Protokoll der Sitzung vom 25.02.2005

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Vielleicht sollten Sie darüber auch mal mit Ihrer Bundestagsfraktion reden!)

- Herr Janßen, durch lautes Schreien wird es auch nicht besser.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erhält der Kollege Gabriel noch einmal eine Redezeit von drei Minuten.

Herr Minister, es geht nicht um die Lautstärke, sondern um die Inhalte.

(Lachen und Zustimmung bei der CDU)

- Da können Sie so viel lachen, wie Sie wollen. Wenn Sie der EU-Kommission jahrelang sagen „Bitte mehr Liberalisierung, kein Schutz der Arbeitnehmer durch Tarifverträge, weg mit Tarifverträgen, weg mit sozialen Regelungen, immer mehr Wettbewerb“, dann können Sie die EUKommission hinterher doch nicht bei den technischen Details dafür beschimpfen, dass sie das umsetzt, was Sie sonst öffentlich von ihr fordern. Darum geht es doch.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Sie wissen, dass das nicht stimmt!)

Bei der Konsequenz Ihrer Politik kommen Sie ins Schlingern. Sie versuchen, etwas zu verhindern, wozu Sie die zuständige Kommission vorher permanent aufgefordert haben.

(David McAllister [CDU]: Das sagt der Richtige!)

Wir wollen von Ihnen wissen, wie Sie sich positionieren. Sind Sie dafür, dass wir den Arbeitern und Angestellten in den deutschen Häfen - egal, aus welcher Nation sie kommen - in die Hand versprechen „Wir werden dafür kämpfen, dass jemand, der in einem deutschen Hafen arbeitet - egal, woher er kommt -, zu den deutschen Bedingungen entlohnt wird und unter den deutschen Bedingungen arbeiten kann und nicht unter Bedingungen, die in Korea, Shanghai oder sonst irgendwo üblich sind, arbeiten muss“? Das wollen wir wissen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das haben wir doch gerade gesagt!)

Wenn Sie ihnen das in die Hand versprechen wollen, dann gilt das für alle Fragen in der EU. Darum geht es. Für uns Sozialdemokraten ist klar, dass der Internationalismus die Seite gewechselt hat. Er ist jetzt sozusagen im Wettbewerb gegen die Schutzinteressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir wollen den Leuten versprechen: Wer bei uns arbeitet - egal. woher er kommt -, der hat von uns die Zusage, dass wir dafür kämpfen, dass im Wettbewerb die deutschen Arbeitsbedingungen gelten und nicht die Arbeitsbedingungen aus Shanghai oder Korea. Wir wollen wissen, wie Sie sich dazu verhalten.

(Björn Thümler [CDU]: Das haben wir doch gerade gesagt!)

- Nein, Sie machen das Gegenteil. In der Bundespolitik und in der Europapolitik sind Sie allgemein dafür, die Tarifverträge abzuräumen und einen grenzenlosen Wettbewerb herbeizuführen. Dann aber, wenn die EU-Kommission das konkret umsetzt, jammern Sie hier herum. Sie beklagen die Folgen Ihrer eigenen Politik.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Janßen, bitte schön! Sie haben noch eine halbe Minute.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das reicht auch!)

- Gut, das ist schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz. Herr Thümler hat eben klar und deutlich vorgetragen, dass man sich in den Regierungsfraktionen einig sei, Port Package II abzulehnen. Ich würde Ihnen empfehlen, den Antrag, den Sie hier eingebracht haben, in der vorliegenden Form auch an Ihre Bundestagsfraktion zu schicken; denn diese spricht sich ganz klar dafür aus, dass Europa im Bereich des Transportsektors inklusive der Hafendienstleistungen eine Liberalisierung und Harmonisierung einfordern sollte.

(Björn Thümler [CDU]: Ich bin nicht für die Bundestagsfraktion verantwortlich! Wir sind hier in Niedersachsen!)

Ich würde Ihnen empfehlen, das in Ihrer eigenen Partei auf den Weg zu bringen. - Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat empfiehlt, den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr federführend mit diesem Antrag zu befassen und den Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ mitberatend zu beteiligen. Gibt es andere Vorstellungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich teile Ihnen mit, dass der Tagesordnungspunkt 33 nach den strittigen Eingaben behandelt wird.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 39: Erste Beratung: Ausbau der Mittelweser und Bau der Schleusen in Minden und Dörverden - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/1688

Der Kollege Heineking hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der geplante Ausbau der Mittelweser zwischen Bremen und Minden sowie der Bau der Schleusen in Minden und Dörverden sind für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes Niedersachsen sowie seiner Binnen- und Seehäfen von großer Bedeutung.

Dies geht aus einer gesamtwirtschaftlichen Bewertung hervor, die das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen angeordnet hat. Die gesamtwirtschaftlichen Bewertungsrechnungen wurden auf der Basis aktualisierter Umschlags- und Verkehrsprognosen anhand der Bewertungsmethodik des Bundesverkehrswegeplans durchgeführt und liegen bereits seit Juni 2003 vor.

