Durch Ihr rückwärtsgewandtes Schulgesetz werden die Gesamtschulen erst zu einer echten Konkurrenz für Realschulen und Gymnasien und besonders natürlich für die Hauptschulen.
Lassen Sie mich Herrn Schwarz zitieren. Er hat in der ersten Beratung gesagt: „Ihrer Absicht, mit solchen Anträgen die Hauptschule auszuhöhlen, wollen wir eine klare und deutliche Absage erteilen.“
Die von immer mehr Eltern gemiedene Hauptschule muss gerettet werden; darum geht es Ihnen doch. Die Zementierung Ihres ideologisch in der alten Ständeordnung begründeten dreigliedrigen Systems würde ohne Hauptschule einstürzen. Es passt Ihnen nicht, dass das dreigliedrige System auch abgewählt werden kann. Deswegen müssen integrierte Systeme in Niedersachsen in ihrer pädagogischen Zielsetzung beschnitten und kaputt
gespart werden. Besonders Eltern hauptschulempfohlener Kinder haben bisher in den Gesamtschulen eine Möglichkeit gesehen, doch noch einen höherwertigen Schulabschluss für sie zu erreichen.
Die Durchlässigkeit, die Sie im neuen Schulgesetz als gesetzlichen Anspruch festschreiben, besteht doch nur auf dem Papier. Die Ausrichtung der Hauptschule unterbindet den Übergang auf die Realschule spätestens nach Klasse 7. Ihnen geht es darum, den Willen der Eltern nach Ihrem Willen zu lenken. Das verbrämen Sie mit mitfühlenden Worten. Herr Schwarz sprach im Juni-Plenum von folgenschweren Fehleinschätzungen, mit denen man Kindern schlimmen Schaden zufügt. Warum aber sehen Sie diese Fehlentscheidungen immer nur aufseiten der Eltern? Es ist doch inzwischen ausreichend belegt, dass die Empfehlungen von Lehrerinnen und Lehrern von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig sind und mit begabungsgerecht oft überhaupt nichts zu tun haben.
Im Grundschulerlass werden als Grundlagen für die Schullaufbahnempfehlung der Leistungstand, die Lernentwicklung, das Sozial- und Arbeitsverhalten sowie die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit den Erziehungsberechtigten genannt. Von Begabung ist da gar nicht die Rede. Es sind alles Faktoren, die vom Familienmilieu stark vorgeprägt sind und allein durch individuelle Förderung so beeinflusst werden können, dass Kinder gleiche Chancen bei der Entwicklung ihres Leistungsvermögens haben.
Von individueller Förderung wird im Moment sehr viel geredet. Aber wie sieht es denn mit der dazugehörigen Manpower aus?
Zum Schluss noch ein Zitat von Herrn Koch: „Indem wir gleichmachen, machen wir die Chancen der Kinder für die Zukunft kaputt.“ Das führen Sie gegen die Gesamtschule ins Feld. Im dreigliedrigen System liegt eine viel größere Gefahr der Gleichmacherei als in Schulen, die Kinder lange zusammen lernen lassen.
Indem die SPD-Fraktion den Antrag „Den Elternwillen respektieren - Gesamtschulen bedarfsgerecht ausbauen“ unterstützt, will sie der heutigen Situation gerecht werden. Wir wollen neben dem dreigliedrigen System eine Wahlmöglichkeit behalten. Die Zukunft sehen wir in einer Schule, in
der Kinder lange gemeinsam lernen, die differenziert, aber individuell und nicht institutionell, und in einer Schule, die von jedem das Optimale erwartet und nicht mutlos macht. Solch eine Schule lässt sich nach unserer Überzeugung allerdings eher aus einer Gesamtschule entwickeln als aus einem gegliederten Schulsystem.
Bevor ich nun den Abgeordneten Schwarz von der FDP aufrufe, möchte ich Folgendes mitteilen: Die Fraktionen sind übereingekommen, dass der Punkt 31 direkt überwiesen wird.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die erste Beratung hat am 24. Juni stattgefunden. Ich will Ihnen sagen, worum es bei diesem Antrag im Kern geht. Es geht den Grünen wieder einmal um den untauglichen Versuch, flächendeckend in Niedersachsen Gesamtschulen als Konkurrenz zu dem dreigliedrigen System zu etablieren. Unklar bleibt allerdings, um welche Art von Gesamtschule es geht. Soll es eigentlich, Frau Korter, die Gesamtschule nach deutschem Muster oder nach skandinavischem Muster sein? Das sind ja zwei völlig unterschiedliche Dinge.
