Man hat zu viert zusammen gesessen: Zwei Christdemokraten, zwei Sozialdemokraten, zwei Stadtstaaten, zwei Flächenstaaten. Und jetzt kommen Sie und machen kluge Bemerkungen. Ich kann Ihnen nur eines empfehlen: Man darf zu diesem Thema nicht nur die Zeitungsberichte lesen, sondern Sie müssen die gesamte Erklärung lesen. In diesem Zusammenhang sind mir drei Punkte ganz besonders wichtig:
Erstens. Dieses Papier enthält ein klares Bekenntnis zum Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven. Erstmals erkennt Hamburg an, dass der Tiefwasserhafen an der Jade keine Konkurrenz für den Hafen in Hamburg darstellt, sondern Bestandteil einer gemeinsamen Politik ist. Niedersachsen hat hier
Zweitens. Das Papier enthält ein klares Bekenntnis zu einer festen Elbquerung bei Stade westlich von Hamburg im Zuge der A 20 und für die Küstenautobahn A 22. Damit haben wir im Norden einen Meilenstein erreicht. Wer hätte vor wenigen Monaten noch gedacht, dass Hamburg und Schleswig-Holstein bereit sein werden, die von uns hier im Niedersächsischen Landtag gemeinsam entwickelte Position so mitzutragen? Auch hier ist wiederum klug verhandelt und gute Überzeugungsarbeit im Norden geleistet worden, Herr Ministerpräsident.
Im Vorgriff auf den Redebeitrag von den Grünen Folgendes: Sie sind ohnehin völlig unglaubwürdig, wenn es um Autobahnen geht. Hier im Landtag wettern Sie gegen die Küstenautobahn A 22 und gegen die feste Elbquerung. Beide Projekte sind aber Gegenstand des Bundesverkehrswegeplanes, den Sie gerade erst mit Ihrer rot-grünen Mehrheit im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages beschlossen haben.
Von daher nur folgender Hinweis, Herr Wenzel: Wenn Sie glaubwürdig bleiben wollen, dann müssen Sie Ihre grüne Bundestagsfraktion jetzt in Marsch setzen, damit sie am 1. Juli gegen das Bundesfernstraßenausbaugesetz stimmt. Ich bin gespannt, ob sie das tun wird.
Nun zu den Flussvertiefungen. Ziel norddeutscher Hafenpolitik - das haben wir hier auch immer wieder überparteilich dokumentiert - muss es sein, dafür zu sorgen, dass die großen Nordseehäfen Wilhelmshaven, Bremerhaven und Cuxhaven Schiffe aller Größen abfertigen können. Nur so bleiben unsere Häfen an der Nordseeküste gegenüber Rotterdam konkurrenzfähig. Von daher ist die Vertiefung der Außenweser und auch der Außenelbe meiner Meinung nach politisch ohne Streit. Es bleibt aber die Frage der Unterelbevertiefung - so nennen wir es -, die Frage der Fahrrinnenvertiefung - wie es in dem besagten Papier heißt - oder der Fahrrinnenanpassung. Ich möchte
einmal zitieren, was in diesem Papier steht. Insofern geht Ihre Kritik auch völlig fehl. Es heißt hier:
„Hamburg, Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein sind sich darin einig, dass der Fahrrinnenausbau von Unter- und Außenelbe nur unter unbedingter Gewährleistung der Deichsicherheit und ökologischer Belange realisiert wird.“
Das ist ein bemerkenswerter Fortschritt, weil jetzt auch Hamburg unterschreibt und anerkennt: Die Deichsicherheit ist conditio sine qua non für eine Unterelbevertiefung. Insofern hat der Ministerpräsident unsere Positionen gegenüber Hamburg auch an dieser Stelle sehr klug vertreten.
Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Gabriel, der Sie aus dem Harz kommen, komme ich von der Unterelbe. Ich habe dort meinen Landtagswahlkreis. Ich weiß ganz genau, wie die Debatte geführt wird und wie sehr dieses Thema die Menschen beschäftigt. Auch hier muss man zunächst noch einmal das Verfahren klarstellen. Die Elbe ist eine Bundeswasserstraße. Zuständig ist der Bund. Zuständige Planfeststellungsbehörde wird die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord sein. Das heißt, wenn Sie es mit Ihrer Kritik an der Elbvertiefung ernst meinen, dann sagen Sie das Ihrer Bundesregierung
- das gilt auch für die Grünen; sie könnten Herrn Trittin in Marsch setzen - und versuchen Sie, Entsprechendes auf den Weg zu bringen.
Die Landesregierung weiß um ihre große Verantwortung in der Region. Es gibt große Bedenken in der Region. Ich bin selbst Mitglied der Aktionsgemeinschaft Unterelbe. Es gibt eine berechtigte Furcht vor Deichbrüchen im Rahmen einer Sturmflut. Die Wattkantenabbrüche vor Otterndorf sind für jedermann sichtbar. Insbesondere Glameyer Stack bei Altenbruch ist ein ganz neuralgischer Punkt. Sie können sich darauf verlassen, dass die
Niedersächsische Landesregierung die Interessen der Menschen im Rahmen der nötigen Einvernehmensherstellung in diesem Planfeststellungsverfahren - wie die alte Regierung auch - absolut und umfassend berücksichtigen wird. Meine Bitte ist nur, dass Sie in Berlin dafür Sorge tragen, dass auch die rot-grüne Bundesregierung die entsprechenden Befürchtungen ernst nimmt. Herr Kollege Gabriel, ein Zitat kann ich Ihnen doch nicht ersparen. Sie spielen sich hier heute ja als der Retter der Menschen an der Unterelbe auf. Wissen Sie, was Ihr damaliger Fraktionsvorsitzender, Herr Plaue, am 15. Mai 2001 zu diesem Thema zu uns gesagt hat? Ich zitiere aus der HAZ:
„SPD-Fraktionsvorsitzender Axel Plaue sieht bei CDU und Grünen unsachliche Kräfte am Werk, die eine von Hamburg gewünschte Vertiefung der Elbe blockieren möchten. Das ist eine provinzielle Politik.“
Bereits mehrfach haben wir in diesem Hause über die Frage einer weiteren Vertiefung der Unterelbe diskutiert. Es stellte sich stets eine sehr hohe Einigkeit in dieser Frage heraus, auch wenn man am Anfang vielleicht einmal von verschiedenen Positionen ausgegangen ist und es nicht immer so schien, als wenn es eine Übereinstimmung in diesem Hause gibt. Bevor ich aber näher auf das Thema der Elbvertiefung in dieser Debatte eingehe, möchte ich mich sehr herzlich bei unserer Landesregierung bedanken.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Oh! bei der SPD - Sigmar Gabriel [SPD]: Ich würde noch einen Diener machen!)
Als Bezirksvorsitzender der FDP kenne ich das Elbe-Weser-Dreieck sehr gut, Herr Gabriel. Mit der gemeinsamen Erklärung der norddeutschen Länder wird ein Signal für eine Entwicklung in unserer Region gesendet. Für uns ist der Bau der Autobahnen A 22 und A 26 eine Frage der Zukunftsfähigkeit im Elbe-Weser-Dreieck. Ich freue mich, dass die norddeutschen Länder nach jahrelangem Gezänk und Gezeter hier jetzt endlich an einem Strang ziehen. Dafür bedanke ich mich sehr herzlich.
Zur Elbvertiefung stelle ich für die FDP-Fraktion heute fest, Herr Haase: An der Position Niedersachsens in der Frage einer weiteren Fahrrinnenanpassung der Unterelbe hat sich seit der letzten Debatte im Februar nichts Entscheidendes geändert. Lassen Sie mich die niedersächsische Position aus meiner Sicht kurz schildern.
