Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat nun Frau Dr. von der Leyen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Harden, man sollte Ihre Bemerkung, ein Staat habe nicht zu handeln wie eine Familie, sondern er habe sich um Anbieter und Nachfrager zu kümmern, noch einmal aufgreifen. Einer solchen Bemerkung beweist doch folgende Grundhaltung: Das Hier und Heute interessiert uns, weil wir hier und heute agieren. Was nach uns kommt, ist uns einerlei. - Genau das haben wir von Ihnen übernommen.

(Widerspruch von Uwe Harden [SPD])

Wir zahlen heute an jedem Tag 7 Millionen Euro Zinsen für die Schulden, die dieses Land angesammelt hat. Der Staat ist handlungsunfähig geworden, weil Sie die Meinung vertreten haben, er könne sich nicht wie eine Familie benehmen, sondern habe sich um Anbieter und Nachfrager zu kümmern.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe es bereits mehrfach hier im Plenum gesagt und sage es auch heute: Das Aussetzen der Städtebauförderung im Jahr 2005 ist kein Grundsatzausstieg aus der Städtebauförderung. Wir setzen das Engagement lediglich für ein Jahr aus. Unter dem Strich bedeutet das, dass 18 Millionen Euro Landesschulden nicht aufgenommen werden.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Trotzdem ist - auch das klang in den vorigen Reden an - ein Stillstand in den Sanierungsgebieten in der Regel nicht zu befürchten, weil die Städte und Gemeinden in den Vorjahren bewilligte Mittel in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bundes über fünf Jahre strecken können. Außerdem stehen den Städten und Gemeinden in der Regel noch die Mittel aus den Vorjahren zur Verfügung, und in diesem Jahr sind Programmmittel in Höhe von 34 Millionen Euro, verteilt auf fünf Jahre, auf den Weg gebracht worden. Darüber hinaus werden Mittel, die bei einigen Städten und Gemeinden nicht mehr benötigt werden, an andere Kommunen ausgezahlt, bei denen ein vordringlicher Bedarf besteht. Das waren im Haushaltsjahr 2004 ca. 3,5 Millionen Euro.

Des Weiteren läuft die Förderung auf der Grundlage des europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Bereich der Erneuerung städtebaulicher Problemgebiete noch bis zum Ende der Förderperiode 2006 weiter. Auch das sollte nicht verkannt werden. Es ist eine Frage der Abwägung der Möglichkeiten, die wir haben. Es kann nicht sein, dass man grundsätzlich die Haushaltslage des Landes ignoriert und stur den einen Weg fortsetzt. Nein, wir haben uns bemüht, einen Mittelweg zu finden, indem wir ein Jahr aussetzen. Das kann auch durchaus der Beitrag der Bauabteilung zur Konsolidierung dieses Landeshaushaltes sein. Dies sollte nicht verkannt werden.

Nichts steht still, aber manches muss warten und dauert länger. Nur so kann in Zukunft die Städtebauförderung nachhaltig gesichert werden. Das spielt wieder in das Thema „Handlungsfähigkeit des Landes auf die Dauer“ hinein. Herr Harden, Sie sagten, das Land habe kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmeproblem. Dazu würde ich von Ihnen gerne hören, was das auf die Dauer bedeutet. Das kann nur heißen: Steuern rauf!

Das mit dem Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen weiterhin vorgeschlagene Vorgehen,

auch den Wirtschaftsförderfonds für die investiven Teile der Programme anteilig mit heranzuziehen, kann aus rechtlichen Gründen nicht gelingen. Die Städtebauförderungsmittel sind nachrangig zu den anderen Fördertöpfen einzusetzen. Allein die Wohnungsbauförderung und Teile der EU-Förderung bilden hiervon eine Ausnahme.

Schon die Möglichkeit der Förderung einer Einzelmaßnahme mit Mitteln des Wirtschaftsförderfonds schließt eine anteilige Förderung mit Städtebaufördermitteln aus.

Im Übrigen hat die Landesregierung den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, gegebenenfalls die Bundesmittel aus dem Bund-Länder-Programm 2005 in Anspruch zu nehmen, soweit sie bereit und in der Lage sind, den Landesanteil zu übernehmen. Dieser Vorschlag wird von der Landesregierung als sinnvolle Maßnahme erachtet, den Gemeinden die Möglichkeit zur Weiterführung der Städtebauförderung auch in diesem Jahr, wenn auch auf geringerem Niveau, zu geben.

