Protokoll der Sitzung vom 14.05.2003

Wir müssen darauf achten, dass während der Schulzeit auch tatsächlich Unterricht stattfindet und nicht immer mehr - ich sage das ganz offen für an und für sich nicht unsympathische Aktionen und Aktionstage verbraucht wird. Das steht der Erteilung des Unterrichtsstoffes manchmal entgegen. Wenn Lehrerfortbildung, Dienstbesprechungen und Kollegiumsausflüge in die unterrichtsfreie Zeit gehören, dann gilt dieses auch für die eine oder andere Schüleraktivität.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In diesem Zusammenhang muss auch der Unterrichtsversorgungserlass überprüft werden. Der Landesrechnungshof hat hierzu Vorschläge in Bezug auf die Differenzierung von Grundbedarf und Zusatzbedarf gemacht, die von allen Seiten mit großem Interesse und grundsätzlicher Zustimmung aufgenommen worden sind. Modelle anderer Bundesländer sind dabei einzubeziehen. Ihre Übertragbarkeit, z. B. auch auf Niedersachsen, ist zu überprüfen.

Meine Damen und Herren, ich danke an dieser Stelle ausdrücklich dem Ministerpräsidenten Christian Wulff, den Kabinettskolleginnen und Kabinettskollegen, insbesondere auch noch einmal unserem Finanzminister, dass in dieser schwierigen Zeit das richtige Signal gesetzt worden ist und für unsere Schulen 2 500 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich danke ausdrücklich auch den Regierungsfraktionen von CDU und FDP für ihre konstruktive Mitarbeit an unserem gemeinsamen Ziel, gute und gerechte Bildungschancen herzustellen. Ich weiß mich in der Verpflichtung, die zur Verfügung gestellten Ressourcen konsequent und nachhaltig zum Wohle unserer Schülerinnen und Schüler auszunutzen.

Schülerpflichtstunden bedeuten eben nicht nur eine Verpflichtung der Schülerinnen und Schüler, diese Unterrichtsstunden zu besuchen. Sie bedeuten auch eine Verpflichtung des Landes und der Schulbehörden, diese Stunden auch bereitzustellen. Diese Verpflichtung nehmen wir ernst und machen sie zu unserer Leitlinie!

Die neue Landesregierung steht für einen konsequenten bildungspolitischen Kurs. Wo es sinnvoll und notwendig ist, werden Entscheidungen der Vorgängerregierung weiterentwickelt und fortgeführt. Wir setzen aber konsequent auf ein begabungsgerechtes und damit auf ein gegliedertes Schulwesen. Wir stehen für einen freien Elternwillen, für eine verbesserte Beratung und Unterstützung der Erziehungsberechtigten und damit für mehr Erziehungspartnerschaft. Wir setzen konsequent auf das Abitur nach zwölf Schuljahren, um im deutschen und europäischen Kontext mithalten zu können. Wir wissen, dass Bildungschancen Zukunftschancen zum Wohle der betroffenen Schülerinnen und Schüler sind. Wir wollen nicht,

dass niedersächsische Schülerinnen und Schüler länger zu den Verlierern nationaler und internationaler Leistungsvergleiche gehören, sondern sie sollen zu den Siegern von morgen zählen.

(Zustimmung von Dr. Philipp Rösler [FDP])

Dazu wollen wir mit unserer Bildungsreform auf der Basis einer gesicherten Unterrichtsversorgung einen zentralen Beitrag leisten. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke sehr. - Das Wort hat der Kollege Jüttner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, als wir in der letzten Woche zur Kenntnis bekamen, dass es eine Regierungserklärung zum Thema Schulpolitik geben würde, waren wir freudig erregt, was es denn Neues aus Ihrem Hause geben würde. Als ich gestern Abend dankenswerterweise die Rede vorab zur Verfügung bekam, war ich sehr erstaunt; das muss ich schon sagen. Zum Ansinnen, Schulpolitik auf Unterrichtsversorgung zu verkürzen, will ich mal mit Wolf Biermann sagen: Das kann doch nicht alles gewesen sein!

(Beifall bei der SPD)

Was wollte Herr Busemann uns mit seiner Rede sagen? - Ich glaube, dass ihm zwei Botschaften am Herzen lagen. Die erste Botschaft - das braucht man manchmal -: die Vorgängertruppe zur Chaostruppe erklären.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das war ja auch so! Das kann man ihm nicht übel nehmen!)

Die zweite Botschaft: sich selber als redlichen, soliden Bildungspolitiker darstellen, der vor allem Unterrichtsversorgung gewährleistet.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Klatschen Sie, meine Damen und Herren. Viel Gelegenheit werden Sie dazu während meiner Rede nicht mehr haben; da können Sie sicher sein.

Nehmen wir einmal das Thema Eingangsbilanz. Ich finde das in Ordnung. Wenn man neu anfängt, guckt man, was man übernimmt. Aber wenigstens eine Voraussetzung muss doch gewährleistet sein: Der Umgang mit der Wahrheit muss stimmen. Darin stimmen doch auch Sie mir zu.

(Zurufe von der CDU)

Wenn ich mir das ansehe, was Herr Busemann vorgetragen hat, dann stelle ich fest, dass er dieses Kriterium dramatisch verfehlt hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich weiß nicht, ob man es Fälschung nennen kann.

