Protokoll der Sitzung vom 11.03.2004

Es ist danach kein Wunder, dass bereits am Tage der Veröffentlichung das Bundesumweltministerium derartige Pläne dementierte und versuchte, das Konzept als ein nicht den Vorstellungen der Bundesregierung entsprechendes Arbeitspapier einer nachgeordneten Behörde herunterzuspielen. Festzuhalten bleibt aber, dass die der Öffentlichkeit präsentierten Planungen den Vorstellungen der Grünen sehr nahe kommen. Auch muss davon ausgegangen werden, dass ein vom Umweltbundesamt entwickeltes Konzept nicht ohne vorherige entsprechende Vorgaben des vorgesetzten Bundesressorts Gestalt angenommen hat.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist ei- ne unseriöse Politik, die Sie hier ma- chen! - Enno Hagenah [GRÜNE]: Das ist doch eine absolut dementierte Meldung, die Sie hier jetzt wieder als Fakt hinstellen! Das ist doch die Hö- he! - Weitere Zurufe von den Grünen)

- Ich habe das nicht als Fakt hingestellt. Ich darf es Ihnen noch einmal vorlesen: „Auch muss davon ausgegangen werden - - -“ In meinem Bereich wäre das so. Wenn in einem mir nachgeordneten Bereich etwas passiert, hafte ich dafür politisch. Das versuchen Sie mir doch auch immer anzuflicken. Da muss man dann eben durch. Genauso geht es natürlich beim Bundesumweltminister. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein derart brisantes Papier vom Bundesumweltamt entwickelt wird, ohne dass man vorher mit dem Bundesumweltmi

nisterium auch nur Rücksprache genommen oder Kontakt aufgenommen hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Oder die politische Führung muss noch einmal in die Lehre gehen, am besten zurücktreten und noch einmal neu anfangen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Das wäre doch sehr gut! - Enno Hagenah [GRÜNE]: Die Berechnungen sind nicht in den Papieren enthalten!)

Hervorzuheben ist jedoch, dass die nun bekannt gewordenen Pläne entgegen den Erklärungen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung keineswegs gemeinsam mit den Bundesländern entwickelt wurden, obwohl die Kraftfahrzeugsteuer ausschließlich Ländersteuer ist. Das Bundesumweltministerium verfolgt damit seine durch die Parteivorgaben der Grünen geprägten politischen Ziele mit Mitteln der Steuer- und Finanzpolitik, für die ihm sowohl formal als auch inhaltlich eine entsprechende Kompetenz nicht zusteht. Folgerichtig sah sich das eigentlich für Steuerfragen zuständige Bundesfinanzministerium nicht in der Lage, zu den offensichtlich nicht diskussionsreifen Plänen Stellung zu beziehen. Dies ist umso erstaunlicher, als die Bundesregierung ihrem eigentlich vom Gesetzgeber gestellten Aufgabenbereich der Kraftfahrzeugsteuer nicht bzw. nur sehr zögerlich nachkommt.

Mit dem zum 1. Juli 1997 unter maßgeblicher Mitwirkung der Länder in Kraft getretenen Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 wurde die Steuer für Personenkraftwagen unter Emissionsgesichtspunkten neu gestaltet. Artikel 6 des Gesetzes erlegte der Bundesregierung die Verpflichtung auf, die Auswirkungen dieses Gesetzes nach einer Erfahrungszeit von fünf Jahren zu überprüfen und in die Überprüfung insbesondere die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer einzubeziehen. 1997 plus fünf sind 2002. Inzwischen ist dieser Zeitraum bereits seit fast zwei Jahren vorüber. Auf den geforderten Bericht der Bundesregierung warten die Länder jedoch bisher vergeblich; er ist bis heute nicht eingegangen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die offensichtlich nicht ausgereiften und ideologisch geprägten Vorstellungen des Bun

desumweltministers sind mangels konkreter Hinweise auf Details des Konzepts einer eingehenden Bewertung durch die Landesregierung nicht zugänglich. Die Landesregierung lehnt jedoch eine zusätzliche Komplizierung des Steuerrechts zur Durchsetzung derartiger Pläne ebenso ab wie die damit offensichtlich angestrebte erneute steuerliche Mehrbelastung der Autofahrer.

