Protokoll der Sitzung vom 17.09.2004

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Es bleibt die Feststellung: Mit der Zustimmung zur Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan ist eben noch kein Einvernehmen für den von Hamburg angestrebten Ausbau der weiteren Elbvertiefung gegeben. Das hängt nämlich ganz entscheidend von den Kriterien ab, die das Kabinett beschlossen hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Kollege Janßen zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bündnis 90/Die Grünen lehnen eine weitere Elbvertiefung nach wie vor ohne Wenn und Aber ab, und zwar aus ökologischen Gründen, aus Gründen

der Deichsicherheit und aus ökonomischen Gründen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den ökologischen Gründe. Die Landesregierung fordert - ebenso wie die SPD mit ihrem Antrag - zwar reichlich Unterlagen ein, die sicherstellen sollen, dass Auswirkungen auf Umwelt, Tourismus und Deichsicherheit ausgeschlossen oder ausgeglichen werden, aber, meine Damen und Herren von der Regierung, Sie stimmen grundsätzlich schon einmal der Elbvertiefung zu und verlieren so deutlich an Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Mensch, lesen Sie doch mal die Kabinettsvorlage! Oder lassen Sie wenigstens lesen! Oder können Sie nicht lesen?)

Solche Studien sind als Prognosen dummerweise immer in die Zukunft gerichtet, und die tut nun einmal nicht immer das, was prognostiziert wird. Das können wir ganz aktuell wieder an der Ems mit den erheblichen Verschlickungen und dem immensen Baggeraufwand feststellen. Das stand vorher auch in keinem Gutachten.

Wer also grundsätzlich der Elbvertiefung zustimmt, der nimmt auch billigend Restrisiken in Kauf, Restrisiken, die in diesem Fall eben auch die Deichsicherheit betreffen. Ein solches Restrisiko ist nicht hinnehmbar, und deshalb ist auch die grundsätzliche Zustimmung zur Elbvertiefung nicht hinnehmbar.

(David McAllister [CDU]: Du musst mal lesen!)

Außerdem, meine Damen und Herren von der CDU und von der SPD, haben Sie ja so Recht, wenn Sie in Ihren Anträgen angesichts der Elbvertiefung von 3,50 m seit 1964 in Bezug auf die ökologischen Folgen schreiben:

„Das Argument, wonach jede Fahrrinnenanpassung bezogen auf die unmittelbar vorangegangene Anpassung sich nur unwesentlich auswirkt, ist daher unzulässig und wird dem Gesamtproblem nicht gerecht.“

Dem ist eigentlich nicht allzu viel hinzuzufügen. Nehmen wir nämlich als Bezugsjahr das Jahr 1964, ist eine weitere Vertiefung der Elbe aus sich

heraus schon aus ökologischen Gründen ausgeschlossen.

Zu den ökonomischen Gründen. Aus öffentlichen Mitteln finanzieren wir weiter die Konkurrenz zwischen den Häfen. Jeder baggert so tief es nur eben geht, um möglichst viel vom Kuchen des Containerverkehrs abzubekommen. Was wir aber tatsächlich brauchen - das ist dringend notwendig -, ist ein nationales Hafenkonzept für die deutsche Nordsee, um dieses Konkurrenzgeschäft zulasten des Steuerzahlers endlich zu beenden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das wäre auch eine echte norddeutsche Hafenkooperation. Was Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, aber unter diesem Titel verkaufen, sind Sandkastenspiele: „Wenn du mich bei meinem Hafen nicht störst, störe ich dich bei deinem auch nicht.“

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Das ist Steuerverschwendung!)

Hamburg braucht im Übrigen diese Elbvertiefung nicht so dringend, wie hier getan wird. Hamburg braucht sie nur, wenn damit gegen Wilhelmshaven gerüstet werden soll. Auch zukünftig werden die allermeisten Containerschiffe Hamburg anlaufen können. Entwicklungs- und Expansionsmöglichkeiten bleiben Hamburg auch ohne weitere Vertiefung erhalten.

Es gibt also ökologische und ökonomische Gründe genug, die Elbvertiefung auch weiterhin konsequent abzulehnen. Die Regierungsparteien sind in dieser Frage nicht gerade sturmfest und erdverwachsen.

(David McAllister [CDU]: Aber ihr seid doch gegen Wilhelmshaven!)

Ein paar Kostproben: In der letzten Wahlperiode hat die CDU bedauert, dass die damalige SPDRegierung sich auf die Elbvertiefung eingelassen habe. Das können Sie in der Drucksache 14/2461 nachlesen. Herr McAllister hat sich durch zahlreiche Anfragen als Vertiefungsgegner profiliert und ist damit vor der Wahl auf Stimmenfang gegangen.

(Werner Buß [SPD]: Das können wir bestätigen!)

Herr Minister Sander schließlich wird in der HAZ vom 12. März 2004 ganz deutlich:

„Diese Elbvertiefung ist überhaupt nicht in unserem Interesse. Die großen Schiffe, die nach Hamburg fahren könnten, sollten nach unserer Ansicht Wilhelmshaven anlaufen.“

Herr Sander, es kommt nicht allzu häufig vor, dass wir einer Meinung sind, aber wo Sie Recht haben, haben Sie Recht. Eine Elbvertiefung ist auch Konkurrenz für Wilhelmshaven und schmälert dessen Rentabilitätschancen. Das haben Sie gut erkannt.

