Protokoll der Sitzung vom 18.05.2005

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

So können und dürfen Sie mit Patientenrechten aber nicht umgehen.

Ich erinnere auch noch einmal an die Worte der Gesundheitsministerin, die im letzten Jahr sagte, dass die Forderung der Grünen nach Patientenfürsprechern ein durchaus berechtigtes Anliegen sei, zumal es dabei auch um die stärkere Patientenorientierung und -beteiligung in den Krankenhäusern geht. So Frau von der Leyen im letzten Jahr.

In der Debatte im Ausschuss ging es dann eigentlich nur noch um die Frage: Sollen wir Patientenfürsprecher gesetzlich verankern oder nicht? Dann wurde eine Umfrage durchgeführt. Die Umfrageergebnisse liegen seit März dieses Jahres vor. Von den angeschriebenen 196 Krankenhäusern in Niedersachsen haben 154 geantwortet. Allein die hohe Zahl der Rückläufe verdeutlicht, dass dies ein Thema ist, das auf der Tagesordnung der Krankenhäuser steht, die sich den Herausforderungen im Qualitätswettbewerb stellen wollen.

Doch die Antwort ist ernüchternd: nur 26 Patientenfürsprecher in ganz Niedersachsen. Das heißt, nur 15 % der Krankenhäuser haben einen Patientenfürsprecher, obwohl sich Patientenfürsprecher dort, wo sie existent sind, sehr bewährt haben. Wenn sich diese Regierung, die mit dem Ziel angetreten ist, aus Niedersachsen ein Gesundheitsland zu machen, selbst ernst nehmen würde, dann gehörten Patientenfürsprecher als erster Schritt dazu.

Meine Damen und Herren, in der Diskussion im Ausschuss ging es immer darum: Wir wollen doch die Bürokratie abbauen. Wir wollen den Trägern doch keine Vorschriften machen. - So die alte Leier, die wir alle kennen. Was aber versteckt sich hinter diesen Begrifflichkeiten? - Hätten Sie sich mit dem Antrag wirklich intensiv beschäftigt, dann wüssten Sie, dass wir nur eine Vorschrift im Krankenhausgesetz des Landes fordern, solche Ombudsstellen grundsätzlich einzurichten. Über die konkrete Ausgestaltung sollen die Krankenhäuser selbst entscheiden.

Meine Damen und Herren, das hat nichts mit Bürokratie und Gängelei zu tun, sondern wir lassen den Trägern den Handlungsspielraum, den sie benötigen, und wir verpflichten sie gleichzeitig, Patientenfürsprecher zum regulären Bestandteil ihrer Einrichtung zu machen, um damit letztendlich die Qualität und die Transparenz ihrer Krankenhäuser zu steigern und um den Patienten natürlich mehr Rechte zuzusprechen.

Meine Damen und Herren, das Trauerspiel, das wir bei den Patientenfürsprechern erlebt haben, haben wir auch bei der Verankerung der Sozialdienste erlebt. Auch das haben Sie einfach abgelehnt, obwohl diese Anforderung mehr als notwendig ist.

Im Interesse der niedersächsischen Patienten und Patientinnen: Geben Sie heute hier Ihre patientenfeindliche Haltung auf, und setzen Sie sich für Patientenfürsprecher und Sozialdienste in allen niedersächsischen Krankenhäusern ein! Die Menschen werden es Ihnen danken. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Ross-Luttmann das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen und unterstützen, was geeignet ist, die Qualität in den Krankenhäusern in Niedersachsen zu verbessern und zu steigern und Niedersachsen zum Gesundheitsland zu machen. Unser Ziel sind wohnortnah arbeitende gute und leistungsfähige Kliniken, deren Handeln am Patienten ausgerichtet ist.

(Beifall bei der CDU)

Die Stärkung der Patientenrechte ist ein besonderes Anliegen. Patientenfürsprecher in Krankenhäusern leisten einen wichtigen Beitrag. Sie nehmen Beschwerden und Anregungen von Patienten und Patientinnen auf und sind kompetente und engagierte Ansprechpartner vor Ort. Daher setzen wir uns auch für Patientenfürsprecher in Krankenhäusern ein. Mit großem Konsens unter den Parteien ist von der Bundesregierung bereits eine Patientenbeauftragte auf Bundesebene berufen worden. Sie hat im Januar 2004, also etliche Jahre nach der Gesundheitsreform, ihre Arbeit aufgenommen.