Zur Erinnerung: CDU und FDP haben den Bestandsschutz für Gesamtschulen im Niedersächsischen Schulgesetz verankert, weil wir der Meinung sind, dass es gut und richtig ist, unsere Schulen zukünftig in den Wettbewerb zu stellen. Wettbewerb heißt aber, dass gleiche Bedingungen unter den Wettbewerbern herzustellen sind. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall.
Rot-Grün hat aus ideologischen Gründen die Gesamtschulen bevorzugt und das dreigliedrige System systematisch vernachlässigt
und dabei bewusst in Kauf genommen, Herr Jüttner, dass der Hauptschule der Hahn abgedreht wird und damit einem wichtigen Teil unserer
Man kann trefflich darüber streiten, welches System bessere oder schlechtere Ergebnisse liefert. In einem Punkt aber unterscheiden wir uns eklatant.
Herr Schwarz, können Sie mir vor dem Hintergrund, dass Sie Wettbewerb ins Feld führen, einmal erklären, warum CDU und FDP ein Errichtungsverbot für Gesamtschulen ins Gesetz geschrieben haben?
Herr Jüttner, Sie wissen ganz genau, dass man, wenn man ein System flächendeckend verbreiten will, insbesondere wenn es um die Installation von Gesamtschulen in der Weise geht, wie Sie es gemacht haben, das entsprechende Geld zur Verfügung haben muss. Das haben wir nicht.
Das haben wir nicht zur Verfügung. Wir möchten gerne einen Wettbewerb herstellen. Also müssen wir auch das dreigliedrige System stärken, damit wir einen Wettbewerb herstellen können; denn sonst bekommen wir keinen Wettbewerb. Da geht es ja auch um Fragen des Elternwillens.
Ich möchte noch einmal klarstellen, dass wir gesagt haben, wir möchten den Wettbewerb. Darin unterscheiden wir uns eklatant von der SPD und insbesondere von der Partei der bekennenden Besserwisser, die einen Wettbewerb nicht wollen.
Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung belegt, dass Gesamtschüler am Ende der Klasse 10 gegenüber Realschülern einen Lernrückstand von zwei Jahren aufweisen. Das wird einfach ignoriert.
Jürgen Baumert, Autor der PISA-Studie, stellt fest, PISA-Studie und OECD-Zahlen untermauern Forderungen nach einem Gesamtschulsystem nicht. Solche Aussagen gehen an Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, komplett vorbei.
Ernst genommen werden muss auch die Aussage von Jürgen Sprenger, Vorsitzender des Arbeitskreises Gesamtschule e. V. in Recklinghausen, der mehr als 20 Jahre lang an einer Gesamtschule tätig war. Er schreibt - ich zitiere -:
„Bei der an den meisten Gesamtschulen üblichen Differenzierung auf nur zwei Anspruchsebenen sind Kinder, die zum mittleren Feld der Leistungsfähigkeit gehören, in den Grundkursen unterfordert und in den Leistungskursen überfordert. Unsere Hoffnung, dass an der Gesamtschule die Leistungsstärkeren die Schwächeren nachziehen würden, hat sich ebenfalls als eine Illusion erwiesen.“
„Allenthalben erfolgt eine Nivellierung auf niedrigerem Niveau, teils weil die Stärkeren sich zurückhalten..., teils weil sie von den Schwächeren zurückgehalten werden.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Hauptargument des Deutschen Bildungsrates für die Einführung von Schulversuchen mit Gesamtschulen lautete 1969: Es möge eine wissenschaftliche Schule für alle geben.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der FDP: In Zukunft keine Zwischenfragen mehr! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Die Zeit dafür ist nicht angerechnet worden!)
Meine Damen und Herren, auch da gibt es keine Probleme: Wir vom Präsidium halten uns ganz genau an die Geschäftsordnung. Herr Schwarz, Sie sind in keiner Weise benachteiligt worden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, dieses manchmal etwas komplizierte Thema kann man auch ohne überschwappende Leidenschaft diskutieren.
Meine Damen und Herren, wahr ist: Die Wähler in Niedersachsen haben sich für das begabungsgerechte, gegliederte Schulwesen und nicht für das integrierte Schulwesen entschieden.