Protokoll der Sitzung vom 21.01.2004

Das steht in Ihrem Antrag, Herr Plaue. Ich weiß nicht, wieso Sie diese Befürchtung haben. Ich nehme aber an, dass Sie gute Kontakte zu den Mehrheitsfraktionen in Berlin haben, die durch dieses Gesetz diese Möglichkeit zum 1. Juli abschaffen wollen. Würde das gelingen, meine Damen und Herren, wären wir in der Tat in einer sehr schlimmen Situation. Dagegen hat der Landesgesetzgeber die Möglichkeit, durch eine Ermächtigung des Bundes in § 245 b der Aufhebung gegenzusteuern. Diese Gegensteuerung wird auf jeden Fall stattfinden. Das Anliegen, das wir vor einem dreiviertel Jahr vorgetragen haben, hat sich mit den Sorgen der Landwirte, die ihre Hofstellen aufgegeben haben, beschäftigt. Ich freue mich, dass die Sozialdemokraten nach einem dreiviertel Jahr unseren Ideen und Anregungen gefolgt sind

(Axel Plaue [SPD]: Was war eigentlich in Ihrem Antrag?)

- Herr Plaue, ich hoffe, Sie merken es jetzt auch endlich einmal - und in einer weiteren Beratung sicherstellen werden, dass unserem Anliegen, das wir vor einem dreiviertel Jahr formuliert haben, Rechnung getragen wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Klein, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist deutlich geworden: Der vorliegende Antrag hat eine Vorgeschichte, nämlich den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion von vor einem dreiviertel Jahr, der darauf abzielte, über eine Bundesratsinitiative das Bundesrecht, also § 35 BauGB, zu ändern. Die SPD-Fraktion greift nun mit diesem Antrag die Hinweise und Anregungen aus der Anhörung auf, die auf diesen Antrag hin erfolgte, und beantragt durch eine Änderung des Landesausführungsgesetzes, die Siebenjahresfrist bis Ende dieses Jahres, also bis 2004, auszusetzen. Genau diese Möglichkeit bietet das Bundesgesetz.

Wir unterstützen den Antrag der SPD-Fraktion, weil er a) schneller ist als der Versuch der CDU - im Prinzip könnten wir diesen Gesetzentwurf bereits im Februar verabschieden - und weil er b) sicherer ist. Der Ausgang einer Bundesratsinitiative ist nicht vorhersehbar. Auch die EU-Gesetzgebung, mit der wir uns zurzeit beschäftigen, kann ja noch einen Strich durch die Rechnung machen. Wir unterstützen ihn, weil er c) ordnungspolitisch unproblematisch ist, weil er eben nicht zu einer dauerhaften Zersplitterung des Planungsrechtes in Deutschland führt. Genau das stand in dem CDUAntrag. Sie wollten nur eine Ermächtigung im Bundesgesetz haben. Schließlich unterstützen wir diesen Antrag, weil er fachlich zielführender ist. Dazu möchte ich ein paar Sätze sagen. Für uns ist der Schutz des Außenbereichs sehr wichtig. Er hat bei uns einen hohen Stellenwert. Deswegen sind wir äußerst skeptisch, wenn es darum geht, Veränderungen bei den Umnutzungsbestimmungen im § 35 des Baugesetzbuches vorzunehmen. Wir wollen das kommunale Planungsrecht stärken. Das heißt, wir wollen den Kommunen Planungssicherheit garantieren. Sie sollen irgendwann einmal wissen, was mit dieser Fläche, was mit diesem Hofgrundstück passiert, um planen zu können und nicht auf längere Zeit im Ungewissen zu bleiben. Wir wollen darüber hinaus, dass alle bedeutenden Änderungen, insbesondere wenn Nutzungskonflikte vorliegen, eben nicht über den § 35, sondern über das gemeindliche Bauplanungsrecht geregelt werden. Gleichzeitig wollen wir aber auch den ländlichen Raum stärken. Das heißt, wir wollen, dass junge Leute Wohnraum im Dorf finden, ohne

