Herr Jüttner, ich möchte noch etwas zu Ihrem Vorwurf sagen - darüber waren wir uns nicht einig -, der in die Frage mündete, ob ich mich hier mit irgendjemandem gerieben habe. Ich bin der festen Überzeugung, dass VW 2003 massive
Probleme hatte. Die Produktivität war niedriger als die der maßgeblichen Konkurrenten, und die Arbeitskosten waren zu hoch. Ich zitiere hier einmal den Arbeitsdirektor von VW, Herrn Dr. Neumann. Er hat gesagt:
schon eineinhalb Jahre später, als der Markt wieder anzog, hätte man auf 35 Stunden hochgehen müssen.“
Das haben Sie über Jahre unterlassen. Deswegen war es von uns - durchaus auch im Streit - zu bewerkstelligen, die Tarifparteien dazu aufzufordern. Seitdem ist die Auslastung wieder höher und steht VW wieder besser da.
- Durch die Entscheidung über die Arbeitszeitverlängerung ist die Auslastung des VW-Standortes Wolfsburg zulasten des Standortes Brüssel möglich gewesen. Es wäre sonst undenkbar gewesen, die Fertigung des Golf komplett nach Wolfsburg zu geben.
Über ökonomische Zusammenhänge mögen Sie mit mir streiten. Sie sollten sich aber nicht mit Herrn Dr. Neumann anlegen. Er macht einen sehr guten Job.
Ich möchte auch sagen, dass wir uns natürlich reiben mussten, wenn es um all die Begrifflichkeiten ging, wenn über Jahre geleugnet wurde, bis man das Leugnen nicht mehr durchhalten konnte, und Sie immer verniedlicht und verharmlost haben. Ich denke hier nur an Sondervergütungen,
Diese Tatbestände haben in der Zwischenzeit in einer ganzen Reihe von Fällen zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt. Dass dies nicht machbar war, ohne sich mit Peter Hartz und anderen zu reiben, können Sie sich weiß Gott denken. Das war nicht vergnügungssteuerpflichtig, sondern eine Notwendigkeit für dieses Land.
Das Ansprechen der Probleme und die konsequente Aufklärung der Missstände waren der richtige Weg, statt zu verharmlosen und zu verniedlichen. Wenn Volkswagen jetzt so gut dasteht wie seit Jahrzehnten nicht mehr, ist das auch ein Erfolg dessen, dass die Verhältnisse bei Volkswagen entsprechend in Ordnung gebracht wurden. Wir haben derzeit die besten Monate in der Konzerngeschichte. Wir haben steigende Marktanteile zu verzeichnen. Herr Dr. Rösler hat absolut recht: Die beste Garantie für sichere Arbeitsplätze ist, dass die Autos, die gebaut werden, mit Rendite verkauft werden. Das geschieht im Moment. Deswegen sind wir stolz auf dieses Unternehmen.
b) Mit 17 hat man noch Träume - Der Finanzminister und die unerfüllten Lebensträume von Jugendlichen in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/4206
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, was Ihnen durch den Kopf ging, als Sie die Fotos des Finanzministers im Cockpit der Phantom F4 gesehen haben. Vielleicht haben die männlichen Kollegen schnell weitergeblättert, während sie vor Neid erblasst sind. Vielleicht haben die weiblichen Kolleginnen etwas genauer hingeguckt. Damit wäre wohl aufgegangen, was sich der Kollege Möllring von seinem
Spaßausflug gewünscht hat: Erstaunen, Bewunderung, vielleicht auch ein kleines bisschen Neid. Einmal im Leben Kampfjet fliegen - davon träumt wahrscheinlich doch jeder ganze Kerl. Herr Ministerpräsident, kennen Sie das auch, diese unbändige Lust, einmal im Leben Freiheit und Abenteuer über den Wolken? - Zum Glück war zufällig auch noch ein Fotograf in der Nähe. So entstanden der Schnappschuss im Cockpit und noch ein paar andere dazu: der Minister in der Fliegerkombi, mit und ohne Helm, breitbeinig und windzerzaust, lässig auf der Tragfläche seiner persönlichen Air Force One,
Aber Spaß beiseite, meine Damen und Herren. Es stellt sich doch die Frage, was das eigentlich für eine Veranstaltung war. Zuerst hieß es, der Minister habe sich einen Jugendtraum erfüllt. Dann hieß es, er wollte sich einmal einen Eindruck von der Belastung der Truppe verschaffen. Nun heißt es sogar, der Flug sei Ausdruck der innigen Verbundenheit mit der Bundeswehr.
