Protokoll der Sitzung vom 07.12.2005

(Zuruf von der SPD: Aber in Stichpro- ben!)

Die Finanzierung des Projektes in Niedersachsen erfolgt im Übrigen ohne einen Cent aus dem nie

dersächsischen Landeshaushalt, sondern nur durch Krankenkassen und durch andere Sponsoren.

(Zustimmung bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich will das mit einer Anmerkung zu Ihrer Aktion zur Fitnesslandkarte, die Sie vor ein paar Tagen gestartet haben, zu Ende bringen.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Gestatten Sie mir diese letzte Anmerkung. - Sie hatten da früher auch schon pfiffigere Ideen. Ich hätte an Ihrer Stelle folgende Aktion gemacht: Am Ende der Rede zum Thema „Fitnesslandschaft“ hätte ich alle Kollegen hier im Saal gebeten, sich von den Sitzen zu erheben, eine Rumpfbeuge und als zweite Übung Standhochspringen zu machen, um die Bewegungsfähigkeit der Abgeordneten zu testen und gleichzeitig einen eventuell vorhandenen Bewegungsmangel zu beheben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Poppe, Sie haben das Wort.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern war in einer Zeitung die Überschrift zu lesen: „Sportikone Rudi Altig wirbt für fitte Schüler“.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Man fragt sich: Warum muss Rudi helfen? Denn - das sage ich gerade als Sportlehrer vorweg, damit das klar ist - wir alle werben doch für fitte Schüler, oder nicht?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber diese Showveranstaltung „Fitnesslandkarte“ ist der falsche Weg.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich nenne Ihnen die Gründe dafür. Erstens. Dieses angeblich weltweit einmalige Projekt ist ein bürokratisches Monstrum. Ich habe einmal auf der Internetseite von www.fitnesslandkarte.de nachgeguckt: Eine Seite Erlass, zwölf Seiten Handreichung, zwei Seiten Elternbrief, Testbogen für Schüler, Fragebogen für Schüler, dazu Schnellbrief zur Datensicherheit, drei Seiten ergänzende Informationen vom 16. November, Durchführung mit fünf Helfern pro Klasse ein bis zwei Stunden, Eingabe der Daten noch nicht gerechnet.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zweitens. Dieser Test ist - die Kollegen vom Sportinstitut der Universität Hannover haben Ihnen das detailliert vorgerechnet - unzuverlässig. Messen Sie einmal - das nur einmal als Beispiel - mit Erstklässlern in einer Sportstunde mit unerfahrenen Leuten Ruhepuls und Belastungspuls!

Drittens. Es klaut den Sportlehrkräften Zeit, den Eltern Zeit und den Schulen Zeit und Geld.

Viertens. Die Lehrkräfte fragen sich zu Recht: Wozu das Ganze? - Denn es gibt keine Verbesserung der Bedingungen, keine einzige zusätzliche Sportstunde. Mit dem Geld hätte man manchen zusätzlichen Sportlehrer einstellen können.

(Beifall bei der SPD)

Wie sollte man stattdessen vorgehen? - Erstens. Zu Sport und Spiel anregen, Ernährungsberatung forcieren, vorhandene Programme ergänzen, tägliche Bewegungszeiten.

Zweitens. Auf Freiwilligkeit setzen. Eine repräsentative Stichprobe wie in Nordrhein-Westfalen reicht völlig aus.

Drittens. Bedingungen des Sportunterrichts verbessern, weniger fachfremden Unterricht, mehr Sport- und Schwimmstunden. So geht man vor.

(Beifall bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das habt ihr uns jahrelang vorgemacht!)

- Ich war 30 Jahre lang als Sportlehrer aktiv. Reicht Ihnen das, Herr Klare?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Unter der alten Landesregierung ist doch ge- kürzt und gestrichen worden!)

Warum der große Aufschrei, mögen Sie sich fragen; denn es ist einer. Dahinter steckt heiliger Zorn.

(Unruhe)

Man fragt sich: Warum? Will sich jemand persönlich oder politisch besonders profilieren? - Ich glaube, es ist nicht wichtig, ob jemand weit geworfen hat und zu kurz gesprungen ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Letzteres könnte allerdings eher im Hinblick darauf der Fall sein, dass bei der Vergabe und der Datensicherheit so viele Ungereimtheiten bestehen. Da gehen 240 000 Euro pro Jahr an das Wissenschaftliche Institut der Ärzte Deutschlands, und wir erfahren, es hat keine Ausschreibung gegeben. Der Kollege Kuno Winn macht sich in Leserbriefen für die Fitnesslandkarte stark, und wir erfahren, dass er Vorstandsvorsitzender dieses Instituts ist.

(Unruhe bei der SPD)

Auch zur Datensicherheit sind längst nicht alle Bedenken ausgeräumt.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Eine Sponsorenzusage wurde schon zurückgenommen. Der Sparkassenverband Niedersachsen schreibt: Der aktuellen Presseberichterstattung müssen wir leider entnehmen, dass die von uns im Vorfeld eingeforderten Zustimmungen und Abstimmungen nicht so positiv gelaufen sind, wie wir das erwartet hatten. - Zurückgezogen.

Entscheidend aber ist nach meiner Meinung: Die Schulen haben die Nase voll von einem Minister, der in Sonntagsreden von erlassfreier Schule und von Eigenverantwortlichkeit schwadroniert, aber keine Gelegenheit auslässt, sie per Erlass zu gängeln.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben den Eindruck, sie werden veräppelt. Darum, Herr Minister, gibt es nur eine vernünftige Konsequenz: Ziehen Sie diesen Erlass umgehend zurück!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bevor ich dem Herrn Minister das Wort erteile, möchte ich die beiden neuen Kollegen herzlich begrüßen. Es sind Frau Prüssner aus Goslar - herzlich willkommen

(Beifall im ganzen Hause)

und Herr Hegewald aus Emden, auch Sie herzlich willkommen.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich wünsche Ihnen hier im Haus viel Freude. Sie beide wissen genau, dass es hin und wieder ein bisschen Ärger gibt. Unter dem Strich sollte der Saldo aber positiv sein. Herzlich willkommen!

Herr Minister, Sie haben das Wort. Bitte schön!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ein Satz reicht: Ich ziehe den Unfug zurück!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist keineswegs Unfug, Herr Kollege Jüttner, und auch keine Showveranstaltung. Ich bin als Kultusminister verpflichtet, mich an § 2 Schulgesetz zu halten. Die jungen Schülerinnen und Schüler sollen in den Schulen zu einer gesundheitsbewussten Lebensführung befähigt werden.

(Beifall bei der CDU)