Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Zudem sollen in der Frühjahrskonferenz der Ministerinnen und Minister im Jahre 2005 geeignete Vorschläge zur weiteren Förderung der konsensualen Streitbeilegung unterbreitet werden.

Zu c) - Konzentration -: Die Justizministerinnen und -minister wollen eine effektive Strafverfolgung durch Konzentration und Schwerpunktsetzung sichern. Ziel dabei ist es, Strafverfahren effizienter zu gestalten und zu beschleunigen.

(Zustimmung bei der CDU)

Beispielsweise wollen alle 16 Ländervertreter in diesem Zusammenhang eine Reduzierung der Rechtsmittelmöglichkeiten im Ordnungswidrigkeitenrecht bei Bagatellverfahren.

Zu d) - Qualitätssicherung -: Es wird eine Intensivierung der Fortbildung für Richter und Staatsanwälte geprüft. Dabei steht im Vordergrund, die bestehenden Fortbildungskonzepte an die rasche Veränderung der Gesetze und die immer komplexer werdende Rechtsprechung anzupassen. Es ist darüber hinaus beabsichtigt, den Erfahrungsaustausch zwischen den Ländern weiter zu fördern, gemeinsame Qualitätsstandards zu erarbeiten und länderübergreifende Konzepte und Methoden des Qualitätsmanagements festzulegen. Justiz-Controlling, die Personalkostenbudgetierung oder Benchmark-Verfahren rücken damit noch stärker in den Vordergrund. Der Stand der Entwicklung in den Ländern ist nicht gleich. Niedersachsen hat auch insoweit eine Vorreiterrolle.

Zu den Fragen 2 und 3: Meine Damen und Herren, eine große Justizreform hat für das Land Niedersachsen und die Bürgerinnen und Bürger eine Vielzahl positiver Effekte. Sie wird wegen der angesprochenen Aufgabenreduzierungen und Qua

litätssicherung zu einer Verbesserung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Justiz auch und vor allem in der Zukunft führen. Die Vereinheitlichung der Verfahrensordnungen führt zur erhöhten Transparenz gerichtlicher Verfahren. Die Neuordnung der Rechtsmittel verkürzt die Verfahrensdauer bis zur Rechtskraft des Urteils.

Dies hat für den Bürger den unmittelbaren Vorteil, vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit wieder schneller handlungsfähig zu sein. Durch einen flexibleren Richtereinsatz kann zudem auf Belastungsschwankungen zwischen den Gerichten besser reagiert werden. Dies trägt auch zur Verfahrensbeschleunigung bei und hat in einem Flächenland wie Niedersachsen mit einer großen Zahl kleiner Gerichte zur Folge, dass deren Funktionstauglichkeit und -fähigkeit sichergestellt werden kann. Das ist für uns sehr wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zeit- und abstimmungsaufwendige Stellenverlagerungen würden entfallen. Die Förderung der konsensualen Streitbeilegung wird zur Schaffung einer neuen Streitkultur beitragen. Durch die Einigung der Parteien wird ihre Zufriedenheit mit dem gefundenen Ergebnis dauerhaft erhöht. Daneben wird die wertvolle und knappe Ressource richterlicher Bewertung und Entscheidung eines Konfliktes für solche Fälle freigesetzt, in denen die Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung ausgeschöpft sind.

Es bleibt daher festzustellen, meine Damen und Herren, dass die große Justizreform nachhaltige Verbesserungen in unserem Land bringen wird. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zunächst einmal hat sich Herr Briese zu einer Zusatzfrage gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kann mir die Landesregierung erklären, warum sie in der letzten Legislaturperiode - damals noch als Opposition - die große Justizreform der damaligen Bundesregierung, die eine Stärkung der Eingangsinstanz vorsah, massiv bekämpft hat und nun heute selber quasi einen Ab

bau der Gerichtsinstanzen fordert? Das ist meine erste Frage.

Meine zweite Frage lautet: Warum betont die Landesregierung hier die Notwendigkeit der außergerichtlichen Streitschlichtung und sagt, konsensuale Streitschlichtungsmodelle sollen gefördert werden, während gleichzeitig im niedersächsischen Justizhaushalt der Täter/Opfer-Ausgleich massiv beschnitten wird?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, bitte!

Sehr geehrter Herr Briese, das Neue an dieser großen Justizreform ist vor allen Dingen der ganzheitliche Ansatz. Das ist ein sehr großer Unterschied zu den Reformansätzen in der Vergangenheit.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe immer wieder betont - das liegt mir wirklich sehr am Herzen -: Wir haben in der Justiz ein in sich geschlossenes System, das darauf angewiesen ist, dass die ineinander greifenden Räder auch zueinander passen. Dann kann es nicht sein, dass, wenn man an dem einen Rad dreht, die Folgen nicht insgesamt betrachtet werden. Deshalb waren die vielen Einzelansätze aus allen Bereichen in der Vergangenheit nicht förderlich. - Das zur ersten Frage.

