- Ja, ja. - Ich komme an eine komplizierte Ecke meines Demokratieverständnisses, wenn da einfach gesagt wird: „Das mag zwar misslungen sein, die Leute sind sauer, und die Bürger machen das, was wir gern wollen, nicht mit. Aber warum passen die sich eigentlich nicht an?“ Wenn man sagt, „wir sind 16 Leute, und wer hier etwas ändern will, der braucht 16 Stimmen, und wer keine 16 Stimmen beisammen hat, der hat halt Pech gehabt; wir sitzen das schon irgendwie aus“, dann kann es das ja auch nicht gewesen sein. Auch über diesen Mechanismus möchte ich vielleicht einmal gern nachdenken.
Herr Minister, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die für die Regierung vereinbarte Redezeit um 20 Minuten überzogen ist.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen nicht verhehlen, dass es auch im Übrigen durchaus Punkte gibt, die Sinnhaftigkeit der Kultusministerkonferenz infrage zu stellen, was ihre Organisationsform anbelangt, was ihre Allzuständigkeit anbelangt und was die Kosten anbelangt. Wie gesagt: Der Gremienunterbau ist beachtlich. Und jetzt hören Sie einmal gut zu: In der Kultusbehörde, in meinem Ministerium, sind wir weniger als 200 Leute, müssen aber 81 000 Lehrkräfte, zusätzlich Referendare und 3 700 Schulstandorte betreuen. Aber allein der Verwaltungsapparat der Kultusministerkonferenz in Berlin und in Bonn beschäftigt 250 Leute. Da staunt man nicht schlecht. Wenn man gleichzeitig weiß - ich bin ja hier Rechenschaft schuldig, gerade in Zeiten, in denen wir überall kürzen, beispielsweise beim Blindengeld und anderem mehr -, dass uns die KMK jährlich 2,4 Millionen Euro kostet, darf man doch einmal darüber nachdenken, ob das alles so noch vernünftig ist - bei all den Erfolgen, die noch kommen oder nicht kommen - und ob nicht doch einmal eine Aufgabenkritik angesagt ist. Wenn es dann noch bei manchen schwierigen Problemen zu einer Art Selbstblockade kommt, natürlich auch durch das Mehrheits- oder Einstimmigkeitsprinzip bedingt, dass nämlich die einen sagen, man verzweifelt an dieser Regelung, während die anderen sagen, das ist sozusagen der Rückzugsraum für Selbstgefälligkeit, dann muss man schon insgesamt darüber nachdenken. Ich könnte noch einiges dazu sagen, aber mehr Redezeit habe ich nicht.
Ich möchte Ihnen also sagen: Es gibt Anlass, über die Zukunft der Kultusministerkonferenz nachzudenken. Mein Vorschlag geht dahin, über die KMK komplett neu zu verhandeln. - Danke schön.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wer den Antrag „Deutsche Rechtschreibung konsequent weiter vereinfachen“ in der Drucksache 1253 an den Kultusausschuss überweisen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das war einstimmig.
Wer auch den Antrag „Schülerinnen und Schüler brauchen Verlässlichkeit in der Rechtschreibung“ in der Drucksache 1262 an den Kultusausschuss überweisen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Auch das war einstimmig.
Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung: In zukunftsfähige Infrastruktur investieren: Wasserstofftechnologie und Windenergie an der Küste gemeinsam weiterentwickeln - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1254
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist zukunftsfähige Infrastruktur im Energiebereich unter heutigen Bedingungen?
Nicht nur die Oderflut und die häufigen Starkregen bei uns, sondern auch die dramatische Häufung zerstörerischer Fluten und Wirbelstürme anderswo mahnen uns, weniger fossile Energieträger zu nutzen und die Anstrengungen bei der Entwicklung regenerativer Energien deutlich zu verstärken.
Die Europäische Umweltagentur stellt dazu fest, dass das Ausmaß und die Geschwindigkeit der derzeit ablaufenden Klimaveränderung alle natürlichen Klimaschwankungen der letzten tausend Jahre übertreffen. Gleichzeitig berichtet das DIW aus Berlin in seinem Bericht diese Woche, dass noch keine sichtbaren Erfolge bei der weltweiten Klimaschutzpolitik erkennbar sind. Dieser Widerspruch ist dramatisch.
Die Wasserstoff- und die Brennstoffzellentechnik sind nach Einschätzung vieler Fachleute eine der Erfolg versprechendsten und wichtigsten Zukunftstechnologien, um dem Klimawandel durch Treibhausgase entgegenzuwirken. Wasserstoff
technik ist damit besonders interessant für unseren hoch entwickelten und stark exportabhängigen Industriestandort.
