Protokoll der Sitzung vom 23.06.2004

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bode das Wort. Ich erteile es ihm.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, beginnen Sie!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe ist inzwischen zu einer unendlichen Geschichte geworden. Die rot-grüne Bundesregierung scheint es hierbei erneut zu schaffen, aus einer eigentlich recht guten Idee aufgrund einer mangelhaften Umsetzung fatale Wirkungen zu produzieren.

(Zuruf von der CDU: Das können Sie gut!)

Nach Dosenpfand und Lkw-Maut scheint auch Hartz IV zu scheitern.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Was ist im Vermittlungsausschuss?)

Es gibt einen einzigen Unterschied, Herr Gabriel - das muss man dabei ehrlich sagen; das sollten Sie in Ihrer Fraktion dabei vielleicht auch bedenken -: Bei der Gesetzgebung zu Hartz IV geht es um die Lebensperspektiven und den Lebensunterhalt von ca. 3 Millionen Menschen. Das steht auf der Kippe. Alle Beteiligten wissen, dass wir uns bis zur nächsten Woche einigen müssen, damit es überhaupt noch eine Chance gibt, am 1. Januar 2005 zu starten.

(Zuruf von der SPD: Fangen Sie ein- mal an!)

Die Zusammenlegung von Arbeitlosen- und Sozialhilfe ist seit zehn Jahren das politische Ziel der FDP. Wir sehen dies als eine Vorstufe zu unserer Vision des Bürgergeldes. Wir haben die Vision, dass der Moloch unseres Sozialsystems endlich entflochten wird, dass aus der Vielzahl von unterschiedlichen Behörden und Ämtern, die man aufsuchen, und Anträgen, die man stellen muss, eine Vereinfachung entwickelt wird, damit die Menschen nicht mehr diesen Behördenmarathon laufen müssen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bei der konkreten Umsetzung dieses ersten Schrittes unterscheiden sich allerdings unsere Vorstellungen und die Vorstellungen Niedersachsens von denen des Bundes erheblich. Der Bund präferiert von Anfang an die zentrale Lösung mit einer engen Bindung an die Bundesanstalt für Arbeit. Ich sage Ihnen, Herr Gabriel: Angesichts der bekannten internen Strukturprobleme bei der Bundesanstalt für Arbeit wäre das fatal. Allein mit der technischen Umsetzung wird die Bundesanstalt für Arbeit hoffnungslos scheitern. Sie wird überfordert sein. Die Programme zur Berechnung der neuen Geldleistung sind nicht einsatzreif. Der Zeitraum für die Datenerhebung ist extrem kurz bemessen. Die Datensätze der Kommunen sind strukturell sehr unterschiedlich. Sie müssen erst noch mit einer EDV-Software harmonisiert werden, die noch nicht fertig ist. In vielen Fällen werden Einzelinterviews mit den Betroffenen erforderlich sein. Dafür fehlt der Bundesanstalt aber die Zeit. Ihr fehlt ebenfalls das Know-how, das sich unsere kommunalen Sozialämter in langen Jahren im

Umgang mit Sozialhilfeempfängern hinsichtlich der Leistungsgewährung und der Betreuung angeeignet haben. Nicht nur, dass ab dem 1. Januar eine korrekte Geldauszahlung nicht klappen kann - an eine aktive Arbeitsmarktförderung ist gar nicht zu denken.

In der letzten Runde des Vermittlungsverfahrens wurde der Gedanke des Optionsmodells, wie wir eben schon gehört haben, aufgenommen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren - das ist eigentlich das Spannende - hat man sich darauf geeinigt, dass drei Bedingungen erfüllt werden sollen. Erstens brauchen die Kommunen eine verfassungsmäßige Absicherung. Zweitens brauchen sie eine ausreichende Finanzierung. Ziel muss drittens die eigenverantwortliche Gestaltung durch die Kommunen sein. Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministers erfüllt allerdings nicht eine einzige dieser Bedingungen. Die Änderung des Artikels 106 GG, die eine direkte Zahlung des Bundes an die Kommunen überhaupt erst möglich machen sollte, scheiterte jedoch am Widerstand der Herren Eichel, Schily und Beck - alle Mitglieder der SPD.

