- Ich bitte diejenigen, die mit meiner Verhandlungsführung nicht einverstanden sind, was ihr gutes Recht ist, einmal alte Protokolle durchzulesen. Das wäre lehrreich. - Bitte schön, Herr Kollege!
Herr Präsident! Die Verkehrsinvestitionen im Bundeshaushalt für das Haushaltsjahr 2005 wurden im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 500 Millionen Euro gekürzt. Nun hat Bundesverkehrsminister Stolpe die Auflage eines sich über mehrere Jahre erstreckenden Sonderprogramms zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur angekündigt.
In den letzten Jahren hat der Bund immer wieder bei wichtigen Infrastrukturprojekten auf die Investitionsbremse getreten. Als ein Bauvorhaben mit überregionaler Bedeutung gilt der Bau eines dritten Gleises zwischen Lüneburg und Stelle. Diese Einschätzung wird von Verkehrsexperten, der Deutschen Bahn AG, Kommunen und Verbänden geteilt. Der Bau eines zusätzlichen Gleises würde die notwendige Entlastung auf der Strecke bringen, die sich wachsendem Güter- und Personenverkehr gegenübersieht.
1. Liegt ihr eine verbindliche Finanzierungszusage des Bundes für die Realisierung des dritten Gleises zwischen Lüneburg und Stelle vor?
2. Teilt sie die Einschätzung, dass das Bauvorhaben eines der wichtigsten Bahninfrastrukturprojekte in Niedersachsen ist?
3. Gibt es wegen des laufenden Planfeststellungsverfahrens Notwendigkeiten für eine Bereitstellung der Finanzmittel durch den Bund bis zu einem bestimmten Zeitpunkt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die - wenn auch späte - Erkenntnis der Bundesregierung, ein 2-Milliarden-Programm zur Verbesserung der Infrastruktur aufzulegen, ist richtig und im Grundsatz zu begrüßen. Denn dieses Programm trägt dazu bei, zumindest die gravierendsten Einschnitte in den Bundesverkehrswegeplan 2003 zu korrigieren. Für Niedersachsen gilt dies ganz besonders, weil wir beim Ausbau der Verkehrswege seit Jahren nur unterproportional berücksichtigt worden sind. Die Landesregierung hat daher un
verzüglich verkehrs- und strukturpolitisch wichtige Verkehrsprojekte beim Bundesverkehrsminister angemeldet. Umso bedauerlicher ist, dass der Bundesverkehrsminister Niedersachsen bei der ersten, im April veröffentlichten Projektliste erneut kaum berücksichtigt hat.
Ich habe mich Anfang Mai nochmals an den Bundesverkehrsminister gewandt und eindringlich die Finanzierung besonders wichtiger Vorhaben, wie z. B. den dreigleisigen Ausbau von Stelle nach Lüneburg, gefordert. Wenngleich die Meldungen, dass der dreigleisige Ausbau nunmehr in Angriff genommen werden soll, uns zunächst nur auf verschlungenen Pfaden, nämlich über ausgewählte Abgeordnete der rot-grünen Koalition, erreicht hat, so begrüße ich doch, dass der Bund dieses Projekt offensichtlich endlich als vordringlich erkannt und anerkannt hat. Erst nachdem das durch Abgeordnete der Berliner Regierungskoalition in den Zeitungen veröffentlicht worden war, erreichte uns eine Information des Bundes.
Entscheidend wird jedoch sein, dass die Bundesregierung diesen Ankündigungen konkrete Taten folgen lässt, also das Geld tatsächlich zur Verfügung stellt. Es müssen umgehend verbindliche Vereinbarungen zwischen Bund und Deutscher Bahn AG über die Finanzierung dieser Maßnahme getroffen werden. Presseerklärungen über die Bedeutung dieses Vorhabens sind seit dem Jahr 2000 schon genug verfasst worden!
Zu 2: In der Tat hält die Landesregierung dieses Vorhaben für eines der vordringlichsten Bahninfrastrukturprojekte im Lande. Nicht umsonst finanziert das Land seit dem Jahr 2001 die Planung und Planfeststellung für dieses Vorhaben maßgeblich vor - also auch schon die alte Landesregierung -, damit mit dem Bau dann begonnen werden kann, wenn die dafür notwendigen Bundesmittel zur Verfügung stehen.
Zu 3: Die Bereitstellung von Bundesmitteln bereits während des jetzt laufenden Planfeststellungsverfahrens ist insofern von hoher Bedeutung, als wir darauf gedrungen haben, dass auch die Bahn einen Teil der Planungskosten übernimmt. Wie das bisherige Verfahren zeigt, ist die Bahn zur Mitfi
nanzierung aber nur bereit, wenn sie sicher sein kann, dass die Anschlussfinanzierung dieses Vorhabens durch den Bund gesichert ist. Daher ist es notwendig, dass der Bund, wenn er die Mittel schon kurzfristig nicht bereitstellt, zumindest eine verbindliche Finanzierungsvereinbarung mit der Bahn trifft. Ich werde auch das zum Gegenstand meines Gesprächs mit Bahnchef Mehdorn machen, das für Montag vereinbart ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts des demografischen Wandels und sich verändernder Familienstrukturen finden die verschiedenen Generationen nicht mehr ohne weiteres im familiären Kontext Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten in ihrem Alltag. Deswegen unterstützt die Landesregierung in jedem Landkreis bzw. jeder kreisfreien Stadt die Errichtung eines so genannten Mehrgenerationenhauses. Durch einen offenen Treff und zahlreiche, in der Regel ehrenamtlich begleitete und organisierte Aktivitäten können sich Jung und Alt begegnen, voneinander lernen und miteinander in Kontakt treten.
