Protokoll der Sitzung vom 18.05.2005

(Beifall bei der FDP - David McAllister [CDU]: Ich dachte, es ging um Pati- enten!)

Wir sollten aber mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass wir trotzdem weiterarbeiten.

Es geht jetzt um die Patienten. Das ist völlig richtig, Herr McAllister. Dazu will ich jetzt reden. Dies war eben nur eine Vorbemerkung.

Dass der Schutz der Patienten auch der CDU- und der FDP-Fraktion wichtig ist, hat Frau RossLuttmann schon dargestellt. Ich kann Ihnen sogar sagen, wir hatten schon im Januar 2004 einen Entschließungsantrag formuliert, der in eine ähnliche Richtung ging, zwar ohne gesetzliche Verankerung, aber auch in die Richtung: Das Instrument Patientenfürsprecher oder Patientenbeauftragter funktioniert. Es ist sehr wichtig, sich dafür einzusetzen, dass dieses Instrument möglichst flächendeckend vorhanden ist. Wir haben von unserem Entschließungsantrag aber Abstand genommen, da wir eine gesetzliche Verankerung nicht wollten, um nicht noch weitere Vorschriften zu erlassen. Wenn in einem Entschließungsantrag aber nur noch steht, wir müssen flächendeckend informieren, brauchen wir keinen Entschließungsantrag. Darum haben wir es gelassen.

Das heißt - das wurde bei Frau Ross-Luttmann schon klar -, in der Sache sind wir völlig einig. Es hat auch im Sozialausschuss eine Unterrichtung darüber gegeben, wo überall in Niedersachsen an Krankenhäusern Patientenbeauftragte vorhanden sind und wie ihr Status - ehrenamtlich oder hauptamtlich - ist. Viele werden vom Krankenhaus selbst bezahlt. Tatsache war auch: Überall dort, wo es Patientenbeauftragte gibt, ist die Zufriedenheit der Patienten sehr groß. Gleichzeitig ist auch das Ansehen des Krankenhauses gut. Es profitiert davon in der Einschätzung durch die Bevölkerung. Das ist ein Qualitätskriterium. Darauf sollten wir setzen.

Wir wollen also auf jeden Fall weiterhin Patientenfürsprecher haben und Patientenrechte stärken. Wir brauchen dafür aber keinen Landespatientenbeauftragten

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- danke schön -, denn es gibt eine Bundespatientenbeauftragte. Sie haben gesagt, sie kann nicht alles regeln. Gut, sie hat aber zumindest bei Gesetzgebungsprozessen ein Einspruchsrecht und kann das auf Bundesebene mit beeinflussen, was

wichtig ist. Ansonsten meine ich, dass es wichtig ist, vor Ort, also dort, wo es tatsächlich Probleme der Menschen gibt, einen Ansprechpartner zu haben. Dabei müssen wir gemeinsam mit Kassen und Heilberufen - das haben Sie auch formuliert; das ist in dem Antrag der SPD mit drin; diesem Punkt stimme ich voll zu - eine Informationsoffensive starten. Das brauchen wir, und das sollten wir auch weiter betreiben.

Wir wollen aber nicht, wie es von den Grünen gefordert wird, in das Krankenhausgesetz hineinschreiben, dass das abgesichert werden muss, auch wenn Sie immer wieder darauf hinweisen, dass das gar nichts kosten muss. Es ist noch die Frage, ob es etwas kosten wird. Schon gar nicht wollen wir, dass der Sozialdienst im Krankenhausgesetz abgesichert wird, weil auch das von alleine läuft. Wir sind angetreten, um nicht mehr Gesetze zu verabschieden, sondern Regelungen abzubauen. Wenn vor Ort etwas gut funktioniert und wenn man es für richtig, wichtig und für wirtschaftlich verantwortbar hält, dann brauchen wir dafür kein neues Gesetz.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, Patientenbeauftragte beim Land wollen wir nicht. Wir wollen auch keine Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe. Auch das sagte Frau Ross-Luttmann schon.