dass man gleich ein neues Baugebiet ausweisen muss. Wir wollen die Siedlungsstruktur und die Bausubstanz erhalten. Wir wollen in der alten Bausubstanz z. B. Ferienwohnungen oder auch Kleingewerbe ermöglichen. All das ist unser Ziel. All das - das ist im Grunde genommen das Zentrale - ermöglicht der § 35 BauGB, ermöglichen die Umnutzungsbestimmungen, und zwar - das ist auch wichtig - unter Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen und unwirtschaftlicher Infrastrukturaufwendung sowie unter Beachtung der Belange des Natur-, Boden- und Denkmalschutzes und ohne Beeinträchtigung der Wasserwirtschaft, des Erholungswertes oder etwa der Agrarstruktur.

Unser Fazit: Wir brauchen für das Erreichen dieser Ziele keine Änderung des Baugesetzbuches. Es bleibt also ein Restregelbedarf: die schon angesprochenen Härtefälle, d. h. diejenigen, die sieben Jahre verschlafen haben - um es einmal so zu sagen - oder aus anderen Gründen nicht in der Lage waren, eine Entscheidung zu treffen, oder aber nicht oder nicht gut beraten waren und es aus diesem Grunde versäumt haben, die Siebenjahresfrist zu nutzen. Deswegen sind wir damit einverstanden, dass es hier eine letzte Möglichkeit, eine letzte Frist gibt, eine Frist, die bis zum Ende dieses Jahres läuft und auch nicht länger laufen kann. Genau das sichert der vorliegende Gesetzentwurf. Deswegen werden wir ihn unterstützen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Meißner, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim Strukturwandel in der Landwirtschaft sollte der Außenbereich auf jeden Fall vorrangig der aktiven Landwirtschaft vorbehalten bleiben. Sicherlich ist es aber sinnvoll, ausgediente landwirtschaftliche Bausubstanz auch anderweitiger Nutzung zuzuführen. Darum geht es ja hierbei. Derzeit haben wir in landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäuden eine Leerstandsquote von etwa 30 %. Diese kommt nicht erst bei Betriebsaufgabe zu Tage, sondern auch beim Übergang vom Haupt- zum Nebenerwerb in der Landwirtschaft. Darum müssen wir hier eingreifen. Es gibt viele Besitzer, die ihre Gebäude auf eigene Kosten in Schuss halten, ohne dadurch

Gewinn machen zu können. Wir wollen die Kulturlandschaft für die Landwirtschaft und durch die Landwirtschaft erhalten und gleichzeitig die Möglichkeit geben, den Strukturwandel auch mit zusätzlichen Einnahmen zu begleiten. In diesem Sinne haben die Fraktionen von CDU und FDP - übrigens, Herr Klein, das waren beide Fraktionen zusammen, nicht nur die CDU-Fraktion allein - im Frühjahr den besagten Entschließungsantrag zur Umnutzung landwirtschaftlich genutzter Gebäude eingebracht. Jetzt hat ganz offensichtlich auch die SPD-Fraktion gemerkt, dass das wichtig ist. Ich wollte eigentlich nett zu der SPD-Fraktion sein, weil ich im Prinzip finde, Herr Harden, dass das richtig ist, was Sie machen.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Seien Sie es doch! - Gegenruf von David McAl- lister [CDU]: Das kann man nicht!)

Aber Sie haben uns heftig angegriffen. Jetzt muss ich es doch sagen: Während der letzten Regierungszeit ist in diesem Sinne nichts passiert, obwohl wir auch da schon Handlungsbedarf hatten.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Hört! Hört!)

Wir haben den Entschließungsantrag gestellt. Daraufhin ist etwas in Gang gekommen. Ich begrüße ausdrücklich diesen Wandel bei Ihnen. Allerdings: Die Bundesregierung hat mit dem Entwurf des Europa-Anpassungsgesetzes zum Baugesetzbuch die Aufhebung des § 245 b in die Diskussion gebracht. Es gibt dringenden Handlungsbedarf, hier keine Verengung zuzulassen. Die SPD auf Bundesebene will genau das, was der Landwirtschaft schadet.