Wir fügen deshalb mit unserem Antrag der endlich angelaufenen Landesinitiative Brennstoffzelle - seit drei Tagen auch im Internet präsent
einige besonders erfolgversprechende Aspekte am Standort Niedersachsen hinzu. Wir sind in Niedersachsen später dran als andere und müssen deswegen die verbleibenden Nischen suchen.
Ergänzungspunkt 1: Infrastruktur. Nachdem die Entwicklungsarbeit zu Brennstoffzellenantrieben für den Individualverkehr bei den Autokonzernen schon so weit gediehen ist, dass die ersten seriengefertigten Fahrzeuge bereits in wenigen Jahren auf den Markt kommen werden, ist parallel zu diesem Technologiefortschritt auch für die notwendige Infrastruktur und für eine ökonomisch wie auch ökologisch verträgliche Wasserstofferzeugung noch Entwicklungsarbeit erforderlich. Da ist unsere Chance. Die Standorte, die diese Technologien in der Anwendung besonders schnell und erfolgreich vorantreiben, werden auch bei Produktion und Vermarktung in der Zukunft die größten Chancen haben.
Hervorragend geeignet für Praxiserprobungen ist die Kombination aus stationärer Nutzung für Wohnen und Gewerbe, ergänzt mit der Betankung von Fahrzeugen im regelmäßigen Verkehr, nicht nur von PKW, also Betriebswagen oder Omnibussen, sondern auch von Schienenfahrzeugen oder Fährschiffen in einer eng begrenzten Region. Genau darauf zielt das aktuelle Förderprogramm der Europäischen Union ab. Es nennt sich „Kick-Start to Hydrogen-Communities“. Wir meinen, an dem Programm sollte sich Niedersachsen unbedingt mit einem Modellprojekt beteiligen.
Erschließung von Synergien die Verknüpfung der Wasserstofftechnik mit der effizienten Verwertung der unregelmäßig anfallenden großen Mengen von Windenergie hinzu. Insbesondere in Starkwindzeiten könnte der Windenergiestrom zur Herstellung von Wasserstoff eingesetzt werden.
Damit würde die Einspeisung von OffshoreWindstrom in das Netz zukünftig nicht nur gleichmäßiger, sondern auch effektiver. Gerade im Umfeld der Windenergie-Offshore-Häfen Cuxhaven oder Emden wäre eine solche Praxiserprobung ein wichtiger Beitrag für die optimierte Nutzung der großen regenerativen Energiepotenziale an Niedersachsens Küsten. Die Nutzung des Windstromangebots direkt vor Ort kann auch dazu beitragen, den Neubau von zukünftig notwendigen Kabeltrassen zu begrenzen.
Die Landesregierung ist bei der Förderung der Wasserstofftechnologie in erster Linie in der Funktion als Motor, Koordinator und Moderator für eine zügige Entwicklung gefordert. Andere Standorte sind hier leider bereits mit viel Engagement bei der Umsetzung und nicht erst bei der Planung. Im Handelsblatt vom 2. Juni war zu lesen, dass die bei Hochtechnologie sonst nicht gerade führenden Argentinier im großen Maßstab eine Wasserstoffproduktion mit Windrädern in den windreichen Regionen Kapadokiens starten, bewusst in Konkurrenz zum Starkwindstandort Nordsee.
Die Finanzierung unserer Vorschläge in Zeiten knapper Landeshaushalte ist durch eine Bündelung der von der Landesregierung bereits eingesetzten Mittel zur Brennstoffzellenforschung mit Forschungsfördermitteln des Bundes, der Europäischen Union - wie erwähnt - und unter Beteiligung von Unternehmen aus der Branche gut möglich. Die Schwerpunkte müssen nur gezielt genug gesetzt werden, damit man mit dem wenigen vorhandenen Geld für Niedersachsen noch entsprechend etwas herausholen kann.
Zum Weg weg vom Öl gibt es keine Alternative. Niedersachsen kann sich durch schnelles innovatives Handeln noch große wirtschaftliche Vorteile für die Zukunft als Technologiestandort in diesem Bereich erwerben. Als Standort für Windenergie ist unser Land schon die Nummer eins. In der Kombination mit Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie können wir diese Position weiter ausbauen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegen von den Grünen, mit den Forderungen in Ihrem Antrag, dass eine Zwischenspeicherung von elektrischer Energie effektiver gemacht werden soll, dass die Kompetenzen bei der Windenergiewirtschaft gestärkt werden sollen, um die Synergien mit der zukunftsträchtigen Wasserstofftechnologie zu fördern, und dass die Forschung der Wasserstofferzeugung durch Windstrom bei der Lagerung und bei der Entwicklung der Infrastruktur entsprechend mit forciert werden soll, liegen Sie im Grunde richtig. Nach Ihrer Ansicht soll die Landesregierung als Moderator, Koordinator und Motor agieren, und bei der Finanzierung weisen Sie darauf hin, dass nicht nur Landes, sondern auch Forschungsförderungsmittel des Bundes und der Europäischen Union sowie seitens der Unternehmen eingeworben werden sollen.