Über die Verfahrensbeteiligung können wir durchaus reden. Wir haben das Ganze schon ausführlich diskutiert. Aber die weitergehenden Regelungen, die Sie vorhaben, wollen wir auf keinen Fall. Darum haben wir uns im Ausschuss gegen diese Anträge ausgesprochen, es gesetzlich zu verankern. Das werden wir auch hier wieder tun. Ich bitte Sie, unserem Votum beizupflichten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat jetzt die Sozialministerin Frau Dr. von der Leyen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit nicht einmal der Schatten eines Zweifels an unserer Haltung aufkommen kann, sage ich hier in aller Deutlichkeit: Wir sind für die Stärkung der Stellung der Patientinnen und Patienten; denn wir wissen,

wie wichtig mündige Patientinnen und Patienten für den Gesundungsprozess sind.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb bin ich auch bereit, dem ersten Teil des Antrages der SPD-Fraktion uneingeschränkt zuzustimmen. Das bezieht sich vor allem auf das Ziel, Patientenrechte und Patientensouveränität zu stärken. Damit enden allerdings auch die Gemeinsamkeiten.

Der zweite Punkt, nämlich Patientenbeauftragte zu berufen, ist abzulehnen. Ich habe meinen Standpunkt in der ersten Beratung schon einmal begründet. Frau Ross-Luttmann ist in der Vorbesprechung schon ausführlich auf das Thema Beauftragte im Bund eingegangen. Ich meine, wir sind nicht in einer Zeit, in der man ohne vorherige Evaluation einer neuen Stelle eine Doppelstruktur im Land schaffen kann - damit ist niemandem gedient -, vor allem weil die Krankenkassen auch den gesetzlichen Auftrag zur Information haben und jetzt eine bundeseinheitliche unabhängige Patientenberatung künftig in einem Modellverbund zentral organisiert werden soll. Das heißt, das wäre die dritte Struktur, die parallel existieren würde, ohne dass die Strukturen aufeinander abgestimmt oder evaluiert wären.

Der dritte Teil der Überschrift des Antrages der SPD-Fraktion lautet „Patientinnen und Patienten stärker zu beteiligen“ und zielt auf Änderungen des Kammergesetzes für die Heilberufe. Gefordert wird, der Ärztekammer Niedersachsens gesetzlich vorzuschreiben, Patientenvertreter in die Schlichtungsstelle und die Ethikkommission aufzunehmen. In den Beratungen hat es diesbezüglich keine neuen Argumente gegeben. Deshalb bleiben wir auch hier bei der Haltung, die wir in der Antwort der Landesregierung im April 2004 vertreten haben. Die Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens und die Zusammensetzung der Schlichtungsstelle hat der Gesetzgeber bewusst und ausdrücklich der Selbstverwaltung der Kammern überlassen. Nach meinem Verständnis gehört zur Selbstverwaltung, dass die Kammern selbst über die Zusammensetzung der Ethikkommission und der Schlichtungsstelle entscheiden können. Denn was bliebe noch von der Selbstverwaltung übrig, wenn wir die Entscheidungen, die wir den Kammern übertragen, konterkarieren, indem wir vom Gesetzgeber aus alles bis in letzte Detail zentral regeln?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich noch etwas zur geforderten Unterstützung einer Patientencharta auf Bundesebene sagen. In diesem Fall ist zunächst einmal die Bundesregierung am Zug. Von den beiden Bundesministerien für Justiz und Gesundheit ist eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Diese hat 2002 in Papierform ein Ergebnis mit dem Titel „Patientenrechte in Deutschland“ vorgelegt. Jetzt ist es die Aufgabe der Bundesregierung, daraus ihre Schlussfolgerungen zu ziehen und konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Dann können wir diese auch im Parlament diskutieren.

Die weiteren Vorschläge an die Landesregierung sind relativ vage formuliert und in den Ausschussberatungen nicht weiter präzisiert worden. Das betrifft Formulierungen wie „Ausbau von qualifizierten Verfahrensbeteiligungen und Anhörungsrechten für Patientenvertreter in Niedersachsen“ und das „gemeinsame Starten einer Informationsoffensive zu Patientenrechten und Patientensouveränität mit den Heilberufekammern und den Krankenkassen in Niedersachsen“.

