Protokoll der Sitzung vom 11.03.2004

Es ist eigentlich nicht einzusehen, warum die Tierkörperverwertungsanlagen unter Inanspruchnahme des EEG, des Erneuerbare-EnergienGesetzes, nicht Tiermehl verstromen, energetisch verwerten können. Man sollte darüber nachdenken, ob man die Defizite, die hier entstehen, nicht abbauen kann, indem man gesetzliche Voraussetzungen schafft, damit in Zukunft Tierkörperverwertungsanlagen auch an diesem Prozess teilnehmen können.

Es gibt also sehr viele Punkte, deren Umsetzung dazu führen könnte, die Defizite, die die Landkreise und die Landwirte betreffen, abzubauen.

(Zuruf von der SPD)

Insgesamt wird hier von einer Größenordnung von 2,5 Millionen Euro gesprochen, die man außerhalb der Drittellösung einsparen kann, um zu anderen Ergebnissen zu kommen. Daran arbeiten wir.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass bei uns viel guter Wille vorhanden ist,

(Uwe Bartels [SPD]: Das reicht nicht! Hier muss Geld über den Tisch! Zah- len! - Gegenruf von der CDU: Ihr habt uns zu wenig hinterlassen!)

hier zu einer ausgewogenen Lösung zu kommen, weil wir wissen, dass ordnungsgemäße Tierkörperverwertung nachhaltige Tierhaltung garantiert, aber vor allem - und das ist das Wichtigste - die Grundvoraussetzung für ausreichenden, für den so wichtigen Verbraucherschutz bildet. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Das war sehr überzeugend!)

Das Wort erteile ich nunmehr Herrn Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Herr Klein!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Biestmann, von Ihrem guten Willen werden sich die Kommunen nichts kaufen können.

(Uwe Bartels [SPD]: Genau!)

Das ist das Problem.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir sind uns doch einig: Tierkörper und Tierkörperteile sind so zu beseitigen, dass die Gesundheit von Mensch und Tier nicht durch Seuchen gefährdet wird, Gewässer und Boden nicht verunreinigt und auch andere Umwelteinwirkungen vermieden werden. - So ist der Grundsatz.

Das deutsche System dazu ist sowohl in administrativer als auch in technischer Hinsicht sicher, vorbildlich und gewährt einen optimalen Schutz, auch wenn es nicht immer verhindern kann, dass da kriminelle Elemente ihr Wesen treiben oder sich Schlupflochspezialisten entsprechende Vorteile verschaffen.

Die Frage, um die es hier ging und geht - und sie muss doch erlaubt sein -, ist: Wer bezahlt dafür? Schauen wir uns einmal an, wer da im Boot ist. Da sind zunächst einmal die Kommunen als beseitigungspflichtige Körperschaften in die Seuchenabwehr eingebunden, und sie zeigen in dieser Hinsicht ein erhebliches finanzielles Engagement.

Jetzt sollen sie 6 Millionen Euro zusätzlich in diesem Bereich übernehmen.

Meine Damen und Herren, da muss ich schon sagen: Ich finde es schamlos, wie das Land Konnexität predigt und sich hier klammheimlich auf Kosten der Kommunen entlasten will.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zum anderen sind hier natürlich die Tierhalter anzusprechen. Herr Biestmann sagt: Eine stärkere Einbindung der Tierhalter ist auf Dauer abwegig und bedenklich. Ich frage: Warum eigentlich? Es handelt sich um Aufwendungen, die Kosten der Produktion tierischer Produkte sind. Prinzipiell ist das alles nicht viel anders zu bewerten, als es die Entsorgungskosten problematischer Produktionsabfälle in anderen - industriellen - Bereichen sind.

