dass Sie ein Schulkonzept erstellen, bevor Sie uns überhaupt Vorwürfe machen. Sie haben kein schulpolitisches Konzept. Trotzdem haben Sie gefordert, auf die Einstellung der dringend nötigen 2 500 zusätzlichen Lehrkräfte zu verzichten, und Sie fordern es auch jetzt noch. Namhafte SPDPolitiker wie Herr Gabriel und Herr Möhrmann haben es in der Vergangenheit gefordert, aber auch andere, die von Schule etwas verstehen, zuletzt im Kultusausschuss. Wer das aber fordert und damit bewusst in Kauf nimmt, dass unseren Schülerinnen und Schülern - auch und gerade in der Hauptschule - ein erheblicher Teil des Unterrichts vorenthalten wird, ist völlig unglaubwürdig. Wenn man uns dann noch wie in der Plenarsitzung vom 18. September vorhält, wir täten nicht genug für die Hauptschulen, dann handelt man heuchlerisch, Herr Kollege Meinhold, und dann ist man völlig unglaubwürdig.
Wer also die Hauptschulen stärken und profilieren will, wer den Hauptschulen mehr Unterricht und zusätzliche Finanzmittel geben will, wer die Schulsozialarbeit in den Hauptschulen durch Sozialpädagogen sichern und erweitern will, wer das alles will, der wird unserem Hauptschulprofilierungsprogramm zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ausgangspunkt der heutigen Debatte um die Hauptschule war der Antrag der SPD-Fraktion zur Fortsetzung des Landesprogramms zur Stärkung der Hauptschule mit Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen vom 30. April. Eine Fortschreibung dieses Programms durch die Einsetzung der Finanzen in den Haushalt 2004 und die Mittelfristplanung war der Koalition aus ideologischen Gründen nicht möglich, da dieses bedeutet hätte, Leistungen der Vorgängerregierung anzuerkennen. Also musste etwas Neues her.
Die Planungssicherheit der Schulen und die berufliche Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen waren nicht so wichtig. Heute wissen wir, dass die Landesregierung dieses Programm mit weniger Mitteln und für alle Hauptschulen fortsetzen will. Herr Minister, wie das aufgehen soll, dazu hätten wir gerne Antworten. Wir haben bisher noch nicht feststellen können, dass Sie dieses Programm - weil Sie es ja bis 2008 angekündigt haben - in entsprechender Weise in die Mittelfristplanung aufgenommen haben.
Man kann eine Dreisatzrechnung machen: weniger Mittel, mehr Schulen. Wie geht das auf? Bleibt es bei der gleichen Höhe der Zuwendungen, oder werden diese eventuell gekürzt? Grundsätzlich gilt aber: Es ist gut, dass nach über sechs Monaten die Planungsunsicherheit für die Schulen sowie für die Kolleginnen und Kollegen beendet wird. Spät, sehr spät, aber hoffentlich für die eine oder andere nicht zu spät wird es nun umgesetzt. Warum diese Zeitverzögerung?
kostet in der Entwicklung nun einmal Zeit. Im Kultusausschuss war dazu von der CDU-Fraktion wenig zu hören, außer den altbekannten Dingen Zusammenarbeit mit den Berufsschulen, Zusammenarbeit mit den Betrieben, Projekttage und Ähnliches. Das alles läuft schon. Herr Minister, daraufhin wurde die Arbeit ganz schnell an Sie abgegeben. Ich möchte Sie an etwas aus der letzten Sitzung erinnern. Als ich Sie gefragt habe, ob es nicht hilfreich wäre, die Fraktion zu unterstützen, haben Sie gesagt, Sie machen eine Trennung von Exekutive und Legislative. Dieses Mal ist es aber anders gelaufen. Die Legislative hat das ganz schnell an die Exekutive abgegeben. Deshalb gehe ich auf Ihren Vorschlag ein, den Sie uns in den Zeitungen mitgeteilt haben.
Die CDU-Fraktion hat sich also - wie gesagt - nicht sehr beteiligt, sondern das Ministerium hat das getan.
Der Schwerpunkt des neuen Profils sollen wöchentliche Praxistage für die Schülerinnen und Schüler des 8. und 9. Jahrganges sein. Wöchentliche Praxistage! Konkret bedeutet dies: Sechs Stunden Unterricht müssen aus der Stundentafel genommen werden. Sechs Stunden! Wir fragen uns: An welchen Stellen werden diese Stunden herausgenommen? Welche Fächer sind davon betroffen? Zumindest dazu hätten wir eine klare Antwort. Neben der Frage der Fächer geht es aber noch um etwas anderes. Herr Minister, Ihre von Ihnen hochgehaltene Durchlässigkeit wird mit diesem Modell, dass sechs Stunden herausgenommen werden, nicht mehr haltbar sein.
Wie sollen die Schulen jemals im System vergleichbar sein, wenn eine Schule einen so radikal anderen Kurs fährt? Konkret gesprochen kann man möglicherweise im fünften, vielleicht auch noch im 6. Schuljahr Durchlässigkeit praktizieren. Aber dann nicht mehr. Für mich ist es ein ganz gravierender Stoß gegen die von Ihnen gedachte Förderung von Hauptschülerinnen und Hauptschülern.
Es kann doch nicht angehen, dass Sie eine reale Benachteiligung bezüglich der Durchlässigkeit genau für diese Schülergruppe festschreiben.