Heißt das, wer Phantom fliegt, zeigt sich mit der Bundeswehr verbunden, und im Umkehrschluss, wer nicht Phantom fliegt, ist mit der Bundeswehr nicht verbunden? Oder müssen wir es sogar so interpretieren: Wer höher, länger oder schneller fliegt, ist der Bundeswehr mehr verbunden? Oder ist man der Bundeswehr im U-Boot vielleicht noch ein bisschen mehr verbunden, weil Fahren im U-Boot etwas gefährlicher ist? - Ich weiß es nicht. Das müssen Sie einmal erklären.
Herr Minister, Sie haben wahrscheinlich gelesen, was die Menschen in Niedersachsen zu diesem Ausflug sagen: Peinlich, geschmacklos, abgehoben im wahrsten Sinne des Wortes, eine Dreistigkeit.
Eines ist sicher: Es gibt einen großen Unterschied zwischen den Jugendträumen des Ministers und den Träumen von jungen Menschen in Niedersachsen. „Mit 17 hat man noch Träume“, heißt es im Schlager. „Mit 17 kann man noch hoffen, da sind die Wege noch offen.“ Dies gilt aber nicht in Niedersachsen. Viele junge Menschen haben ihre Träume, Wünsche und Hoffnungen - und diese sind sicherlich bescheidener als die des Ministers längst aufgegeben.
Zu wenig Kitas, zu volle Klassen, zu viele Schulabbrecher, viel zu wenig Lehrstellen, Studiengebühren, Kinderarmut, Abschiebung von Kindern und Jugendlichen, die sich nichts weiter wünschen - das sind bescheidene Wünsche -, als dort zu leben, wo sie ihr Leben lang gewesen sind, wo sie zur Schule gegangen sind und wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben - das ist die Realität für Kinder und Jugendliche in Niedersachsen.
Von dem Wunsch nach Chancengleichheit will ich gar nicht erst reden, den Sie mit Ihrem gegliederten Schulsystem überhaupt nicht erfüllen. Chancen - sofort verpasst! Wie viel Enttäuschung, wie viel Angst ist bei den Kindern und Jugendlichen mit ihrer Lebensrealität verbunden! Mit 17 haben sie ihre Träume in Niedersachsen schon längst aufgegeben, jedenfalls viele von ihnen.
Angesichts all dessen schwadronieren Sie, Herr Minister, im Zusammenhang mit einem Düsenjäger von erfüllten Jugendträumen. Ich meine, die Menschen in Niedersachsen sind darüber zu Recht empört. Jegliche Bodenhaftung ist abhanden gekommen, so heißt es in einem Leserbrief in der Neuen Presse.
Eine Lehrerin hat mir neulich erzählt, dass sie ihre kostbare Zeit dafür verwenden muss, bei jeder Bestellung von Material oberhalb einer geringfügigen Summe drei Angebote einzuholen. In der kostbaren Zeit, in der sie eigentlich unterrichten und sich um die Kinder kümmern sollte, muss sie wegen des Gebots der Sparsamkeit herumtelefo
nieren und E-Mails schreiben. Der Finanzminister aber lässt sich spazieren fliegen. Sie wissen doch überhaupt nicht mehr, was in diesem Land los ist!
Gestatten Sie mir noch einen Satz. - Verehrter Herr Möllring, gestehen Sie es einfach einmal ein: Das war ein dicker Fehler, das war eine Bruchlandung, das ist wirklich dumm gelaufen. Bezahlen Sie Ihre Rechnung und verschonen Sie die Niedersachsen in Zukunft mit Ihrem Zynismus! Den Rest werden dann hoffentlich die Wählerinnen und Wähler erledigen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal genügt es, einige zu zitieren, die sich dazu geäußert haben. Ich will das heute einmal versuchen.