Protokoll der Sitzung vom 11.03.2004

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Drei kurze Anmerkungen. Herr Biestmann hat vorhin deutlich gesagt, dass es zu der Zeit der BSE-Krise

im Jahr 2001, als die CDU-Fraktion einen Antrag dazu vorgelegt hatte, u. a. darum ging, die Landwirte von den zusätzlichen Kosten für die Entsorgung von SRM-Material zu entlasten. Das Land - sprich: der damalige Landwirtschaftsminister Bartels - hat sich seinerzeit dafür entschieden, die Tierhalter durch Übernahme von 50 % der Entsorgungskosten zu entlasten. Dies ist von Herrn Biestmann unstrittig so dargestellt worden, obwohl die Opposition damals gefordert hat, wesentlich mehr Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Damit Herr Minister Ehlen das gleich noch mit aufnehmen kann, frage ich ihn jetzt, ob uns das Geld, das damals freiwillig gezahlt worden ist und das Sie jetzt mit dem Haushalt gestrichen haben, nach Beachtung und Umsetzung aller möglichen Einsparmöglichkeiten - Herr Oetjen hat es angesprochen: Prüfrecht für die Tierseuchenkasse, zentrale Abrechnung - heute reichen würden, um die Drittellösung bei der Finanzierung hinzubekommen. Das heißt, der Knackpunkt liegt darin, dass Sie mit dem aktuellen Haushalt die freiwillige Leistung - die man in Anbetracht der neuen Situation auch für die Finanzierung der Tierkörperbeseitigung umswitchen könnte gestrichen haben. Wenn Sie das nicht getan hätten, dann könnten Sie diese Mittel heute, nachdem wir Gott sei Dank nicht mehr in einer BSE-Krise stecken, entsprechend Ihrem Wunsch, den Sie damals geäußert haben, ohne Probleme nutzen, um für die Kommunen eine vernünftige Drittellösung bezüglich der Finanzierung der Tierkörperbeseitigung zu schaffen. Sie haben die Chance. Dann nutzen Sie sie jetzt auch.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich nunmehr Herrn Minister Ehlen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die in der einleitenden Passage des Entschließungsantrags getroffene Feststellung, dass die notwendige landesrechtliche Anpassung an die Vorschriften des Gesetzes über die Beseitigung tierischer Nebenprodukte bisher nicht erfolgt ist, überrascht nicht, wenn man sich darin erinnert, dass für die Änderung des Niedersächsischen

Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz ein parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren durchlaufen werden muss, und wenn man weiß, dass das Gesetz des Bundes zur Beseitigung von tierischen Nebenprodukten vom 25. Januar 2004 stammt und am 29. Januar in Kraft getreten ist. Da Niedersachsen im Bundesratsverfahren dafür Sorge getragen hat, dass in § 16 des Gesetzes zur Beseitigung von tierischen Nebenprodukten Übergangsvorschriften bis zum Erlass landesrechtlicher Vorschriften aufgenommen wurden, kann keine Rede davon sein, dass gegenwärtig ein gesetzloser Zustand herrscht. Die Vorschriften des derzeitigen Niedersächsischen Ausführungsführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz - dazu gehören auch die Kostenregelungen - sind daher noch anwendbar. Sie stammen übrigens aus der Zeit der SPDRegierung. Wir haben also, Frau Kollegin StiefKreihe, nicht einen gesetzlosen Zustand, weil das Landesrecht so weiter gilt. Darüber hätten Sie sich vorher informieren sollen, bevor Sie die ehrenwerten Kollegen der CDU und auch die Landesregierung hier so beschimpfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was die geforderte Gesetzesänderung und insbesondere die Kostenbeteiligung des Landes angeht, ist es symptomatisch, dass Sie als Opposition fordern, dieses umzusetzen, obwohl Sie zuzeiten der SPD-geführten Landesregierung genügend Zeit gehabt hätten. Sie verweisen darauf, dass der damalige Abgeordnete Ehlen dies gefordert hat. Er fordert das eigentlich auch heute noch.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Ehrlich?)