Die Verantwortlichen in Berlin, insbesondere der Bundesverkehrsminister, scheinen dieses zu ignorieren. Denn gemäß Bundeshaltsplan 2005 stehen für den Mittelweserausbau maßnahmenscharf nur 50 000 Euro zur Verfügung. Damit sind in 2005 nur Voruntersuchungen finanzierbar.

(Björn Thümler [CDU]: Ungeheuer- lich!)

Für den Mittelweserausbau wurden ab 2006 und für den Ersatz der Schleuse in Minden ab 2007 Haushaltsmittel beim zuständigen Ministerium beantragt. Leider ist derzeit nicht absehbar, ob bzw. in welchen Jahresraten entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.

(Björn Thümler [CDU]: Unverantwort- lich!)

Deshalb halte ich es für notwendig, dass unsere Landesregierung die Bundesregierung an ihre Versprechen und Pflichten erinnert

(Beifall bei der CDU)

und sich für die Bereitstellung der Mittel für den Ausbau der Mittelweser im Bundesverkehrswegeplan einsetzt.

(Björn Thümler [CDU]: Nachdrück- lich!)

Im Übrigen scheint die Bundesregierung die wirtschaftliche Bedeutung der Hafenwirtschaft in Niedersachsen nicht zu kennen. Denn aus dem Bundesverkehrswegeplan 2003 ergibt sich für die im Vordringlichen Bedarf genannten Investitionen für

Aus- und Neubauprojekte aller Bundeswasserstraßen ein Finanzierungsbedarf von 5,1 Milliarden Euro. Ausgewiesen hat der Bund allerdings nur 0,9 Milliarden Euro.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Schä- men sollten die sich!)

Der Ausbau der Mittelweser ist als „fest disponiertes Vorhaben“ im Vordringlichen Bedarf

des Bundesverkehrswegeplans 2003 ausgewiesen worden. Der Bund hat sich in einer Vereinbarung mit den Küstenländern verpflichtet, die Maßnahmen an der Mittelweser bis spätestens 2010 fertig zu stellen. Zur Erreichung dieses Zieles muss der Bund die Maßnahmen an der Mittelweser mit höchster Priorität behandeln und die notwendigen Baukosten im Bundeshaushalt vorrangig sicherstellen.

Zu Ihrer Information ist noch Folgendes zu erwähnen: Der Ausbau der Mittelweser ist bereits im Jahr 1987 zwischen dem Bund und dem Land Bremen durch ein Verwaltungsabkommen vereinbart worden. Die Fertigstellung der Maßnahmen an der Mittelweser sollte zeitgleich mit der Fertigstellung der Weststrecke des Mittellandkanals erfolgen. Der Bund hat diese Zusage nicht eingehalten. Damit sowohl der Bau der Schleusen in Dörverden und Minden als auch der Ausbau der erforderlichen Flussstrecken sowie der Schleusenkanäle an der Mittelweser für einen Verkehr mit bis zu 135 m langen Großmotorgüterschiffen und Schubverbänden bis 139 m bis spätestens zum Jahr 2010 abgeschlossen ist, muss der Bund entsprechende Mittel im Bundeshaushalt abbilden.

Problem wird sein, dass durch die verantwortungslose und ideelle Politik des Bundes erhebliche Finanzierungslücken im Bundesverkehrswegeplan entstanden sind. Die Einnahmen aus der Mautgebühr sollen hier angeblich Abhilfe schaffen. Nach dem politischen Fiasko des Bundesverkehrsministers bei der Einführung der Maut

(Werner Buß [SPD]: Ihr wolltet die ja gar nicht!)

- schließlich haben wir anderthalb Jahre lang überhaupt keine Einnahmen aus der Maut erhalten scheinen jetzt die Ansätze des Bundes für die Einnahmen aus der Mautgebühr viel zu hoch zu sein. Denn die Erwartungen der ersten Wochen wurden bei weitem nicht erreicht. Möglicherweise ist auch der Anteil der Lkw, für die keine Maut bezahlt wird,

höher, als die vom Ministerium bzw. von Toll Collect angegebenen 3 %.

Es ist zu befürchten, dass der Bund beim Ausbau der Mittelweser ähnlich verfährt wie beim Ausbau der Bundesstraße B 6 von Neustadt nach Nienburg/Weser. Der Bundesverkehrsminister und ein SPD-Abgeordneter haben sich im Jahre 2002 für den unmittelbar bevorstehenden Startschuss zum Ausbau der B 6 in der Presse feiern lassen und dazu animiert, Sektkorken knallen zu lassen. Bis heute, über drei Jahre später, hat die Bundesregierung nicht einen Cent für diese Maßnahme bereitgestellt!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Das ist ja uner- hört!)