Zu Frage 2: Die Ausrichtung der Besteuerung insbesondere nach umweltpolitischen Zielen steht in einem natürlichen Spannungsverhältnis zur erforderlichen finanzpolitischen Planungssicherheit, da die Haushaltseinnahmen umso mehr sinken, je erfolgreicher die Lenkungsziele des Gesetzes verwirklicht werden. Die Frage ist daher im Grundsatz zu verneinen. Nach den der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Plänen wäre die fiskalische Planungssicherheit allenfalls über die sich abzeichnende erhebliche Mehrbelastung der Autofahrer in ihrer Gesamtheit zu erreichen. Dies lehnt die Landesregierung jedoch strikt ab.

(Beifall bei der CDU)

Zu Frage 3: Die Landesregierung muss nach den in den genannten Presseberichten dargelegten Fallbeispielen davon ausgehen, dass das vom Bundesumweltministerium zu verantwortende Besteuerungskonzept der Mehrzahl der Autofahrer erhebliche Mehrbelastungen auferlegen würde. Dies wirkt sich einerseits für Wirtschaftszweige unmittelbar kostensteigernd aus, die auf die Verwendung von Personenkraftwagen in besonderem Maße angewiesen sind, z. B. das Taxengewerbe. Zugleich würde eine Mehrbelastung der Halter von Personenkraftwagen negative Auswirkungen auf das gesamte Fahrzeuggewerbe (Hersteller, Händ- ler, Reparaturbetriebe usw.) haben, weil die Attraktivität des Verkehrsmittels Auto weiteren Schaden nehmen würde. So etwas ist natürlich im Autoland Niedersachsen absolut ausgeschlossen und deshalb nicht hinnehmbar. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Kollege Hagenah, bitte schön!

Ich frage die Landesregierung, ob ihr bekannt ist, dass das Entwurfspapier aus dem Umfeld des Bundesumweltministeriums, das noch nicht zum Minister gelangt war, keinerlei Berechnungen ent

halten hat, also nicht nur von der Bundesregierung am gleichen Tag, als es erschienen ist, als „nicht Planungsgegenstand“ klassifiziert und insofern von seinen Fakten her als Linie der Bundesregierung dementiert worden ist, sondern dass die Fallbeispiele, die dann in der Presse, genauer gesagt in der Süddeutschen Zeitung, zu lesen waren, auf Berechnungen der Süddeutschen Zeitung beruhten, die auch nach Aussagen des Bundesumweltministeriums völlig falsch vorgenommen worden sind, und dass es sehr plausibel ist, dass sie falsch sein müssen, weil von der Bundesregierung nur ein Gesetz entworfen werden würde, das aufkommensneutral wäre, und mithin solche Steigerungen schon bei Kleinwagen überhaupt nicht aufkommensneutral darstellbar wären, sodass viel dafür spricht, dass diese Berechnungen aus der Luft gegriffen sind?

(Bernd Althusmann [CDU]: Kann es sein, dass Sie Angst haben, den Menschen die Wahrheit zu sagen?)

Ist der Landesregierung in diesem Zusammenhang außerdem bekannt, dass ein solches Gesetz nur für Fahrzeuge gelten könnte, deren Papiere eine CO2-Angabe enthalten, und dass das frühestens ab Juli dieses Jahres bei Neufahrzeugen der Fall ist, mithin also sämtliche Altfahrzeuge gar nicht in ein solches Gesetzesverfahren einbezogen sein konnten, und dass - ähnlich wie beim letzten KfzReformgesetz im Jahre 1997, dessen Vorbereitungszeit ganze acht Jahre betragen hat - hier trotz des vor zwei Jahren geschlossenen Koalitionsvertrages in den nächsten Monaten oder Jahren nicht mit einer Reform zu rechnen ist, weil eine entsprechend komplizierte Berechnung notwendig ist? Sind alle diese Tatsachen als Grundlage für die Antwort der Landesregierung bekannt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Frage ist verstanden, denke ich.

