Protokoll der Sitzung vom 25.06.2004

- Aber ja, meine Damen und Herren. Wir sind auch Kommunalpolitiker und -politikerinnen. Wir wissen noch, wie die Vertreter der Einrichtungen mit der Bitte um Hilfe zu uns gekommen sind. Das wissen wir genau. Das haben wir nicht vergessen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auf der anderen Seite musste ich hier in den letzten Monaten hören, dass Sie für teure Gutachten das Geld zum Fenster hinausgeschmissen haben. Das ärgert mich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gefährdet, niemand sonst.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

So können und wollen wir nicht weitermachen.

Wir müssen den Menschen einiges zumuten, um uns ein Mindestmaß an Handlungsspielraum zu erhalten. In den nächsten Jahren werden wir Sozialpolitiker und -politikerinnen noch schlaflose Nächste haben; denn wir wissen schon heute, dass wir um weitere Einsparungen nicht herumkommen werden. Das ist auch eine Wahrheit. Das wird richtig weh tun, geht es doch um Menschen, die dringend auf unsere Hilfe angewiesen sind. Mir tut das sehr weh, aber wir haben keine andere Wahl. Deshalb müssen wir in Zeiten leerer Kassen nach den besten Lösungen suchen - das sind wir den Menschen in diesem Lande schuldig -, und das werden wir auch tun.

(Beifall bei der CDU)

Es geht uns aber nicht um billige, sondern um gute Lösungen. Deshalb ist es so wichtig, mit den Kommunen zusammenzuarbeiten. Die Kommunen wissen, welche Probleme sich vor Ort stellen, wo vielleicht Doppelstrukturen existieren, wo man Angebote noch besser vernetzen kann und wo es noch zusätzlichen Handlungsbedarf gibt. Wir sind mit festen Erwartungen in die Gespräche gegangen, die BISS-Stellen zu erhalten; denn sie sind ein wichtiger Baustein des Gewaltschutzgesetzes. Auch das Netz von Frauenhäusern und Gewaltschutzstellen soll erhalten bleiben. Es dürfen keine gewachsenen Strukturen zerstört werden, die in 20 Jahren mühselig und auch mit viel ehrenamtlichem Engagement aufgebaut wurden.

(Christina Bührmann [SPD]: Wie wol- len Sie das denn machen?)

- Sie fragen, wie ich das denn machen will. Ich will es so machen, wie ich es zu Hause auch mache: Wenn ich für den Schweinebraten kein Geld habe, gibt es Nudeln mit Tomatensoße. So ist das nun einmal.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD - Glocke der Prä- sidentin)

Die Kommunen haben sich entschieden - das konnten wir am Mittwoch hier hören -: Sie wollen die Verantwortung nicht übernehmen. Wir führen im Moment eine Vielzahl von Gesprächen mit Betroffenen und Experten. Eine Neustrukturierung der Fördermittel im Gewaltschutzbereich wird nur

erfolgreich sein, wenn wir für die betroffenen Frauen und Kinder eine gute Lösung finden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, für eine abschließende Bewertung ist es noch viel zu früh. Welchen Stellenwert Gewaltschutz für uns besitzt, können Sie schon daran erkennen, dass die Fördermittel für Frauenhäuser und Beratungsstellen in Höhe von 4,3 Millionen Euro im Jahre 2004 trotz der desolaten Haushaltslage nicht gekürzt werden. Gewaltschutz wird auch weiter ein vordringliches Ziel dieser Landesregierung, dieser Sozialministerin und der Landtagsfraktionen von CDU und FDP sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich fordere Sie dringend auf: Wenn Ihnen der Schutz der Frauen wirklich am Herzen liegt, dann kehren Sie zu einer konstruktiven Debatte zurück! Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Hemme zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Abg. Heidrun Merk und Abg. Marie- Luise Hemme gehen zum Rednerpult)

- Entschuldigung, Frau Merk, ich habe Frau Hemme das Wort erteilt. Sie war schon auf dem Weg hierher. Vielleicht können Sie es klären. Ich möchte nicht, dass es so aussieht, als würde ich eine Rednerin nicht zulassen. - Die beiden Damen haben sich verständigt. Frau Kollegin Merk spricht. Bitte schön, Frau Merk!

Meine Damen und Herren! Wenn man dem Hause so lange angehört wie ich und über das Thema Frauen mit Ernsthaftigkeit spricht, dann finde ich es, gelinde gesagt, beschämend, was ich eben hier gehört habe.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Bei dem Thema Gewalt gegen Frauen, der Hilfe und dem Einsatz von Finanzmitteln von „Nudeln mit Tomatensoße“ zu sprechen, wenn man zu wenig hat, das ist der Gipfel!

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Thorsten Thümler [CDU]: Du hast doch schon lange kei- ne Ahnung mehr davon! Hochmut kommt vor dem Fall!)

