Protokoll der Sitzung vom 18.05.2005

Dann gibt es weitere 400 ha Fläche im Voslapper Groden. Eigentümerin ist zu drei Vierteln das Land Niedersachsen und lediglich zu einem Viertel die Stadt Wilhelmshaven durch eine Tochtergesellschaft. Diese Fläche ist nicht unproblematisch. Sie ist zumindest als FFH-Verdachtsfläche zu bewerten. Sie ist teilweise von möglicherweise schützenswerten Biotopen durchsetzt. Die Planung ist aus naturschutzrechtlicher Sicht sicherlich möglich, aber eher problematisch.

Beplanen Sie nun beide Flächen in einem Projekt gleichzeitig, so holen Sie sich die Probleme auf dem Voslapper Groden automatisch in das unbelastete Gebiet des Hafengrodens. Die Folge wäre bestenfalls eine drastische Verlängerung der Planungsphase. Aber die können wir bei diesem Projekt weiß Gott nicht gebrauchen.

Ich frage Sie: Müssen wirklich 570 ha Fläche zeitgleich auf den Markt gebracht werden? - Das muss aus rechtlichen wie wirtschaftlichen Gründen eben nicht sein, sondern es ist absolut richtig, in einem ersten Schritt die unproblematische Fläche, nämlich den Hafengroden, zu vermarkten. Nur darum geht es.

Die Vermarktung erfolgt nicht zeitgleich. Die Vermarktung erfolgt aber bedarfsgerecht. Herr Gabriel, genau das steht im Übrigen in der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und der Stadt Wilhelmshaven. Da steht nicht „zeitgleich“, sondern „bedarfsgerechte Vermarktung beider Flächen“.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP- Zuruf von der CDU: Lesen!)

Daraus nun einen Vertragsbruch des Landes Niedersachsens zu konstruieren, ist schlicht und ergreifend abwegig.

Dem Land gehören - ich hatte es gerade gesagt drei Viertel des Voslapper Grodens. Wir haben als Land Niedersachsen doch ein eigenes Interesse daran, auch diese Flächen zu vermarkten. Daraus eine Änderung des Hafenkonzeptes herzuleiten, ist völlig daneben. Daraus zu schließen, wie es in der Zeitung stand, das Land Niedersachsen führe seine Finanzierung zurück, ist ebenso unzutreffend.

Ich möchte an dieser Stelle eines ganz deutlich sagen: Sollten Sie, Herr Gabriel, zu dieser Attacke von Teilen der SPD-geführten Stadtverwaltung angestiftet worden sein - davon muss ich leider ausgehen, weil wir vor Ort gerade eine nicht unähnliche Diskussion führen -,

(Sigmar Gabriel [SPD]: Das ist ja ko- misch!)

so setzen Sie sich bitte stattdessen dafür ein, dass aufseiten der Stadt Wilhelmshaven ein professionelles, realitätsbezogenes Management in dieser Frage einzieht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie, Herr Gabriel, haben versucht, in dieses Projekt eine Unsicherheit zu säen. Das halte ich für verantwortungslos. Aber es wird Ihnen auch nicht gelingen. Sie müssen sich wirklich die Frage stellen lassen, ob Sie das Projekt damit tatsächlich gefördert haben.

Für die CDU-Fraktion sage ich: Wir werden das Projekt weiter realisieren. Wir als CDU-Fraktion stehen voll und ganz dahinter und werden die Landesregierung in diesem Bereich weiter unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat Herr Kollege Oppermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte über die Behandlung des wichtigsten Investitionsprojektes im Lande Niedersachsen, nämlich des JadeWeserPorts, hat eines gezeigt: Die Landesregierung hat stillschweigend einen Kurswechsel vorgenommen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wie bitte? Haben Sie gerade nicht zugehört?)

Sie hat sich von der großen Lösung verabschiedet; sie verfolgt eine kleine Lösung. Dass Sie, Herr Biestmann, als Abgeordneter aus Wilhelmshaven

(David McAllister [CDU]: Biester!)

das auch noch mittragen, halte ich für unglaublich.

