- Gelegentlich. Das ist ja nicht jeden Tag so. Manche sagen: „Immer!“ An einer Stelle der Bibel heißt es: „Prüfet alles, aber das Gute behaltet.“ Genau das hat der Innenminister gemacht. Er hat sich den gesamten Gesetzentwurf von Rot-Grün angesehen und hat dann gesagt, das einzig unstrittige Vernünftige und Dringliche sei die Verbesserung der Integration. Dazu kann ich nur sagen: Gut gemacht, Landesregierung! Gut gemacht, Herr Innenminister! Das findet unsere volle Unterstützung.
Im Gegensatz zum rot-grünen Gesetzentwurf ist diese Initiative ja mal konkret. Darin steht: Es gibt für Ausländerinnen und Ausländer, die zu uns kommen, 600 Stunden Sprachunterricht, damit sie die deutsche Sprache erlernen. Es gibt Unterricht in Kultur, in Geschichte, in Rechtskunde und über unsere Verfassung. Ich kann nur sagen: Das ist geradezu beispielhaft. Deswegen sollten Sie Ihrerseits überlegen - wenn das mit der Integration so unstrittig ist, Herr Kollege Bachmann -, ob Sie es nicht gemeinsam mit Ihren Freunden, Genossinnen und Genossen in Berlin schaffen können, an dieser Stelle die Sache mit uns gemeinsam schneller nach vorne zu bringen.
Ich habe noch einmal nachgeguckt. Ich bin jetzt seit mehr als neun Jahren im Parlament. Ich glaube, ich habe die Rede dazu heute schon zum zehnten Mal gehalten. Deswegen brauche ich mich auch nicht groß darauf vorzubereiten.
Ich wünsche mir, dass ich es noch erlebe, dass Sie zur Besinnung kommen. Dann werden wir mit Ihnen ein ordentliches Zuwanderungsgesetz machen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Biallas, ich vermute, dass Ihre Bibelfestigkeit sehr viel größer ist als meine.
Aber soweit ich mich erinnern kann, steht in der Bibel u. a. auch: Liebe deinen Nächsten. - Es steht aber nicht drin, dass dieser Nächste ausschließlich ein Deutscher sein muss.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Christian Biallas [CDU]: Keine Beleidigungen! - David McAllister [CDU]: Unverschämt!)
Ich möchte noch eines klarstellen. Die wenigen Halbwahrheiten, die Sie u. a. noch einmal dargestellt haben- -
- Das Zuwanderungsgesetz ist nicht etwa deshalb vor dem Verfassungsgericht gescheitert, weil es inhaltlich nicht angemessen war, sondern es ist aus verfahrenstechnischen Gründen gescheitert. Mit dem Inhalt hatte das nichts zu tun.
- Es hatte aber inhaltlich nichts damit zu tun. Deshalb ist es gerechtfertigt, es wieder so auf den Tisch zu legen, wie es damals gewesen ist.
Meine Damen und Herren, wir haben eben schon ganz deutlich zu hören bekommen, dass wir die Chance, die Integration und die Zuwanderung einvernehmlich zu regeln, verpasst haben. Der Innenminister hat im Juli das Integrationsförderungsgesetz in den Bundesrat eingebracht.
Wir müssen aber auch feststellen, dass dies weder in den eigenen Reihen noch in den Reihen anderer politischer Parteien Anlass zu Lobeshymnen gegeben hat. Das wird wohl auch niemanden verwundern. Allerdings darf heute schon - das ist hier auch schon angesprochen worden - über die Halbwertszeit dieses Gesetzes spekuliert werden. Denn wenn der Wahlkampf in Bayern beendet ist, dann ist zumindest zu hoffen, dass in die Blockadephalanx der unionsgeführten Länder hinsichtlich dieses Zuwanderungsgesetzes endlich Bewegung hineinkommt.
Meine Damen und Herren, Integration und Zuwanderung lassen sich nicht voneinander trennen. Wir brauchen Zuwanderung aus demographischen und ökonomischen Gründen. Nach jahrzehntelangen Versäumnissen brauchen wir zweifellos auch Maßnahmen zur Integration. Wir brauchen die Maßnahmen zur Integration für die bereits hier lebenden Ausländer und für die Neuzuwanderer. Genau dies wird in dem von Rot-Grün vorgelegten Zuwanderungsgesetz geregelt.