Bevor wir, wie von der SPD vorgeschlagen, darüber entscheiden, ob wir neben dieser Bundesbeauftragten in Niedersachsen nun auch eine niedersächsische Patientenbeauftragte einsetzen wollen, möchten wir zunächst einmal abwarten, wie sich diese Institution auf Bundesebene bewährt, und nicht gleich Doppelstrukturen aufbauen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz haben sich die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser erheblich verändert. Die Krankenhauslandschaft befindet sich nach wie vor in einem tief greifenden Umbruch und in einem Strukturwandel. Durch die bundesweite Einführung des Abrechnungssystems nach Fallpauschalen müssen sich die Krankenhäuser vermehrt dem Wettbewerb stellen und auf dem Markt bestehen. Insgesamt zwingt die Abrechnung über Fallpauschalen die Krankenhäuser zu effizienterem Handeln und reibungslosen Abläufen. Um diese Strukturveränderung bewältigen zu können, benötigen die Krankenhäuser eben nicht mehr, sondern eher weniger Bürokratie und mithin mehr Verwaltungsvereinfachung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Daher setzen wir uns in diesem Bereich auch für den Bürokratieabbau und nicht für seinen Aufbau ein. Es stellt sich bei Ihren Anträgen nämlich die Frage, ob allein ein entsprechendes Gesetz - wie von Ihnen vorgeschlagen - den erhofften entscheidenden Impuls bringen wird. Ich meine, wir können auch andere Wege erfolgreich gehen. Die vom federführenden Fachausschuss erbetene Umfrage unter den Krankenhäusern hat eindrucksvoll gezeigt, dass auch ohne gesetzliche Regelung grundsätzliches Interesse einiger Häuser an Patientenfürsprechern besteht. Diese Häuser sind auch auf dem richtigen Weg.

Wir werden unsere Ministerin, Frau Dr. Ursula von der Leyen, in ihrer Aufklärungsarbeit und in ihrem Werben in den Häusern für mehr Patientenrechte unterstützen, und zwar ohne gesetzliche Regelungen. Allein der Dirigismus von oben, das Festschreiben in Gesetzen, wie Sie es immer wieder vorschlagen, ist nicht immer zielführend. Freiwilliges, mit breiter Akzeptanz eingeführtes Handeln ist immer besser als lediglich ein durch Gesetz erzwungenes Handeln.

Des Weiteren fordern Sie die gesetzliche Festschreibung der Sozialdienste im Krankenhausgesetz. Der Sozialdienst in den Krankenhäusern leistet wertvolle Arbeit. Er ergänzt die ärztliche und pflegerische Versorgung, ist unverzichtbar und hat sich bewährt. Insofern stimmen wir mit Ihnen überein. Aber: Wir sind nicht mit Ihnen der Überzeugung, dass der Sozialdienst gesetzlich verankert werden müsste, und zwar aus folgendem Grund nicht: Zum einen gibt es seit 1992 vertragliche Regelungen zwischen der Krankenhausgesellschaft und den Krankenkassen, die die umfassende Betreuung für Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern durch den Sozialdienst sicherstellen.

(Vizepräsidentin Ulrike Kuhlo über- nimmt den Vorsitz)

Zum anderen ist im Fallpauschalenbudget ein finanzieller Beitrag für das Vorhalten des Sozialdienstes enthalten. Das heißt, er ist auch finanziert. Deshalb sehen wir keine zwingende Notwendigkeit für den Gesetzgeber, tätig zu werden und einen gültigen Vertrag durch eine gesetzliche Norm zu ersetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren von der Opposition, in der vorigen Wahlperiode hat die damalige Landesregierung den Landtag unter dem 2. November 2000 darüber unterrichtet, dass eine gesetzliche Regelung für Sozialdienste derzeit entbehrlich erscheint. Dem ist ausnahmsweise einmal nichts hinzuzufügen. Eine landesgesetzliche Regelung würde zudem zwingend eine Finanzierungsverpflichtung nach sich ziehen. Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der Opposition, enthält keinerlei Aussagen über die mögliche Finanzierung der Patientenfürsprecher. Weder findet man Aussagen zur voraussichtlichen Höhe der Kosten, noch erklären Sie, wer die Kosten tragen soll. Wollen Sie hier dem Land, den Krankenkassen

oder den Krankenhausträgern und damit auch den Kommunen die Kosten überantworten? - Meine Damen und Herren von der Opposition, es reicht nicht aus, auf der einen Seite neuerdings in vielen schönen Reden von der Landesregierung die Konnexität einzufordern, auf der anderen Seite aber selber Anträge völlig ungeachtet der Regelung der Kosten zu stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Überdies fordern Sie von der Landesregierung die Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe, um Patientenvertreter in die Schlichtungsstelle zu berufen. Ich erwähne dies deshalb, weil wir eben über Ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Kammergesetzes gesprochen haben. Sie haben ihn selbst ins Plenum eingebracht. Das ist ja auch Ihr gutes Recht. Aber: Wenn Sie schon einen solchen Änderungsvorschlag einbringen, so erstaunt mich, dass Sie dort Ihren eigenen Vorschlag aus dem Antrag, über den wir jetzt reden, nicht aufgegriffen haben. Offenbar scheinen Sie ihn nicht zu wollen.

