Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Hier müssen auch Anlagenbetreiber künftig in die Pflicht genommen werden.

Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung des Endberichts ist klargeworden, dass vor allem Niedersachsen vom Netzausbau betroffen wäre. Wie bei vergangenen Ausbauprojekten auch hat der zuständige Netzbetreiber geplant, diese in Form von

Freileitungen umzusetzen. Dagegen hat sich verständlicherweise Widerstand bei den Menschen vor Ort formiert. Nicht nur musste man Eingriffe in Natur und Landschaft durch Windkraftanlagen dulden, sondern jetzt war klar, dass auch der Netzausbau vor allem in unserem Bundesland stattfinden würde.

Noch zu rot-grünen Zeiten ist dann der Versuch unternommen worden, das Energiewirtschaftsgesetz über das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz in Richtung Erdverkabelung zu ändern. Weil Rot-Grün hier aber nicht vorangekommen ist, ist dieser Gesetzentwurf letztlich der Diskontinuität zum Opfer gefallen.

Nach der Bundestagswahl im Jahr 2005 ist die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes erneut im Bundestag beraten worden. Dann ist etwas sehr Interessantes passiert, meine Damen und Herren: Bundesumweltminister war inzwischen Sigmar Gabriel. Er hatte im Jahr 2006 den Berliner Regierungsfraktionen eine sogenannte Formulierungshilfe für die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes gegeben. Danach sollte nicht mehr die generelle Erdverlegung, sondern eine pauschale Begrenzung auf 10 % möglich sein.

Man stellt sich nun die Frage, was der Hintergrund dieses Vorgangs ist. Ich will es Ihnen sagen: Gabriel hat damals befürchtet, dass der Offshoreausbau zu langsam vorankommt. Es war klar, dass insbesondere die Netzanbindung der Offshorewindenergieanlagen mit erheblichen Kosten verbunden sein würde. Kurzerhand hat er nicht nur die Möglichkeit der Erdverlegung im Binnenland auf 10 % begrenzt, sondern gleichzeitig die Kosten für die Anbindung von Offshorewindparks den Netzbetreibern aufgedrückt. Das war ein Deal à la Gabriel; er hat die Erdverlegung zugunsten der Offshoreanbindung verkauft. Dazu kann man stehen, wie man will; es muss aber der Öffentlichkeit gesagt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann ging es weiter: In den Ausschussanhörungen ist die pauschale Festlegung auf 10 % vor allen Dingen wegen starker rechtlicher Bedenken komplett baden gegangen. Die Erdverkabelung ist dann aus dem Gesetzentwurf völlig gestrichen worden. Jemand, der nicht so gutwillig ist wie ich, könnte unterstellen, dass dies von Anfang an der Plan des Bundesumweltministers war. In jedem

Fall, meine Damen und Herren, wirft es kein gutes Licht auf die SPD in dieser Sache.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eines macht es aber deutlich: Wenn man die Erdverkabelung will, dann muss man sehr aufpassen, dass man es auch rechtssicher macht. Dass über eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes die Möglichkeit dazu besteht, ist auch in diesem Hause bei allen Fraktionen unstrittig, wie ich gelernt habe. Dass dies auch der beste Weg wäre, hat uns der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst im Umweltausschuss noch einmal deutlich gemacht. Gleichwohl bleibt festzustellen, dass es dafür im Bundestag derzeit keine Mehrheit gibt.