Deshalb fasse ich zu diesem Antrag zusammen: Unserem Ziel, die Stellung der Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern, bleiben wir verpflichtet, auch ohne dem Entschließungsantrag der SPD-Fraktion zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zum Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen, in dem gefordert wird, dass sich Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern beschweren können müssen: Da pflichte ich Ihnen bei. Für diesen Zweck, nämlich für das Instrument der Patientenfürsprecher, brauchen wir allerdings meines Erachtens keine Gesetzgebung.

Frau Janssen-Kucz, Sie haben die Umfrage des Ministeriums bei den niedersächsischen Krankenhäusern bereits erwähnt. Ich meine auch, man sollte noch einmal positiv hervorheben, dass die Umfrage eine beachtliche Resonanz gefunden hat, nämlich dass von 196 angeschriebenen Einrichtungen 154 geantwortet haben. Das ist eine sehr hohe Rücklaufquote.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben uns aber nicht gesagt, Frau JanssenKucz - aber das ist wichtig -, dass, was die Umfrage auch zeigt, die Mehrzahl der Krankenhäuser

bereits heute ein Beschwerdemanagement betreibt. Ein Instrument kann dabei der Patientenfürsprecher bzw. die Patientenfürsprecherin sein. Aber das ist nur ein Instrument in einem großen Bündel von Maßnahmen, das man anwenden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das heißt, das Beschwerdemanagement ist ein sehr wichtiger Teil des Qualitätsmanagements und ist Ausdruck von Patientenorientierung. Die Patientenzufriedenheit wird auch unter den Krankenhäusern sicherlich verstärkt zu einem Wettbewerbsfaktor werden.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist eben schon angesprochen worden: Wenn wir Patientenfürsprecher schaffen, dann müssen wir festlegen, wer die Kosten tragen soll. Das ist ganz klar im Krankenhausentgeltgesetz bzw. in der Bundespflegesatzverordnung in den Finanzierungsvorschriften bundesgesetzlich geregelt. Dazu hätte es dann konkrete Vorschläge geben müssen. Denn wir können eben nicht einfach die Kosten auf Krankenhäuser überwälzen, die mit gedeckelten Erlösen arbeiten müssen.

Zweifelsohne ist die soziale Beratung im Krankenhaus notwendig. Die Vertragsparteien im Gesundheitswesen haben auf Landesebene bereits im Sicherstellungsauftrag eine Regelung gefunden. Mehr kann der Landesgesetzgeber nicht vorschreiben. Auch die Bereitstellung der Finanzmittel ist ein Thema der Vertragsparteien vor Ort.

Als letzter Punkt: Abgesehen von der Psychiatriepersonalverordnung des Bundes gibt es - mit gutem Sinn - keinerlei rechtliche Vorgaben für die personelle Ausstattung der Krankenhäuser; denn auch sie sind freie Träger und können frei entscheiden. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Schwarz hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Herr Schwarz, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist unstreitig, dass unser Gesundheitssystem sehr komplex und kompliziert ist. Auch unstreitig ist: Wenn Menschen, die krank, schwer krank oder

pflegebedürftig sind, in dieses System kommen, dann stehen sie den unterschiedlichen Zuständigkeiten oft hilflos gegenüber. Sie fühlen sich den Leistungserbringern zum Teil schutzlos ausgeliefert. Vielfach können sie mit den Fachausdrücken überhaupt nichts anfangen. Wenn Patienten oder deren Angehörige dann den Mut haben, sich an Stellen zu wenden, von denen sie glauben, dass sie ihnen helfen, so landen sie in der Regel bei Menschen, die einseitig Standesinteressen vertreten. Sie landen aber nicht vor unabhängigen Patientenschutzbeauftragten. Das ist im internationalen Vergleich in Deutschland ein ziemliches Problem. Wir sind an dieser Stelle, international gesehen, ausgesprochen rückständig.