(Oh! bei der CDU)

Aber es ist gedehnt, es ist verbogen worden, und zwar nach Strich und Faden, meine Damen und Herren. Ich will Ihnen ein paar Beispiele geben. Sie erzählen von den 700 Lehrerinnen und Lehrern, die im November eingestellt worden sind, und erklären hier, die hingen in der Luft.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: So ist es ja auch!)

In welcher Luft denn, meine Damen und Herren? Die sind in den Schulen, unterrichten dort und beziehen monatlich ihr Gehalt.

(Lachen bei der CDU)

- Wissen Sie, warum? - Weil die Finanzierung für dieses Jahr gewährleistet war und weil klar war - das können Sie den Reden entnehmen, die in diesem Hause in den letzten Monaten gehalten wurden, als wir noch die politische Verantwortung hatten -, dass das allerdings nachtragshaushaltsrelevant sein würde.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch und Lachen bei der CDU und bei der FDP - Glocke des Präsidenten)

- Nun regen Sie sich doch nicht auf! - Das hat Frau Jürgens-Pieper, das hat Herr Wulf Ihnen noch im Januar-Plenum im Detail erläutert. Ich kann nichts für Ihre Vergesslichkeit, aber wir machen die uns nicht zu Eigen, meine Damen und Herren.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das glaube ich!)

Dann äußern Sie sich zum Thema Verlässliche Grundschule und weisen darauf hin, dass da nichts

finanziert sei. Ein Blick in die Mittelfristige Planung genügt, meine Damen und Herren. Dort sind für 2003 51,5 Millionen etatisiert, dort sind für 2004 54,9 Millionen etatisiert, dort sind für 2005 54,9 Millionen etatisiert. Wir haben verantwortlich Projekte auf den Weg gebracht und für die Finanzierung auf Dauer gesorgt, meine Damen und Herren. Das war sozialdemokratische Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Wie muss denn in der Öffentlichkeit der Hinweis von Herrn Busemann ankommen, hier sei in den letzten Jahren mit dem Thema Unterrichtsversorgung schludrig umgegangen worden?

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Das stimmt!)

Allein im Jahre 2002 sind in Niedersachsen 3 600 Neueinstellungen vorgenommen worden, meine Damen und Herren. Glauben Sie, die Bevölkerung merkt das nicht, und die kommen in den Schulen nicht an? Was soll denn das?

(Beifall bei der SPD - Hans-Christian Biallas [CDU]: Das stimmt doch!)

Das heißt doch im Fazit, Herr Busemann - das müssten Sie dann in Ihrer Rede ergänzen -, dass die SPD-Landesregierung in den letzten Jahren den Bildungshaushalt kontinuierlich hat anwachsen lassen, und zwar seit 2000 um 160 Millionen Euro.

Ich sage Ihnen als früherer Umweltminister einmal Folgendes: Als Ressortchef hat das nicht nur Spaß gemacht, weil das dazu geführt hat, dass in den anderen Ressorts eingespart worden ist. Aber das Kabinett Gabriel hat dies in seiner Gesamtverantwortung für richtig empfunden und eine Stärkung des Bildungshaushaltes bewusst bewirkt. Von daher, meine ich, empfinden wir Genugtuung über das, was wir da geleistet haben.

Wenn es um Redlichkeit an einer solchen Stelle geht, will ich Ihnen einmal sagen: Ein Blick in die Mittelfristplanung genügt. Was wir im letzten Juni hier als Schulgesetz verabschiedet haben, hat sich in der mittelfristigen Finanzplanung im Jahre 2004 mit 103,2 Millionen Euro - schreiben Sie mit, Herr Klare! -, im Jahre 2005 mit 97 Millionen Euro und im Jahre 2006 mit 112,8 Millionen Euro niedergeschlagen.

Der gegenwärtige Gesetzentwurf der beiden Regierungsfraktionen enthält meines Wissens zwei Zeilen zum Thema Finanzierung. Da steht: Zusätzli

che Finanzierung wird nicht notwendig. Alles erledigt sich durch Tun. - Dazu haben wir, die Grünen und der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst darauf hingewiesen, dass das mit der Verfassung nicht vereinbar ist und im Fachausschuss oder im Finanzausschuss die Zahlen dazu vorzulegen sind, welche finanzielle Folgen Ihr Gesetzentwurf hat. Diesen Nachweis können Sie bis heute aber nicht erbringen, obwohl Sie schon in der nächsten Plenarsitzung im Juni das Gesetz verabschieden wollen.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Sie haben in der letzten Woche im Finanzausschuss diesen Tagesordnungspunkt vertagt, meine Damen und Herren, weil noch nichts vorlag. Ist Ihnen das nicht peinlich? Dann stellen Sie sich aber hier nicht hin und reden von Verantwortlichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss schon sagen, das ist eine dreiste Nummer, meine Damen und Herren.

Aber wir haben zur Kenntnis genommen: Auch die vorherige Landesregierung hat nicht alles schlecht gemacht. Herr Busemann hat es eingeräumt. Naturwissenschaftlicher Unterricht - richtig! Wir haben 56 Millionen Euro bis 2005 im Finanzplanungsprogramm veranschlagt. Wir haben im Bereich der Gymnasien eine 25-prozentige Stundenerhöhung veranschlagt, meine Damen und Herren. Wir haben beim Thema Hochbegabtenförderung im Jahre 2002 16 Kooperationsverbünde auf den Weg gebracht.