Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe damit die Debatte.
Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest und komme zur Ausschussüberweisung. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr soll mit diesem Antrag federführend beschäftigt werden. Der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit sowie der Kultusausschuss sollen mitberatend beteiligt werden. Gibt es andere Vorstel
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte das Haus davon in Kenntnis setzen, dass Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP, die dem Ältestenrat angehören, eine Sitzung des Ältestenrates für die Mittagspause gleich nach Ende unserer Beratungen beantragt haben. Wir möchten gern im Ältestenrat klären, wie seitens des Präsidiums künftig in dieser Wahlperiode hier im Hause mit Geschäftsordnungsdebatten umgegangen wird. - Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist hier schriftlich eingegangen. Er war mir auch schon mündlich avisiert worden. Ich berufe den Ältestenrat demzufolge für unmittelbar nach Eintritt in die Mittagspause ein, bitte also die Kolleginnen und Kollegen, sich dann in dem besagten Raum einzufinden. Eine schriftliche Einladung wird noch verteilt.
Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung: Partnerschaftliche Sozialpolitik - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/57
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob Sie Zeitung lesen oder ein anderes Medium nutzen, Sie werden feststellen, überall gehört auch die Sozialpolitik zu einem der entscheidenden Themen überhaupt. Viele fühlen sich berufen, angesichts der schwierigen Situation Reformvorschläge zu machen. Es wird seit langer Zeit diskutiert. Wenn man sich anschaut, wie dis
kutiert wird, muss man allerdings feststellen, dass das höchst unbefriedigend ist. Menschen sind von Umständen betroffen, die einfach nicht zufrieden stellen können. Ich will drei Beispiele kurz nennen.
Erstens. Wenn ein Familienmitglied plötzlich zum Pflegefall wird, türmen sich viele Schwierigkeiten auf: Anträge stellen, Fristen einhalten, Gespräche führen, das Leben neu regeln, möglichst schnell, menschenwürdig und bezahlbar. Ein solcher Spagat stellt die Belastbarkeit jeder betroffenen Familie auf eine große Probe, die nicht alle unbeschadet bestehen.
Zweitens. Die ausufernde Bürokratie unseres Sozialsystems erdrückt die Arbeit am Menschen und mit den Menschen. Immer wenn eine Pflegekraft z. B. einer Diakoniestation ins Haus kommt, muss ein Pflegeprotokoll gemacht werden, in dem sekundengenau aufgeführt wird: eineinhalb Minuten waschen, zwei Minuten kämmen, fünf Minuten zum Essen. Das alles kostet Zeit, die für die Pflege an Menschen nicht zur Verfügung steht.
Diese Protokolle werden abgeheftet, gesammelt, aufbewahrt. Aber ein echter Nutzen erschließt sich nicht nur mir nicht.
Drittes Beispiel. Durch das Niedersächsische Landespflegegesetz wird so viel Bürokratie ausgelöst, dass die Kommunen es nur zum Teil umsetzen. Eigentlich jeder, mit dem ich darüber gesprochen habe, wartet nur darauf, dass es in der jetzigen Form schnellstens wieder verschwindet. Ich kann Ihnen versichern, wir teilen das und werden unseren Beitrag dazu leisten.
Egal, welchen Fall wir herausgreifen und gesondert betrachten, wir werden immer wieder zu dem Ergebnis kommen, dass es um Menschen geht, die Leid erfahren und unser aller Solidarität brauchen.
Aber wir erleben auch, dass überflüssige Vorschriften, Gesetze und Reglementierungen die Arbeit der Helfer verkomplizieren und dass die Übernahme von größerer Eigenverantwortung für den einzelnen Bürger erschwert wird oder beinahe unerwünscht erscheint. Um also unsere Sozialsysteme zu entlasten, brauchen wir Bürokratieabbau.
Um sie bezahlbar zu gestalten, brauchen wir eine bessere, erfolgreichere wachstums- und beschäftigungsorientierte Politik. Ohne eine solide Beschäftigungspolitik wird es auf die Dauer nicht gelingen, annähernd die Mittel zur Verfügung zu stellen, die wir brauchen, um die Erfüllung der Aufgaben im Sozialbereich garantieren zu können.
Sozialer Frieden und soziale Sicherheit erfordern einen intakten Sozialstaat, der immer wieder prüft und bewertet, was die Solidargemeinschaft tragen muss und was ein Einzelner tragen kann. Deshalb wollen wir, dass die Eigenverantwortung und die Selbsthilfekräfte der Menschen wieder gestärkt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Menschen in Niedersachsen können mehr. Vor allem können sie mehr, als ihnen die alte Landesregierung zugetraut hat. Wir von der CDU wollen, dass die Menschen hier wieder Zuversicht haben.
Nicht ohne Grund fordern die Kommunen, die Wohlfahrtsverbände, die Krankenkassen, die Gewerkschaften und viele andere mehr, dass mit ihnen gemeinsam Lösungen entwickelt werden, dass diese Lösungen anschließend aber auch in gemeinsames Handeln münden und umgesetzt werden. Die Kommunen und die Wohlfahrtsverbände gehören dabei allein schon deshalb mit ins Boot, weil sie die Ersten sind, die vor Ort angesprochen werden, und weil sie genau wissen, woran es fehlt und was gebraucht wird. Das heißt dann aber auch, dass Schluss sein muss mit runden Tischen und mit Diskussionsrunden. Handeln mit Transparenz und anschließender Planungssicherheit müssen die künftige Tagesordnung der Sozialpolitik in Niedersachsen bestimmen.