Das in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehene Prinzip der Organleihe führt zu einer Unterordnung der Kommunen unter die Bundesanstalt für Arbeit. Sie lässt die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung, die abgesprochen war, nicht zu. Dieses System ist nicht praktikabel.

Damit, liebe Kollegen von der SPD-Fraktion, hat die Bundesregierung die Chance vertan, die Probleme vor Ort im Interesse der betroffenen Menschen lösen zu lassen. Angesichts des derzeitigen Zustands der Bundesanstalt - das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen - ist das eine ganz klare Entscheidung gegen die betroffenen Menschen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In den letzten Tagen ist - das hat auch schon mein Vorredner hier darzustellen versucht - von einer Experimentierklausel die Rede. Heute zeigt sich, dass es wahrscheinlich eine Möglichkeit gibt, diese Experimentierklausel einzuführen. Vielleicht ist dies die letzte Chance, Hartz IV zu retten. Als FDP stehen wir für eine Lösung im Sinne der Menschen. Lassen Sie uns daher diese Chance ergreifen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat nun der Ministerpräsident das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich bin ich nur relativ selten sprachlos. Angesichts des Verlaufs der heutigen Debatte bin ich aber sprachlos geworden. Wenn dieses Land ziemlich darnieder liegt und Investoren und Konsumenten in eine Art Angststarre verfallen und Konsumentenstreik begehen, dann hat das sicherlich auch damit zu tun, dass man in die handelnden Akteure auf Bundesebene nur noch null Vertrauen haben kann. Sie haben mit der Einlassung, die Sie hier zu Hartz IV dargeboten haben, jedes Vertrauen verspielt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben schon oft genug über die Millionen Menschen gesprochen, die vom 1. Januar an in ihrer finanziellen Situation ganz konkret betroffen sein werden. Gesprochen haben wir auch über das, was bezweckt ist, was erreicht werden soll und welche Einigungsmöglichkeiten bestehen. Sie bringen uns nun aber wirklich in den Zustand von Absurdistan. Sie sagen, wir sollten Ihnen über den Vermittlungsausschuss helfen. Die Zahlen, die uns dort vom Bundesfinanzministerium dargereicht werden, seien aber eh unzuverlässig, wie Sie hier gerade eingeräumt haben. Diese Erfahrung haben auch wir schon gemacht. Sie sagen im Grunde genommen gerade mal, wie wir Ihnen bei dem helfen sollen, was Sie dem Vermittlungsausschuss zumuten und zuleiten.

Vor wenigen Tagen habe ich die absurde Situation erlebt, dass ich Herrn Clement vor der Sitzung des Bundesrates am Freitag gesagt habe: Wir lassen Ihre Ausbildungsplatzabgabe morgen durchlaufen. Wir meinen, dass die Menschen irgendwann auch einmal Rot-Grün pur verdient haben, um zu sehen, was dann dabei herauskommt. - Daraufhin hat er gesagt: Das können Sie auf gar keinen Fall machen. Das geht überhaupt nicht.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Herr Wulff, das können Sie nun wirklich nicht machen. Sie müssen morgen den Vermittlungsausschuss anrufen. - Ich sagte: Nein, das machen wir nicht. Ich werde mich beim Frühstück der Minister

präsidenten dafür einsetzen, dass wir das nicht machen. Sie müssen 1 500 Beamte einstellen. Sie müssen die Statistiken erstellen. Sie müssen dann die Abgabe erheben. Sie müssen den Verteilungsaufwand klären. Dann haben Sie die Verstaatlichung der Ausbildung. - Die Betriebe sagen doch, dass sie lieber eine Abgabe in Höhe von 7 000 Euro bezahlen, als im Schnitt 15 000 Euro für einen Ausbildungsverhältnis aufzubringen. Daraufhin haben Sie gesagt: Nein, wir wollen das auch nicht mehr. Wir befinden uns in Gesprächen. Eigentlich haben auch wir davon Abstand genommen. Das haben wir nur einmal so gemacht zur Befriedigung irgendwelcher Ideologen auf dem SPD-Parteitag oder um Ruhe in der eigenen Partei zu schaffen. - Es ist Absurdistan, wenn Sie uns einerseits auffordern zu verzögern, uns später andererseits vorwerfen, wir würden ständig verzögern.