Statt Gemeinsamkeiten im allgemein bildenden Schulwesen zu stärken, wird eine Separierung nicht nur der Schulformen, sondern auch der Schülerinnen und Schüler in Kauf genommen. Lernen wird bei diesem Modell schwerpunktmäßig auf die berufliche Verwertbarkeit hin organisiert. Die Entwicklung der ganzen Persönlichkeit - das ist die Aufgabe und der Auftrag von Schule - wird mit einem solchen Modell zumindest eingeschränkt.
Um es noch deutlicher zu sagen: Mit diesem Vorschlag werden diese Schulen tendenziell aus dem System der allgemein bildenden Schulen und des allgemein bildenden Schulwesens herausgenommen.
Dies wird nicht zur Anerkennung der Schulform führen, sondern sie schwächen. Herr Minister, in der Neuen Presse vom 29. Oktober werden Sie mit den Worten zitiert: „Wenn wir die Hauptschulen jetzt nicht in den Griff bekommen, dann wird es mit dieser Schulform nie mehr etwas.“
Ihr Vorschlag, Herr Minister, zielt in die falsche Richtung. Es geht nämlich nicht um den Erhalt einer Schulform. Die Aufgabe der Bildungspolitik muss es vielmehr sein, den einzelnen Schülerinnen und Schülern die bestmöglichen Chancen zur Bildung und zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu bieten – also nicht Rettung der Schulform – und ihnen damit gute Chancen in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und im persönlichen Umfeld zu eröffnen.
Herr Minister, es wäre doch die mindeste Erkenntnis aus PISA gewesen, dass nicht so sehr die Schulform, sondern die Förderung des Einzelnen
Das hätten Sie bei der Kritik, die über diese Studie deutlich geworden ist, zumindest annehmen dürfen.
Da Sie nun einen anderen Weg einschlagen, frage ich Sie zu Ihrem Projekt der Praxistage für 50 000 Schülerinnen und Schüler: Sind Sie sicher, dass Sie die Plätze bekommen werden? Wir haben jetzt schon ein immenses Problem mit der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen. Ein immenses Problem! Sie wissen, wie wir alle darunter zu leiden haben. Sie sagen ganz einfach: 50 000. Ich sage Ihnen: Die Ankündigung von Verbandsvertretern reicht dazu alle Mal nicht aus. Schon heute steht in der Zeitung sehr deutlich: Die gesamte Wirtschaft muss mitziehen. Haben Sie diesen Prozess eigentlich angemessen geklärt? Ich habe eine solche Klärung bisher - zumindest öffentlich nicht wahrnehmen können.
Welche Vorbereitungen sind sowohl mit den Lehrerinnen und Lehrern als auch mit denjenigen in den Betrieben, die Verantwortung für die Jugendlichen zu übernehmen haben, zu treffen, wenn man einen solchen Praxistag durchführen will? Wie sieht es mit einer Kostenerstattung für die Betriebe aus? CDU und FDP jammern regelmäßig darüber, dass die mittelständischen Betriebe belastet würden. Wie ist es in dieser Frage? Haben Sie diese Frage eindeutig geklärt? Ich könnte die Fragen noch weiter fortsetzen. Herr Minister, ich denke, Sie werden gleich eine Reihe von guten Antworten geben. Wir sind jedenfalls sehr darauf gespannt.
Herr Minister, ich erwarte von Ihnen aber auch eine andere Antwort. Warum gilt eigentlich die verstärkte Berufsvorbereitung nicht auch für andere Schülerinnen und Schüler in unserem Schulsystem?
Herr Minister, wir sind zufrieden, dass Sie nach langem Drängen der SPD-Fraktion das Konzept der Sozialpädagogen an den Hauptschulen fortsetzen.
Das müsste eigentlich bedeuten, dass man dann auch Ihrem Antrag zustimmt. Was allerdings im zweiten Teil von Ihnen gesagt wird, kann von uns deshalb nicht mitgetragen werden, weil bei Ihnen Schulformen im Vordergrund stehen und nicht die Schülerinnen und Schüler und die Durchlässigkeit für die Klassen 8 und 9 für die Hauptschulen komplett reduziert wird. Sie höhlen tendenziell das allgemein bildende Schulsystem mit der Separierung der Hauptschule aus. Sie schlagen einen Praxistag vor, bei dem aber auch alles, was zur Begründung, zur Erläuterung und zur Machbarkeit führt, bis jetzt noch fehlt. Wir warten auf Ihre Antworten und sind sehr gespannt. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sollen heute mit dem CDU-FDP-Antrag der Landesregierung einen Auftrag erteilen, der bereits abgearbeitet ist. Der neue Hauptschulerlass bzw. das Hauptschulprofilierungsprogramm scheinen doch schon fertig zu sein. Wir können das zumindest der Presse entnehmen, auch wenn weder Erlass noch Profiliierungsprogramm den Abgeordneten dieses Parlaments vorgelegt worden sind. Aber wir haben ja reichlich die Einlassungen des Ministers dazu lesen können.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ich denke, Sie könnten deshalb, um dem Parlament kostbare Zeit einzusparen, Ihren Antrag heute für erledigt erklären. Die grüne Position zum Hauptschulprofilierungsprogramm habe ich bereits in der Debatte im September dargelegt. Ich kann mich deshalb sehr kurz fassen.
Ihr Antrag ist mit Sicherheit gut gemeint. Die Einzelheiten in dem vom Ministerium erstellten Erlass
sind zumindest nach dem, was ich in der Presse lesen konnte, weitaus besser, als ich es erwartet hätte. Das kann ich aus der Opposition heraus auch durchaus anerkennen. Ich habe damit überhaupt kein Problem.