(Heiterkeit)

Herr Minister!

Ich hatte vorhin in meiner Antwort zu Frage 1 ausgeführt, dass sich das Bundesfinanzministerium, das fachlich zuständig ist, nicht in der Lage sah,

die Auswirkungen dieses Gesetz zu berechnen. Deshalb habe ich aus der Zeitung zitiert.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Welches Gesetz denn, Herr Möllerring? - Ge- genrufe von der CDU: Herr Möllring!)

- Das habe ich deutlich gemacht.

(Unruhe)

Herr Minister, bitte schön!

Frau Harmes, das ist nun einmal so.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

In seiner Frage 2 hat der Fragesteller gefragt, ob der Gesetzentwurf nicht erst ab dem 1. Juli gelten könnte, weil die CO2-Angaben erst ab dem 1. Juli in den Kfz-Schein aufgenommen werden. Offensichtlich geht der Fragesteller davon aus, dass entsprechend dem Koalitionsvertrag doch ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht wird. Sie müssen sich schon entscheiden, ob es ein Gesetzentwurf war oder nicht. Wir werden ihn jedenfalls im Bundesrat ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE]: Aufkom- mensneutral!)

Vielen Dank. - Herr Kollege Wenzel, bitte schön.

(Bernd Althusmann [CDU]: Was kommt denn jetzt? Nun sagen Sie mal die Wahrheit!)

Herr Althusmann, mich wundert, dass sich der Herr Finanzminister hier an einem solchen armseligen Kasperletheater beteiligt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Wilhelm Heidemann [CDU]: Das Kasperletheater ist in Ber- lin!)

Aber ich habe eine Frage. Herr Minister Möllring, halten Sie es nicht für sinnvoller, wenn wir uns hier

im Plenum über Papiere und Konzepte unterhalten, die tatsächlich Verhandlungsgrundlage des BMU oder unserer Partei sind, um am Ende vernünftige Gespräche führen zu können?

Vielen Dank. - Herr Minister!

Sie wissen, dass ich nach Artikel 24 verpflichtet bin, auf jede Frage, die in diesem Hause gestellt wird, zu antworten, und sie nicht zu bewerten habe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen zu Frage 1 sehe ich nicht. Dann kommen wir zur

Frage 2: Emssperrwerk - Ein Fass ohne Boden?

Sie wird gestellt von den Abgeordneten HansJoachim Janßen und Meta Janssen-Kucz. Wer möchte? - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In ihrer Antwort auf die Mündliche Anfrage „Tatsächliche Kosten des Emssperrwerks und der Überführung der ‚Jewel of the Seas‘“ führt die Landesregierung aus, die bisher bekannten tatsächlichen Kosten überstiegen die aufgrund der Machbarkeitsstudie vom 9. Mai 1997 veranschlagten Kosten um ca. 58 Millionen Euro inklusive der ursprünglich in der Gesamtplanung enthaltenen Kosten für das Schöpfwerk am Ledasperrwerk und anderen Schöpfwerken.

Darüber hinaus werden zusätzliche Baggerkosten entstehen, weil das Kreuzfahrtschiff „Jewel of the Seas“ erst in der 14. Kalenderwoche und damit zu Sommerstaubedingungen überführt werden soll.

Ferner macht die Stadt Weener verschiedene Ausbaumaßnahmen an der Ems für die Verschlickung ihres Hafens verantwortlich und möchte die Kosten für dessen Entschlickung gegenüber dem

Land Niedersachsen als Verursacher geltend machen.