In der Sache tragen wir das Anliegen, unsere Städte, unsere Innenlagen interessant zu halten, mit. Von der Intention her werden wir also gute Beratungen im Ausschuss haben.
Federführend soll sich der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit mit dem Antrag beschäftigen, mitberatend sollen sich der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit dem Antrag befassen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! Stimmenthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 24: Erste Beratung: Niedersachsen durch ein Informationsfreiheitsgesetz fit machen für die demokratische Wissensgesellschaft im 21. Jahrhundert - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1027
Zu Wort gemeldet hat sich Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile ihm das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im neuen Jahrtausend ist viel von der Informationsgesellschaft die Rede. Wissen gilt als eine der entscheidenden Ressourcen im 21. Jahrhundert. Wissen ist ein essenzieller Produktionsfaktor. Wissen bedeutet die Möglichkeit zur Partizipation, also zur Teilhabe, und zur Kontrolle in einem Gemeinwesen.
Eine entscheidende Frage lautet: Wie kommen die Bürgerinnen und Bürger an wichtige Informationen in einer komplexen Welt? Gewährt ihnen der Staat sein Wissen freizügig, oder müssen unnötig Hürden überwunden werden? - Der Richter am Bundesverfassungsgericht Hoffmann-Riem hat es als eine Lebensfrage der Demokratie bezeichnet, wie diese mit ihren Informationen umgeht. Es geht uns also um Folgendes: Vertraut der Staat den Menschen das gesammelte und vorrätige Wissen ohne Gängelung an, oder bleibt er in der Tradition des Obrigkeitsstaates mit dem Geheimrat als Verwal
Meine Damen und Herren, es geht uns um einen Rollenwechsel. Der Staat mit seiner Verwaltung sollte Diener oder auch - moderner gesagt - kundenfreundlicher Dienstleister sein, und der mündige, selbstbewusste und kritische Bürger sollte nicht nur in der Verfassung der Souverän, nein, er sollte es auch in der alltäglichen Praxis sein.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag fordern wir mehr Transparenz, mehr Öffnung und mehr Vertrauen, und wir fordern, das öffentliche Wissen, die Informationen der staatlichen Verwaltungen allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen, und zwar unabhängig von ihrer persönlichen Betroffenheit. In der Sache ist dies keine Revolution; denn schon heute sind die Menschen informationsberechtigt, wenn sie unmittelbar betroffen sind. Ein Informationsfreiheitsgesetz bedeutet aber eine wichtige Umkehr in der Beweislast. Nicht mehr der Bürger muss sich rechtfertigen, wenn er Informationen wünscht, sondern der Staat muss begründen, warum er Informationen zurückhält. Der Staat öffnet sich also ein wenig mehr, er vertraut seinen Bürgern, er gibt ihnen mehr Rechte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir kennen auch die Einwände gegen ein entsprechendes Gesetz, die gleich wieder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genannt werden.
Es heißt oft, Informationsfreiheitsgesetze würden zu mehr Bürokratie führen, die schon heute mit viel zu viel Bürokratie belasteten Verwaltungen würden lahm gelegt werden, Antragsfluten und unsinnige Informationswünsche würden sich in deutsche Amtsstuben ergießen und den deutschen Verwaltungsbeamten quasi erdrosseln. Wer hier gleich Derartiges behaupten sollte, sagt schlicht nicht die Wahrheit, oder er hat keine Ahnung.
Die vier bestehenden Informationsfreiheitsgesetze der Bundesrepublik funktionieren gut - genauso gut wie in 50 anderen modernen Staaten dieser Welt. Die Bürger gehen vernünftig und sorgsam mit dem neuen Recht um. Der deutsche Amtsschimmel ist nicht der Sieche anheim gefallen. Wer allerdings entsprechende Ängste schürt, zeigt wie
der nur, dass er den Menschen nicht traut. Typischer politischer Paternalismus und Misstrauen sind Kennzeichen der Informationsfreiheitsgegner. Wer allerdings Verwaltungen vor kritischen Bürgern schützen will, der hat ein eigenartiges Demokratieverständnis.
Ein weiteres, oft genanntes Argument gegen mehr Informationsfreiheitsrechte ist der Datenschutz. Informationsfreiheit und Datenschutz sind aber zwei Seiten einer Medaille. Es sind gerade die kritischen Datenschützer, die entsprechende Gesetze fordern. Weder sind die innere Sicherheit noch Persönlichkeitsrechte, noch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse von einem Informationsfreiheitsgesetz bedroht. Es gibt ganz eindeutige Ausschlusstatbestände.