Meine Damen und Herren, wir werden nur dann ein modernes und offenes Einwanderungsland sein, wenn es gelingt, Zuwanderung und Flüchtlingsschutz nicht voneinander zu trennen, und wenn es gelingt, Integration nicht als Einbahnstraße zu betrachten, in der sich die Zugewanderten den kulturellen Gepflogenheiten der Mehrheitsgesellschaft anpassen müssen. Integration ist ein Prozess, in dem beide Seiten aufeinander zugehen müssen. Integration kann sich nicht allein auf den Spracherwerb reduzieren. Ohne ein sicheres und dauerhaftes Aufenthaltsrecht, ohne das Recht, mit der Familie zusammenzuleben, ohne einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Ausbildung und ohne eine Sicherung gegen gesellschaftliche Diskriminierung fehlen elementare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integrationspolitik.
Stattdessen beschränkt sich in Niedersachsen die Debatte auf die Frage, wie viel Zwang Integration erfordert, und auf die Frage, ob Menschen, die ihren Deutschkurs nicht erfolgreich absolvieren, ausgewiesen werden sollen oder ob ihnen „nur“ der Familiennachzug versagt werden soll, bis sie den Deutschkurs erfolgreich beendet haben. Es darf wohl niemanden verwundern, wenn in ein solches gesellschaftliches Klima auch keine Spitzenkräfte zuwandern.
Ich habe gestern in der Haushaltsdebatte erlebt, dass offensichtlich die Thesen Adornos hier im Parlament wieder Konjunktur haben. Ich möchte deshalb mit einem Zitat seines Schülers Jürgen Habermas enden: Jeder liberale Staat braucht eine politische Kultur, in der sich alle Bürger, gleich welcher ethnischen und religiösen Herkunft, gleichermaßen wiedererkennen können.
Ich fange noch einmal an. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, ich bin jetzt besser zu verstehen.
Deutschland braucht dringend ein Zuwanderungssteuerungs- und -begrenzungsgesetz. Daher hat die FDP bereits vor Jahren als erste Partei ein solches Gesetz gefordert und als Entwurf in die Beratung eingebracht. Herr Bachmann, es freut uns daher sehr, dass auch Sie nach langer Zeit zu der gleichen Erkenntnis gekommen sind.
Natürlich müssen wir jetzt alles tun, dass wir nach den etwas festgefahrenen Verhandlungen einen parteiübergreifenden Konsens bekommen und ein zukunftsweisendes Gesetz auf den Weg bringen. Die FDP wird sich hier ihrer Verantwortung in allen Ländern und auch im Bundestag stellen. Wir werden verantwortungsvoll nach einem richtigen Kompromiss suchen.
Herr Bachmann, ich muss allerdings sagen: Anträge wie dieser und auch der Vorwurf, die Landesregierung blockiere das Verfahren und den Kompromiss, bewirken genau das Gegenteil. Das wissen Sie auch ganz genau; denn wenn Sie einmal an die handelnden Personen in der Landesregierung denken, dann wissen Sie doch: Christian Wulff und Walter Hirche stehen nicht für Blockade, sondern für Fortschritt.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ulrich Biel [SPD]: Wenn man so jung ist wie Sie und keine Erfahrung hat, dann ist das klar!)
Niedersachsen wird also nicht blockieren, sondern wird, ganz im Gegenteil, den Kompromis vorantreiben. Das sollten Sie endlich zur Kenntnis nehmen.
Sollte sich allerdings herausstellen, dass es in diesem Jahr nicht mehr gelingen wird, einen entsprechenden Kompromiss zu erzielen, so ist es im elementaren Interesse der betroffenen Menschen, dass wir die Sprachförderung vorantreiben und vorziehen. Wir können daher überhaupt nicht verstehen, dass Sie als SPD diese eigentlich unstrittige und wichtige Maßnahme auf die lange Bank schieben wollen. Werden Sie Ihrer Verantwortung für die Menschen gerecht und agieren Sie auf allen Ihnen zur Verfügung stehenden Ebenen dafür, dass dieser Schritt, falls das andere nicht gelingen kann, wenigstens vorangetrieben wird!
reiche Integration und für die Freiheit der Menschen. Wir als FDP wollen den Menschen die Freiheit zurückgeben. - Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.