3. Ist es der Landesregierung möglich, nach rund zweijähriger Fördererfahrung eine kurze Erfolgsbewertung für die bestehenden Mehrgenerationenhäuser abzugeben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Grundgedanke der Mehrgenerationenhäuser ist, die positiven Aspekte der Großfamilie, also der gemeinsam gelebten Tage mehrerer Generationen unter einem Dach, in moderne Sozialpolitik zu übertragen.
Wir haben heute viele öffentliche Einrichtungen, die gute Arbeit leisten, aber alle getrennt voneinander - Altenbegegnungsstätten, Jugendzentren, Kindergärten, Krabbelgruppen, Mütterzentren, Seniorencafés. Die Altersgruppen bleiben immer unter sich. Je weniger Kontakte die Generationen miteinander haben, desto eher blühen Vorurteil und Ablehnung. Je selbstverständlicher alle Altersgruppen miteinander umgehen, desto mehr profitieren sie voneinander und desto mehr helfen sie einander.
Mehrgenerationenhäuser sind solche Orte. Es gibt Mehrgenerationenhäuser mit einem Frühstück für Schulkinder, mit Selbsthilfegruppen, mit Erzählstunden, mit Senioren- und Kleinkind-Turnen, mit Secondhandbörsen oder Computerräumen. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie die Menschen, die diese Einrichtungen besuchen und das Leben dort mitgestalten.
Wichtig ist: Die Mehrgenerationenhäuser müssen allen Altersgruppen vor Ort offen stehen, sie sollen keine Konkurrenz zu bestehenden Einrichtungen vor Ort sein, sondern diese integrieren, und sie müssen von den Akteuren vor Ort getragen werden. Ziel der Landesregierung ist es, 50 Mehrgenerationenhäuser innerhalb dieser Legislaturperiode in ganz Niedersachsen einzurichten, nach Möglichkeit in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt eines.
Zu 1: Es werden zurzeit 20 Mehrgenerationenhäuser in folgenden Orten gefördert: Pattensen, Hameln, Langenhagen, Nordstemmen, Lüneburg, Wildeshausen, Dörverden, Braunschweig, Dannenberg, Barnstorf, Gifhorn, Hannover, Oldenburg, Seesen, Waffensen, Stuhr, Horneburg, Osnabrück, Peine und Uslar.
Zu 2: Das Interesse an den Mehrgenerationenhäusern ist anhaltend hoch: Es liegen weitere 38 Anträge auf Förderung vor, die noch einer intensiven Beratung bedürfen, damit sie dem Konzept der Mehrgenerationenhäuser entsprechen. Außerdem liegen rund 250 Anfragen vor, davon 30 aus anderen Bundesländern und auch aus angrenzenden Ländern, nämlich zwei aus Österreich.
Zu 3: Die Mehrgenerationenhäuser sind schon jetzt eine Erfolgsstory. Wir erhalten äußerst positive Rückmeldungen aus den bereits geförderten Häusern. Zwischen den Trägern und meinem Haus besteht reger Kontakt. Auch die Einrichtungen untereinander helfen sich mit Rat und Tat; sie beginnen, sich zu vernetzen, und haben bereits gemeinsame Workshops durchgeführt. Die Hilfe zur Selbsthilfe gilt also auch untereinander.
Frau Ministerin, vielen Dank. - Es liegt eine Wortmeldung von Frau Kollegin Helmhold vor. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie beurteilt die Landesregierung die Kritik des Niedersächsischen Städtetages und des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, dass die Vereine nach der fünfjährigen Projektförderung ohne jegliche finanzielle Grundlage dastehen und die Kosten an den Kommunen hängen bleiben werden bzw. eine Weiterförderung nicht möglich ist?
Das Konnexitätsprinzip ist nicht berührt. Das ist eine Pflichtaufgabe weder des Landes noch der Kommune. Es ist ein Angebot an die Kommunen - genauso ist es auch in der Förderrichtlinie formuliert -, das sie annehmen oder ablehnen können. Es gibt keine finanzielle Vorgabe für die Kommunen. Von vornherein wurde klargestellt, dass die
Förderung über fünf Jahre läuft, weil es das Prinzip der Mehrgenerationenhäuser ist, dass sie auf die Dauer selbständig sein sollen.
Die Mehrgenerationenhäuser haben völlig unterschiedliche Träger. Zu nennen sind der Verein allein erziehender Mütter und Väter, die Diakonie, die Caritas, die AWO. Wir haben auch Selbsthilfegruppen, den Verein der Angehörigen von Demenzkranken, Mütterzentren. Es sind also völlig unterschiedliche Träger vor Ort, die diese Häuser initiiert haben. Bevor ein Mehrgenerationenhaus genehmigt wird, wird in den Gesprächen ganz klar gemacht, dass die Ziele Selbständigkeit und Unabhängigkeit sind. Eine Voraussetzung für die Genehmigung ist auch, dass die Kommune das Vorhaben mitträgt, dass sie also damit einverstanden ist. Insofern hat die Kommune die Möglichkeit, Ja oder Nein zu sagen, dieses Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Aber sie ist zu nichts verpflichtet.