Protokoll der Sitzung vom 23.06.2004

„Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, getreu der Verfassung des Landes Niedersachsen und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen.“

Der Eid kann, wie Sie wissen, mit der Beteuerung „So wahr mir Gott helfe“ oder ohne sie geleistet werden.

Ich bitte Sie nun, einzeln vorzutreten.

Hartmut Pust:

Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, getreu der Verfassung des Landes Niedersachsen und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen. So wahr mir Gott helfe.

Dieter Schneidewind:

Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, getreu der Verfassung des Landes Niedersachsen und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen.

Meine Herren, ich danke Ihnen. Zu Ihrer Wahl in dieses hohe Richteramt des Landes Niedersachsen gratuliere ich Ihnen auch auf diese Art und Weise noch einmal sehr herzlich und spreche Ihnen die Glückwünsche des Landtages aus. Mögen Sie durch Ihre Mitwirkung an notwendigen Entscheidungen des Staatsgerichtshofs der Wahrung des Rechts zum Nutzen unseres Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger dienen. Alles Gute für Sie!

(Beifall im ganzen Hause)

(Vizepräsidentin Ulrike Kuhlo über- nimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde

Hierfür liegen vier Beratungsgegenstände vor. Wir behandeln zunächst

a) Scharfes Wendemanöver bei Elbvertiefung: Wulff gibt niedersächsische Interessen auf! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1111

Herr Gabriel, ich erteile Ihnen das Wort zur Einbringung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es hierbei mit einem Thema zu tun, das den Niedersächsischen Landtag schon recht häufig beschäftigt hat, nämlich die Frage der Vertiefung der Unterelbe und im Zusammenhang damit die gemeinsamen Planungen der norddeutschen Bundesländer für Hafenpolitik und Infrastruktur.

Die frühere SPD-geführte Landesregierung hat dem Ansinnen Hamburgs auf eine weitere Vertiefung der Elbe immer mit großer Skepsis gegenüber gestanden. Hamburg hat immer wieder versucht, seine Zustimmung zu dem Investitionsprojekt in Wilhelmshaven, dem Tiefwasserhafen, den wir in der letzten Legislaturperiode initiiert haben, an eine Zustimmung unseres Bundeslandes zu einer weiteren Elbvertiefung zu binden. Hamburg wollte zeitweise sogar eine rechtsverbindliche Zusage der Niedersächsischen Landesregierung, und zwar vor jeder eingehenden Untersuchung der denkbaren Gefahren, die von einer solchen weiteren Vertiefung der Elbe ausgehen können. Als sich die SPD-geführte Landesregierung diesem nach meiner Einschätzung wirklich unverantwortlichen Deal verweigert hat, ist Hamburg damals aus dem bis dahin gemeinsam geplanten Projekt des Tiefwasserhafens prompt ausgestiegen.

Für uns war immer klar, und zwar völlig unabhängig von der Haltung Hamburgs zum Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven: Es darf keinen Deal zwischen Deichsicherheit an der Elbe und der Planung dieses großen Projekts in Wilhelmshaven geben.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die damalige Landesregierung hat niemals politische Argumente gelten lassen. Im Gegenteil, wir haben immer ausdrücklich gesagt, dass wir weder für noch gegen ein solches Projekt politische Initiativen organisieren werden, sondern dass für uns ausschließlich eine sachliche Grundlage maßgeblich ist, nämlich die genaue Untersuchung der

Deichsicherheit und der ökologischen Folgen einer weiteren Elbvertiefung. Niemand kann Hamburg einen solchen Antrag verbieten. Wir können aber dafür sorgen, dass dieser Antrag gründlich geprüft wird und dass bei der Deichsicherheit keinerlei Kompromisse gemacht werden. Die Sicherheit der Menschen an der Elbe muss Vorrang haben, meine Damen und Herren. Niedersachsen und Bremen sind im Zweifel auch ohne Hamburg in der Lage, das Projekt in Wilhelmshaven durchzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Inzwischen gibt es erste Untersuchungsergebnisse. Sie alle weisen darauf hin, dass eine weitere Vertiefung der Unterelbe sowohl für die Deichsicherheit als auch für die Menschen dort erhebliche Gefahren beinhalten würde.