Lassen Sie mich provokativ einmal fragen: Ist Tierkörperbeseitigung eigentlich noch eine öffentliche Aufgabe, oder ist es nicht vielmehr eine überflüssige Subvention im Bereich der Lebensmittelherstellung? - Ich will es erklären. Was in Zeiten kleinbäuerlicher Strukturen und der Subsistenzwirtschaft sicherlich sinnvoll war, ist heute vor allem ein Problem weniger Tierhaltungsunternehmen mit großen Beständen - um einmal den unscharfen Begriff „Massentierhaltung“ außen vor zu lassen. Es hat doch einen Hintergrund, es muss einen Hintergrund haben, wenn die EU zumindest einen Einstieg in verursachergerechte Kostenzuordnung erzwingt, wie sie das jetzt mit dem 25-%-Anteil tut.

Hier wird immer die Tierseuchengefahr angeführt, aus der sich diese öffentliche Pflicht ergibt: Landwirte könnten versucht sein, um Kosten zu sparen, Tierkörper zu vergraben oder anderweitig zu entsorgen. Das sagt ja nicht etwa ein böswilliger Grüner, sondern davor warnen die TBA und eben auch wieder Herr Biestmann. Nur, meine Damen und Herren, lassen Sie sich das doch einmal durch den Kopf gehen! Mit dem gleichen Argument könnte man in den Kommunen auf die Erhebung kostendeckender und verursachergerechter Müllgebühren verzichten, die ja inzwischen durchaus Standard und von jedem anerkannt sind.

Die Dritten, die hier angesprochen sind, sind die Verbraucher. Herr Biestmann schlägt einen Verbraucher-Cent vor. Das heißt, er macht erst einmal „halblang“ und spricht noch von einem Verbraucherpfennig.

(Zuruf von der CDU: Das gibt es in Frankreich!)

Es ist natürlich richtig, dass sich diese Kosten letzten Endes im Preis wiederfinden müssen, aber, Herr Biestmann, ich glaube nicht, dass so ein Sonderzuschlag mit Sonderbürokratie besondere Akzeptanz schafft, um diese Kosten von den Verbrauchern übernehmen zu lassen.

(Zuruf von der CDU: Das ist die Ag- rarpolitik von Frau Künast!)

Ich denke, es ist der normale marktwirtschaftliche Weg der Einrechnung dieser Kosten in die Kalkulation, den wir gehen müssen.

Viertens müssen wir an dieser Stelle das Land nennen. Während wir die Nrn. 2 und 3 des Entschließungsantrages der SPD-Fraktion durchaus unterstützen, weil auch wir für Verwaltungsvereinfachung sind, stehen wir der Drittelfinanzierung durch das Land nach wie vor skeptisch gegenüber - genau so wie damals, als es die CDU gefordert hat. Wir würden sicherlich keinen Volksaufstand inszenieren, wenn das Land hier ins Obligo ginge. Dann aber, meine Damen und Herren, sage ich auch: Weg mit den Kürzungsabsichten die Verbraucherzentrale betreffend, wo mit wesentlich geringeren Beträgen breite gesellschaftliche Anliegen gesichert werden können!

(Zuruf von Friedhelm Biestmann [CDU])

- Das hat durchaus miteinander zu tun, werte Kollegen. Sie können auf der einen Seite nicht 500 000 Euro einsparen und damit ganze Strukturen in diesem Land platt machen, den Landwirten auf der anderen Seite aber solche Geschenke in Millionenhöhe machen. Anderenfalls fügen Sie Ihren Haushaltsentscheidungen eine weitere ökologische Schieflage hinzu. Diese werden wir dann entsprechend zu würdigen wissen. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich das Wort nunmehr dem Kollegen Oetjen. Herr Oetjen, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Anpassung des Nieder

sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz wird derzeit in der Landwirtschaft, vor allem aber bei den Landkreisen heiß diskutiert. Heute Morgen haben wir darüber bereits im Zusammenhang mit der Dringlichen Anfrage gesprochen. Dabei ging es aber mehr um seuchentechnische Fragen. In dieser Diskussion ist der seuchentechnische Aspekt die eine Seite, Frau Stief-Kreihe, und der andere Aspekt sind die Finanzierung und die von Ihnen angesprochene Aufteilung der Kosten zwischen Tierseuchenkasse, Landkreisen und Land Niedersachsen.