- Jawohl.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Dann mach‘ es doch!)

Wir haben aber einen Haushalt vorgefunden, der so desolat war,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Sigmar Gabriel [SPD]: Da musst du ja selbst lachen!)

dass wir dies unserer nachfolgenden Generation nicht zumuten wollen. Deshalb mussten wir auf die Bremse treten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Friedrich Kethorn [CDU]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, ich erinnere daran, dass im Zuge des seitens des Landes in Kraft getretenen Verbots der Verfütterung von Tiermehl an Nutztiere und der damit verbundenen extremen Kostensteigerung für die Beseitigung von verendeten SRM-Tieren - nämlich Rindern, Schafen und Ziegen - ab 2001 ca. 12 Millionen Euro und damit 50 % der Kosten übernommen worden sind. Bereits unter der SPD-geführten Landesregierung war zwischen dem seinerzeitigen Finanzminister Aller und dem seinerzeitigen Landwirtschaftsminister Bartels abgesprochen, dass sie freiwillig nur die erste Charge an die Tierseuchenkasse bezahlen wollten, weil der Wahltermin der Landtagswahl überschritten werden sollte.

(Friedrich Kethorn [CDU]: Genau so war es!)

Herr Minister Ehlen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Möhrmann?

Jawohl!

Herr Minister, Sie haben soeben darauf hingewiesen, dass die seinerzeitige SPD-Regierung die Forderungen der damaligen CDU-Opposition nach einer Beteiligung des Landes abgelehnt hat. Ich frage Sie: Um wie viel desolater wäre die Haushaltsmisere gewesen, wenn man Ihren Vorschlägen auch in diesem Punkt gefolgt wäre?

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist doch Quatsch! - Gegenruf von Elke Müller [SPD]: Tun Sie lieber endlich etwas!)

Herr Kollege Möhrmann, das kann man ganz schnell aus dem Haushalt entwickeln. Ich habe die Haushaltsdaten nicht dabei. Deswegen liefere ich Ihnen die Antwort nach. Vielleicht können wir uns darauf einigen.

Meine Damen und Herren, Sie haben heute hier Ihren Entschließungsantrag eingebracht. Wir sind aber noch dabei, eine Lösung zu finden. In diesem Punkt verlassen Sie sich aber offenbar lieber auf die Landesregierung, die dem Landtag in Kürze einen Entwurf zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz und des Ausführungsgesetzes zum Tierseuchengesetz vorlegen wird. Das Anhörungsverfahren ist bereits abgeschlossen. Der Entwurf des Gesetzes befindet sich in der Ressortabstimmung.

Sofern Sie nicht zu der Ansicht gelangen, dass der Entschließungsantrag, den Sie gestellt haben, völlig überflüssig ist und daher zurückgezogen werden sollte, hoffe ich, dass das in der Diskussion im Ausschuss ordentlich beraten

(Friedrich Kethorn [CDU]: Dafür sor- gen wir! - Zuruf von der SPD)

- ja, das glaube ich - und mit Sachverstand begleitet wird.

Herr Kollege Klein, Sie haben Anwürfe in Richtung Landwirtschaftspolitik insgesamt gemacht. Wir können feststellen, dass Ihre Ministerin, die dafür auf Bundesebene zuständig ist, durch viele Dinge, die in Deutschland schärfer gehandhabt werden als in anderen EU-Ländern

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

und sehr kostenträchtig sind, Probleme verursacht hat. Deshalb fordere ich Sie auf: Sagen Sie Ihrer Ministerin, dass sie endlich einmal aufwachen und merken soll, wo wir stehen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion steht noch eine Redezeit von bis zu zwei Minuten und 56 Sekunden zur Verfügung. Herr Kollege Bartels, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme mit den zweieinhalb Minuten ganz gut klar. - Herr Kollege Ehlen, es geht mir nur darum, einmal richtig zu stellen, dass ich nicht nur für eine Charge SRM-Mittel zur Verfügung gestellt habe, um den Wahltermin zu überspringen. BSE hat nämlich bereits früher begon

nen. Wenn ich einmal Ihre Terminologie übernehme, haben wir mindestens drei Chargen bezahlt, also sozusagen dreimal die 4 Millionen Euro bzw. 4,5 Millionen Euro auf den Tisch gelegt, damit die Beseitigung des SRM-Materials bezahlt werden konnte. Das ist das Erste.