Insofern war es konsequent und richtig, dass auf der Bundesebene - übrigens mit den Stimmen der CDU - die Patientenschutzbeauftragte eingerichtet worden ist. Diese Patientenschutzbeauftragte hat zwischenzeitlich über 30 000 Kontakte pro Jahr im vergangenen Jahr übrigens sehr viele aus Niedersachsen im Zusammenhang mit der Problematik in der Kieferorthopädie. Das ist also ein Indiz dafür, dass solche neutralen Stellen notwendig sind. Sie sind u. a. in Berlin bereits realisiert und in Bremen geplant. Wir glauben, Frau Ministerin, dass das Argument der Kosten bzw. die Frage, wo diese angesiedelt werden sollen, Scheinargumente sind. Diese Landesregierung prahlt immer damit, wie viele hundert Stellen sie bei den Bezirksregierungen im Rahmen der Verwaltungsreform freigesetzt hat. Dabei sind in der Regel auch Stellen, auf denen hoch qualifizierte Personen sitzen, die ohne Schwierigkeiten eine solche Stelle auf Landesebene besetzen könnten. Das heißt, das wäre für Sie kostenneutral, wenn Sie es wollten. Sie wollen es aber nicht.

Sie argumentieren auch damit, dass man zu Verbraucherschutzstellen oder Wohlfahrtsverbänden gehen könnte. Diesen Stellen haben aber diese Mehrheit und diese Landesregierung die Mittel drastisch gekürzt. Gleichzeitig will sie ihnen mehr Aufgaben zuschustern. Hier stimmt, so meine ich, die Argumentation nicht.

(Beifall bei der SPD)

Sie verweisen auf die Schlichtungsstelle bei der Ärztekammer. Die Verfahren bei der Schlichtungsstelle der Ärztekammer dauern in der Regel 14 Monate. Auch das haben die Beratungen im Ausschuss deutlich gemacht. Darüber hinaus befindet sich bei dieser ärztlichen Interessenvertretung bei

der Kammer kein einziger Patientenvertreter. Wenn ich aber unabhängige Beratungen gewährleisten will, dann muss ich auch sicherstellen, dass dort Patientinnen- und Patientenvertreter mitarbeiten und beraten können.

Sie lehnen aber mit diesem Antrag nicht nur die Patientenbeauftragte bzw. den Patientenbeauftragten ab, sondern Sie lehnen es sogar ab, gemeinsam mit Krankenkassen und Heilberufen eine Informationsoffensive für Patientenrechte zu starten. Diese Forderung ist doch so unproblematisch, dass es mich erstaunt, dass Sie selbst diese nicht unterstützen und mittragen wollen. Sie lehnen schlichtweg alles ab, was die Position von Patientinnen und Patienten verbessern könnte. Sie tragen immer viel vor, was man alternativ machen könnte. Ich frage mich nur: Wenn Sie das alles so meinen, wie Sie es sagen, warum nehmen Sie das Parlament dann eigentlich nicht auch ernst und bringen Änderungsanträge ein? - Sie haben sich die Mentalität angewöhnt, zwar zu argumentieren, aber inhaltlich nichts mehr gestalten zu wollen, und die Anträge der Opposition schnurstracks abzulehnen. Es ist keine tolle Nummer, die Sie hier sozialpolitisch abziehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es geht ja noch weiter: Der Kollege Dr. Matthiesen und ich haben im Ausschuss danach gefragt, wie das in diesem Land eigentlich mit der Übergangspflege geregelt ist. Wir haben im Ausschuss gefragt, wie es eigentlich heute ist, wenn jemand unmittelbar nach einer Krankenhausbehandlung in ein Pflegeheim muss, und wie schwierig es für die Angehörigen ist, die von Pontius zu Pilatus laufen müssen und dann keinen Platz finden. Wir haben darum gebeten, seitens des Ministeriums zu klären, welche Verbesserungen möglich sind. Aber Sie warten noch nicht einmal die Antworten ab. Sie sind stur festgelegt und sagen: Das stimmen wir alles nieder. Was scheren uns die Interessen von Leuten, die eine Übergangspflege suchen? - So wird doch bei Ihnen letztendlich gearbeitet.

(Zuruf von der CDU: Ach, Herr Schwarz! - Hermann Eppers [CDU]: Das sagen Sie!)

- Ja, so haben Sie das gemacht! Was haben Sie denn für ein Selbstverständnis vom Parlamentarismus? Wenn Sie der Auffassung sind, Sie müssten das mit Inhalt und Leben gestalten, dann

müssten Sie doch auch in der Lage sein, einen Änderungsantrag vorzulegen. Sozialpolitisch sind Sie in diesem Land eine absolute Nullnummer geworden, meine Damen und Herren!