(Bernd Althusmann [CDU]: Kennen Sie den Begriff „Fluktuation“? - Zuruf von der CDU: Aber unanständig!)
Zweiter Punkt: Wer in diesem Zusammenhang eine Verwaltungsreform hochlobt und dabei immer wieder betont, es werde eine Verwaltungsebene herausgenommen, der muss deutlich sagen, wo die künftigen Aufgaben angelagert sind. Wollen Sie die Regierungsebene, wollen Sie die Ministerien aufblähen,
Herr Aller, sind Sie mit mir der Meinung, dass das Thema so wichtig ist, dass der Ministerpräsident gut beraten wäre, anwesend zu sein und nicht eine sachfremde Veranstaltung außerhalb des Plenarsaals zu besuchen?
Herr Kollege Jüttner, ich fände es zumindest anständig, wenn der Ministerpräsident bei einem Kernstück seiner so genannten Reformpolitik im Plenum wäre und nicht draußen in der Lobby irgendwelche Verträge unterschreibt.
Herr Aller, halten Sie es nicht für anständig, dass derjenige, der in den letzten dreizehn oder zumindest in drei Jahren seiner Regierungszeit für die Verwaltungsreform in Niedersachsen die Verantwortung getragen hat, hier im Plenarsaal wäre und vielleicht nicht bei der Friedrich-Ebert-Stiftung?
Der kleine Unterschied zwischen beiden Sachverhalten ist: Für die SPD-Fraktion rede jetzt ich, und das ist Qualität genug. Bei Ihnen ist das - -
(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Das war deutlich, danke schön! - Unruhe)
Um es auf den Punkt zu bringen, Herr Schünemann: Sie machen eine Verwaltungsreform auf der horizontalen Ebene. Sie nehmen eine Verwaltungsebene heraus. Sie haben betont, die Aufgaben müssen verlagert werden. Dann müssen Sie endlich einmal Farbe bekennen, ob Sie die Regierungsebene und damit die Ebene der Ministerien stärken und damit aufblähen wollen oder ob Sie massiv kommunalisieren wollen. Wenn Sie massiv kommunalisieren wollen, dann ist diese Verwaltungsreform der direkte Weg in eine Kreisreform - da beißt die Maus keinen Faden ab -,
weil Sie nicht Lüchow-Dannenberg und Wittmund mit den gleichen Aufgaben betrauen können wie beispielsweise die Region Hannover. An der Stelle sind Sie unehrlich. Die Verwaltungsreform, so wie Sie sie hier produzieren, ist auch kein sauber durchdachtes Konzept.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Abgeordnetem steht es mir wirklich nicht zu, Qualität von Abgeordneten zu bewerten. Aber ich meine, es wäre ganz sinnvoll, wenn auch der ehemalige Ministerpräsident hier wäre, weil er zu einigen Punkten einiges gesagt hat.
Ich bin schon sehr überrascht, Herr Aller, dass Sie das Konzept der Verwaltungsreform, so wie wir es vorgelegt und Ihnen sogar zugesandt haben, nicht kennen.
(Ursula Körtner [CDU]: Nicht verstan- den haben! - Gegenruf von Sigrid Leuschner [SPD]: Doch, das hat er schon verstanden!)
- Aber Sie stellen doch Fragen, die alle schon beantwortet worden sind. Sie fragen, wie viel wir denn kommunalisieren. Es ist genau gesagt worden: 74 Aufgaben werden kommunalisiert.
- Lassen Sie mich doch ausreden; ich habe das ja auch gemacht. - Also, 74 Aufgaben werden in der ersten Stufe kommunalisiert. Das ist der erste Punkt. Das sind etwa 175 oder 180 Stellen. Das, was wir ausschließlich in die Ministerien hochnehmen, ist nämlich die Fachaufsicht. Meine Damen und Herren, wir haben von Anfang an gesagt, dass wir durchaus mehr Vertrauen in die kommunale Ebene geben können und dass deshalb eine so ausufernde Fachaufsicht, wie sie in der Vergangenheit in der Bezirksregierung bestanden hat, wegfallen muss. Meine Damen und Herren, das machen wir nämlich, und zwar ganz konsequent.
Meine Damen und Herren, ich bin Herrn Aller ganz dankbar, dass er vor allen Dingen noch einmal die Gebietsreform angesprochen hat. Ich habe es beim letzten Mal schon sagen können, als der Antrag eingebracht worden ist. Da hatten Sie auch eine Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung hier im Parlament. Danach ist der ehemalige Ministerpräsident ins Plenum gekommen, und dann hatten wir ja auch einen ganz netten Austausch.
