Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

(Joachim Albrecht [CDU]: Die haben gar kein Losverfahren!)

In diesem Jahr befinden sich unter den zehn Nominierten drei Schulen aus Niedersachsen. Ein grandioser Erfolg. Eine Grundschule, ein integriertes System, eine Gesamtschule aus Hannover und eine Gesamtschule aus Hildesheim.

(Beifall bei der SPD)

Was sagt uns das, meine Damen und Herren? - Mit integrierten und kooperativen Systemen ist Schulqualität augenscheinlich sehr, sehr gut vereinbar, meine Damen und Herren.

(Joachim Albrecht [CDU]: Das ist Un- sinn!)

Herr Busemann, in der Logik Ihrer Argumentation verstehe ich nicht, warum Sie das gegliederte System nicht schon längst auch in der Grundschule und im Kindergarten eingeführt haben. Wissen Sie, was der Hintergrund für schulische Veränderungen in den letzten 100 Jahren war? - Das war nicht nur der Kampf um Unterrichtsqualität, sondern auch der Kampf um soziale Chancengleichheit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Jahre 1918 wurde zum ersten Mal erfolgreich durchgesetzt, dass die Kinder wenigstens in den ersten vier Jahren gemeinsam in eine Schule gehen können. Die Klassengesellschaft, die bis dahin auch in der Schule galt, hat damals ihre erste Auflösung erfahren. Was wir hier heute erleben, ist die gleiche soziale Auseinandersetzung um Bildungs- und Berufschancen. Genau darum geht es. Ihre Vorstellung von Homogenität, an der Sie festhalten, ist der Versuch der strukturellen Ausgrenzung mit dem Ziel, Teile der Bevölkerung in Ihren Chancen auf Bildung zu behindern. Genau darum geht es Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Joachim Albrecht [CDU]: Das ist doch Blödsinn! Das ist Quatsch, was Sie sagen!)

Wir sind für Vielfalt, meine Damen und Herren. Jedes Kind hat eine eigene Begabung. Der muss in der Schule Rechnung getragen werden.

(Bernd Althusmann [CDU]: Hören Sie bei diesem so wichtigen Thema doch auf, so zu schreien!)

Herr Busemann verantwortet Einfalt nach dem Motto: Alle Kinder lernen nach dem gleichen Plan. - Das gibt es nur in Deutschland und in Österreich. Ich weiß auch, warum. Woanders ist das anders.

(Zuruf von der CDU: Wo denn?)

Wir müssen lernen, mit Heterogenität und mit Vielfalt umzugehen, meine Damen und Herren. Das sind die pädagogischen Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Ich sage ganz deutlich - zwei Schlussbemerkungen -: In unserem Gesetzentwurf von heute und in unserem Wahlprogramm ist der Elternwille die erste Voraussetzung, an der nicht gerüttelt wird, auch wenn Herr Klare immer das Gegenteil erzählen will.

(Karl-Heinz Klare [CDU] hält eine Bro- schüre hoch)

- Ich habe das Wahlprogramm hier. Wenn Sie nur eine Seite lesen können, ist das Ihr Problem.

Zweitens. Mit unserem Modell sind die Schulwege kürzer und die Schulstandorte gesicherter als in Ihrem System.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächster hat sich Herr McAllister zu Wort gemeldet. Er erhält auch drei Minuten Redezeit.

(Walter Meinhold [SPD]: Ist das der nächste Schulpolitiker?)

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe diese Debatte sehr aufmerksam verfolgt, habe allen Rednern zugehört und habe Vieles erfahren. Das, was mir vor allen Dingen bei den Redebeiträgen von Frau Korter und von Herrn Jüttner aufgefallen ist, ist Folgendes. Wir führen hier eine Debatte über Schulstrukturen,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Qualität!)

und es ist völlig in Ordnung, wenn Sie für die Vorzüge der Gesamtschule werben und versuchen, das argumentativ zu untermauern.