Als dann der Druck im Wahlkreis von Herrn Gabriel bei diesem Thema immer stärker wurde, hat er bei der Technischen Universität Dresden ein Gutachten zu der Frage landesrechtlicher Möglichkeiten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war, dass es einen schmalen - ich betone: sehr schmalen - rechtlichen Korridor für eine Landesregelung gibt. Ich bin daher dem Ministerpräsidenten an dieser Stelle sehr dankbar, dass er über die Parteigrenzen hinweg diese Möglichkeit gemeinsam mit Herrn Gabriel aufgegriffen hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich hatte die Hoffnung, dass wir hier im Landtag gemeinsam einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen; denn Niedersachsen betritt rechtliches Neuland, und zwar ohne die Zustimmung des Bundes und anderer Länder. Wir alle tun gut daran, sehr genau darauf zu achten, dass wir heute ein Gesetz beschließen, das, soweit es nach heutigem Kenntnisstand möglich ist, rechtssicher ist. Das von Herrn Gabriel in Auftrag gegebene Gutachten macht vor allem eines deutlich. Der Rechtskorridor, den das Land hat, ist denkbar schmal und gleicht eher einer Rechtslücke. Auch wenn es bei Frau Zypries und Herrn Glos offensichtlich Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit gibt, ist eines klar: Die heute vorliegenden Gesetzentwürfe von Rot und Grün sind mit Sicherheit verfassungswidrig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Natürlich kann man den Menschen jetzt alle möglichen Heilsversprechen vor allem im Hinblick auf den 27. Januar machen. Die SPD redet dann von volkswirtschaftlichen Kosten, die zu berücksichtigen seien. Im Umweltausschuss waren Sie nicht in

der Lage, diesen Begriff genauer zu definieren. Außerdem wollen Sie die Kommunen als Vorhabensträger für den Netzausbau zulassen. Das sprengt eindeutig den Rahmen des Energiewirtschaftsgesetzes des Bundes, in dem wir uns nach wie vor bewegen müssen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zuständig für den Netzausbau sind ganz klar die Netzbetreiber. Hier andere Möglichkeiten vorzugaukeln, ist pure Augenwischerei.

Sie tun so, als sei das Ganze ein Wunschkonzert. Wir müssen den Menschen ganz ehrlich sagen: Das ist es nicht. Ich komme aus der von dem Projekt Ganderkesee - St. Hülfe betroffenen Region. Wenn die Menschen dort eines nicht wollen, dann sind es Politiker, die hier Versprechungen machen, die sie später nicht halten können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genau deshalb baut der Gesetzentwurf von CDU und FDP zum einen auf die Möglichkeiten, die uns durch das Gutachten aufgezeigt wurden, und zum anderen auf originäres Landesrecht. Die Abstände zur Wohnbebauung werden daher bewusst über das Landes-Raumordnungsprogramm geregelt. Das ist auch der Kern, um den es geht. Die Menschen wollen keine Freileitungen, die direkt an ihren Häusern vorbeigehen. Dies verhindern wir mit diesem Gesetz und dem LandesRaumordnungsprogramm.

(Beifall bei der FDP)

Ihre Gesetzentwürfe, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, würden mit Sicherheit vor Gerichten landen und einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Sie würden von Gerichten kassiert, und am Ende wäre den Freileitungen Tür und Tor geöffnet; das muss man ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP)

Frau Geuter, Sie haben gesagt, Sie bedauern, dass wir heute keinen gemeinsamen Gesetzentwurf beschließen. Ich kann Ihnen nur beipflichten; ich bedauere es auch. Ich darf hier zwar nicht sagen, was Sie im Ausschuss gesagt haben, weil der Ausschuss nicht öffentlich tagt; aber ich darf an dieser Stelle sagen, dass Sie zu unseren Gesetzentwürfen im Ausschuss gar nichts gesagt haben.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Ich appelliere nochmals an Sie, meine Damen und Herren: Das beste Signal für die Menschen in Niedersachsen, aber auch in Richtung des Bundes und der anderen Länder wäre, wenn wir heute gemeinsam dieses Gesetz beschlössen. Herr Jüttner, vor dem Hintergrund des Wahlkampfes ist Ihr Verhalten verständlich. Den Menschen in den betroffenen Regionen erweisen Sie damit allerdings einen Bärendienst.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es haben sich zwei Kollegen zu Kurzinterventionen gemeldet, zunächst Herr Albers und dann Herr Janßen. Herr Albers, Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dürr, Sie können hier erzählen, was Sie wollen; es glaubt Ihnen ohnehin niemand mehr im Lande.

