Protokoll der Sitzung vom 20.11.2003

(Zurufe von der CDU - Glocke des Präsidenten)

Also: Hier Selbstsicherheit vorzutragen ist das eine. In der Sache hätte mich interessiert, wie die CDU heute zu ihrem Minderheitenvotum von gestern steht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Lothar Koch [CDU]: Was war das denn für ein Ding?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen nun zur Ausschussüberweisung. Federführend tätig werden soll der Ausschuss für Inneres und Sport, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, bevor ich den Tagesordnungspunkt 7 aufrufe, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, den Tagesordnungspunkt 9 - Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge in der Drucksache 107 - noch vor der Mittagspause zu beraten.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 7: Zweite Beratung: Aktionsprogramm „Klimaschutz schafft Arbeitsplätze“ - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/62 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 15/527

Die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses lautet auf Annahme in veränderter Fassung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Hagenah. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ursprünglich grüne Initiative „Klimaschutz schafft Arbeitsplätze“ startet heute nach zwei Jahren Beratung hier in diesem Hause nun wohl endlich durch. Es ist schon eine peinliche Ironie der Geschichte, dass sich nicht schon die alte SPD-Regierung zum Handeln auf diesem Zukunftsmarkt durchringen konnte, sondern dies der schwarz-gelben Koalition als unerledigt hinterlassen wurde; trotz der mehrfachen Versprechen im Mittelstandskonzept der Landesregierung Gabriel.

Der ursprünglich von uns Grünen eingebrachte Vorschlag ist nur an wenigen Punkten für die gemeinsame Beschlussfassung verändert. Nachdem das Land Niedersachsen die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen durch Klimaschutz jahrelang verschlafen hatte, kann es jetzt wohl endlich losgehen. Ziel unseres Aktionsprogramms soll sein, umfangreiche Investitionsmaßnahmen in Niedersachsen auszulösen, die eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes bewirken. Ein solches Programm bewirkt, dass mit einem sehr geringen Einsatz an Landesmitteln umfangreiche Investitionen insbesondere durch die private Wohnungswirtschaft ausgelöst werden, die zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.

Ganz ohne eigene Mittel wird der Prozess allerdings kaum in Fahrt kommen. Hier muss das Land auch selbst Geld in die Hand nehmen. Mit der 18 Millionen-Euro-Bürgschaft für die LTS kann man es nicht bewenden lassen. Die Landesregierung kann aber auch im Sparhaushalt 2004 im Wirtschaftsetat und im Umweltetat noch ungebundene Fördermittel für diesen Zweck einsetzen. Tun

Sie das; denn sonst bleibt der heutige Beschluss leider Makulatur! Das Land muss hier eine Anschubfinanzierung leisten; denn sonst ist auch der schöne Kongress, den das Umweltministerium vor zehn Tage, glaube ich, durchgeführt hat, auch nur ein Rauschen im Blätterwald mit der Folge, dass sich auf dem Baumarkt nicht wirklich etwas tut.

Wir setzen auf die effiziente Verknüpfung der umfangreichen Bundesförderung durch CO2-Minderung mit dem Kapital privater Bauherren. Hier liegt in Niedersachsen bisher ein riesiges Potenzial brach, das über Jahre für mehr Beschäftigung in der Not leidenden Baubranche sorgen kann. Hier fehlt es vielfach nur an der notwendigen Information und fachlichen Beratung, um die kurzen Amortisationszeiten und hohen Förderquoten durch Bundesprogramme zu erkennen und für das eigene Mietshaus, das eigene Betriebsgebäude nutzbar zu machen. Hier brauchen wir die Anschubfinanzierung des Landes.

Die gesamte Baubranche und das Handwerk sind zur Kooperation und Mithilfe bereit. Dies hat eine Anhörung zu diesem Thema schon in der letzten Wahlperiode eindrucksvoll verdeutlicht. Das Land kann jetzt endlich die Chance mit einem solchen Aktionsprogramm nutzen und gleichermaßen der Bauindustrie und dem Klimaschutz in Niedersachsen wichtige Impulse geben. Lassen Sie uns damit anfangen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat nun die Abgeordnete Schwarz das Wort. Ich erteile es ihr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hagenah, ich weiß nicht, welche Zeitrechnung Sie haben. Den Antrag, den wir hier heute abschließend - in geänderter Fassung - beraten, stammt vom März 2003. Ich kann mich nicht ganz entsinnen, dass das tatsächlich zwei Jahre sind. Ich weiß aber sehr wohl, dass Sie als Grüne in der vergangenen Legislaturperiode schon ganz wacker dabei waren. Sie haben es entsprechend ausgeführt.