In den vielen Staaten mit Informationsfreiheitsgesetzen ist es vor allem die Wirtschaft, die Nutznießer des Gesetzes ist. Gerade Unternehmen sind auf vielfältige Daten angewiesen. Die Genehmigungspraxis und das Informationsmanagement können sich durch ein Informationsfreiheitsgesetz beschleunigen.
Meine Damen und Herren, es gibt in der Bundesrepublik mittlerweile eine Reihe von Organisationen, die ein Informationsfreiheitsgesetz sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene fordern. Ich nenne vor allem die sehr renommierte und von ihrer politischen Richtung her auch sehr liberale Bertelsmann-Stiftung, die nun wahrlich nicht in dem Ruf steht, wirtschaftsfeindlich zu sein. Niedersachsen kann ein paar mehr Bürgerrechte gut gebrauchen, nachdem es mit einer Batterie von fragwürdigen und überflüssigen Sicherheitsgesetzen überzogen worden ist.
Der Innenminister aber zapft bisher lieber Telefone an oder macht sich für die Videoüberwachung stark statt für Informationsfreiheit. Wer allerdings mehr Kontrollen fordert, der sollte sich auch einmal selbst in die Karten schauen lassen. Das wäre ein Vertrauensbeweis. Von daher mein abschließender Appell: Geben Sie sich einen Ruck, Herr Schünemann, und geben Sie die Akten frei. Ich freue mich auf eine konstruktive und vorurteilsfreie Beratung im Ausschuss. - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Vorlage. Ich bin sehr froh, dass wir die Sicherheitsgesetze in Niedersachsen ausweiten konnten. Das war auch notwendig, weil wir hier eine andere Sicherheitslage haben. Die Kontrollorgane, die gerade dieses überwachen - genau das, was Sie angesprochen haben -, sind im Gesetz festgelegt und funktionieren, wie Sie wissen, hervorragend.
Meine Damen und Herren, die Forderung nach einem Informationsfreiheitsgesetz ist in der Vergangenheit auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mehrfach erörtert worden. Ein nahezu inhaltsgleicher Entschließungsantrag hat bereits in der letzten Legislaturperiode vorgelegen. Daraufhin ist eine Anhörung erfolgt. Die Forderung taucht zudem regelmäßig in Berichten des Datenschutzbeauftragten auf. Die Landesregierung hat auch in der Vergangenheit hierzu immer ausführlich Stellung genommen. Das Ergebnis der Erörterungen war eindeutig. Das sollten Sie vielleicht noch einmal nachlesen. Es gibt keinen Bedarf für ein solches Gesetz. Für die Bürgerinnen und Bürger ist damit kein wirklicher zusätzlicher Nutzen verbunden. In der Landesverwaltung und bei den Kommunen entstehen erheblicher Mehraufwand und auch weitere Kosten. Es ist daher kein Zufall, dass die meisten Bundesländer und auch der Bund - das darf ich betonen - kein Informationszugangsgesetz haben.
Die aus der Sicht der Landesregierung notwendige Transparenz der öffentlichen Verwaltung wird bereits nach geltendem Recht durch vielfältige Akteneinsichts-, Auskunfts- und Beteiligungsrechte sowie Veröffentlichungspflichten gewährleistet. Jede Person hat weitgehende Informationsrechte bezüglich der bei öffentlichen Stellen über sie gespeicherten personenbezogenen Daten.
Ein Informationszugangsgesetz soll quasi voraussetzungslos einen umfassenden Anspruch auf Auskunft und Einsicht in Verwaltungsunterlagen geben. Welchen Sinn haben Informationsansprüche, die ohne Angabe eines Verwendungszwecks,
Ich erinnere daran, dass in den wenigen Bundesländern, die ein Informationszugangsgesetz erlassen haben, die Scientology-Organisation zu den ersten Antragstellern gehörte oder in einem anderen Fall ein Pensionär im Wochenrhythmus bei seiner Gemeinde Akteneinsicht begehrte.
Einem allgemeinen Informationszugangsrecht gehen bundesrechtliche und spezielle landesrechtliche Regelungen, wie z. B. bereichsspezifische Geheimhaltungsvorschriften, vor. Es kann nicht schrankenlos gewährt werden. Rechte Dritter wie der Schutz personenbezogener Daten und von Berufs-, Betriebsund Geschäftsgeheimnissen - insbesondere bei Ausschreibungen - sowie das Urheberrecht sind zu beachten. Die Informationsmöglichkeiten des Einzelnen werden daher im Ergebnis durch ein Informationszugangsgesetz nicht nachhaltig verbessert.
