Herr Minister, es ist bekannt, dass am Oberlandesgericht Celle in Zukunft verstärkt Prozesse im Bereich Mafia und Terrorismus stattfinden sollen. Es ist auch bekannt, dass zu diesem Zweck sechs zusätzliche Stellen in der Polizeiinspektion geschaffen wurden. Trotz dieser Maßnahme ist das Sicherheitsgefühl vieler Bürgerinnen und Bürger in Celle noch nicht besser geworden. Es gibt durchaus Befürchtungen, dass die Arbeit der normalen Polizeiinspektion unter den Prozessen leidet, weil sie über diese sechs Dienstposten hinaus auch zusätzliches Personal abstellen muss.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es war eine richtige Maßnahme, dass wir gerade die Polizeiinspektion Celle entsprechend verstärkt haben, auch vor dem Hintergrund, den Sie gerade geschildert haben. Aber wir haben die Polizeireform ja gerade deshalb durchgeführt, um bei besonderen Anlässen flexibel reagieren zu können. In Polizeiinspektionen sind Verfügungseinheiten eingerichtet worden, mit denen man bei Bedarf gezielt flexibel personell verstärken und besondere Maßnahmen durchführen kann. Sollten die sechs neuen Stellen in Celle nicht ausreichen, könnte man insofern auch Celle zusätzlich unterstützen und müsste man kein Personal aus der Alltagsarbeit herausnehmen. Gerade für solche Fälle sind die Verfügungseinheiten geschaffen geworden. Auch das ist ein Erfolg dieser Polizeireform.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In jüngster Zeit ging durch die Presse, dass in Niedersachsen der Bereich Korruption trotz Ihrer Maßnahmen, Herr Minister, stark zugenommen hat. Ich frage Sie deswegen, auch weil wir ja immer noch kein Korruptionsregister haben, ob Sie uns zumindest sagen können, wie groß der öffentliche Schaden ist, der durch höhere Preise als Folge von Korruption verursacht wird.
- Ich werde Ihnen diese Zahlen, zumindest schätzungsweise, gerne nachliefern. Das ist überhaupt keine Frage. Ich habe diese Zahl aber jetzt nicht präsent. Ich glaube, das ist auch nicht der Punkt.
Es ist überhaupt keine Frage, dass gerade durch Korruption besonderer volkswirtschaftlicher Schaden entsteht. Aus dem Grunde haben wir spezialisierte Einheiten geschaffen, um dagegen vorzugehen. Wenn wir jetzt mehr Korruptionsfälle aufdecken, ist das auch auf diese Einheiten zurückzuführen; denn Korruption ist eine sogenannte Holkriminalität. Wenn man nichts tut, wenn man keine Spezialeinheiten hat, gibt es in diesem Bereich auch keine Fälle. Eine Steigerung in diesem Bereich ist auf jeden Fall auf eine besonders spezialisierte und gute Arbeit der Polizei insgesamt zurückzuführen.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das kann ich mir nicht vorstellen! - Dr. Philipp Rös- ler [FDP]: Er meinte: schlicht!)
Der Innenminister dieses Bundeslandes und auch der Bundesinnenminister erzählen uns alljährlich in ihren Sicherheitsberichten, Deutschland und auch Niedersachsen seien die sichersten Länder der Welt, die Sicherheitslage würde sich ständig
verbessern. Auch bei dieser Anfrage suggerieren Sie ja, die Aufklärungsquote habe zugenommen, die innere Sicherheit sei gut.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich die politische Forderung nach weiteren ständigen Eingriffsbefugnissen der Polizei und auch die Forderungen nach Eingriffen in das Grundgesetz nicht. Erklären Sie mir diese Paradoxie!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vor zwei Monaten hier eine Regierungserklärung zu der Bedrohungslage
durch islamistischen Extremismus und Terrorismus abgegeben. Ich habe Ihnen dargestellt, dass sich aus dem Bereich dieses Phänomens eine ganz klare Bedrohungslage entwickelt hat. Wir können sehr froh sein, dass durch die hervorragende Kooperation der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes hier ein unvorstellbarer Anschlag vereitelt werden konnte.
Allerdings haben wir in diesem Bereich Glück gehabt; denn wir haben Hinweise auch aus dem Ausland bekommen. Der Präsident des Bundeskriminalamts hat dargestellt, dass es ohne zusätzliche Befugnisse, wie z. B. präventive Telefonüberwachung oder auch Onlinedurchsuchung, gar nicht möglich gewesen wäre, diesen Fall erfolgreich abzuschließen, weil man die Kommunikation nicht mehr hätte nachvollziehen können. Ich habe Ihnen das vor zwei Monaten im Detail dargelegt.
Fest steht, dass wir im Bereich der Alltagskriminalität auf jeden Fall Erfolge erzielt haben und damit auch die Sicherheitslage insgesamt verbessert werden konnte. Ich erinnere nur an den hohen Rückgang bei der Zahl von Diebstahlsdelikten. Diese Delikte tangieren übrigens das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger ganz besonders. Ich bin sehr froh, dass wir insgesamt in Niedersachsen in den letzten Jahren einen Rückgang der Straftaten hatten.
islamistische Extremismus und Terrorismus. Das ist die größte Herausforderung, und dafür brauchen wir neue Befugnisse. Denn wenn sich unsere Welt verändert, wenn wir neue Kommunikationsmöglichkeiten haben, dann müssen wir auch darauf reagieren, und die Sicherheitsorgane, weder Verfassungsschutz noch Polizei, dürfen sich nicht taub und blind stellen; denn wenn wir das tun, können wir die Bürgerinnen und Bürger vor solchen fatalen Anschlägen nicht schützen.
