Ein Weiteres: Im Juni 1945, also acht Wochen nach der Kapitulation Deutschlands, gründeten 35 Frauen und Männer die CDU in Berlin. 17 von ihnen kamen aus dem KZ, und zwei saßen in Plötzensee und wären erhängt worden, wenn die Rote Armee sie nicht rechtzeitig befreit hätte. In ihrem Gründungsaufruf heißt es:
„Erschüttert stehen wir an den frischen Gräbern unserer Toten. Wir vergessen unsere Kriegsgefangenen nicht. Auf den Trümmern unserer Häuser, unserer Dörfer und Städte gedenken wir in menschlicher und christlicher Verbundenheit der gleichen Opfer der Völker um uns, und wir geloben, alles bis zum Letzten auszutilgen, was dieses ungeheure Blutopfer und dieses namenlose Elend verschuldet hat, und nichts zu unterlassen, was die Menschheit künftig vor einer solchen Katastrophe bewahrt.“
Meine Damen und Herren, das ist die Geschichte der Christlich Demokratischen Union in Deutschland. Das ist für sie bis heute prägend.
Auf diese Geschichte sind wir stolz, Herr Kollege Gabriel, so wie die Sozialdemokraten zu Recht auf einen Mann wie Otto Wels stolz sein können - im Übrigen können nicht nur die Sozialdemokraten auf ihn stolz sein. Dieses Vermächtnis lassen wir uns von niemandem infrage stellen. Dabei geht es nicht um eine Beschränkung der Meinungsfreiheit. Jeder kann in unserem Lande Gott sei Dank frei seine Meinung sagen. Mitglied der CDU kann aber eben nur jemand sein, der keine Geschichtsklitterung vornimmt, der die Einmaligkeit des Holocaust nicht leugnet, und der nicht versucht, nicht Aufrechenbares miteinander zu verrechnen.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, wird in Deutschland in einigen Kreisen zurzeit offensichtlich etwas durcheinander gebracht. Die wahren Konservativen sind eben nicht rückwärts gewandt, und sie sind schon überhaupt keine Antisemiten,
sondern die wahren Konservativen treten dafür ein, was immer gelten muss: Freiheit, Demokratie, Menschenwürde und vielleicht sogar Nächstenliebe. Allen, die kritisch nachfragen, sage ich: Es ist gut, dass wir hinsichtlich unserer Abgrenzung nach links und rechts aufeinander Acht geben. Das Thema aber ist zu ernst, als dass wir es zum Anlass für vordergründige Verdächtigungen nehmen sollten. Die CDU jedenfalls hat in diesem Zusammenhang keinen Bedarf an Nachhilfeunterricht. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst eines vorab: Herr Kollege Gansäuer, entwürdigend ist in dieser Debatte meiner Meinung nach nicht ein Zwischenruf aus der SPD-Fraktion, entwürdigend für deutsche Parlamentarier ist der Fall Hohmann, ist die Vorgeschichte des Falles
Eine zweite Vorbemerkung, die ich gern noch machen möchte: Herr Kollege Gansäuer, Sie haben den Stuhl des Landtagspräsidenten verlassen, um hier stellvertretend z. B. für den Kollegen Thümler, von dem auch ich hier heute gern etwas hören möchte, das Wort zu ergreifen. Ich weiß nicht, ob Sie damit Ihrer Rolle als Landtagspräsident in dieser Debatte wirklich gerecht werden.
und zwar ausführlich; nicht nur die Zitate, die überall veröffentlicht worden sind, sondern alle zehn Seiten. Ich habe sie zweimal gelesen. Es ist eine Qual-Lektüre. In dieser Rede findet man außer Antisemitismus noch viele andere Gründe dafür, warum Herr Hohmann kein würdiger Vertreter derjenigen CDU ist, von der Sie gerade gesprochen haben.
Nach der Lektüre dieser Rede habe ich mich noch mehr gefragt, Herr Kollege Thümler, wie es sein kann, dass Sie und vier andere CDU-Mitglieder aus Niedersachsen eine Solidaritätsadresse für Herrn Hohmann veröffentlicht und ausdrücklich erklärt haben, dass diese Rede nicht antisemitisch sei. Diese dürre Erklärung, die Sie vor zwei Tagen als Rechtfertigung oder als Entschuldigung - wie auch immer sie gemeint gewesen sein mag - abgegeben haben, reicht nicht. Ich glaube, Sie sollten hier das Wort ergreifen, Passagen aus dieser Rede widerlegen und Ihre tatsächliche Auffassung erklären. Das wäre das Einzige, was akzeptabel wäre.
dem auseinandersetzt, was am rechten Rand der CDU los ist. Nachdem sich laut Spiegel auch Herr Kues solidarisch mit Herrn Hohmann verhalten hat und nachdem das dröhnende Schweigen des Abgeordneten Schirmbeck aus der Region Osnabrück zum Thema gemacht worden ist, ist es überfällig, dass sich Ministerpräsident Christian Wulff mit dem auseinandersetzt, was durch einen Abgeordneten der CDU-Bundestagsfraktion, der jetzt Gott sei Dank aber nicht mehr Mitglied dieser Bundestagsfraktion ist, an Antisemitismus in Umlauf gebracht worden ist. Es gibt in der Bundesrepublik so etwas wie ein anschwellendes Gerede darüber, dass man in Deutschland nicht mehr die Wahrheit z. B. über Juden sagen dürfe. Dieses anschwellende Gerede wird in Gang gesetzt und in Gang gehalten in erster Linie von CDU-Mitgliedern. Damit dieses Gerede endlich erstickt wird, müssen sich die Spitzenleute der CDU mit dem auseinandersetzen, was in der CDU möglich ist.
