Protokoll der Sitzung vom 19.11.2004

(Reinhold Coenen [CDU]: Na, na!)

dass sich durch diese Forstreform nichts ändern wird. Wer behauptet, dass man mit einem Viertel der Forstämter und der Hälfte des Personals, wenn man die beiden letzten Reformen zusammenfasst, dieselben Leistungen erbringen kann wie bisher, der ist schlicht und einfach ein Fantast.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Tatsache, Herr Kethorn, dass Sie behaupten, selbst der Petent habe dies eingesehen, ist schlicht unwahr und damit eine Täuschung dieses Parlaments, die ich zurückweisen möchte. - Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Unruhe bei der CDU)

Ebenfalls zur Petition betreffend die Forstverwaltung erteile ich jetzt Herrn Oetjen das Wort.

Herr Kollege Klein, wir werden uns zwar erst im Dezember-Plenum noch einmal ausführlich mit der Forstreform beschäftigen. Aber eines müssen Sie uns zugestehen: Natürlich wird es Änderungen im Bereich Forst geben. Deswegen machen wir eine Forstreform. Wir werden eine schlankere Forstverwaltung auf den Weg bringen, die sich an moderne Zeiten anpasst. Wir brauchen nicht mehr so viele Standorte in der Fläche, wie es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Uns aber zu sagen, es würden sich durch die Änderungen Verschlechterungen ergeben, die Sie nicht nachweisen können, finde ich, gelinde gesagt, unverschämt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das kann man jetzt schon nachweisen!)

Herr Kollege Klein, sicherlich wird es zu Einsparungen kommen. Es wird durch Umstrukturierungen und Personalversetzungen auch zu Einsparungen im Bereich Umweltbildung etc. kommen. Aber ich sage Ihnen: Worum es in der Petition im Kern geht, ist die Fortsetzung des LÖWE-Programms. Es ist von allen Kollegen aus der FDPund der CDU-Fraktion sowie von Herrn Minister Ehlen und Herrn Staatssekretär Lindemann bestätigt worden, dass das LÖWE-Programm im bisherigen Umfang fortgesetzt wird. Deswegen brauchen wir diese Petition auch nicht zu berücksichtigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir stimmen jetzt über diese Eingaben ab. Ich rufe sie einzeln auf und lasse zunächst über den Änderungsantrag und, falls dieser abgelehnt wird, dann über die Ausschussempfehlung abstimmen.

Für die folgende Eingabe liegen gleich lautende Änderungsanträge der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD auf Berücksichtigung vor.

Eingabe 1299, betrifft Forstreform. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Zweite war die Mehrheit.

Dann lasse ich jetzt über die Beschlussempfehlung des Ausschusses abstimmen. Sie lautet: „Sachund Rechtslage“. Wer möchte der Ausschussempfehlung folgen? - Gegenprobe! - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zur Eingabe 1188, betrifft Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen. Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lautet „Erwägung“. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Zweite ist eindeutig die Mehrheit.

Wir kommen nun zur Beschlussempfehlung des Ausschusses. Sie lautet „Sach- und Rechtslage“. Wer möchte der Ausschussempfehlung folgen? - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung: Steuerbetrug bekämpfen, Steuergerechtigkeit herstellen, Finanzämter stärken - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1406

Ich erteile Herrn Wenzel das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren! Angesicht der laufenden Haushaltsverhandlungen und Haushaltsberatungen wird es wohl fast niemanden in diesem Hause geben, der im Moment nicht in schwierige Gespräche über die mit dem Haushaltsplanentwurf der Landesregierung verbundenen Folgen eingebunden ist. Ob es in den Wahlkreisen ist, ob es hier am Rande des Plenums ist, ob es um Projekte oder um Initiativen geht, oft geht es nur um vergleichsweise kleine Beträge, die aber viel bewegen können, wie z. B. bei der Unterstützung ehrenamtlichen Engagements. Solche Zuschüsse sollen nach den Planungen der Landesregierung zum Teil aber gänzlich wegfallen.

Zum wiederholten Mal bekommen wir von der Landesregierung einen verfassungswidrigen Haushaltsplanentwurf vorgelegt.

(Reinhold Coenen [CDU]: Woran liegt das denn wohl?)