Da die jeweiligen Problemlagen in den Sanierungsgebieten - auch das klang bereits in den Vorreden an - verschieden sind, kann nicht vorausgesagt werden, wie die Städte und Gemeinden in diesem Fall in diesem Jahr handeln werden. Aussagen der Landesregierung zu der Frage, welche Kommunen - gegebenenfalls in welcher Höhe -, von dem Angebot Gebrauch machen werden, wären zu diesem Zeitpunkt und in dieser Situation noch völlig unvollständig und von daher spekulativ. Deshalb kann ich hierzu keine weitere Äußerung machen. Dies gilt insbesondere, da die Vorbereitung und Durchführung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen einschließlich ihrer Finanzierung in die Zuständigkeit der Gemeinden und damit in ihren eigenen Wirkungskreis fällt.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Städte und Gemeinden haben bis Ende Februar 2005 Zeit, um zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Hinzu kommt: Es ist noch nicht absehbar, in welcher Höhe der Bund ab 2006 die Bundesfinanzhilfen für die Städtebauförderung bereitstellen wird. Es liegt einfach noch keine Verwaltungsvereinbarung vor; das ist der Ablauf der Dinge. Auch davon wird die landesseitige Gegenfinanzierung abhängen.

Dennoch sollte an dieser Stelle ein Ausblick auf die Zukunft erlaubt sein. Wir beabsichtigen, wie bereits angekündigt, bereits ab 2006 die Städtebau

förderung einschließlich der neuen Programmkomponente Stadtumbau West wieder zu veranschlagen, sodass den Kommunen weiterhin eine Planungssicherheit gegeben wird. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Thorsten Thümler zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Harden, wir können hier mit Sicherheit über das Thema kontrovers streiten. Aber wenn wir kontrovers streiten, dann sollten wir auch im Interesse der Zuhörer ehrliche Zahlen nennen.

Erstens. Sie haben die Arbeitslosenquote erwähnt. Wenn Sie den Ländervergleich richtig lesen würden, würden Sie sehen, dass sich Niedersachsen vom Jahre 2003, als wir auf dem 9. Platz standen, durch die gute und erfolgreiche Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung auf den 7. Platz im Dezember 2004 heraufgearbeitet hat. Wir werden uns weiter in die richtige Richtung vorarbeiten.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Uwe Harden [SPD])

Zweitens. Herr Kollege, ich sage Ihnen das ganz deutlich: Ich bin seit zwei Jahren Mitglied im Niedersächsischen Landtag und schaue mir jeden Tag die Schuldenuhr an. Durch Ihre Verschuldungspolitik der letzten Jahren haben wir die Situation, dass 2,5 Milliarden Euro je Jahr an Zinsen zu zahlen sind; Geld, das für Investitionen im Straßenbau fehlt, Geld, das für Investitionen im Städtebau oder für Dorfsanierungen fehlt.

Herr Kollege Harden, Sie sollten sich eines merken: Eine Verschuldungspolitik, wie Sie sie wollen, ist auf Dauer zutiefst unsozial. Und das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um ein

Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Erste war die Mehrheit.

Meine Damen und Herren, bevor ich nun den Tagesordnungspunkt 17 aufrufe, möchte ich, weil ich schon mehrfach gefragt worden bin, aber von den Parlamentarischen Geschäftsführern nichts gehört habe, vorschlagen, dass wir nach der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 17 in die Mittagspause gehen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wie abge- sprochen!)

- Das Präsidium wusste das aber nicht. - Wir treffen uns dann um 14.30 Uhr wieder hier im Plenarsaal.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 17: Zweite Beratung: Steuerbetrug bekämpfen, Steuergerechtigkeit herstellen, Finanzämter stärken - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1406 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1647 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/1630

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das muss ich dann alles wieder gerade stellen, was Sie jetzt sagen!)

Das müssen Sie nicht, Herr Althusmann. Sie können das so akzeptieren und im Raum stehen lassen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf 16 bis 20 Milliarden Euro wird allein der Betrag geschätzt, der bei der Mehrwertsteuer hinterzogen wird. Das ist ein gigantischer Betrag. Wenn man diesen Betrag auf das Land Niedersachsen umrechnet, käme eine ganz erkleckliche Summe heraus.

