Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Darüber hinaus haben wir wegen der zu erwartenden Folgen erhebliche Vorbehalte gegen eine weitere Vertiefung der Außenems. Ein Punkt ist ja von Ihnen schon angesprochen worden. Darauf komme ich gleich zu sprechen.

Die weitere Vertiefung der Außenems wird voraussichtlich auch in der Unterems zu weiteren Verschlickungen führen und damit auch zu einer entsprechenden Sauerstoffzehrung mit den bekannten Folgen.

Der zweite Punkt ist, dass durch jede Vertiefungsmaßnahme in den Ästuaren die Deichsicherheit gefährdet wird.

Der dritte Punkt in diesem Fall ist - das haben die Fischer auch schon deutlich gemacht -, dass die Existenz der Fischer an der Ems, nämlich der Fischer aus Ditzum und Greetsiel, mit denen ich gesprochen habe, durch weitere Verschlickungen aufs Spiel gesetzt wird. Mittlerweile denken sie darüber nach, nicht nur nach Norddeich, sondern sogar nach Schleswig-Holstein auszuwandern, weil dort nämlich die Rahmenbedingungen besser sind. Damit verlören Ditzum und Greetsiel eine ihrer Hauptattraktionen für den Tourismus mit unabsehbaren Folgen für diesen Wirtschaftszweig.

Die weitere Vertiefung der deutschen Flussmündungen - und damit auch der Ems - ist völlig unsinnig vor dem Hintergrund, dass auch die neue Regierung den Bau des neuen Tiefwasserhafens Wilhelmshaven vorantreiben will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das, was wir uns hier leisten, ist nichts anderes als ein gigantischer Subventionswettlauf zur Förderung der Hafenkonkurrenz auf Kosten des Steuerzahlers.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Treiben wir die Konkurrenz zwischen den Häfen so weiter wie bisher und vertiefen wir jede Zufahrt weiterhin so, wie wir das bislang getan haben, führt das zu einem ökonomischen und ökologischen Desaster. Sie müssen auch anerkennen, dass die Ems schlicht und ergreifend nicht die natürlichen Voraussetzungen wie z. B. die Weser- oder die Elbmündung erfüllt, wo wir ganz andere Wassertiefen haben. Man kann immer weiter vertiefen, aber das kann man schlecht erreichen.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Was sind Sie von Beruf?)

Von dieser Konkurrenzsituation müssen wir endlich wegkommen. Wir müssen zu einer guten Zusammenarbeit finden, innerhalb derer jeder Hafen seine Standortvorteile möglichst effektiv nutzt. Emden scheint da durchaus auf einem guten Weg zu sein.

(Zuruf von der SPD: Waren wir auch!)

Eine Anmerkung zum Schluss. Diese Landesregierung hat die Devise ausgegeben: „Wer bestellt, soll auch bezahlen.“ Bisher ist nicht erkennbar, dass das Land oder die Emder Hafenwirtschaft diese Kosten tragen könnten. Nein, der Adressat ist der Bund.

(Zuruf von der CDU: Es ist ja auch eine Bundeswasserstraße!)

Es wäre unredlich, dem Bund den schwarzen Peter zuzuschieben,

(Werner Buß [SPD]: Es geht doch nicht um den schwarzen Peter!)

wenn dieses Vorhaben dann nicht realisiert werden kann, weil die Kosten schlicht und ergreifend zu hoch sind.

Meine Damen und Herren, wir sehen nach derzeitigem Kenntnisstand - das kann im Unterausschuss oder im Ausschuss für Wirtschaft durchaus diskutiert werden - keinen Sinn in einer weiteren Vertiefung der Außenems. Wir befürchten eher ein verstärktes Wegbaggern von Steuergeldern. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Und die Arbeitslosig- keit steigt!)

Das Wort hat Herr Minister Hirche.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die Landesregierung begrüße ich außerordentlich den vorliegenden Antrag und die positiven Kommentare aus der SPD-Fraktion.

(Zuruf von der SPD: Gute Sachen werden auch unterstützt!)

Mich wundert, dass die Grünen schon vorweg, also bevor man überhaupt eine Untersuchung macht, wissen, was eine Untersuchung ergeben könnte. Gehen Sie doch einmal vorurteilslos an ein Thema heran!

Meine Damen und Herren, die historische Situation Emdens ist hier dargestellt worden. Das Wasser hat sich als eine Hürde dafür erwiesen, den Hafen entsprechend den heutigen weltweiten Warenströmen mitwachsen zu lassen. Wir haben in der Vergangenheit versucht, den Hafen zum Wasser zu bringen. Die damaligen Projekte sind genannt worden: Dollarthafen und Rysumer Nacken. Das ist aber nicht gelungen. Jetzt müssen wir das Wasser zum Hafen bringen. So einfach kann man die Dinge in diesem Zusammenhang sehen.

