Protokoll der Sitzung vom 25.01.2006

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Haase. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Ulf Thiele, das war nichts als Premiere als Generalsekretär. Das war wirklich ideologischer Quatsch

(Beifall bei der SPD)

und offensichtlich nicht unbedingt mit Wissen über die Dinge gepaart, über die man reden kann.

Eines, meine Damen und Herren, dürfte allerdings im Haus klar sein. Energie ist ein wertvolles Gut. Es ist eine Illusion, wir bekämen sie irgendwann wieder einmal zum Dumpingpreis. Sicherlich kann die Arbeit der Bundesnetzagentur die eine oder andere Reduzierung bewirken. Wenn wir bei den Netzgebühren für die Endverbraucher auf ein europäisches Niveau gehen, wäre das schon ein gewisser Schritt. Aber an den steigenden Rohstoffpreisen und ihren Auswirkungen auf die Verbraucherpreise kommen wir nicht vorbei.

Meine Damen und Herren, Regulierung ist das eine, Atomstrom - die Debatte unter Punkt 1 a - ist das andere. Denn auch Atomstrom ist und bleibt teuer. Das sei immer wieder allen ins Stammbuch geschrieben, die von einer Renaissance des Atomstroms träumen. Sie hat keine Zukunft. In Ihren jungen Jahren, Herr Rösler, haben Sie das immerhin schon einmal erkannt. Leider ist bei Ihnen Altersweisheit in negative Werte umgeschlagen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das, was Ihnen fehlt!)

Meine Damen und Herren, in Deutschland ist die Entscheidung im Übrigen längst gefallen. Die Regierung Schröder und die Energiewirtschaft haben den Ausstieg besiegelt. Der Koalitionsvertrag von Rot-Schwarz hat dies bestätigt. Nehmen Sie das bitte endlich einmal zur Kenntnis.

(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das ist doch nicht abschlie- ßend!)

Die Menschen in Europa wollen es auch nicht. Es gibt seit gestern, bei dpa veröffentlicht, eine Umfrage der EU-Kommission: Nur 12 % der Menschen in Europa und 17 % in Deutschland wollen weitere Mittel in die Forschung für die Atomenergie stecken. Gut, in Deutschland ist es ein etwas höherer Wert, aber er ist immer noch sehr niedrig. Die Menschen wollen es nicht. Es bleibt dabei: Wir brauchen eine neue Strategie in der Energiepolitik, wobei die billigste Kilowattstunde die nicht verbrauchte Kilowattstunde ist. Ich sage auch dazu, die umweltfreundlichste ist sie allemal.

(Beifall bei der SPD)

Eine neue Energiepolitik muss deshalb zunächst auf Energieeinsparung und Steigerung der Effizienz setzen. Dort haben wir in den letzten Jahren Quantensprünge gemacht. Allerdings bedarf es dort staatlicher Hilfe, damit wir auch in Zukunft diesen Weg weiter beschreiten können.

Wir werden nie Energie zum Nulltarif bekommen. Das darf man den Menschen nicht sagen. Aber wir können aus regenerativen Quellen auf einem berechenbaren Preisniveau auf Dauer verfügbar Energie zur Verfügung stellen.

Dessen ungeachtet möchte ich noch hinzufügen: Für die deutsche Wirtschaft ergeben sich Chancen, wenn wir in diesem Bereich - wie z. B. die Firma Enercon oder andere - Weltmarktführer in Forschung und Entwicklung sind und dort neue Märkte und damit auch Arbeitsplätze erschließen.

Wir haben ein neues Energieziel: Wir müssen die Energieeffizienz steigern. Wir müssen Energie sparen. Wir müssen voll auf regenerative Energie setzen. Wir müssen gemeinsam in die solare Weltwirtschaft gehen. Gehen Sie mit uns! Dann sind Sie bei der Zukunft. Sonst gehören Sie zu den ewig Gestrigen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist leider etwas kurz geraten, was ich jetzt ausführen durfte. Sonst wäre es noch viel inhaltsvoller geworden. Damit wir alle mit dem Energiesparen anfangen können, übergebe ich den drei anderen Fraktionen eine neue Broschüre zur Energieeffizienz. Fangen Sie in Ihren Büros und auch in den Ministerien damit an. Das ist schon ein erster Schritt. - Danke.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Wir haben schon eine Energiesparinitiative auf den Weg ge- bracht, lieber Herr Kollege!)