Wir haben im Ausschuss unseren Antrag beraten. Leider bestand keine Bereitschaft, auf unsere Vorschläge einzugehen und zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu kommen. Wir haben Ihnen einen Vorschlag mit vier konkreten Punkten vorgelegt. Wir meinen, dass der Handlungsbedarf sehr groß ist, weil es zum einen in der Öffentlichkeit nicht mehr akzeptiert wird, dass Steuern insbesondere auch durch Unternehmen und mafiöse Strukturen im Bereich der Karussellgeschäfte hinterzogen werden, die die öffentliche Hand Milliardensummen kosten, und weil zum anderen unsere öffentlichen Haushalte tief in den roten Zahlen stecken und diese Gelder daher dringend benötigt werden.

In der Föderalismuskommission hatte sich eine Arbeitsgruppe auf einen Fünf-Punkte-Plan verständigt, der eine Reihe von Elementen vorsah, die auch wir in unserem Antrag aufgegriffen haben, beispielsweise die bessere Bund-Länder-Koordination beim Bundesamt für Finanzen und die stärkeren Kompetenzen bei der Koordinierung von Betriebsprüfungen, Steuerfahndung und Betrugsbekämpfung; oder die Vernetzung der Finanzbehörden der Länder, z. B. durch eine einheitliche Software. Auch die Vernetzung im EU-Kontext, ganz besonders im Bereich der neuen Beitrittsstaaten, ist wichtig und wurde auch hier genannt. Leider ist die Föderalismuskommission, die Föderalismusreform, insbesondere auch am Widerstand Niedersachsens gescheitert. Aber wir dürfen jetzt die Hände nicht in den Schoß legen, sondern müssen ganz konkrete Schritte einleiten.

Ich glaube, wir sollten jetzt in jedem Fall die Schritte umsetzen, die Niedersachsen ganz allein bewerkstelligen kann. Dazu gehört, dass wir die Teamarbeit in den Finanzämtern stärken, dass wir keinen Personalabbau ohne Aufgabenabbau betreiben und dass wir die Finanzämter nicht austrocknen, indem wir die Anwärterzahlen so niedrig ansetzen, dass es am Ende nicht mehr gelingt, alle Dinge, die notwendig sind, abzuarbeiten.

Wir dürfen vor groß angelegtem Steuerbetrug, insbesondere bei Karussellgeschäften im Bereich der Umsatzsteuer, nicht kapitulieren. Angesichts der Globalisierung der Wirtschaft müssen die Handlungsfähigkeit der Steuerbehörden und damit auch die solidarische Finanzierung unseres Gemeinwesens gesichert werden.

Im Handelsblatt vom 8. Dezember letzten Jahres, meine Damen und Herren, wurden zwei Ländermi

nister genannt, die sich in den letzten Monaten verstärkt um einen Kampf gegen Steuerhinterziehung bemüht haben. Bayern und Rheinland-Pfalz wurden dort erwähnt. Von Niedersachsen hört man nichts, Niedersachsen gehört nicht dazu. Niedersachsen gehört nicht zur Vorhut - und auch nicht zur Nachhut. Niedersachsen gehört vielmehr zu einer Gruppe, der man schon eher fahrlässige Beihilfe zur Steuerhinterziehung unterstellen muss,

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Oh! bei der CDU)

weil sie einen Personalabbau ohne Aufgabenabbau betreibt und sich weitergehenden Vorschlägen zur Organisationsreform verschließt. Ich lasse mich hier gern eines Besseren belehren. Ich bin gespannt auf Ihre Vorschläge. Im Ausschuss musste ich aber leider feststellen, dass an dieser Stelle nicht mehr möglich war. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Möllring.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wenzel, bezüglich des Bankenverfahrens, das unter meinem Vorgänger, Ihrem Sitznachbarn, Herrn Aller, in Niedersachsen eingeführt worden ist, liegen wir in Niedersachsen bundesweit vorn. Kein anderes Bundesland hat bisher so viele Verfahren abgearbeitet wie wir.

(Beifall bei der CDU)