Meine Damen und Herren, das Zweite ist: Sie sagen in diesem Hause immer „Wir haben vor der Wahl etwas versprochen, und das halten wir auch“. Heute stellen wir fest: Sie haben damals bei SRM 100 % bezahlen wollen. Das haben Sie nicht gehalten. Sie haben eine Drittelteilung bei der Aufgabenlast der Tierkörperbeseitigung versprochen. Was machen Sie heute? - Sie verweigern sich. Sie halten Ihr Versprechen, das Sie den Wählern damals gegeben haben, nicht ein. Das wollten wir heute u. a. auch deutlich machen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die CDU-Fraktion hat nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Kollege Biestmann, ich erteile Ihnen für zwei Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Die Drittellösung, die Sie jetzt beantragen, hat es nie gegeben. Es ist nicht so, dass diese Landesregierung nun auf einmal Landwirte und Landkreise im Stich lässt. Diese Drittellösung haben wir beantragt. Sie sahen sich nicht in der Lage, dieses aus der Regierung heraus mitzutragen. Es geht lediglich um den Anteil von 50 % bei der freiwilligen Mitfinanzierung der Beseitigung des SRM-Materials.

Wenn wir der Meinung sind, dass wir das wollen und leisten können, zukünftig in diese Drittelfinanzierung einzusteigen, dann müssen wir diesen Kraftakt schultern. Dann müssen wir uns nicht gegenseitig Vorwürfe machen, sondern sagen: Wir wollen diese Aufgabe leisten, weil sie aus vielfältigen Gründen richtig und wichtig ist und weil wir den Landwirten und Landkreisen - aus welchen Gründen auch immer - die Last nicht alleine überlassen können. Das ist die entscheidende Frage.

Wir steigen in die erste Beratung im Ausschuss ein. Wir werden es leider bis zum 1. Mai nicht mehr

schaffen, weil die Termine des Landtages nicht entsprechend liegen. Es wird aber höchste Zeit, dass wir diese Fragen klären. Wir müssen aber auch die anderen Fragen klären, wo wir die Kosten in der Tierkörperverwertung durch dringend notwendige Dinge, die wir analysieren müssen, minimieren können. Das haben wir zum Teil auch heute Morgen schon besprochen. Auch da können wir einen wesentlichen Beitrag leisten.

Ich wiederhole es noch einmal: 2,5 Millionen Euro sind einzusparen, wenn wir an diesen Schrauben drehen und nicht nur ausschließlich über die Drittellösung diskutieren. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erteile ich auch Herrn Kollegen Klein für zwei Minuten das Wort. Herr Klein, bitte schön!

Herr Minister, ich kann zwar nicht ganz einordnen, was Ihr Ausbruch am Schluss Ihrer Rede mit dem Thema zu tun hatte,

(Friedrich Kethorn [CDU]: Immer noch nicht?)

aber ich kann Ihnen sagen: Ich kenne Sie und auch die Bundesministerin persönlich.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das sind Welten!)

Es ist sicherlich ein subjektiver Eindruck, aber mein Eindruck ist, dass sie wesentlich wacher ist als Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie hätte Sie nämlich darauf hingewiesen, dass Sie mit Ihrem Ansatz, diese Kosten sparen zu müssen, um Ihre Kinder nicht zu belasten, völlig falsch liegen. Ihren und meinen Kindern ist es nämlich furchtbar egal, ob diese Schulden beim Land oder - wie Sie es jetzt vorhaben - bei den Kommunen sind. Das macht überhaupt nichts.