroffen ist. Der Einzelhandel in Deutschland hat sich wesentlich verändert. Er ist Trends und Shoppinggewohnheiten wie dem Erlebniseinkauf unterworfen. Auch die Einkaufsmöglichkeiten im Internet beeinflussen den konventionellen Einzelhandel maßgeblich. Wenn wir von „Hersteller-Direktverkaufszentren“ sprechen, dürfen wir nicht mehr unweigerlich nur an FOCs und DOCs denken, um die es in dieser Debatte geht; wir müssen auch an Einrichtungen wie Ikea und Dodenhof denken, die nur wegen ihrer Ausgestaltung heutzutage nicht auf innenstadtrelevante Sortimente verzichten und in ihrer Verkaufsfläche die von uns diskutierten Größenordnungen von möglichen Hersteller-Direktverkaufszentren oft weit übersteigen.