Der Hamburger Hafen ist der zweitwichtigste Arbeitgeber für die Menschen im Lande Niedersachsen. Das ist eine Tatsache, die bei dieser Diskussion immer mit berücksichtigt werden muss. Wir sprechen hier über etwa 30 000 Menschen in Arbeit. Ich stelle deswegen fest: Niedersachsen hat ein vitales Interesse an einem florierenden Hamburger Hafen. Für die Elbanwohner geht es aber über diese wirtschaftliche Komponente hinaus um mehr, nämlich um die Sicherheit der Deiche und damit das Fortbestehen ihres Lebensumfeldes. Eben darum kann und wird es aus Niedersachsen kein bedingungsloses Ja zu einer Elbvertiefung geben. Ich habe in den vergangenen Wochen aber auch kein bedingungsloses Ja zu einer Elbvertiefung gehört. Ich zitiere hier mit Erlaubnis der Frau Präsidentin noch einmal aus der Erklärung der norddeutschen Länder, damit Sie es besser verstehen:
„Der Fahrrinnenausbau der Unterund Außenelbe wird nur unter unbedingter Gewährleistung der Deichsicherheit und ökologischer Belange realisiert.“
Ich sage auch in Richtung Hamburg: Alle Aspekte der Hochwassersicherheit, der Verschlickung der Seitenräume und der Nebenflüsse der Elbe, die Aspekte der dynamischen Deichbelastungen sowie ökologische Fragen müssen transparent und nachvollziehbar abgeklärt werden. Es wird sich wohl auch nicht vermeiden lassen, dass das Land Hamburg diesbezüglich Geld in die Hand nimmt. Die Hamburger müssen die Gutachten vorlegen, selbstverständlich vollständig, sowohl rückblickend auf die letzte Elbvertiefung als auch nachvollziehbar im Blick auf die von Hamburg angestrebte neue Elbvertiefung. Herr Klein, den von Hamburg für das Jahr 2005 anvisierten Termin - dann sollen die Bauarbeiten nach Hamburger Ansicht beginnen - halte ich im Übrigen für völlig unrealistisch, gerade im Angesicht der noch ausstehenden Prüfungen und Verfahren.
Wir werden uns sehr kritisch, aber konstruktiv mit dem Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg auseinander setzen und dabei stets die Interessen Niedersachsens und vor allen Dingen der niedersächsischen Bürger im Blick behalten. Wenn man einmal in die Region geht - Sie kommen aus der Region, Herr Klein - und mit den Menschen spricht, merkt man, dass die Berufung von Herrn Reinke als anerkanntem Fachmann, als Mediator zwischen den Interessen Niedersachsens und Hamburgs, bei den Menschen Beruhigung auslöst, weil sie wissen, dass es allein aufgrund der Berufung von Herrn Reinke zum Mediator nicht zu einer einseitigen Belastung Niedersachsens kommen wird. Eine solche einseitige Belastung Niedersachsens bei einer weiteren Elbvertiefung kann und wird es mit dieser Landesregierung und mit der Mehrheit von CDU und FDP nicht geben. Das heißt aber nicht, dass es keine Elbvertiefung geben wird. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist ja eine feine Kooperation, die die Landesregierung uns hier vorgeführt hat: Jeder bekommt, was er will. Wilhelmshaven bekommt den JadeWeserPort, Hamburg die Elbvertiefung und Bremen die Weservertiefung. Zum Schaden der Steuerzahler wird es genauso fortgeführt, wie es bislang gelaufen ist. Es wird nur kosmetisch aufpoliert und als Heilsbotschaft verkauft.
Was sagt denn die Erklärung der Ministerpräsidenten politisch aus? Sie sagt politisch doch aus, dass Niedersachsen willens ist, die Zustimmung zur Elbvertiefung zu geben. Es wird zwar die übliche Rhetorik betrieben, indem gesagt wird, man müsse natürlich noch die Gutachten abwarten und diese genau prüfen, aber jeder, der sich mit dieser Materie auskennt, weiß, dass dann, wenn gebaggert werden soll, dies auch geschehen wird, denn Gutachten sind interpretierbar. Es wird dann eben nicht mehr so genau nachgekartet. Das ist doch der Punkt.