Insofern müssen wir auf jeden Fall erreichen - ich bin da ganz optimistisch -, dass wir auf der nächsten Innenministerkonferenz gerade in Bezug auf das BKA-Gesetz einen Schritt vorankommen. Das ist dringend erforderlich und insofern auch geboten. Ich hoffe, dass sich die Innenminister, egal welcher Couleur, dieser Herausforderung tatsächlich bewusst sind und wir deshalb den erforderlichen Schritt auch vorankommen.
Danke schön. - Herr Kollege Stumpf, ich möchte Sie bitten, zum Telefonieren hinauszugehen. - Herr Kollege Krumfuß, würden Sie Herrn Kollegen
Stumpf bitte darauf aufmerksam machen? Wenn er telefonieren möchte, darf er hinausgehen. - Zu verstecken brauchen Sie sich auch nicht, Herr Stumpf.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf den Bereich Jugendgewalt und auf die große Bedeutung der Ganztagsschulen in diesem Zusammenhang zurückkommen.
Herr Minister Schünemann, Sie haben gerade betont, wie wichtig die Zusammenarbeit der Ganztagsschulen mit den Sportvereinen ist. In diesem Zusammenhang habe ich die Frage: Dürfen eigentlich die Schulen aus dem Programm „Schule und Verein“ Ganztagsangebote aus Sportvereinen
bezahlen und finanzieren? - Wenn Sie dieses Programm und diese Zusammenarbeit für so wichtig halten, möchte ich gern wissen, in welchem Umfang Sie die für dieses Programm „Schule und
Frau Präsidentin! Frau Kollegin, die Ganztagsschulen haben natürlich ihre eigenen Budgets, die wir Jahr für Jahr anheben, weil es auch immer mehr Standorte gibt. Aus diesen Budgets können die Schulen - wenn ich so sagen darf - ihren Betrieb - also auch ihre Partnerschaften mit anderen außerschulischen Einrichtungen - finanzieren. Das Programm „Schule und Verein“ ist ein in sich etatisiertes Vorhaben. Nachdem wir im Jahr 2005/2006 einen Durchhänger hatten, haben wir die Mittel von 2006 auf 2007 deutlich erhöht, sodass wir in diesem und im nächsten Jahr - ich weiß allerdings nicht, wie der letzte Stand ist - gemeinsam mit den Vereinen - das Ganze wird gelenkt und gespeist auch durch den Landessportbund - wahrscheinlich bis zu 3 000 Einzelmaßnahmen durchführen können. Diese Einzelmaßnahmen müssen aus dem dafür vorgesehenen Etat bedient werden. Ich bin jetzt aber überfragt und kann Ihnen nicht sagen, ob die Schule vor dem Hintergrund der Eigenverantwortlichkeit aus dem Ganztagsbudget auch weitere über das Programm „Schule und Verein“ hinausgehende Maßnahmen sponsern darf. Ich lasse diese Frage einmal offen. Ich meine, wenn die Schule meint, das tun zu können, dann sollten wir es nicht verbieten. Die Rechtslage möchte ich aber gern noch einmal überprüfen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst eine kurze Vorbemerkung. Ich muss schon sagen, ich verstehe die beiden Grundaussagen, die der Innenminister hier eben gemacht hat, nicht. Zum einen erzählen Sie uns hier immer, dass sich die innere Sicherheit in Niedersachsen deutlich verbessert habe, dass wir in einem sehr, sehr si
cheren Land lebten, dass die Sicherheit bei Ihnen gut aufgehoben sei und dass sich die Aufklärungsquote verbessert habe. In einem zweiten Satz sagen Sie aber gleichzeitig, wir seien existenziell bedroht und die Gefahrenlage sei riesengroß, sodass wir völlig neue Eingriffsbefugnisse bräuchten. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Als einfacher Bürger verstehe ich diese Paradoxie nicht. Entweder leben wir in einem sicheren Land, oder wir sind völlig bedroht. Was ist also richtig?
Jetzt meine konkrete Frage: Ist es richtig, dass die Bundesregierung letzte Woche das Bundesverfassungsgericht besucht hat und dort der wertkonservative Verfassungsrichter Di Fabio sein deutliches Missfallen über die ständig neuen Forderungen nach tiefen Eingriffsbefugnissen in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger ausgedrückt hat? Insbesondere was Onlinedurchsuchungen, den
Einsatz der Bundeswehr im Inneren und das Luftsicherheitsgesetz angeht, hat dieser Mann tatsächlich gesagt: Mit ständig neuen Eingriffsbefugnissen für die Polizei- und Sicherheitsbehörden dieses Landes muss endlich einmal Schluss sein.
Meine Damen und Herren! Sie scheinen nicht in der Lage zu sein, zu verstehen, dass wir im Bereich der Alltagskriminalität auf jeden Fall alles getan haben, dass dieses Land sicherer wird, und die Zahlen dies auch dokumentieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land dies aber wissen. Das ist meiner Ansicht nach entscheidend.