(Beifall bei der SPD)

Aber zunächst zum Ausgangspunkt, meine Damen und Herren.

(David McAllister [CDU]: Es spricht der Hafenexperte aus Göttingen!)

Die maritime Verbundwirtschaft ist einer der Wirtschaftszweige, in denen Niedersachsen nicht nur besonders stark ist, sondern die auch ein überproportionales Wachstumspotenzial haben. Allein die Containerverklappung soll in den nächsten 15 Jahren um 6 % pro Jahr wachsen. Dieses Wachstum können wir für Niedersachsen aber nur dann abschöpfen, wenn wir in Wilhelmshaven das Projekt JadeWeserPort so gestalten, wie es ursprünglich vorgesehen war. Was Sie im Augenblick mit der kleinen Lösung vorhaben, ist die Erschließung des Terminals und die Erschließung des Hafengrodens mit 170 ha. Dann wollen Sie Schluss machen. Mit dieser kleinen Lösung brechen Sie die umfassende Wertschöpfungskette der maritimen Verbundwirtschaft vorzeitig ab.

(Beifall bei der SPD)

In der Machbarkeitsstudie des NIW, in der ja mehrere Gutachten zu diesem Thema verarbeitet wurden, war ein Arbeitsplatzpotenzial von 5 000 Arbeitsplätzen vorgesehen. Auf den Hafen allein, auf den Umschlag der Container, entfallen lediglich 1 000 bis 1 100 Arbeitsplätze. Das Hauptpotenzial ist in der Erschließung des Hafenvorlandes zu

finden. Wenn diese nicht zeitgerecht betrieben wird, Herr Biester - Entschuldigung, dass ich Sie vorhin falsch angesprochen habe -, dann werden andere, aber nicht mehr wir, diese Arbeitsplätze an ihren Standorten realisieren.

In Wilhelmshaven ist in einem Grundsatzvertrag und in einem Kooperationsvertrag vereinbart worden, dass die Grundstücke in einer Vermarktungsund Immobiliengesellschaft gemeinsam vermarktet und erschlossen werden. Ich möchte zitieren, was Dr. Erdmann bei den Langeooger Gesprächen auf ein Zitat im Magazin Gegenwind geantwortet hat:

„Zuerst werden die allein Niedersachsen gehörenden Flächen, besonders die 170 ha Hafengroden, bis auf den letzten Quadratmeter vermarktet, bevor Flächen der Städte und Gemeinden vermarktet werden dürfen. Und diese Vermarktung wird vom Land Niedersachsen selbst, ohne die Städte und Gemeinden, gemacht. Da redet uns niemand rein.“

Das sagte der in der Stabsstelle für den JadeWeserPort zuständige Mitarbeiter des Ministers. Das ist nicht der Geist der Kooperation. Das ist nicht der Geist des Vertrages, den Sie mit der Stadt Wilhelmshaven abgeschlossen haben.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch nicht wahr!)

Diese Grundstücke sollen gemeinsam vermarktet werden. Aber wenn Sie nicht beizeiten damit beginnen, werden Sie es nicht schaffen. Diese Grundstücke müssen national und international vermarktet werden. Der Hafen wird in 2009 fertig sein. Dann müssen Sie im Prinzip schon die ersten Grundstücke, auch im Hafenvorland, beim Voslapper und Rüstersieler Groden, in die Vermarktung gebracht haben.

Herr Oppermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Biester?

Ja, bitte schön!

Herr Oppermann, ist Ihnen bekannt, dass die Zeitung Gegenwind quasi das offizielle Organ der Gegner des JadeWeserPorts ist?

Das muss aber doch nicht heißen, dass sie falsch zitiert. Das kann durchaus korrekt zitiert sein. Wir werden ja gleich hören, was Herr Hirche zu diesem Thema sagt.