Meine Damen und Herren, es kann sein, dass die Strategie der CDU, den rechten Rand einzubinden, keine kluge Strategie gewesen ist. Es kann sein, dass Sie aus Angst vor einer Auseinadersetzung mit antisemitischem Gedankengut und im Sinne dieser Einbindungsstrategie auch Schuld und Verantwortung für diese neue antisemitische Debatte in Deutschland auf sich geladen haben.
Ich erwarte eine verantwortliche, inhaltliche und öffentliche Auseinandersetzung mit dem Gedankengut,
das in Deutschland in den letzten Wochen von CDU-Mitgliedern geäußert worden ist. Ich erwarte die offensive Einmischung auch von Christian Wulff.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gansäuer, Ihre Vorlesung galt meiner Meinung nach eher Herrn Thümler als uns.
Verstehen Sie, Herr Kollege Gansäuer, das Vermächtnis von Adenauer, das Sie hier vorgetragen haben, wird nicht durch uns infrage gestellt, sondern durch Herrn Thümler, der solche Aufrufe unterschreibt. Dem müssen Sie das erklären; nicht uns.
Sie haben völlig Recht, wenn Sie sagen, dass da Einiges durcheinander zu gehen scheint. Übrigens: Wir können uns gut daran erinnern, wie die CDULandtagsfraktion unter Ihrer Führung mit solchen Fällen umgegangen ist und wie klar und eindeutig Sie das gemacht haben. Ich hätte mich gefreut, wenn das in diesem Fall durch Ihren Nachnachfolger genauso geschehen wäre, Herr Kollege Gansäuer.
Durcheinander geht es aber auch, wenn jetzt so getan wird, als hätten wir deshalb eine Patriotismusdebatte nötig. Das ist eine komische Argumentation; auch von Frau Merkel und von Herrn Althusmann, der in seiner Stellungnahme ja darauf hingewiesen hat, dass wir aufpassen müssen, dass man sich zu Deutschland nicht nur dadurch bekennen kann, dass man andere Leute verunglimpft. Meine Damen und Herren, es geht hier nicht um eine Patriotismusdebatte. Es geht im Kampf gegen nationalsozialistische Ideologie heute nicht darum, sich zu Deutschland zu bekennen, sondern es geht darum, sich immer und überall klar und unmissverständlich zu einem demokratischen und humanistischen Menschenbild zu bekennen. Meine Damen und Herren, nicht die Frage, ob wir uns zu Deutschland bekennen, muss im Mittelpunkt stehen, sondern die Frage, wie wir andere Menschen, auch Andersdenkende, differenziert wahrnehmen, behandeln, einschätzen und würdigen. Darum geht es in dieser Debatte, meine Damen und Herren.
Herr Althusmann, in Ihrer Stellungnahme haben Sie auch etwas von der Debatte über das Tätervolk gesagt, die wir uns nicht aufdrängen lassen dürften. Ich sage Ihnen ganz klar: Uns wird hier gar nichts aufgedrängt, sondern wir haben eine historische Verantwortung, zu der Sie sich im letzten Satz dann ja auch bekannt haben. Dieser historischen Verantwortung müssen wir uns immer wieder stellen. Ich sage Ihnen aber auch: Wozu solches verkürztes Denken führen kann, das erleben wir manchmal in der Diskussion über das Kopftuch-Urteil. Wenn Sie Ihren eigenen Redebeitrag einmal nachlesen, dann werden Sie merken, wie differenziert und vorsichtig man damit umgehen muss, damit man nicht in Schwierigkeiten gerät.
Meine Damen und Herren, die Vorsitzende des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung, die Kollegin Vogelsang, hat im Eichsfelder Tageblatt vom 29. Oktober bedauert, dass sich die Landeszentrale in der Vergangenheit zu sehr mit der Aufarbeitung der NS-Geschichte befasst habe. Das dafür ausgegebene Geld soll jetzt also anders verwandt werden.
Liebe Kollegin Vogelsang, angesichts des Zustands einiger Kollegen in Ihrer Fraktion und Partei empfehle ich Ihnen, damit noch ein bisschen zu warten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was heißt "Oh!"? Es wurde nachgefragt. Jetzt versuche ich zu antworten, und Sie rufen in Ihren Reihen "Oh!".
Zunächst einmal bin ich, offen gestanden, Frau Kollegin, ziemlich fassungslos über Ihre Rede und auch darüber, wie Sie leichtfertig Menschen wie Hermann Kues verdächtigen, den ich seit Jahrzehnten kenne, dessen Auffassung ich kenne,
der am letzten Samstag genau das Gegenteil erklärt hat. Hier sitzen mindestens ein Dutzend Kollegen, die auf unserem Bezirksparteitag waren. Sind Sie sich denn eigentlich bewusst, was Sie hier sagen, wenn Sie solche Menschen anklagen?
Wenn Sie irgendwelche Papiere herausziehen, dann in Gottes Namen! Aber fragen Sie doch einmal nach! Sie klagen hier einen Mann an, der hoch angesehen ist, der sich übrigens mit Frau Nickels immer bemüht, diese Themen im Deutschen Bundestag zu besprechen, die im Deutschen Bundestag zusammen eine Gebetsrunde machen. Sie können doch nicht glauben, dass Frau Nickels mit einem Mann verkehren würde, den Sie hier so beschrieben haben. Sie müssen sich dafür entschuldigen. Das ist doch unerhört.