Forschungsförderungsmittel seitens des Bundes einzustellen kann man zwar fordern - und ich hoffe, dass Sie uns dabei einer großen Bandbreite entsprechend unterstützen -, aber ob Mittel tatsächlich bereitgestellt werden, kann man im Einzelnen jetzt noch nicht absehen. Absehen kann man etwas anderes: dass nämlich auch auf Bundesebene - ich erinnere an die öffentliche Anhörung im Ausschuss für Bildung und Forschung des Bundestages im Frühjahr dieses Jahres - sehr wohl auf den Forschungsbedarf hingewiesen wird.
Allerdings - und das war nicht ganz konform mit Ihrer Zielrichtung hinsichtlich der Effizienzsteigerung und der Windenergie - darf nicht allein diese
Energieform gesehen werden, sondern zu den Pfeilern einer zukünftigen nachhaltigen Energieversorgung muss insbesondere auch die Kernverschmelzung gezählt werden. Ein Vertreter des Max-Planck-Instituts hat das ganz massiv herausgestellt. Das werden Sie vermutlich nicht so gern hören, aber vielleicht sollten auch Sie sich dieser Energieform nicht verschließen.
Die Experten haben bei dieser Anhörung einhellig sehr wohl die Unterfinanzierung der Energieforschung bemängelt und insbesondere eine aktivere Rolle des Staates bei der Forschung und Entwicklung von Energietechnologie eingeklagt. In Niedersachsen hat die Landesregierung am 30. März dieses Jahres die Landesinitiative Brennstoffzelle vorgestellt. 9,5 Millionen Euro werden vom Wirtschaftsministerium, vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur und vom Umweltministerium zur Verfügung gestellt. Insgesamt stehen 18 Millionen Euro bis 2007 zur Verfügung, um die Forschungsvorhaben entsprechend voranzutreiben, Koordination zu betreiben und um die Kompetenzknoten in Oldenburg - das freut mich als Oldenburger Abgeordnete umso mehr -, in Wolfsburg und im Harz einzurichten.
In Oldenburg arbeiten insbesondere die EWE und ihre Partner an den ersten Projektskizzen zur Erzeugung von Wasserstoff mithilfe von Windenergie; sie sind also auf einem guten Weg. Das kann man auch daran erkennen, dass die IHK Oldenburg mit ihrer Presseerklärung vom heutigen Tag darauf hinweist, dass einige Projekte aus dem Kompetenzknoten Oldenburg demnächst als Projektskizze der NBank in Hannover zur Förderung vorgestellt werden sollen.
Meine Damen und Herren von den Grünen, es ist also schon vieles auf den Weg gebracht worden. Sie haben den Handlungsbedarf erkannt. Die Landesregierung war allerdings etwas schneller. Von daher hat sich der Antrag eigentlich ein Stück weit erübrigt.
Man müsste im Grunde genommen auch darauf hinweisen, dass hinsichtlich der Verbindung von Offshore-Energieanlagen mit der Wasserstofftechnologie noch etwas mehr Geduld benötigt wird. Von daher müssen Sie jetzt schon überlegen, wie Sie mit Ihrem Antrag verfahren wollen.
Aber vielleicht waren Sie auch schon einmal etwas weitsichtiger; denn den heute zur Beratung anstehenden Antrag haben Sie am 7. September einge
reicht. Nichtsdestotrotz hatten Sie schon am 16. Juni einen fast identischen Antrag eingereicht. Das Einzige, was ausgewechselt worden ist, war das Wort „Brennstoffzellentechnologie“ gegen das Wort „Wasserstofftechnologie“. Aber ich sehe da keinen großen Dissens. Da Ihnen das offensichtlich vor wenigen Tagen aufgefallen ist, haben Sie zwei Tage, nachdem Sie den heute zur Beratung anstehenden Antrag eingereicht haben, just die Zurückziehung des alten Antrags vom Juni beantragt.
Meine Damen und Herren, verfahren Sie doch jetzt genauso mit dem heutigen aktuellen Antrag. Sie haben im Grunde genommen die Vorlage schon parat. Dann bräuchten wir uns damit gar nicht weiter zu beschäftigen. Die Landesregierung hat das Thema auf den Weg gebracht. Daran sieht man letztendlich, dass es hier in Niedersachsen in guten Händen liegt. Sie könnten das auch selbst einmal entsprechend goutieren. - Danke schön.