Meine Damen und Herren, in der Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vom Februar diesen Jahres wurde deutlich darauf hingewiesen, dass die rot-grüne Bundesregierung das

Ziel, bis 2005 eine Absenkung der CO2Emissionen um ca. ein Viertel gegenüber 1990 zu erreichen, nicht schaffen würde. Dies wurde auch von Herrn Trittin selbst im Herbst eingeräumt. Insgesamt sind die CO2-Emissionen unter dem grünen Umweltminister Trittin in den vergangenen zwei Jahren sogar angestiegen, trotz schwacher Konjunktur und milder Witterung.

Im März brachte die Fraktion der Grünen, wie Sie eben sagten, Herr Hagenah, ihren Antrag ein. Ihr Parteikollege macht es manchmal gern so, dass er Gesetze und Verordnungen erlässt. Sie haben demgegenüber praktische Vorschläge unterbreitet, bei denen man sich fragen muss, wie man sie entsprechend umsetzen kann, wenn man global denken und lokal handeln will.

Dem Problem muss letztendlich dort begegnet werden, wo es entsteht. Man muss dort ansetzen, wo Lösungen am wirksamsten und effizientesten zu erreichen sind. Von daher, Herr Hagenah, sehe ich eigentlich für die Finanzierung gar keinen Hinderungsgrund darin, dass es in Form einer Bürgschaft gegeben wird. Sie wissen selber, wie die Landesfinanzen aussehen. Wir werden die Haushaltsberatungen im Dezember diesen Jahres führen. Ich denke, dann werden Sie als Grüne ohne Weiteres entsprechende Änderungsanträge einbringen können.

Meine Damen und Herren, schauen Sie einmal an, was auf Bundesebene geschieht. Berlin kann eigentlich nur froh sein, dass hier in Niedersachsen Menschen handeln und nicht nur reden wollen. Herr Hagenah, Sie erwähnten, dass bei der Auftaktveranstaltung des Umweltministers zur energetischen Gebäudesanierung am 5. November darauf hingewiesen wurde, dass drei Viertel des heutigen Gebäudebestandes in Deutschland unter umweltenergetischen Gesichtspunkten sanierungsbedürftig seien. Allein in Niedersachsen müssten 2 Millionen Wohnungen saniert werden. Das wäre auch ein guter Aufschwung für die Bauwirtschaft, die das dringend nötig hat.

Von daher braucht es nicht unbedingt originärer Landesmittel, sondern allein die Absicherung der Mittel. Es hat sich in der Abrufung der KfW-Mittel gezeigt, dass die Banken leider etwas restriktiv sind. Wenn das Land die LTS dazu ermuntern kann, die Bürgschaft zu übernehmen und damit für die Abrufenden die Mittel frei verfügbar zu machen, halte ich das für gar nicht so verfehlt. Man muss

nicht noch weiteres Geld mit dazu geben, vor allen Dingen dann nicht, wenn nicht genügend da ist.

Meine Damen und Herren, bei der Beratung in den Ausschüssen hat sich gezeigt, dass hier sehr einvernehmlich agiert wurde bzw. dass man konstruktiv miteinander gearbeitet hat. Ein paar Punkte aus Ihrem Antrag wurden nicht mit aufgenommen. Zum einen bezog sich das auf den Energiepass. Aber da müssen Sie selber auch einräumen, dass dafür bislang keine bundeseinheitliche Regelung gefunden werden konnte. Sie habe sicherlich einen direkteren Draht zu Herrn Trittin. Vielleicht können Sie ihn dazu ermuntern. Vielleicht ist es aber auch gar nicht nötig, dass man noch mehr Papier produziert. Man muss die Menschen überzeugen: Wenn man die Bausubstanz entsprechend saniert, kann das mit Sicherheit kein Fehler sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, auf die Finanzen bin ich schon eingegangen. Ich möchte vor allem noch auf eines hinweisen. Durch die Bürgschaft konnte der Zinssatz der KfW nochmals um 0,3 % reduziert werden. Das sind schon günstige Zinssätze, wobei für den Baubereich auch bei den Banken günstige Zinssätze zu bekommen sind. Aber das ist unschlagbar. Angesichts der anstehenden Aufgabe der Eigenheimzulage sind manche sehr froh darüber, dass sie Baumaßnahmen noch auf andere Art und Weise umsetzen können.