(Lachen bei der FDP)

Nicht nur Sie, sondern auch der Ministerpräsident und Herr Staatssekretär Ripke haben auf allen Veranstaltungen erzählt, man sei bemüht, einen Konsens herbeizuführen; man wolle auch mit der Opposition und den Initiativen zusammenarbeiten. Fakt ist: Es wurden weder von den Initiativen noch von der Opposition irgendwelche Forderungen aufgenommen.

(Anneliese Zachow [CDU]: Es sind ja gar keine gestellt worden!)

Sie haben nach wie vor die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Betreiber aufgenommen, was bedeutet, dass sie sich aus Ihrem Gesetzentwurf herausrechnen können. Damit verhindern Sie in Niedersachsen eine Erdverkabelung, zumal Sie auch keine Vollverkabelung, sondern nur Teilverkabelung zulassen. Angesichts dessen kann jeder Betreiber sagen, dies sei sinnlos und vor allem zu teuer.

(Widerspruch bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn Sie dieses Gesetz hier so beschließen, dann machen Sie sich zu

Gehilfen von E.ON und Co., nicht aber der Menschen vor Ort. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Janßen, Sie haben auch anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dürr, wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass ich im Ausschuss sehr wohl Verbesserungsmöglichkeiten dafür aufgezeigt habe, wie man dieses Gesetz auch im Rahmen des engen Korridors, den man verfassungsrechtlich hier zur Verfügung hat, verbessern könnte.

Erstens. Die Formulierung in § 1 Satz 1 müsste neu lauten: Auf Antrag des Vorhabenträgers ist ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen. - Das geht nicht über den Korridor hinaus.

Zweitens. Wenn Sie in § 1 Ihres Gesetzentwurfes einfach die Nrn. 1 und 2 weglassen, haben Sie auch keine unbestimmten Rechtsbegriffe mehr, die hinterher zu Klageverfahren führen können.

Der dritte Punkt ist - hier sind wir uns wohl weitestgehend sogar einig -, dass das Land Niedersachsen seine Initiativen im Bundesrat fortsetzt, um zu einer gesamtdeutschen Regelung im Rahmen des Energiewirtschaftsgesetzes zu kommen.

Meine Damen und Herren, Sie sind im Ausschuss auf diese Punkte inhaltlich nicht eingegangen. Sie waren schlicht und ergreifend nicht sprechfähig. Nun aber stellen Sie sich hier hin und reden davon, dass Sie dieses Gesetz im Konsens beschließen wollen. Wie denn auch? - Wenn man mit einer vorgefassten Meinung in eine Diskussion geht und mit dieser Meinung hinterher wieder hinausgehen soll, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die anderen sagen: Dann müsst ihr den Kram allein beschließen. So toll ist er nun auch wieder nicht. Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Dürr, auch Sie haben nun für anderthalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will zunächst auf Herrn Kollegen Janßen eingehen. Wenn Sie im Ausschuss genau zugehört hätten - ich habe es auch so in Erinnerung, dass Sie damals genickt haben -, wüssten Sie, dass ich im Ausschuss sehr wohl unterstrichen habe, dass eine Bundesratsinitiative für die Zukunft natürlich ein Weg sein kann, dass wir dafür aber zurzeit weder im Deutschen Bundestag noch im Bundesrat eine Mehrheit haben und es insofern ein Fehler wäre, derzeit eine solche Initiative zu ergreifen. Es wäre ein Schnellschuss, bei dem nichts herumkommen würde. Das will ich an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie in § 1 die Nrn. 1 und 2 streichen, haben Sie nicht mehr den Hinweis auf das LandesRaumordnungsprogramm im Gesetz. Sie hätten dann das Problem, das ich vorhin bereits beschrieben habe.

Ich will jetzt noch einmal auf den Beitrag von Herrn Kollegen Albers eingehen, weil ich diesen besonders putzig fand. Sie kommen wie auch manche anderen Kollegen hier im Hause aus der betroffenen Region. Ich muss mich schon sehr wundern, wenn ein Abgeordneter, der sagt, er stehe für das Thema ein, dann, wenn die Beratungen im Umweltausschuss stattfinden, sich nicht ein einziges Mal im Fachausschuss blicken lässt. Diese Frage stellt sich für mich in der Tat. Dies ist der erste Punkt.