Der Täter/Opfer-Ausgleich ist bei uns gesetzlich geregelt und ist durchzuführen - um das einmal ganz deutlich zu sagen. Er wird bei uns im Wesentlichen durch die Gerichtshilfe an den Gerichten durchgeführt. Sie sprechen von dem darüber hinausgehenden Täter/Opfer-Ausgleich durch Dritte. Da muss man schlicht und ergreifend sagen, dass wir das in der augenblicklichen finanziellen Situation nicht weiter steigern können. Die Einrichtungen, die den Täter/Opfer-Ausgleich, finanziell unterstützt durch das Land Niedersachsen, durchführen, werden aber durch die jetzigen Einsparungen nicht in ihrer Tätigkeit so eingeschränkt, dass sie den Täter/Opfer-Ausgleich nicht mehr durchführen können, um das einmal ganz deutlich zu sagen.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Der Qualität entsprechend!)

Frau Grote, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben im Rahmen des Outsourcing von Aufgaben von den Gerichtsvollziehern gesprochen. Die Justizministerkonferenz prüft ja zurzeit, wie Sie dargelegt haben, die Möglichkeit der Privatisierung. Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung?

Frau Ministerin Heister-Neumann!

Ich rechne mit einer Entscheidung nicht vor Ende 2005.

Herr Dr. Noack, bitte!

Der Justizhaushalt des Landes Niedersachsen ist gestern ohne jegliche Kritik der Fraktionen von SPD und Grünen geblieben.

(Lachen bei der SPD - Beifall bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Ihr hattet das schlicht vergessen! - Weite- re Zurufe von der CDU und Gegen- rufe von der SPD)

Wertet die Landesregierung diese völlig einheitliche Billigung des Justizhaushaltes als Auftrag, nunmehr gestärkt auf Bundesebene als Motor der Justizreform aufzutreten?

(Beifall bei der CDU)

Frau Heister-Neumann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So habe ich das gestern natürlich auch aufgefasst.

(Lachen bei der SPD - Ulrich Biel [SPD]: Frau Minister, könnte es sein, dass der Abgeordnete Noack zweimal während des Plenums geschlafen hat? - Weitere Zurufe von der SPD)

Auch die Diskussionen im Rechtsausschuss und im Haushaltsausschuss haben sehr wohl gezeigt, dass in diesem Bereich fraktionsübergreifend gemeinsame Ansätze sind. Das macht mich sehr zuversichtlich, und dafür bin ich auch sehr dankbar. Im Sinne der Justiz ist das auch sehr gut. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Helberg, bitte!

Für eine erfolgreiche Justizreform ist zunächst einmal eine sorgfältige Feststellung des benötigten Personals erforderlich; denn für einen Vergleich bedarf es auch des Vergleichs mit den bisherigen Personalbeständen. Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie hat sich die Zahl der Richter und Staatsanwälte von 1990 bis Ende 2002 verändert? Inzwischen haben Sie das Personal deutlich reduziert. Wie wollen Sie die wichtigen Aufgaben der Justizreform mit diesem ausgedünnten Personal bewältigen?

Frau Ministerin Heister-Neumann!

Sehr geehrter Herr Helberg, ich kann Ihnen die genauen Zahlen jetzt nicht nennen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich werde sie Ihnen sehr gerne nachliefern. Aber es ist völlig richtig und klar, dass in den vergange

nen Jahren - übrigens auch schon zu Zeiten der SPD-Landesregierung - das Personal zurückgeführt wurde. Wir haben das im vergangenen Jahr, und wir werden es auch in diesem Jahr aufgrund der Haushaltssituation des Landes weiter zurückführen müssen. Das Erfreuliche an der Situation ist aber, Herr Helberg, dass wir erstmals seit Jahren stagnierende Eingangszahlen verzeichnen. Insofern ist das nicht das Problem.

Der zweite Punkt, auf den ich gerne eingehen möchte, betrifft die Bewältigung der Aufgaben der Justizreform. Herr Helberg, Sie kennen das Eckpunktepapier. Die Justizreform als solche bedeutet die Rückführung der Justiz auf ihre Kernbereiche und die Auslagerung von Aufgaben, die überwiegend im exekutiven Bereich liegen. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Justiz von Aufgaben entlastet wird. Insofern wird das nicht zu einem Aufgabenwachstum führen und deshalb schwieriger zu bewältigen sein, sondern das wird dann leichter zu bewältigen sein. Das ist auch ein großes Interesse und ein wichtiges Ziel von mir.

Frau Müller, bitte!

Frau Ministerin, für Sie scheint die Verringerung der Standorte für Registergerichte zu dieser Justizreform dazu zu gehören. Deren Zahl wird in Zukunft von 40 auf 11 reduziert. Wie passt diese Reduzierung von Standorten in dem großen Flächenland Niedersachsen zu der von der Landesregierung propagierten Stärkung des ländlichen Raumes?

Ich schließe meine zweite Frage gleich an: Verfolgt die Landesregierung bei der großen Justizreform und bei dieser Veränderung von Registergerichtsstandorten am Ende die Absicht, kleine Landgerichte in diesem Lande wegrationalisieren zu können?

Sehr geehrte Frau Müller - -

(Zurufe von der SPD: Ja?)

Sehr geehrte Frau Müller - das darf ich ja wohl noch sagen -, ich danke Ihnen für diese Frage.