- Dazu können Sie gleich noch Stellung nehmen. Irgendwann müssen Sie aber anfangen, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Wir wollen heute aber nicht über kleine Beträge reden, sondern über sehr große Beträge. 17,1 % der Steuereinnahmen des Landes gehen nach den Planungen von Herrn Finanzminister Möllring allein für Zinsen drauf. Das ist ein beispiellos hoher Wert. Einen solch hohen Wert hat es in der bisherigen Geschichte des Landes nicht gegeben. Auch wenn man sagt, ein Land sei nicht konkursfähig, ein Land sei gegen Konkurs gefeit, so muss einen dieser Wert aber dennoch sehr beunruhigen, Herr Minister Möllring.

Die Deutsche Steuergewerkschaft schätzt das Finanzvolumen, das den öffentlichen Haushalten durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung verloren geht, bundesweit auf 60 bis 70 Milliarden Euro pro Jahr. Allein für den niedersächsischen Landeshaushalt ergeben sich daraus Einnahmeausfälle in Höhe von 3 Milliarden Euro jährlich. Würde man versuchen, bescheidene 5 % oder 10 % dieses Betrages durch eine besser ausgestattete und effizientere Steuerverwaltung einzutreiben, dann könnte Niedersachsen 150 Millionen oder 300 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen verzeichnen, und zwar nicht nur einmalig, sondern diese Summe könnten Sie Jahr für Jahr in Ihre mittelfristige Finanzplanung einstellen.

Meine Damen und Herren, hier geht es nicht um Steuererhöhungen, sondern hier geht es um Gelder, die nach geltendem Recht der Steuerpflicht unterliegen. Allein der sich aus dem Umsatzsteuerbetrug ergebende Schaden - um nur einmal einen Bereich herauszugreifen wird auf ca. 20 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Oft geht es dabei um Organisierte Kriminalität, um so genannte Karussell-Geschäfte. Dabei werden Waren, manchmal aber auch nur Rechnungen, mehrfach über Bundes- und Landesgrenzen verschoben. Die Vorsteuer wird beim Finanzamt geltend gemacht, bevor diese kriminellen Scheinfirmen wieder dichtgemacht werden.

(Bernd Althusmann [CDU]: Was tun Sie denn auf Bundesebene dagegen, Herr Kollege?)

- Darauf kommen wir gleich noch, Herr Althusmann. - Ein guter Teil der Umsatzsteuerdelikte betrifft zudem den Geldwäschebereich, wie der Bundesrechnungshof jetzt festgestellt hat. Außerdem führen diese Betrugsdelikte zu massiven Wettbewerbsverzerrungen, weil die einzelnen Unternehmen, die sich im Zweifel gesetzeskonform verhalten, in massive Schwierigkeiten geraten können, wenn ein Wettbewerber so etwas macht.

Meine Damen und Herren, was tut eigentlich unser Finanzminister, um in Niedersachsen Steuergerechtigkeit durchzusetzen? Haben wir dazu im Parlament besondere Arbeitsgeräusche vernommen?

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Nein!)

Kürzlich hat er aber über die Ergebnisse der Bankenverfahren berichtet. Dabei hat er sich allerdings mit fremden Federn geschmückt; denn diese Verfahren laufen zum Teil schon seit zehn Jahren. Die meisten Dinge wurden schon vor Amtsantritt des Ministers abgearbeitet.

In Niedersachsen, meine Damen und Herren, werden die Finanzämter nicht gestärkt, in Niedersachsen werden die Finanzämter geschwächt, und zwar nachhaltig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wollen uns in der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses empfehlen, nur noch 100 Steuer- und Finanzanwärter einzustellen. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was notwendig wäre. Der geplante Personalabbau wird nicht mit einem Aufgabenabbau verknüpft. Andernfalls könnte man ja darüber reden. Das tun Sie im Kern aber nicht.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist falsch! Sie wissen, dass wir eine Pro- jektgruppe eingesetzt haben!)

Ansonsten erwarten wir, dass die Vorschläge schwarz auf weiß auf den Tisch gelegt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von Steuervereinfachung haben Sie viel geredet. Es fehlt aber an Taten, von einem möglichen Tausch bei der Kraftfahrzeugsteuer einmal abgesehen. Finanz- und Steueranwärter werden je

denfalls nicht in ausreichender Zahl ausgebildet. Allein bei den Umsatzsteuersonderprüfern fehlt fast ein Drittel des ermittelten Bedarfs. Ein Betriebsprüfer etwa kostet im Jahr 70 000 Euro. Er bringt im Durchschnitt aber 900 000 Euro an hinterzogenen Geldern wieder ein. Diese Zahl ist nicht von mir, sondern von Ihnen, Herr Möllring. Man kann sie in der zu Beginn dieses Jahres gegebenen Antwort auf eine Kleine Anfrage so nachlesen.