Wir müssen also zwei Aspekte betrachten: Wir müssen sehen, was wir zum einen auf Landesebene direkt beeinflussen können und was zum anderen auf Bundesebene passiert und man dort beeinflussen kann, wenn das Baugesetzbuch geändert werden soll. Im Prinzip sind wir uns offensichtlich beim § 245 b einig. Es ist interessant zu wissen, dass die FDP-Fraktion am 29. Januar 2003 im Bundestag einen entsprechenden Gesetzentwurf in der Drucksache 15/360 eingebracht hat und dass es die SPD-Fraktion abgelehnt hat, dass die Siebenjahresfrist auf zehn Jahre erweitert wird. Das finde ich bedauerlich. Umso besser ist es, dass wir in Niedersachsen jetzt anders verfahren können.

Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen Landwirte - Härtefälle - von dieser Umnutzung Gebrauch machen wollen, auch wenn die Siebenjahresfrist verstrichen ist.

Wir als Liberale wollen aber noch einen Schritt weiter gehen und in § 35 mehr Spielraum bzw. mehr Klarheit - so könnte man es auch nennen schaffen. Aus unserer Sicht sollte die Frist von sieben Jahren nicht nur auf zehn Jahre verlängert, sondern möglicherweise sogar ganz aufgehoben werden; denn nach der Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebes ist eine Umnutzung - egal, wie lange es dauert - immer besser als der Verfall eines leerstehenden Gebäudes. Das wären nämlich amerikanische Verhältnisse, die wir auf keinen Fall wollen.

(Beifall bei der FDP)

Zum Aspekt der kleingewerblichen Nutzung Folgendes. Natürlich kann man sagen: § 35 Baugesetzbuch habe die kleingewerbliche Nutzung auch vorher schon zugelassen. - Aufgrund der expliziten Regelungen ist bei den Baugenehmigungsbehörden vor Ort eine erhebliche Verunsicherung eingetreten, die dazu geführt hat, dass manchmal pragmatische Lösungen gesucht und genehmigt wurden, dass manchmal aber auch mehr verlangt wurde, als das Gesetz eigentlich vorsah mit der Folge, dass Anträge abgelehnt wurden. Wir wollen, dass das klarer geregelt wird.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

- Nein, das ist tatsächlich so gelaufen. - Wir wollen anstelle von wenig flexiblen Regelungen, die die Landwirte vor Ort beeinträchtigen, mehr Entscheidungsfreiheit für die Behörden vor Ort, damit sie zum Wohle des ländlichen Raumes und seiner Bewohnerinnen und Bewohner pragmatisch und vernünftig entscheiden können.

Generell ist der von der SPD-Fraktion eingebrachte Gesetzentwurf vernünftig. Wir wollen beim Baugesetzbuch aber noch weiter gehen.

(Beifall bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich zu diesem Tagesordnungspunkt noch einmal der Herr Kollege Schwarz gemeldet. Sie haben noch eine Restredezeit von fünf Minuten und 37 Sekunden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich fand das, was Frau Meißner und Herr Beckmann hier gesagt haben, ja hoch interessant; denn wir waren uns im Ausschuss schon vor einem Jahr darüber einig, dass das gemacht werden sollte. Dieser Gesetzentwurf wird von uns ausschließlich deshalb eingebracht, weil Sie seit fast einem Jahr völlig untätig sind.