Emden hat aufgrund dieser Situation mit dem Wasser über etliche Jahre erheblich an Umschlag verloren. Hier ist schon gesagt worden, Emden war der Kohlehafen für das Ruhrgebiet. Das ist verloren gegangen, weil die Wassertiefe nicht ausreichte. Heute ist Emden ein moderner Mehrzweckhafen, in dem der Stückgutumschlag dominiert.

Meine Damen und Herren, das ist etwas anderes als das, was wir in Wilhelmshaven planen. Wilhelmshaven soll ein Containerhafen werden.

(Werner Buß [SPD]: Das ist gar nicht vergleichbar!)

Dieses Durcheinanderwerfen von Dingen an der Küste, zu sagen, da wird doch das Gleiche gemacht wie dort, bringt überhaupt nichts. Man muss schon ein bisschen genauer hingucken. In der Sonderschule wird schließlich auch etwas anderes als in der Berufsschule gemacht, und in den Häfen ist es eben auch so, dass die Dinge unterschiedlich gehandhabt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich sage Ihnen auch: Keine Landesregierung kann es hinnehmen - das galt, glaube ich, für die vorherige, wie es für die jetzige gilt -, dass ein Hafen kaputtgeht,

(Werner Buß [SPD]: So ist es!)

weil die natürlichen Bedingungen nicht mehr dem gerecht werden, was für Arbeitsplätze an einem Standort gebraucht wird. Deswegen müssen wir für Emden jetzt handeln und können nicht ewig auf ein

Konzept warten, das sich irgendwann einmal für alle Häfen ergeben wird.

Meine Damen und Herren, der Hafen Emden hat sich in den letzten Jahren insbesondere wegen des Autoumschlags - das Loko-Aufkommen aus Emden spielt da eine große Rolle - positiv entwickelt. Wir alle wissen aber auch, dass aufgrund der derzeitigen Tiefe der Ems von 8,5 m unter SKN bestimmte Einschränkungen gegeben sind.

Es ist richtig, Herr Haase - wenn ich auf eine Bemerkung von Ihnen eingehen darf -, dass im letzten Jahr schon beim Bund angefragt worden ist, ob er da nicht vertiefen kann. Aber der Bund hat gesagt, es müsse erst einmal eine Untersuchung vorgelegt werden, dass das überhaupt nötig ist. Der Unterschied zu heute ist nun, dass die alte Landesregierung eine solche Untersuchung zur Notwendigkeit der Vertiefung nicht in Auftrag gegeben hat. Es war wohl Interesse vorhanden, aber das Geld für die Untersuchung ist nicht bereitgestellt worden.

Meine Damen und Herren, mein Haus hat gestern diese Untersuchung in Auftrag gegeben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Auftrag ist herausgegangen. Also: Wir haben gehandelt, weil es notwendig ist, an die Arbeit zu gehen.

Es ist immer gut - das hilft uns nämlich anschließend in der Argumentation gegenüber dem Bund -, wenn der Landtag erklärt, dass er diese Maßnahmen der Landesregierung zum Ausbau der Ems für richtig hält, und zwar über die Regierungsmehrheit hinaus, weil es eine Sachnotwendigkeit dafür gibt. Wir wollen ja etwas für die Arbeitsplätze an der Küste tun. Da gilt - das sage ich in Abwandlung eines Wortes, das ein früherer Ministerpräsident hier schon einmal gebraucht hat -: Es gibt keine roten, schwarzen, gelben oder grünen Arbeitsplätze, sondern es gibt Arbeitsplätze. Dafür wird diese Landesregierung kämpfen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dabei ist für uns selbstverständlich, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, dass wir die ökologischen Belange mit untersuchen. Es ist ja fast ein Ritual, das jedes Mal extra zu betonen. Es gehört heute zu moderner Wirtschaftspolitik

dazu, dass die ökologischen und die sozialen Belange mit abgeprüft werden, und deswegen tun wir das auch.

Wir sind davon überzeugt, dass es eine solche Notwendigkeit gibt. Deswegen der Auftrag für diese Untersuchung. Der Berichtsentwurf wird hoffentlich im Juli vorliegen, sodass wir dann mit der Bundesregierung verhandeln können. Ich bin davon überzeugt, dass wir dann eine hieb- und stichfeste Begründung gegenüber dem Bund haben.

Also: Handeln pro Emden jetzt und nicht abwarten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Hirche. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen damit zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat empfiehlt, diesen Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und zur Mitberatung an den Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“, den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und den Umweltausschuss zu überweisen. - Ich höre keine Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung: Vom nationalen Radverkehrsplan zum Masterplan Fahrrad für Niedersachsen Niedersachsen muss fahrradfreundlichstes Bundesland werden! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/61

Herr Hagenah, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niedersachsen soll fahrradfreundlichstes Bundesland werden. Wir glauben, das ist eine Forderung, der sich der ganze Landtag anschließen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)