Um es von vornherein klar zu sagen: Grundsätzlich stimme ich den von Ihnen unter den Nrn. 1 bis 3 Ihres Antrages aufgestellten Forderungen zu. Ganz sicher werden wir in den Ausschussberatungen die Nrn. 2 und 3 - also die Stellung der Tierseuchenkasse im Abrechnungsverfahren und das Prüfrecht für die Tierseuchenkasse - noch genauer unter die Lupe nehmen und darüber diskutieren. Aus meiner Sicht werden wir auch sehr schnell zu einer gemeinsamen Position kommen.

Den wesentlichen Punkt in Ihrem Antrag bildet aber die von Ihnen vorgesehene Drittelung der Kosten auf die Tierhalter, der über seine Beiträge zur Tierseuchenkasse herangezogen wird, auf die Landkreise und auf das Land Niedersachsen.

(Uwe Bartels [SPD]: Das ist aber der entscheidende Punkt!)

Erstaunlich finde ich in diesem Zusammenhang, Herr Kollege Bartels, dass die SPD-Fraktion eine solche Regelung während ihrer Regierungszeit niemals fest verankert hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auch entsprechende Forderungen vonseiten der CDU-Fraktion sind zu Ihrer Regierungszeit immer abgelehnt worden. Frau Stief-Kreihe, das nenne ich unredlich. Hätten Sie damals das gemacht, was die CDU-Fraktion wollte, dann gäbe es heute gar keine Probleme. Davon ganz abgesehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir stimmen grundsätzlich darin überein, dass die Drittellösung die beste Lösung ist. Ich glaube, dies kann ich für alle diejenigen sagen, die sich mit diesem Thema intensiv beschäftigt haben. Einzig die Frage „Woher dieses Geld nehmen, wenn nicht stehlen?“ - es handelt sich dabei um etwa 6 Millionen Euro -, können auch Sie nicht beantworten.

Von Ihnen als einer konstruktiven Opposition hätte ich aber einen Vorschlag dafür erwartet, woher wir diese 6 Millionen Euro nehmen sollen. Vielleicht melden Sie sich aber gleich noch einmal zu Wort und sagen uns, woher wir diesen Betrag nehmen sollen.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch al- bern!)

Ich sage Ihnen auch: Wir befinden uns in Gesprächen darüber, wie wir eine Lösung erzielen können. Glauben Sie uns: Im Interesse des Agrarstandortes Niedersachsen arbeiten wir an einer sachgerechten und zielorientierten Lösung, mit der alle leben können - mit der das Land Niedersachsen leben kann, mit der die Tierhalter, das Landvolk und auch die Landkreise leben können. Ich fordere Sie auf: Lassen Sie uns im Interesse unseres Agrarlandes Nummer eins gemeinsam an einer solchen Lösung arbeiten!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann werden wir über die Frage sprechen können, wie die Kosten am besten aufzuteilen sind. Auf der anderen Seite - das ist ein ganz wichtiger Punkt können wir dann auch über die Frage sprechen, wie wir als Gesetzgeber, als Land Niedersachsen dazu beitragen können, dass die Defizite, die in den Tierkörperbeseitigungsanlagen gefahren werden, verringert werden, um weniger Kosten abdecken zu müssen. Lassen Sie uns also gemeinsam daran arbeiten. Wir sind im Interesse des Landes Niedersachsen, der Tierhalter im Lande Niedersachsen und der fortschrittlichen Agrarproduktion, wie wir sie im Südoldenburgischen haben, an einer Lösung interessiert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Von der SPD-Fraktion hat sich Frau Stief-Kreihe noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Stief-Kreihe.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Jetzt sagt sie uns, woher sie das Geld nimmt!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Drei kurze Anmerkungen. Herr Biestmann hat vorhin deutlich gesagt, dass es zu der Zeit der BSE-Krise