Gefragt sind eigentlich praktikable und wirtschaftsverträgliche Strategien für den Klimaschutz. Sie sind von der Landesregierung mit breiter Unterstützung aus dem Landtag bzw. in den Ausschüssen auf den Weg gebracht worden. Es liegt jetzt an den Menschen draußen, dass sie das Angebot entsprechend nutzen. Wir können nur die Angebote dafür machen.

Vor allem freut uns Folgendes. Dabei machen wir natürlich auch gerne mit, zumal die CDU vor der Wahl angekündigt hat, dass wir ein Aktionsprogramm zur Reduzierung von CO2-Emissionen auflegen wollen. Das Wahlversprechen der CDU wird nun durch ein CDU-Ministerium, nämlich MS, das daran beteiligt ist, und ein FDP-Ministerium, nämlich das Umweltministerium, und ein weiteres FDPMinisterium, nämlich das Wirtschaftsministerium, entsprechend umgesetzt. Meine Damen und Herren, Berlin kann eigentlich doch nur froh sein, dass hier mittlerweile andere Personen agieren, die das

umsetzen, was Sie vielleicht vorher gerne gemacht hätten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun die Abgeordnete Heiligenstadt das Wort. Ich erteile es ihr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schwarz, ich nehme Ihren Ball gerne auf und sage: Klimaschutz schafft Arbeitsplätze. Sie sagen, die CDU will hier in Niedersachsen das Programm umsetzen. Ich sage: Klimaschutz schafft Arbeitsplätze. Das ist ein Thema der Bundesregierung, und zwar der rot-grünen Bundesregierung; und sollte daher auch ein Thema in Niedersachsen sein.

Wir setzen den Schwerpunkt bei diesem Thema allerdings eher auf die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Klimaschutz. Dies können die Maßnahmen zur Gebäudesanierung und damit zur Stärkung der Energieeffizienz im Gebäudebereich auch leisten. Diese Maßnahmen sind zum einen geeignet, den CO2-Ausstoß zu verringern und zum anderen gleichzeitig durch Investitionsanreize vermehrte Aufträge im Bauhandwerk und im Ausbauhandwerk auszulösen und damit dortige Arbeitsplätze zu sichern und zu erhalten.

Meine Damen und Herren, Deutschland hat sich mit der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls verpflichtet, die schädlichen Treibhausgase bis 2005 um 25 % zu reduzieren. Wir alle wissen, wir sind noch weit von diesem Ziel entfernt. Insbesondere die Privathaushalte können durch Umstellung von alten Heizungssystemen dazu beitragen, dass wir diesem Ziel immer näher kommen.

Daher ist es richtig, dass wir nun dem Beispiel der Bundesregierung folgen werden, den Ball hier in Niedersachsen aufnehmen und auch auf Landesebene Anreize schaffen wollen, um erstens besser über die Möglichkeiten zur Reduzierung von CO2 zu informieren, vor allem in kleinen und mittleren Betrieben und in Privathaushalten, aber auch um zweitens diese Information gemeinsam mit Kammern, der Baubranche und Banken und auch Bausparkassen möglichst weit zu streuen und drittens ein Netzwerk mit Beratungsangeboten und Förderprogrammen zu diesem Komplex unter Einbezie

hung der Kommunen, Kammern und vielleicht auch von Stadtwerken zu schaffen.

Zu dem Doppeleffekt dieses Programms mit den Auswirkungen auf Klimaschutz auf der einen Seite und der Beschäftigungswirkung auf der anderen Seite kommt noch ein dritter, für die Sozialdemokraten wichtiger sozialer, Aspekt hinzu, der Effekt sinkender Nebenkosten und damit im Mietwohnungsbereich auch eine Senkung der so genannten Zweitmiete.