Aber, meine Damen und Herren, nun zu sagen, weil wir 175 Mitarbeiter bzw. 74 Aufgaben kommunalisieren, sei es notwendig, eine Kreisreform, eine Gebietsreform zu machen, das ist nun wirklich überhaupt nicht zu begründen. Nein, meine Damen und Herren, Sie haben schlicht und einfach Ihre alten Kamellen wieder aus der Schublade herausgenommen. Sie wollen nämlich die Landkreise abschaffen. Sie wollen neun Regionen bilden, wie Sie dargestellt haben.
- Das kann gar nicht falsch sein. Das, was Ihr Fraktionsvorsitzender vorgetragen hat, werde ich ja wohl noch ernst nehmen können.
Das ist doch das Mindeste. Sie haben ja nicht nur von neun Regionen gesprochen, sondern ganz konkret gesagt - ich muss sagen, da waren Sie wirklich konkret -, welche Regionen Sie zusammenfassen wollen. Sie haben also nicht einfach gesagt, dass man vielleicht einmal zu einer Regionalisierung kommen kann. Nein, Sie haben ganz konkrete Vorschläge gemacht. Aber, meine Damen und Herren, das ist mit uns schlichtweg nicht zu machen, weil Sie nicht im Auge haben, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, als eine Region Hannover als Vorbild zu nehmen, nämlich Kooperationen zu koordinieren. Und genau das haben wir vor, damit es eine bürgernahe Verwaltung gibt. Das ist unser Ansatz. Aber davon sind Sie bei Ihren Ansätzen leider weit entfernt.
Also noch einmal: Eine Kreisreform gibt es mit uns nicht. Das wissen die Bürgerinnen und Bürger. Wenn sie das auch in der Zukunft verhindern wollen, dann werden sie uns auch weiterhin das Vertrauen schenken. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will noch einmal ganz kurz zu einigen Punkten Stellung nehmen, zunächst einmal zu dem, was Herr Aller gesagt hat. Herr Aller, es ist schon richtig: Die Kommunalisierungszielvorgabe der Landesregierung war bombastisch. Das Zwischenergebnis ist minimal. Herr Schünemann hat eben von 175 Beschäftigten, die in Zukunft auf der kommunalen Ebene bislang staatlich wahrgenommene Aufgaben realisieren sollen, gesprochen. Vorher war wohl von 185 die Rede. Das war auch schon weitaus zu wenig, wenn man sagt, man will eine Zweistufigkeit erreichen, was klar heißt: eine staatliche Ebene und dann die kommunale Ebene. Das ist sozusagen ein „Rohrkrepierer“ Ihres Ansatzes. Sie kommunalisieren nicht wirklich.
Zweiter Punkt. Auch das ist klar, Herr Aller: Die Ministerien werden aufgebläht. Ob man das jetzt „aufgebläht“ oder „in Zuständigkeitsaufgaben erweitert“ nennt, sei einmal dahingestellt, aber das ist einer der Kritikpunkte des Landesrechnungshofs an diesem Konzept. Ich habe im letzten Plenum darauf hingewiesen, dass in der Fachdiskussion - ich habe Herrn Professor Hesse aus Berlin zitiert - der Standard ausdrücklich heißt, dass es grundsätzlich falsch ist, die zur strategischen Steuerung berufene Ministerialebene mit dem operativen Geschäft zu befassen. Das ist sozusagen der Stand der Kunst. Hier aber wird gegen diesen Stand der Kunst verstoßen.
Es geht um einige handwerkliche Fehler, die im Augenblick gemacht werden, und um Probleme, die ich eben beschrieben habe, auf die ich jetzt
Was das Thema Kreisreform angeht, so können wir es hier nicht vertieft diskutieren. Aber, Herr Schünemann, hören Sie doch auf, daraus einen Popanz zu machen. Das Thema Regionalisierung wird bundesweit und unter dem Einfluss einer erweiterten Europäischen Union einfach auf die Tagesordnung kommen. Das muss und kann auch keine Kopie der Region Hannover sein, weil die ländlichen Räume in Niedersachsen völlig anders strukturiert sind. Aber nun tun Sie doch nicht so, als wäre das eine Todsünde. Sie müssen sich darauf einstellen, dass auch Sie sich dieser Frage in ein paar Jahren mit größerer Ernsthaftigkeit werden widmen müssen.