Für die FDP-Fraktion Herr Kollege Dürr, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haase, es wundert mich ein bisschen, dass Sie nicht ganz laut die Landesregierung für Ihr Energiesparmobil gelobt haben. Diese Landesregierung hat immerhin gemeinsam

mit dem NABU das Energiesparmodell auf den Weg gebracht. Sie hat damit angefangen. Sie bringen es da leider nur zu Worthülsen. Die Landesregierung bringt es an der Stelle zu echten Taten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Unter Punkt 1 a der Tagesordnung haben wir schon über einen Teil des Problems gesprochen. Eine ideologisierte Energiepolitik führt zu hohen Kosten für die Verbraucher. Darüber hinaus sind auch Energiepreise und Versorgungssicherheit entscheidend für den Standort Deutschland und für die Arbeitsplätze.

Ich will dazu ein Beispiel aus Niedersachsen bringen, nämlich aus der Stadt Wilhelmshaven. In Wilhelmshaven reden wir zurzeit sehr viel über den JadeWeserPort. Aber Wilhelmshaven ist auch ein Chemiestandort, ein ganz wichtiger Chemiestandort sogar. Dort sind Energiepreise und Versorgungssicherheit wichtiger als die Lohnkosten.

Energiepreise und Versorgungssicherheit sind also auch für Arbeitsplätze in Niedersachsen wichtig. Das wird von Ihnen leider immer beiseite geschoben. Es rächt sich jetzt, dass die alte Bundesregierung kein Energiekonzept hatte. Nach den bisherigen Äußerungen von Herrn Gabriel bin ich nicht gerade zuversichtlich, dass sich daran in Zukunft etwas ändern wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Walter Meinhold [SPD]: Das beruhigt mich!)

- Mich beruhigt nicht, Herr Kollege Meinhold, dass es kein Energiekonzept bei Herrn Gabriel gibt. Ich finde das schade. Das sage ich Ihnen ganz deutlich. Wenn Sie die Brisanz der Situation nicht erkennen, ist das insbesondere in Ihrem zweiten Job - meines Wissens als Aufsichtsratvorsitzender der Stadtwerke Hannover AG

(Bernd Althusmann [CDU]: Und Bohrinselbesucher!)

umso trauriger, meine Damen und Herren.

Es geht bei dem Thema Energiepolitik um drei Punkte: erstens Preisgünstigkeit, zweitens Versorgungssicherheit und drittens Umweltverträglichkeit.

(Beifall bei der FDP)

In Bezug auf die Umweltverträglichkeit sind wir wohl mit der Opposition politisch auseinander. Ich

erinnere mich an mehrere Debatten hier im Landtag zur Energiepolitik, in denen wir Ihnen vorgehalten haben, dass Deutschland nach Ihrer Rechnung auch wegen des Ausstiegs aus der Kernenergie am Ende bei einem Anteil von 80 % bei den fossilen Energieträgern steht. Die Folgen für den CO2-Ausstoß und das Klima brauche ich hier wohl nicht zu unterstreichen. Die Folgen für die Importabhängigkeit - das hat Herr Kollege Thiele vorhin schon deutlich gemacht - und die Folgen für die Produktionskosten kann sich jeder ausmalen. Sie - ich erinnere mich an Äußerungen von Herrn Kollegen Wenzel - haben immer wieder bestritten, dass in Ihrem so genannten Energiekonzept ein Anteil von 80 % bei den fossilen Energieträgern vorgesehen ist. Das würde auch schlecht zu Ihren Plakaten mit Überschriften wie „Weg vom Öl“ passen. Herr Wenzel hat schon vorhin von der zeitlichen Reichweite von Öl und Erdgas gesprochen.

Aber auch die SPD hat immer wieder weit von sich gewiesen, dass sie den Anteil der fossilen Brennstoffe erhöhen will. Daher ist es gut, dass unser aller Bundesumweltminister Gabriel - ich zitiere ihn heute gerne noch einmal - in der Sache Klarheit geschaffen hat. Herr Gabriel hat am Donnerstag, dem 1. Dezember 2005, im Deutschen Bundestag in einer Debatte zum Thema Energiepolitik erklärt - ich zitiere -:

„SPD und Grüne hatten sich vorgenommen, bis zum Jahr 2020 20 Prozent der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung zu nutzen. Es bleibt bei diesem Ziel. Dies ist ein bereits ambitioniertes Ziel, das wir sogar übertreffen zu können hoffen. Aber am Ende bleiben 80 Prozent der Energieerzeugung bei fossilen Brennstoffen übrig.“

Meine Damen und Herren, dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Wenzel hat vorhin einen wichtigen Punkt angeführt: Wir müssen die erneuerbaren Energieträger lastfähig machen, wir müssen die Windenergie lastfähig machen, und dafür ist das derzeitige Gesetz, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, genau der falsche Weg. Aufgrund der Regelungen dieses Gesetzes werden die Windenergie und die Solarenergie 1:1 in das Netz eingespeist, was letztlich

- kommen Sie einmal in den Landkreis Oldenburg; dort haben wir zurzeit heftige Debatten zu dem Thema leider hunderte von Kilometern an Stromleitungen erfordert. Deswegen sind Speichertechnologien sehr wichtig. Sie könnten die Landesregierung an der Stelle für ihre Landesinitiative „Brennstoffzelle“ loben.