(David McAllister [CDU]: Ihr seid doch gegen Wilhelmshaven! Für was seid ihr denn? Seid ihr nun für oder gegen Wilhelmshaven? - Karsten Behr [CDU]: Trittin steuert auch die Grünen in Hannover!)

Ein Satz noch zum SPD-Antrag. Meine Damen und Herren, ich halte ihn nicht für konsequent. Er geht uns eigentlich nicht weit genug. Wer die Zustimmung bedauert, sollte ihre Rücknahme fordern. Da könnten Sie getrost auch unserem Antrag vom Februar zustimmen, der die Landesregierung konsequent auffordert, alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung einer weiteren Elbvertiefung zu nutzen.

Herr Kollege Janßen, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

(David McAllister [CDU]: Gott sei Dank!)

Ein Satz noch. - Letztendlich geht dieser Antrag der SPD in die richtige Richtung, denn es werden hohe Hürden aufgebaut, die, wenn man sie ernst nimmt, ein Weg in die richtige Richtung sind. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das ist die Kabinetts- vorlage! - David McAllister [CDU]: Ein gewisses Niveau muss man auch im Landtag halten können! So etwas Peinliches! - Karsten Behr [CDU]: Seid ihr nun für oder gegen Wilhelms- haven?)

Herzlichen Dank! - Für die Landesregierung hat sich der Umweltminister zu Wort gemeldet. Herr Minister Sander, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Kabinettsbeschluss vom 7. dieses Monats hat die Landesregierung lediglich der Aufnahme dieses Vorhabens der Elbvertiefung in den Bundesverkehrswegeplan zugestimmt, die wir nicht verhindern wollen. Wir haben aber - und das ist der Unterschied zur letzten Elbvertiefung - noch kein Einvernehmen erklärt, sondern wir haben Forderungen gestellt, die im Verlauf des Verfahrens abgearbeitet werden müssen. Herr Janßen, Sie hätten zuerst den Kabinettsbeschluss und erst dann den Antrag der SPD lesen müssen, dann hätten sie festgestellt, dass sie identisch sind. Ich hätte der SPD zugetraut, zumindest die Reihenfolge zu verändern, wenn man schon abschreibt, damit es wenigstens nicht jeder sofort merkt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Werner Buß [SPD]: Herr Sander, wir wollen den Landtag binden!)

Aber wortwörtlich abzuschreiben, das ist schon ein tolles Ding.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das reicht!)

Die Landesregierung hat die hohen Hürden aufgebaut, weil wir der Meinung sind, dass wir Einvernehmen erst erklären können, wenn diese Punkte abgearbeitet sind. Die Machbarkeitsstudie aus Hamburg, die jetzt vorliegt, ist unter einer ganz anderen Fragestellung entstanden, und wir betrachten sie deshalb nicht als ein Gutachten, das schon die Antworten auf die von uns gestellten Fragen geben kann.

Meine Damen und Herren, um es klarzustellen: Mit der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan ist keine Einvernehmensregelung hergestellt.

Ich kann Ihnen auch klar und deutlich sagen: Die Landesregierung wird den Landtag bei allen Fragen immer wieder einbinden und ihn über jegliche Schritte unterrichten. Daher können wir natürlich Nr. 3 Ihres Entschließungsantrages, wonach erst ein Beschluss des Landtages herbeigeführt werden soll, nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, wir machen es auch anders, nämlich transparenter, weil wir die Öffentlichkeit vor Ort stärker einbinden. Wir haben uns mit Hamburg auf einen Moderator geeinigt, der die Akzeptanz der Kommunen und der Bürger in diesem Bereich hat. Wir hoffen, dass wir durch den Einsatz dieses Moderators die notwendige Erörterung mit der Bevölkerung sicherstellen können.

Meine Damen und Herren, bei den Grünen frage ich mich, Herr Janßen: Wofür sind Sie eigentlich? Sie sind gegen die Elbvertiefung - das kann ich akzeptieren. Aber Sie sind auch gleichzeitig gegen den Tiefwasserhafen Wilhelmshaven. Sie sollten sich einmal mit Ihrem Abgeordneten aus Niedersachsen, dem Bundesumweltminister, unterhalten. Vielleicht hat der eine Möglichkeit, eine Position zu bestimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das müssen Sie klar und deutlich machen. Dann können Sie sich nicht schlanken Fußes davonmachen und auf Berlin verweisen. Das ist Ihr Abgeordneter aus Niedersachsen, und auch der trägt für dieses Land Verantwortung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Von der SPD-Fraktion hat sich zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Somfleth zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Elbvertiefung lässt nicht nur in den Landkreisen Stade und Cuxhaven, sondern auch bei uns im Landkreis Harburg die Wellen hochschlagen. Ich denke, dieser Antrag, den die SPDFraktion heute eingebracht hat, ist dringend nötig.

(David McAllister [CDU]: Völlig über- flüssig!)

Denn auch wenn Herr Behr sagt, die CDU-Fraktion hätte ihre Position in keiner Weise geändert, so haben Erfahrungen der vergangenen Jahre doch dazu geführt, dass wir dem so nicht glauben. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Tiraden von Ihnen, Herr McAllister, als der damalige Ministerpräsident Gabriel 2001 mit seiner Zustimmung zum norddeutschen Hafenkonzept gesagt hat, wir würden eine Prüfung in Auftrag geben, ob eine weitere