(Beifall bei der SPD)

Tatsache ist, dass Sie schon im Ausschuss den Versuch unternommen hatten, die Lösung dieses Problems der Bundesregierung anzuhaften, und in der Anhörung einen kompletten Blattschuss erlitten hatten. Die Vertreter aller kommunalen Spitzenverbände haben Ihnen gesagt, dass man das so machen, aber auch per Erlass über den Landesgesetzgeber regeln könne. Seit fast einem Jahr warten wir auf Ihre Regelung. Wenn das so notwendig ist, wie Sie es hier und auch wir im Ausschuss schon betont haben, dann stellt sich für mich eine Frage: Wann kommen Sie endlich in die Strümpfe? - Das ist der einzige Hintergrund für unseren Gesetzentwurf. Wenn Sie es jetzt endlich Ernst meinen, brauchen Sie kein weiteres Jahr zu warten, sondern Sie können mit uns beim nächsten Plenum gemeinsam darüber abstimmen. Ich bin sehr gespannt darauf, ob Sie diesmal dazu in der Lage sein werden.

(Beifall bei der SPD)

Zu Wort gemeldet hat sich noch einmal Frau Meißner. Sie haben nur noch eine sehr kurze Restredezeit von neun Sekunden.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das schafft sie! Gib alles!)

Herr Schwarz, noch eines dazu: Es ist tatsächlich so, dass wir zum Zeitpunkt der Beratung des Entschließungsantrags nichts davon wussten, dass die Bundesregierung den § 245 b zu streichen gedenkt. Das ändert die Sache total.

(Beifall bei der FDP - Dr. Philipp Rös- ler [FDP]: Jawohl! Zwei Sekunden hat sie noch!)

Optimale Zeiteinschätzung; zwei Sekunden zu viel. Hervorragend. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Vom Ältestenrat ist empfohlen worden, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit und zur Mitberatung an die Ausschüsse für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie für Rechtsund Verfassungsfragen zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist so beschlossen worden.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes und des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/720

Zur Einbringung und auch zur Beratung hat sich zu Wort gemeldet Herr McAllister. Bitte schön!

(Wolfgang Wulf [SPD]: Der neue Schulpolitiker!)

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst feststellen: Heute Morgen haben die beiden Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD eine Geschäftsordnungsdebatte angestrengt und dafür geworben, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen. Sie haben dies damit begründet, dass es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um einen Gesetzentwurf der Fraktionen handele, sodass dazu keine Anhörung stattfinden werde mit der Folge, dass nicht genügend Zeit zur Verfügung stehen werde, die Argumente auszutauschen. Ich stelle jetzt fest: In der heutigen ersten Beratung, in der wir unsere Argumente austauschen, fehlt der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Gabriel. So viel zur Glaubwürdigkeit seiner Einlassungen von heute Morgen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD: Die Landesregie- rung! Wo ist denn die Landesregie- rung? Wo ist der Ministerpräsident? - Uwe Bartels [SPD]: Dieser Lümmel! - Weitere Zurufe)

Denken Sie immer daran, dass es Ihre Geschäftsordnungsdebatte war, Herr Bartling, Herr Möhrmann.

(Unruhe)

Einen Moment bitte, Herr McAllister. - Unabhängig davon, dass es sehr unruhig geworden ist, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Ihnen der Kollege Aller gleich zu Beginn eine Frage stellen möchte.

Nein, Herr Aller soll erst meine Argumente hören. Wir kommen dann anschließend dazu.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf regeln wir drei Fragen, nämlich erstens das Ruhen der Schulpflicht für Realschulabsolventen, zweitens die Hervorhebung des Förderns im Bereich der bisherigen Sonderschulen und drittens die gesetzliche Festlegung von Grenzen für äußere Bekundungen von Lehrkräften.

(Heinrich Aller [SPD]: Wo ist denn die Justizministerin, die das alles beur- teilen soll? Das ist doch unglaublich! - Weitere Zurufe und Unruhe)

- Frau Präsidentin, können Sie bitte für Ruhe sorgen?

(Heinrich Aller [SPD]: Gucken Sie sich doch den Laden einmal an! - Wolf- gang Jüttner [SPD]: Können Sie ein- mal sagen, wo die zuständige Ministe- rin ist?)