Was müssen wir jetzt aber in der Zeitung lesen? Ohne jede abschließende Untersuchung der Deichsicherheit, ohne eine Überprüfung der ökologischen Folgen und ohne dass die endgültigen Ergebnisse der Folgeabschätzung im Beweissicherungsverfahren der letzten bereits umgesetzten Fahrrinnenvertiefung abgewartet worden sind, beschließt die neue Landesregierung eben das, was wir damals verweigert haben, nämlich die Fahrrinnenvertiefung an der Elbe, meine Damen und Herren. Ich halte das für einen unverantwortlichen Umgang der Landesregierung mit der Sicherheit der Menschen an der Unterelbe und für das Gegenteil dessen, was die CDU in der letzten Wahlperiode gefordert und angestrebt hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in der letzten Wahlperiode immer gesagt: Wir prüfen das noch. Herr McAllister ist sogar noch weiter gegangen. Er hat in seinem Wahlkampf klar gesagt, dass es mit ihm keine weitere Vertiefung zulasten der Deichsicherheit und - es geht noch weiter- der Landwirtschaft, der Ökologie und des Tourismus an der Unterelbe und an der Oste gebe. Er hat massiv Wahlkampf dafür gemacht. Ich frage Sie, Herr McAllister: Was sagen Sie dazu, dass jetzt in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird, dass all das, was Sie einmal befürchtet haben - ich komme gleich noch dazu -, Wahrheit geworden ist?

Herr Wulff hat sich von seinem Regierungssprecher und anderen als Gründer der Nordkooperation feiern lassen. Tatsache aber ist, dass sich diese

Landesregierung von den Hamburgern ganz offensichtlich hat über den Tisch ziehen lassen; denn nicht einmal die Zustimmung zum Tiefwasserhafen ist ausgehandelt worden. Wie heißt es doch so schön in den Zeitungsberichten? - Ich zitiere:

„Wie weit die politische Unterstützung des Tiefwasserhafens geht, mochte der Hamburger Senatssprecher nicht sagen.“

Bravo, Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, haben wirklich alles gegeben, allerdings nichts bekommen. Es steht natürlich die Befürchtung im Raum, dass im Zusammenhang mit der begrüßenswerten Absicht der drei norddeutschen Ministerpräsidenten, ihre Hafenpolitik gemeinsam zu koordinieren, auch ein Deal gemacht wurde. Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass der Hamburger Bürgermeister seine politische Zustimmung zum Tiefwasserhafenstandort Wilhelmshaven nur aufgrund eines Ja Niedersachsens zu einer weiteren Elbvertiefung gegeben hat. Meine Damen und Herren, das ist ein Zitat vom 17. Mai 2001, als dieser Vorwurf ausgerechnet gegen die damalige SPD-Landesregierung gerichtet wurde, die sich diesem Deal verweigert hat, bis Hamburg aus dem Projekt ausgestiegen ist. Dieser Vorwurf ist hier damals von Herrn McAllister erhoben worden. Ich möchte gerne wissen, Herr McAllister: Wie stehen Sie jetzt zu diesem in allen Zeitungen veröffentlichten Vorwurf, dass genau dieser Deal in Hamburg mit Zustimmung Ihres Ministerpräsidenten ausgehandelt worden ist? - Das würden wir von Ihnen gerne wissen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Enno Hagenah [GRÜNE])