Wir hatten ursprünglich vorgesehen - übrigens mit der Stadt Wilhelmshaven und den benachbarten Landkreisen -, die Flächen gemeinsam zu vermarkten. Jetzt wollen Sie es offenkundig alleine und auf einem engeren Areal machen, als es ursprünglich vorgesehen war. Sie wollen allem Anschein nach nicht die ganze maritime Verbundwirtschaft in das Konzept hineinholen. Arbeitsplätze entstehen dort, wo die Verpackungsindustrie, die ganze Logistik und die Ausrüster angesiedelt werden. Dazu brauchen Sie diese Flächen. Aber das machen Sie im Augenblick nicht. Davon haben Sie sich verabschiedet.

Herr Wirtschaftsminister, wir haben Ihnen mit dem JadeWeserPort einen Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt. Sie müssen ihn eigentlich nur noch reinhauen. Aber im Augenblick zögern Sie. Wir haben es schon geahnt: Wir müssen Sie jetzt auch noch von hinten anschieben, weil Sie für den Anlauf nicht mehr genug Kraft haben.

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind ein wilder Fußballkerl!)

Herr Hirche, ich sage Ihnen: Verderben Sie nicht die gute Aufbruchstimmung in Wilhelmshaven! Stellen Sie sich hinter das Konzept, und kehren Sie zu der großen Lösung zurück!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Der Kollege Riese hat das Wort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir könnten es Sigmar Gabriel ja noch verzeihen, dass er sich in der Oppositionspolitik als ein ebenso schwacher Politiker erweist, wie er das als Ministerpräsident des Landes Niedersachsen schon getan hat.

(Heidrun Merk [SPD]: Unverschämt- heit!)

Wir können es ihm allerdings nicht verzeihen, dass er den Ministerpräsidenten, den Wirtschaftsminister und die Mehrheit dieses Parlamentes dadurch verstimmt, dass er mit der Kehrseite das wieder umstößt, was er mit den Händen aufgebaut hat.

Vor der Landtagswahl im Jahre 2003 ist Sigmar Gabriel als Ministerpräsident durch die Lande gereist und hat darauf hingewiesen, dass im Jahre 2003 der Baubeginn beim JadeWeserPort sein würde. So viel Lob muss sein, Herr Ministerpräsident a. D.: Natürlich haben Sie Ihren Anteil an dem größten Investitionsprojekt im Lande Niedersachsen gehabt, das zukunftsgerichtet und ein wichtiger Baustein im weltweiten Containerverkehr ist, an dem das Land Niedersachsen dann seinen Anteil haben wird.

(Erhard Wolfkühler [SPD]: Genau!)

Aber die Hafenpolitiker Ihrer Fraktion, nämlich Herr Wolfkühler, Herr Buß, Herr Haase, Herr Johannßen und andere Kollegen, müssen sich winden. Es bleibt ihnen auch nichts anderes übrig, als sich zu winden, weil Sie mit dem Aufschlag in der Nordwest-Zeitung begonnen haben, den Konsens, der nun einmal zur Hafenpolitik gehört, aufzukündigen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In genau diese Kerbe hat leider gerade der Kollege Oppermann mit Kraft geschlagen. Nur im Konsens, nur dadurch, dass wir dieses Projekt als ein gemeinsames Projekt des Landtages miteinander weiter betreiben - mit Ausnahme natürlich der bekannt infrastrukturfeindlichen Fraktion der Grünen, die wir nicht anders kennen -, haben wir die Möglichkeit, das Kapital, das ja bekanntlich ein scheues Reh ist - manche haben es auch schon mit Heuschrecken verglichen -, nicht zu verscheuchen.

Sie sind ja seinerzeit - das war die ganz schwache Seite des Projektes, bevor der Regierungswechsel stattfand und bevor wir, wie Kollege Dr. Biester das gerade ausgeführt hat, das Projekt auf finanziell sichere Füße gestellt haben - durch die Lande gereist und haben von unrealistisch hohen Anteilen des Privatkapitals gesprochen. Das ist die Vorlage gewesen - ich sehe, dass sich Kollege Janßen schon freut, dass er das gleich wieder aufgreifen kann -, um das Projekt wackelig erscheinen zu lassen. Meine Damen und Herren, man kann nicht auf der einen Seite das private