Dem steht ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand gegenüber. Die Anträge müssen bearbeitet werden, die Antragsteller müssen beraten werden. Die vielfältigen Ausnahmetatbestände und insbesondere die zu beachtenden Rechte Dritter erhöhen den Aufwand.
Damit die Höhe der Gebühren keine abschreckende Wirkung entfaltet, sollen nur der materielle und nicht der Arbeitsaufwand erstattet werden können. Dadurch entstehen aber erhebliche Mehrkosten bei der Landesverwaltung und vor allem bei den Kommunen. In der Sachverständigenanhörung wurde der mit einem Informationszugangsgesetz verbundene erhöhte Personalaufwand insbesondere von den kommunalen Spitzenverbänden und der Vereinigung der Industrie- und Handelskammern vorgetragen.
Die Landesregierung will den Personalbedarf für Verwaltungsaufgaben begrenzen und nicht erhöhen. Wir wollen deregulieren und nicht zur Führung von Aktenverzeichnissen und neuen Statistiken verpflichten. Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt und nicht durch aufwändige Auskunftsansprüche völlig Unbeteiligter verzögert werden.
Interessant fand ich den Hinweis in der Begründung des Entschließungsantrages, dass der Bürger als Steuerzahler das Recht auf ein Informationszugangsgesetz habe. Nach meiner Auffassung hat der Steuerzahler ein Recht darauf, von Gesetzen verschont zu bleiben, die ihm keinen wirkli
Meine Damen und Herren, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger will die Landesregierung stattdessen ihr Internetangebot und vor allem das E-Government fortentwickeln. Informationsangebote müssen sinnvoll gestaltet werden und auch nutzbar sein. Es gibt im Internet-Zeitalter tendenziell nicht zu wenige, sondern zu viele Informationen. Überinformation bedeutet allerdings oftmals auch Desinformation. Meine Damen und Herren, deshalb wird die Landesregierung dieses nicht unterstützen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wörtchen „Informationsfreiheitsgesetz“ in der Überschrift hat mich stutzig gemacht. Es kam irgendwie aus der falschen Richtung. Mir fiel ein, ich habe heute schon viele Möglichkeiten, umfangreiche Informationen - fast zu viele - kostenlos aus dem Internet, durch Gespräche und wie auch immer zu bekommen. Was kann also durch ein Gesetz für mich an der Schwelle zur älteren Generation besser werden, damit ich für das 21. Jahrhundert fit werde?
- Jawohl, Herr Kollege, ich habe den Antrag durchgelesen. Ich habe die vorhandenen Informationsquellen genutzt. Ich blicke dann auf die letzte Seite des Antrages und bekomme einen anderen Gedanken. Er ist leider nicht da, aber ich muss es hier so feststellen. Unser lieber Kollege Wenzel muss doch nicht als neuer Fraktionssprecher alte Kost neu aufwärmen, zweimal hintereinander. Was der guten Hausfrau zu Hause mit dem Eintopf von gestern und neuen Gewürzen und Küchenzauber gelingt, das gilt doch nicht automatisch für politische Dinge.
- Ach, nein? Bereits in der letzten Legislaturperiode, Herr Kollege Janßen, wurde er umfassend beraten. Es gab intensive Anhörungen, und er wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Ich kann das noch näher ausführen.
(Zuruf von der CDU: Denen fällt auch nichts mehr ein! - David McAllister [CDU]: Die alten Kamellen aus der letzten Legislaturperiode wärmen die hier auf!)
Aber es ist nur der Blick in die letzte Legislaturperiode. Wir haben gestern hier in der Aktuellen Stunde etwas gehört, das mich etwas betroffen machte. Lassen Sie mich das so feststellen. Da unterstützte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Bauernspione. Heute habe ich das Gefühl, sie fordern die Behördenspione. Denn das Freiheitsgesetz soll ja gar nicht die Freiheit des Informationszugangs im Land regeln. Es fordert vielmehr Akteneinsicht und Informationszugang zu jeglichem Verwaltungshandeln in allen Behörden und beauftragten Dienststellen, und das in besonders verschärfter Form, grundlos und ohne berechtigtes Interesse von jedermann. Das dürfte allein die Verwaltungsarbeit im Land ganz schön durch zusätzliche Administration behindern.
Dann müssen wir uns einmal vor Augen führen, welche Folgen das hat. Ich bin jedenfalls froh, dass viele Bürgerinnen und Bürger wieder Vertrauen in die Behörden und Verwaltungen gefasst haben. Dieses Vertrauen würde uns glatt verloren gehen.
Ich sage Ihnen noch eines: Die notwendigen Gespräche zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Politik, die auf der Grundlage von Vertrauen laufen müssen, werden garantiert nicht durch solche Regeln gefördert.