Ich halte fest: Selbstverständliches Anliegen von uns ist, die Patientenrechte zu stärken. Patientenfürsprecher können hier wirkungsvolle Hilfe sein. Das muss aber nicht immer grundsätzlich zwingend gesetzliche Regelungen bedingen, sondern kann auch mit Akzeptanz aller Beteiligten vor Ort erreicht werden. Nur so haben die Krankenhäuser den Spielraum, den sie benötigen. Ihren Anträgen werden wir daher nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Uwe Schwarz.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir über Patientenschutz und Gesundheitsschutz reden, dann können wir über den Antrag reden, dann können wir aber auch darüber reden, wie sich der Gesundheitsschutz für uns alle hier darstellt. Ich möchte das sehr deutlich sagen. Ich habe eine Rede zu diesem Thema vorbereitet, was völlig klar ist. Ich habe zu diesem Thema auch eine andere Position als Sie. Ich finde aber, zum Gesundheitsschutz gehört es auch, dass man anständige, erträgliche Arbeitsbedingungen hat. Diese haben wir hier gegenwärtig nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sagen Ihnen, wir alle werden uns in den Zeitungen mit gemessenen Abwesenheitszeiten aus unterschiedlichen Gründen wiederfinden. Das mag der eine oder andere ja lustig finden. Auf meiner Seite sitzen viele Kolleginnen und Kollegen, die - mir geht das auch so - aufgrund der seit heute Morgen zunehmenden Geruchsbelästigungen Kopfschmerzen haben, die unter Übelkeit leiden und denen die Augen brennen.

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

Dann muss dieses Parlament einmal den Mut haben, zu sagen, dass wir unter solchen Rahmenbedingungen hier nicht arbeiten können. Ich stelle ernsthaft den Antrag, dass die Sitzung an dieser Stelle abgebrochen wird und dass eine Immissionsschutzmessung durchgeführt wird, damit wir wissen, unter welchen Bedingungen wir hier sitzen. Für jeden anderen Betrieb machen wir uns stark, wenn Immissionswerte überschritten werden. Das gilt auch für uns selbst. Deshalb bin ich der Auffassung, dass die Sitzung an dieser Stelle angehalten werden sollte und wir unter vernünftigen Arbeitsbedingungen weitermachen sollten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der FDP)

Herr Kollege Schwarz, ich verstehe Ihren Beitrag so, dass Sie einen Geschäftsordnungsantrag gestellt haben. - Dann lasse ich jetzt über diesen Geschäftsordnungsantrag abstimmen.

(Zurufe von der CDU: Erst einmal die Gegenrede!)

- Herr Kollege Althusmann zur Gegenrede!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unbestritten ist die Tatsache, dass es wegen der Geruchsbelästigung hier im Landtag nicht nur heute, sondern auch schon in den vergangenen Plenarsitzungen immer wieder zu Beeinträchtigungen der Arbeitsqualität gekommen ist. Deshalb jetzt zu beantragen, dass eine laufende Plenarsitzung unterbrochen wird, halte ich allerdings angesichts der Tatsache, dass das Präsidium heute Mittag Ihrem Wunsch, der im Prinzip von

allen Fraktionen geteilt wird, nachgekommen ist und die Situation sehr genau untersucht wird, für nicht angebracht.

Im Übrigen darf ich darauf verweisen, dass die Rohre, die unter dem Plenarsaal verlaufen, die Lüftungsrohre, aber auch die Abwasserleitungen aus den 50er- bzw. 60er-Jahren stammen. Von daher befindet sich unter uns vieles, was nicht immer als geschmackvoll bezeichnet werden kann. Aber nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren, sollten wir die Disziplin aufweisen und weiterhin einen geregelten Ablauf der Plenarsitzung gewährleisten, selbst bei leichten Beeinträchtigungen. Denn es gibt viele Menschen in diesem Land, die unter erheblichen Beeinträchtigungen ihrer persönlichen Situation arbeiten müssen.

(Zuruf von der SPD: Das wird aber kontrolliert!)

Ich meine, das ist auch einem Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages zuzumuten. Die Situation wird sich verbessern. Daran werden wir gemeinsam arbeiten. Wir sollten aber die Sitzung fortsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Ich muss trotzdem über diesen Antrag abstimmen lassen. Wer die Meinung von Herrn Schwarz teilt, dass die Sitzung unterbrochen werden sollte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das Zweite war die Mehrheit. Wir fahren also in der Sitzung fort.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wir sind härter im Nehmen! - Gegenruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Aber wir sind härter im Geben!)

Ich erteile das Wort Frau Gesine Meißner von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, auch wenn wir Ihren Antrag abgelehnt haben, möchte ich Ihnen ausdrücklich dafür danken, dass Sie ihn gestellt haben, weil wir auf diese Art und Weise noch einmal auf die Problematik hingewiesen worden sind. Die Arbeitsverhältnisse hier sind schlecht; das stimmt.

(Beifall bei der FDP - David McAllister [CDU]: Ich dachte, es ging um Pati- enten!)