Alles klar im Wohlfühlland, Herr Minister Möllring? Ist bei Ihnen Steuerhinterziehung ein Kavaliersdelikt, oder gehören Sie zu denen, die schwache Finanzämter für eine subtile Form der Wirtschaftsförderung halten? - Bei Ihnen, Herr Minister Möllring, sind die Ehrlichen die Dummen, und die Ehrlichen werden doppelt bestraft, wenn dem Land plötzlich die Mittel fehlen, um im sozialen und im kulturellen Bereich sowie in der Bildung die notwendigen Investitionen zu tätigen. Wenn Sie gleichzeitig die Neuverschuldung ausweiten, wenn man Schatten- und Nebenhaushalte mitrechnet, dann werden Sie in diesem Jahr mindestens 100 Millionen Euro an zusätzlichen Schulden machen.

Wir haben Ihnen einen Entschließungsantrag vorgelegt, der vier ganz konkrete Vorschläge enthält. Zwei dieser Vorschläge können Sie, Herr Minister Möllring, sofort umsetzen, die anderen beiden Vorschläge erfordern eine Bundesratsinitiative. Sie müssten aufgrund der bundesweiten Debatte aber auf Zustimmung stoßen, zumal der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages erst in der letzten Woche ebenfalls eine Anhörung zu diesem Thema durchgeführt hat.

Wir schlagen Ihnen vier Dinge ganz konkret vor, nämlich erstens die Einrichtung einer zentralen Fahndungsgruppe Umsatzsteuerbetrug. Dafür sollen die Länder Fachleute in eine gemeinsame Bund-Länder-Gruppe beim Bundesamt für Finanzen entsenden - das hat es schon einmal eine Zeitlang gegeben -, die die Betrugsbekämpfung bundesweit und international koordiniert und in ihren Kompetenzen beim Bundesamt für Finanzen eindeutig gestärkt werden soll.

Zweitens schlagen wir vor, die Anrechnung der Kosten für die Finanzverwaltung im Länderfinanzausgleich, um den Anreiz zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug zu erhöhen.

Drittens schlagen wir eine Aussetzung des Personalabbaus in den Finanzämtern vor, weil ein Per

sonalabbau ohne Aufgabenreduzierung kontraproduktiv ist.

Viertens fordern wir die flächendeckende Einführung von Teamarbeit und Risikomanagement in den niedersächsischen Finanzämtern und einen Verzicht auf eine rein elektronische Risikoprüfung.

Mit diesen Forderungen, meine Damen und Herren, befinden wir uns in guter Gesellschaft. Neben der Deutschen Steuergewerkschaft haben sich bei der Anhörung im Deutschen Bundestag auch das ifo-Institut, der Bundesrechnungshof und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung mit gleich lautenden und ähnlichen Vorschlägen eingebracht. Dabei ist auch deutlich geworden, dass sich ein grundsätzlich neues Verfahren wie etwa das Cross-Check-Verfahren oder das Reverse-ChargeModell grundsätzlich ebenso wenig eignet wie eine Zentralisierung der Steuerverwaltung. Stattdessen sagt z. B. das ifo-Institut: verstärkte Sonderprüfungen und notwendiges Personal einstellen, zentrale Stelle und Straffung beim BFA, zentraler Datenpool mit Zugriffsmöglichkeit aller Finanzämter beim Bundesamt für Finanzen, Verstärkung der europäischen Zusammenarbeit. - Der Bundesrechnungshof sagt ganz deutlich: Es gibt Vollzugsdefizite insbesondere bei den Ländern, Herr Althusmann; denn die sind im Kern für die Steuerverwaltung zuständig. - An dieser Stelle sagen wir aber auch: Wir wollen beim BFA ein bisschen mehr Kompetenzen bündeln und an dieser Stelle die notwendigen Verbesserungsmöglichkeiten schaffen. Außerdem wollen wir bei den Landesfinanzämtern die Teamarbeit verstärken, die auch der Bundesrechnungshof angesprochen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Wenzel, Ihre Redezeit ist längst zu Ende.

Ich bin beim letzten Satz. - Meine Damen und Herren, im Detail sind wir für Verbesserungsvorschläge jederzeit offen. Im Kern verstehen wir angesichts der Haushaltslage des Landes aber keinen Spaß mehr. Jetzt muss gehandelt werden, Herr Minister Möllring. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)