Nicht in Ordnung ist aber die Art und Weise, wie Sie zum wiederholten Male in diesem Hause das gegliederte Schulsystem pauschal diffamieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist nicht in Ordnung gegenüber den Zehntausenden von Lehrerinnen und Lehrern und den Hunderttausenden von Schülerinnen und Schülern. Das gilt gerade für Sie, Frau Korter, wie Sie über die Hauptschule gesprochen haben.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das war beschämend!)

Ich bin vor zwei Wochen in der Hauptschule Am Dobrock in Cadenberge gewesen, in der ich mir das Projekt „Berufsfähigkeit steigern - Abschlussquote erhöhen“ angeschaut habe, in dem benachteiligte Hauptschülerinnen und Hauptschüler gezielt gefördert werden.

Herr McAllister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wissen Sie, ich habe da so engagierte Lehrkräfte erlebt, eine so tolle Schule, so engagierte Schülerinnen und Schüler. Die müssten sich einmal solche Reden, wie Sie sie hier halten, anhören. Dann, glaube ich, wäre manche Wahlentscheidung sehr schnell getroffen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion kann ich sagen, dass der Ministerpräsident zum Thema Gesamtschule alles Wesentliche gesagt hat.

(Zuruf von der SPD: Gar nichts!)

Wir werden nach der Wahl in Ruhe mit unserem Koalitionspartner FDP eine Schulgesetznovelle beraten und vorlegen. Klar ist für uns: Erstens. Das gegliederte Schulsystem ist und bleibt der Regelfall, aber in Ausnahmen werden möglicherweise weitere Gesamtschulen in Niedersachsen genehmigt werden; allerdings unter der Voraussetzung, dass es der Schulträger bei einem entsprechend qualifizierten Elternwillen will.

Zum Zweiten - das ist auch wichtig -: Kein Kind darf gegen den Willen seiner Eltern auf eine Gesamtschule geschickt werden.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Das werden wir nach der gewonnenen Landtagswahl in aller Ruhe machen.

Herr Jüttner, was ich Ihnen mit auf den Weg geben möchte, ist, dass Ihre Schulstrukturdebatten für mich wirklich ermüdend sind. Der Engländer würde sagen „extremly boring“. Es ist ja immer das Gleiche, was Sie erzählen.

Vor allen Dingen: Sie haben auch eine Wandlung hinter sich. Nach Ihrer verlorenen Wahl 2003 waren Sie ja etwas schlauer. Ich zitiere die NordseeZeitung vom 6. Juli 2004:

„Wolfgang Jüttner: Was wir brauchen, ist aber keine ideologische Debatte über Strukturen, sondern über mehr Qualität im Unterricht.“

(Beifall bei der SPD)

In der Neuen Presse vom 23. November hieß es:

„Jüttner warnte davor, PISA auf die Frage nach Schulstrukturen zu reduzieren.“

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sehr gut! - Bernd Althusmann [CDU]: Ach nee!)

Sie legen halt bisher Ihr Konzept nicht vor, wohl aus vielerlei Gründen.

Ich bin heute Mittag in der Markthalle gewesen und dabei am Wirtschaftsministerium vorbeigelaufen. Vor dem Wirtschaftsministerium war ja die große Kundgebung der GEW. Dort sollten Sie ja neben Herrn Brandt, Herrn Wilmers und Frau Tötsche reden. Eingeladen hatte übrigens Herr Lauenstein von der GEW, früher Mitglied der SPD, mittlerweile Mitglied bei der kommunistischen Linken. Aber wie auch immer. Wenn man einmal die Journalisten, die Parteimitglieder und die Gewerkschaftsfunktionäre abzieht - - -

Herr McAllister, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

- - - waren ungefähr 15 Leute anwesend. Das ist die Massenbewegung für Gesamtschulen, von der Sie träumen!

(Lachen und Beifall bei der CDU und bei der FDP)