Diese Potenzierung von positiven Effekten, meine Damen und Herren, hat auch die rot-grüne Bundesregierung gesehen und durch Ergänzung des bereits im Jahre 2000 aufgelegten CO2-Gebäudesanierungsprogramms im März im Rahmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau zusätzliche Voraussetzungen geschaffen. So sind z. B. folgende Ergänzungspakete in das Bundesprogramm mit aufgenommen worden: Zusätzlich zu den zinsgünstigen Krediten wird die energetische Sanierung eines Gebäudes zum Niedrigenergiehaus im Bestand mit einem Teilschulderlass in Höhe von 20 % des Darlehens gefördert. Das ist immerhin ein direkter Zuschuss.

Künftig wird als neues Maßnahmepaket im Rahmen des Programms auch der Austausch von Altheizungen als Einzelmaßnahme gefördert. Ich denke, das sollten wir auf Landesebene unterstützen. Immerhin sind zinsgünstige Darlehen mit Zinssätzen von zurzeit 2,75 % zu erhalten.

Im Rahmen der Beratung im Ausschuss und der Stellungnahmen der betroffenen Branchen, Kammern und Verbände sind eigentlich nur positive Effekte dieses Programms beschrieben worden, und die konzertierte Aktion ist begrüßt worden. Eigentlich gibt es auch keinen Grund, sich gegen den Antrag zu stellen. Daher ist es zu einer gemeinsamen Positionierung aller Fraktionen im Ausschuss gekommen. Ergebnis ist die vorliegende Beschlussempfehlung. Lediglich der Energiepass ist herausgenommen worden, und im Bereich der Finanzierung ist ein anderer Passus gewählt worden.

Jetzt ist es notwendig, dass die Landesregierung endlich mit dem Vollzug des CO2-Gebäudesanierungsprogramms der KfW auf Landesebene beginnt. Es ist daher erfreulich, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen dies nach zunächst doch etwas zögerlichem Verhalten nun endlich mittragen wollen. Ich erwarte mit mei

ner Fraktion allerdings auch, dass sich die Landesregierung hierbei nicht nur hinter dem Bundesprogramm versteckt, sondern dass es auch mit der finanziellen Unterstützung auf Landesebene deutlich vorangeht.

Zusammenfassend möchte ich Folgendes sagen: Mit dem zusätzlichen Landesaktionsprogramm erhält die Bauwirtschaft neue Chancen. Handwerk und Bauindustrie profitieren von der steigenden Nachfrage der Hausbesitzer und damit die Arbeitslosen von hoffentlich mehr Arbeitsplätzen. Die Bauherren und Mieter werden von niedrigeren Energiekosten und Zweitmieten profitieren. Die Umwelt wird von sinkenden Schadstoffemissionen profitieren. Lassen Sie uns daher dieses Programm in Niedersachsen so zügig wie möglich umsetzen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dürr das Wort. Ich erteile es ihm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen lag - das wurde bereits erwähnt - in der letzten Legislaturperiode - zumindest in ähnlicher Form - schon einmal vor. Ich habe bereits in der ersten Lesung im Landtag ausgeführt, dass er gute Ansätze dafür bietet, dass Klimaschutz, also Ökologie einerseits, und Handwerk, sprich: Ökonomie andererseits, gut zusammenwirken können. Insofern sind die Vorschläge im vorliegenden Antrag durchaus willkommen.

Die Landesinitiative „Energieeinsparung“ haben Ministerpräsident Wulff und Wirtschaftsminister Hirche bereits Anfang der Legislaturperiode angekündigt. Ich bin der Auffassung, dass diese Landesinitiative ein gutes Beispiel für effektiven Klimaschutz bietet.

Wir haben Ihnen, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, schon oft gesagt, dass insbesondere Energieeinsparung, aber auch Effizienzsteigerung bei der Stromerzeugung brauchbare Mittel zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes sind. Ich denke, wir müssen uns dieses Weges der Erfüllung von Klimaschutzzielen noch viel stärker annehmen.