Meine Damen und Herren, das werden wir den Frauen sehr wohl klar machen können, in welcher Art und Weise über deren Problematik und die Frage der Finanzierung hier im Hause seitens einer CDU-Frau gesprochen wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Thorsten Thümler [CDU]: Frau Merk, Sie wissen doch gar nicht, was an der Basis los ist! Salonsozia- lismus, das kennen Sie!)

Meine Damen und Herren, wenn man der Kollegin ganz genau zugehört hat und den ersten Teil ihrer Rede gehört hat, dann hat man gesagt: Wunderbar, sie hat Recht. Sie hat vor allen Dingen das Gewaltschutzgesetz gelobt. Das ist ein sozialdemokratisches Gesetz. Vielen Dank für dieses Lob.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Es gibt keine sozialdemokrati- schen Gesetze! Es gibt nur Gesetze!)

Sie hat gleichzeitig deutlich gemacht, dass dies sehr schnell gewirkt hat. Sie sprach bezüglich der Finanzierung allerdings von schlaflosen Nächten der Politikerinnen und Politiker. Meine Damen und Herren, das war genauso zynisch, wenn ich daran denke, dass wir eine Diskussion über Frauen und Kinder führen, die so viel Gewalt erleben, dass sie so viele schlaflose Nächte haben wie noch nie.

(Beifall bei der SPD)

Folgenden Satz von Ihnen habe ich mir sehr genau notiert: Wir haben keine andere Wahl; denn das sind wir den Menschen schließlich schuldig. Die Menschen, zu denen Sie sprechen, scheinen offensichtlich nicht die von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder zu sein; denn denen sind Sie es in erster Linie schuldig, dass Sie ihnen diese Beratung weiterhin zukommen lassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, ich sage Ihnen mit aller Härte - das sage ich auch der CDU- und der FDP-Fraktion mit aller Deutlichkeit -: Wenn es Ihnen gelingt, in diesem Jahr überplanmäßig immerhin noch 2 Millionen Euro im Landwirtschaftsbereich für die

Tierkörperbeseitigung einzusetzen und 4,5 Millionen Euro, dann müssen Sie sich das entgegenhalten lassen. Da gibt es kein Vertun.

(Zurufe von der CDU)

Das wird eine sehr interessante Debatte sein, meine Damen und Herren, wenn wir auf die Waagschale legen, was Sie auf der einen Seite den Landwirten geben und was Sie auf der anderen Seite den Frauen nehmen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Diese Debatte werden Sie in der Öffentlichkeit nur sehr schlecht durchstehen. Auf diese öffentliche Debatte freuen wir uns. Ich hoffe, Sie überlegen sich noch eines Besseren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: 7 Millionen Euro haben Ihre Leute für die Tierkörperbeseitigung verlangt! - Gegenruf von der SPD - Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, die Plenardebatte läuft bei uns normalerweise so, dass hier vorne ein Redner spricht und dass sich jeder zu Wort melden kann.

Die nächste Rednerin, die sich zu Wort gemeldet hat, ist Frau Kollegin Meißner von der FDPFraktion. Bitte schön, Frau Meißner!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt schon wieder einige Polemik im Spiel gewesen. Ich finde, dass die Frauen und die Kinder, die Opfer von Gewalt werden, das überhaupt nicht verdient haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Es wurde von Tomatensoße gesprochen!)

- Das mit der Tomatensoße bzw. dem Schweinebraten war meiner Meinung nach anders gemeint, als es angekommen ist. Damit war sicherlich das gemeint, was ich jetzt für die Regierungsfraktionen sagen werde. - Wir alle wissen ganz genau, wie sensibel dieser Bereich ist, wie wichtig es ist, wirklich etwas zu tun, um die Frauen und Kinder zu

schützen. Es gibt immer mehr Opfer von Gewalt. Das weiß ich, das wissen wir alle. Es gibt eine steigende Dunkelziffer.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Das hat auch Frau Jakob gesagt. Wir alle kennen die Problematik. Wir wollen auf jeden Fall, dass weiterhin Hilfe angeboten wird, dass Beratung und Prävention stattfinden und dass selbstverständlich auch weiterhin Frauenhäuser vorhanden sein werden.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Deshalb darf auch nicht gekürzt werden!)

- Es ist überhaupt noch nicht gekürzt worden. - Es geht jetzt um eine Idee, die in Papierform aufgekommen ist und die definitiv nicht umgesetzt werden kann. Das ist der springende Punkt. Es geht um die Kommunalisierung, die angesprochen wurde, mit Kürzungsvorschlägen, die schon kursieren, aber überhaupt nicht so umgesetzt werden. Das ist das Wichtige. Lassen Sie uns doch - anstatt dass wir uns hier gegenseitig zerfleischen - gemeinsam überlegen, wie wir es hinbekommen, diesen Bereich weiter zu erhalten. Das ist doch der springende Punkt!