Beim Vermittlungsverfahren Hartz IV läuft es jetzt aber anders herum. Auf Ihren Wunsch hin haben wir dieses Gesetz im Dezember am Ende gegen zwei Zusagen passieren lassen, die wir bis nachts um halb vier unter neun Leuten ausgehandelt haben. Beteiligt waren der Bundeskanzler, der Bundesaußenminister, die Parteivorsitzenden, ich und, ich glaube, noch zwei weitere Vertreter. Insgesamt waren wir neun. Wir haben nachts im Bundesrat zusammen gehockt und haben dort verhandelt. Wir haben gesagt: Okay, unter zwei Prämissen lassen wir euch das Gesetz durchgehen: Erstens werden die Kommunen im Umfang von 2,5 Milliarden Euro entlastet, und zweitens wird den Kommunen die Option eingeräumt, diesen Bereich in eigener Trägerschaft zu übernehmen. Diese beiden Zusagen sind bis zum heutigen Tage aber nicht eingelöst worden.

(Ulrike Kuhlo [FDP]: So sind sie!)

Das Gesetz sollte bis Ende Februar vorgelegt werden. Es lag aber erst im Mai vor. Wer drei Monate länger braucht, der kann uns dann doch nicht im Juni vorwerfen, dass wir bis zum 30. Juni nicht in die Gänge kämen. Der muss sich vielmehr fragen lassen, wer hier wo verzögert, wer hier wo versagt und wer es einfach nicht kann. Und ich sage Ihnen: Sie können es nicht. Das ist die Erkenntnis des gesamten Gesetzgebungsverfahrens.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unsere Beamten - das sind ja nicht meine, sondern unsere niedersächsischen Beamten - ver

handeln seit Wochen Tag und Nacht. Ich habe mich mit Herrn Clement und anderen getroffen. Die verhandeln aber im Hintergrund - so auch gestern Mittag wieder in Berlin mit der Bundesregierung, stundenlang und kurzfristig anberaumt - über die Option. Eben ist schon richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass die Bundesregierung in den letzten Tagen gesagt hat, dass man das vielleicht mit 48 Kommunen machen könnte. In der letzten Woche haben Sie im Vermittlungsausschuss aber fast per Eides statt bestritten, so etwas je angeboten zu haben. Wir hatten eine Mail, angesichts der wir gesagt haben: Die bieten jetzt etwas an; die bewegen sich. - Der Verhandlungsführer der Sozialdemokraten hat aber erklärt: Niemand bei uns bewegt sich. Wir bieten nichts an. Ich muss im Zusammenhang damit aber immer wieder sagen: Das ist alles sehr problematisch, weil der Vermittlungsausschuss nicht öffentlich tagt. Wenn jetzt aber auch die SPD sagt, es seien 48 Kommunen angeboten worden, dann kann ich das bestätigen. Ja, im Moment werden 48 angeboten. Wir fordern aber 96. Man wird sich aber sicherlich verständigen können. Ob die Kommunen das dann hinkriegen oder nicht, wird man alles sehen müssen. Uns geht es da um die Sache, weil wir davon überzeugt sind, dass die Kommunen vor Ort mehr Erfolg haben werden als ein Bundessozialamt, eine Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mit 130 000 Beschäftigten. Davon sind wir einfach überzeugt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was die Finanzsumme anbelangt: Bietet Herr Clement jetzt 1,78 Milliarden Euro, 2,5 Milliarden Euro? - Das ist ein bisschen so wie auf dem Teppichbasar oder auf dem Schmuckbasar in Istanbul, wo das ja Tradition hat. Der Vermittlungsausschuss ist aber der falsche Ort, um so zu feilschen. An dieser Stelle muss eingeräumt werden, dass die Kommunen nicht um 2,5 Milliarden Euro entlastet, sondern um 2,5 Milliarden Euro bis 7 Milliarden Euro belastet werden. Jetzt sagt man: Wir sind bereit, hier entgegenzukommen. - Man steht aber vor einem scheinbar unüberwindbaren Problem: Herrn Eichel fliegen die Zahlen um die Ohren. Der Bund hat offensichtlich kein Problem, am Ende des Jahres aufgrund eines Gesetzes mit der Revisionsklausel noch ein paar Milliarden draufzulegen, weil man dann ja sagen kann, dass dies überplanmäßige unvorhergesehene Ausgaben seien. Aber schon jetzt kann er die Kommunen nicht so stellen, wie sie gestellt werden müssten. Würde er die dafür erforderlichen Beträge nämlich schon