Denn nur so kann eine Landesregierung, kann ein Parlament garantieren, dass die seit Jahren zu verzeichnende unbefriedigende Rückentwicklung und Stagnation des Sozialstaates in Niedersachsen wieder umgekehrt werden.
Viele Dinge haben wir in den letzten Jahren thematisiert und so hin und wieder das Schlimmste verhindern können. Weil aber auch Schluss sein
muss mit der ständigen Verunsicherung der sozialen Träger und Einrichtungen, will ich an dieser Stelle einmal ausdrücklich allen Initiativen vor Ort, allen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialverbände und Selbsthilfegruppen für ihre unermüdliche Arbeit danken.
Vieles, was geleistet wird, erwächst aus persönlichem Engagement jenseits reiner Pflichterfüllung und spart dem Staat mittel- und langfristig Kosten.
Eines muss ich auch sagen: Sicherlich wird künftig bei dem einen oder anderen der Eindruck entstehen, dass gerade er den Gürtel enger schnallen muss. Ich muss aber darauf hinweisen: Die abgewählte SPD-Landesregierung hat uns einen katastrophalen Haushalt hinterlassen. Selbst der ehemalige Landtagspräsident Wernstedt hat beteuert: Niedersachsen ist praktisch pleite.
Ich kann aber allen versichern: Das Ziel partnerschaftlicher Sozialpolitik unserer Landesregierung muss sein, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen und bei möglichst vielen auf Akzeptanz zu stoßen. Klar ist aber auch: Alle Beteiligten werden einen eigenen Beitrag leisten müssen. Vergessen wir bei alledem nicht: Die sozialen Zuwendungen müssen den hilfebedürftigen Menschen zugute kommen, die unsere Hilfe wirklich brauchen, und dürfen nicht in Bürokratie versacken.
Der Sozialstaat von heute - ich zitiere jetzt den Sozialverband Deutschland - ist das Ergebnis harter Kämpfe über Generationen hinweg. Aber gerade das, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf eben kein Grund sein, dass wir uns zurücklehnen und diesen Sozialstaat als Gabe auffassen, die uns in den Schoß fällt. Es reicht nicht, zu diskutieren, zu diskutieren und zu diskutieren. Vielmehr müssen wir diesen Sozialstaat krisensicher und zukunftsorientiert weiter entwickeln - das ist zugegebenermaßen harte Arbeit - getreu dem Goethe
wort: Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen. - In diesem Sinne fordern wir die Landesregierung auf, aktiv zu werden und auf der Basis des vorliegenden Antrags zu handeln. Ich fordere Sie dazu auf, weil ich mir habe sagen lassen, dass es gerade im Sozialbereich - weil man dabei oft die menschliche Seite sieht und in den Vordergrund stellt - ein sehr einvernehmliches Wirken zum Wohle der Menschen gebe. In diesem Sinne möchte ich Ihnen auch die Hand reichen, und ich hoffe, dass wir solch einen Antrag für eine partnerschaftliche Sozialpolitik nach Möglichkeit auf eine gemeinsame breite Basis stellen können. Vielen Dank.
Das Land will auf vertrauensvoller Grundlage mit den Verbänden, Kommunen und Trägern sozialer Einrichtungen zusammenarbeiten. Das ist doch wohl selbstverständlich. Wir gehen davon aus, dass dies gemacht wird. Das Land will mit den Kommunen und den Sozialverbänden sozialpolitische Ziele und Prioritäten verabreden. Das halten wir allerdings auch für selbstverständlich. Mit der Einführung von Planungssicherheit und Steuerungsinstrumenten bin ich einverstanden.
Auf den zweiten Blick aber ist zu merken - jetzt kommt es; ich sage es Ihnen ja -, dass hinter den gewählten relativ lapidaren Begrifflichkeiten und den relativ unscharfen Formulierungen doch Untiefen lauern, die letztlich nur verbergen sollen, dass den Trägern sozialer Arbeit in Zukunft ein Haufen Grausamkeiten bevorstehen wird. Im Klartext heißt das doch: Planungssicherheit unter den Bedingungen von erheblich weniger Geld, Planungssicherheit unter Streichung von Aufgaben, die Sie nicht für prioritär halten. Aber Sie bleiben in Ihrem Antrag - jetzt könnte es eigentlich interessant werden - doch relativ nebulös; denn uns hätte verschiedenes doch wirklich interessiert. Was dürfen
wir von Ihnen denn erwarten? Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen? Welche Ziele verfolgen Sie? Dazu kann ich diesem Antrag nun leider wirklich nichts entnehmen. Wenn Sie gemeinsam mit den Kommunen eine Aufgabenkritik durchführen wollen mit dem Ziel einer geänderten Aufgabenwahrnehmung, dann möchten wir schon gern wissen, wie Sie sich das vorstellen. Wie soll denn diese geänderte Aufgabenwahrnehmung aussehen? Sie können uns doch wohl vorher schon sagen, wie Sie sich das vorstellen.