Ich erinnere mich noch gut an Ihre fulminante Rede. Sie haben vorhin aus meinen Reden zitiert. Ich erspare mir das jetzt aber bis auf einige Bemerkungen dazu. Sie haben meiner Meinung nach zu Recht beispielsweise darauf hingewiesen, dass das - jetzt zitiere ich - nicht nur ein Thema für einige wenige Öko-Fundamentalisten oder Globalisierungsgegner sei. Sie haben völlig Recht. Deshalb hat Ihr Umweltminister im März 2004 öffentlich erklärt, dass er aus Gründen der Deichsicherheit und im Interesse der Ökologie gegen eine weitere Elbvertiefung sei. Wenn Sie schon sagen und wissen, dass Sie politisch dagegen sind, warum unterschreiben Sie mit Hamburg einen Vertrag, der eine weitere Fahrrinnenvertiefung überhaupt erst

ermöglicht? Was sagen Sie Ihrem eigenen Umweltminister eigentlich dazu?

(Inse-Marie Ortgies [CDU]: Das stimmt doch nicht!)

- Natürlich, das ist ein Zitat vom März 2004. Herr Sander kann ja nachher noch hier sagen, was sich seit dem März 2004 geändert hat, als er gesagt hat: Ich weiß, dass eine weitere Fahrrinnenvertiefung gegen die Deichsicherheit und die Ökologie gerichtet ist. Deshalb bin ich gegen eine weitere Fahrrinnenvertiefung. - „Aus ökologischen Gründen“ hat er gesagt. Jetzt aber wird ein Vertrag unterschrieben. In diesem Vertrag heißt es zwar, dass noch weitere Prüfungen angestellt würden, aber im Kern - jetzt zitiere ich noch einmal - sei die Fahrrinnenvertiefung an Elbe und Weser ein zentrales Vorhaben der gemeinsamen Kooperation in Norddeutschland. Meine Damen und Herren, wie erklären Sie diesen Widerspruch?

(Beifall bei der SPD)

Herr Gabriel, Sie haben schon sieben Minuten gesprochen.

Meine letzte Bemerkung, Frau Präsidentin, weil es ganz gut in den heutigen Ablauf passt. - Bei der damaligen Rede von Herrn McAllister hat der damalige Oppositionspolitiker Möllring dazwischen gerufen: „Was sagt denn die SPD?“ - Ich sage Ihnen, Herr Möllring und Herr McAllister, was wir sagen. Wir sagen das, was wir damals auch schon gesagt haben: Die Interessen der Menschen an Deichsicherheit und Naturschutz an der Unterelbe dürfen nicht zu Gunsten einer ziemlich vagen Zustimmung Hamburgs zum Tiefwasserhafen verkauft werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Coenen [CDU]: Das war aber schlapp!)

Herr McAllister, Sie haben das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vier norddeutschen Län

der ziehen in der Hafen- und Infrastrukturpolitik an einem Strang. Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt ausdrücklich die gemeinsame Erklärung. Endlich rückt der Norden enger zusammen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese Erklärung der vier Ministerpräsidenten hat viel Lob erhalten - von der Wirtschaft, von den Medien, im ganzen Norden. Wahrnehmbare Kritik kam eigentlich nur von der SPD-Opposition und von den Grünen im Niedersächsischen Landtag.

(Werner Buß [SPD]: Das ist nicht wahr!)

So ist das mit Ihnen, Herr Gabriel. Da fordern Sie am Wochenende in einem dpa-Gespräch, der Norden solle endlich enger zusammenarbeiten. Sie aber haben jahrelang nichts auf die Reihe gekriegt. Christian Wulff verhandelt jetzt klug mit seinen Kollegen - jetzt ist es Ihnen auch wieder nicht recht. Das, was Sie machen, ist völlig unglaubwürdig. Das ist aber generell Ihr Problem.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Werner Buß [SPD]: Ganz schwach! - Elke Müller [SPD]: Das reicht nicht einmal für eine Verteidigung!)

Die Attacken, die Sie angekündigt haben, müssen etwas klüger durchdacht werden.

Im Übrigen: Was sollen davon eigentlich Ihre SPDFreunde Frau Simonis und Herr Scherf halten?

(Sigmar Gabriel [SPD]: Das Gleiche, was ich damals davon gehalten ha- be!)