jetzt in den Haushalt einstellen müssen, wäre der Bundeshaushalt verfassungswidrig. So aber wird er erst im Laufe des Jahres immer verfassungswidriger, nicht aber schon am Anfang des Jahres. Deshalb sagt der Bund: Wir können hinterher noch Milliarden drauflegen, aber jetzt können wir die Milliarden nicht gleich zur Verfügung stellen. - Da haben wir ein Problem, über das wir weiter reden müssen.

Staatssekretär Diller hat zum x-ten Male angekündigt, man wolle doch noch die Regionalisierung liefern. Die Frage ist doch, wie sich die vermeintlichen 2,5 Milliarden Euro, um die die Länder entlastet würden, auf die 16 Bundesländer jeweils auswirken. Es werden ja auch einzelne Länder, wie z. B. Bayern, belastet. Bayern wird durch den Ostausgleich belastet. Diese Regionalisierung kann die Bundesregierung aber seit einem halben Jahr nicht liefern. Sie aber reden von einer Entlastung in Höhe von 250 Milliarden Euro. „170 Milliarden bis 250 Milliarden“ wurde eben gesagt. Sie sagen also: insgesamt 2,5 Milliarden. Bei einem Anteil Niedersachsens von 10 % könnten es etwa 250 Millionen sein. - Nein, diese 2,5 Milliarden berechnet die Bundesregierung wie folgt: 1 Milliarde Ausgleich Ost - dieser Betrag fließt nach Osten in die neuen Bundesländer -, 1,5 Milliarden für den Westen, davon aber 300 Millionen zweckgebundene ESF-Mittel, die wir an die Kommunen zweckgebunden für die Arbeitsmarktpolitik nur durchreichen, und 200 Millionen Eingliederungshilfe, wo wir überhaupt nicht daran denken, diese Mittel nicht weiter für Nichtsesshafte, für sozial Benachteiligte und andere Gruppen einzusetzen und zu sagen: Das müssen die Länder dann alles nicht mehr tun. Deshalb werden sie in diesem Umfang haushaltsmäßig entlastet und können diese Entlastung an die Kommunen weiterreichen. - Das ist natürlich barer Unsinn. Ich kann nicht einen einzigen ESF-Euro an die Kommunen weiterreichen, der mir aus dem ESF nur zweckgebunden für bestimmte Maßnahmen zur Verfügung steht. Das heißt, bei dieser Rechnung bleiben am Ende etwa 80 oder 85 Millionen Euro an Entlastung aus dem Wohngeld. Wir geben jeden Euro an Entlastung weiter, weil wir uns bei dem Thema Hartz IV nicht auch noch an dieser Stelle sozusagen in die Schuld begeben wollen, so wie andere sich in die Schuldsituation begeben. Das heißt, wir sagen bei Hartz IV: Uns wird man nicht einen einzigen Vorwurf machen können. Wir haben über Monate hinweg gekämpft und kämpfen auch jetzt Tag und Nacht, um das

Schlimmste in diesem Land zu verhindern und um das Beste herauszuholen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt mache ich eine letzte Bemerkung. Ich beziehe mich dabei auf etwas, was mir sozusagen völlig auf den Zeiger geht. Es geht um etwas, wobei ich Sie brauche, und ich sage, dass wir gemeinsam gegenüber Berlin auftreten müssen. Die Grünen haben mir in den letzten Wochen geholfen. Herr Wenzel und andere haben sich bei diesem Thema sachlich gegenüber der Bundestagsfraktion eingelassen. Die Grünen haben im Vermittlungsausschuss einen sehr viel sachlicheren Kurs verfolgt. Ich brauche Ihre Unterstützung, wenn Geld mehrfach ausgegeben werden soll, das nur einmal ausgegeben werden kann. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Hochschulbereich. Für diesen Bereich wird etwas groß angekündigt, aber beim Hochschulbau werden die Mittel wieder genommen. Darauf werden wir uns als Länder allesamt nicht einlassen, auch die SPD-Ministerpräsidenten nicht. Gestern Mittag ist in der letzten Runde eine Protokollnotiz der Bundesfamilienministerin verteilt worden, die beinhaltet, dass 1,5 Milliarden Euro aus der Entlastung der Kommunen, die sich am Ende irgendwie ergeben könnten, für die Kinderbetreuung verwandt werden sollen, zu der man die Kommunen verpflichten will. Dazu kann ich nur sagen: Es ist doch eine Obersauerei, hier einerseits einen Antrag zu stellen und zu sagen „Bereichert euch nicht an der Entlastung, die die Länder erfahren sollen, sondern gebt die Entlastung im Verhältnis von 1 : 1 weiter“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

und andererseits zu sagen: Die Entlastung, die die Kommunen seitens des Bundes erhalten werden, soll für die Kinderbetreuung eingesetzt werden. Wenn Sie für die Kinderbetreuung mehr haben wollen - das wollen auch wir -, dann müssen Sie nach dem Konnexitätsprinzip, das Sie hier einfordern, bitte schön auch sagen: Wir stellen diese Gelder dann zusätzlich zur Verfügung. Über das Geld, das andere vermeintlich als Entlastung bekommen sollen, selbst zu verfügen und es für diesen Bereich auszugeben, ist ein Verhalten, das erklärt, warum Ihre Bundesregierung jedes Ansehen, jedes Vertrauen in der Bevölkerung verloren hat. Die Leute merken, dass in die eine Tasche etwas hineingegeben wird und dass es aus der anderen Tasche - man kann gar nicht so schnell gucken - wieder herausgenommen wird. Irgend

wann werden die Leute sagen: Bei jedem Handschlag zählen wir hinterher nach, ob noch alle Finger dran sind. - Das ist Ihre Politik.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nach § 71 Abs. 2 erteile ich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Abgeordneten Wenzel zwei Minuten Redezeit.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Wulff, Ihr Wort in Gottes Ohr.

(Zuruf von der SPD: Nein!)

- Doch, wenn es so wäre, wie Herr Wulff es darstellt. - Wir haben hier auch andere Strategen Ihrer Partei gehört, u. a. den Kollegen Matthiesen. Ich möchte Sie bitten, die Rede von Herrn Matthiesen nachzulesen. Ihr war zu entnehmen, wie sich andere Strategen in der Union die Dinge bei Hartz IV vorgestellt haben: verzögern, verzögern und verzögern, am besten verschieben. Dann stehen wir kurz vor der Bundestagswahl. Bei so einer Reform gibt es natürlich immer Schwierigkeiten. Es ist doch klar, dass man eine so komplizierte Materie nicht ohne Probleme über die Bühne bringen kann. Das heißt, auch wenn es zu einem Kompromiss im Vermittlungsausschuss kommt, wird es natürlich Probleme geben. Das ist selbstverständlich. Sie wollen das ganze Projekt so weit wie möglich in Richtung Bundestagswahl schieben und sozusagen im Windschatten der Reform versuchen, die Bundestagswahl zu gewinnen. Das ist der strategische Ansatz, den Herr Matthiesen hier einmal sehr schön deutlich gemacht hat.

(Bernd Althusmann [CDU]: Machen Sie Schluss, Herr Wenzel, das bringt nichts!)

Dabei spielen wir nicht mit. Wir haben - das war wohl das Datum - am 9. Januar das erste Mal im Haushaltsausschuss über die Finanzierung gesprochen. Es hat dann über fünf Monate gedauert, bis wir das Finanztableau, die Berechnung des Landes, im Haushaltsausschuss bekommen haben. Ich kann nur sagen: Das waren rein politische Zahlen.