Aber am Ende bleibt festzuhalten, dass die Überschrift des Beratungsgegenstandes der CDU zur Aktuellen Stunde „Vorrang für Versorgungssicherheit und bezahlbare Energie“ absolut richtig ist. Sie können sich von Verantwortung nicht freimachen, meine Damen und Herren. Ich erinnere mich an Äußerungen von Ihnen, dass hohe Energiepreise auch Vorteile hätten. Jetzt aber werden hier auch auf Ihrer Seite, meine Damen und Herren, Krokodilstränen vergossen. Das ist unredlich! Es bleibt festzustellen: Wir brauchen einen technologieoffenen Energiemix. Das ist am Ende der einzige Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Wenzel. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Thiele, es ist bedauerlich, dass wir die beiden Tagesordnungspunkte nicht zusammenlegen und im Zusammenhang diskutieren konnten; denn dann hätte Ihnen die Präsidentin auch nicht gleich am Anfang der Rede den Saft abdrehen müssen. Das ist natürlich immer bedauerlich.

Bedauerlich ist auch, dass Sie sich jetzt hier hinstellen und den Atomkraftpakt von Ihrem Ministerpräsidenten, von Herrn Koch und von Herrn Oettinger hier wider besseres Wissen verteidigen müssen. Es erinnert mich manchmal schon an eine Form von Gehirnwäsche, so wie sich hier ein Redner nach dem anderen hinstellt und ein Glaubensbekenntnis für die Atomkraft abgibt. Viele Minister machen das auch außerhalb, wenn sie über Land reisen. Das hat mittlerweile fast einen rituellen Charakter angenommen.

(Christian Dürr [FDP]: Herr Wenzel, was hat das mit Windenergie zu tun?)

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal Folgendes deutlich machen, meine Damen und Herren: Energietechnik, Energiespartechnik und Energieeffizienztechnik werden künftig unsere Hauptexportprodukte sein, weil wir aufgrund der Politik der Bundesregierung in den letzten Jahren hier in vielen Bereichen bereits Marktführer geworden sind oder uns unter den Marktführern befinden. Das wird auch die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land maßgeblich bestimmen.

Ich habe soeben über Wettbewerb gesprochen. Wettbewerb ist ganz wichtig, um wettbewerbsfähige Preise zu erzielen - für unsere Industrie, aber natürlich auch für Privatkunden. Das wird aber nichts daran ändern, dass aufgrund der von Knappheit geprägten Bedingungen der Ölpreis weiter steigen wird. Das sind zwei Zusammenhänge, die unterschiedliche Wirkungen entfalten und die man im Kontext diskutieren muss. Aber weil das so ist, müssen wir diese Schritte jetzt einleiten.

(Christian Dürr [FDP]: Sie wollen doch 80 % fossile Energien!)

Deshalb, Herr Dürr, ist das auch eine soziale Frage, und deshalb ist es wichtig, deutlich zu machen, dass heute ein Fünfliterhaus eigentlich Standard sein sollte, dass wir aber auch schon Dreiliterhäuser oder Häuser bauen können, die sozusagen noch Nettoenergie gewinnen. Schauen Sie sich Ihre Landesliegenschaften an, die Sie noch nicht einmal sanieren wollen! Das sind eher Zwölf- bis Siebzehnliterhäuser. In dem Bereich können Sie von heute auf morgen schon eine ganze Menge machen.

Meine Damen und Herren, wir müssen auch aufpassen, dass es uns nicht so ergeht wie beim Faxgerät oder beim Hybridmotor. Da waren wir das Land der Ideen - wunderbar! -, wir haben das ausgetüftelt. Aber wer hat hinterher das Geschäft gemacht? - Die Japaner oder irgendwelche anderen Länder, die es geschafft haben, diese Produkte zur Marktreife zu bringen, haben das Geschäft gemacht. Das ist doch die entscheidende Frage! Man darf nicht nur das Land der Ideen sein, sondern man muss auch das Land der Umsetzung sein, Herr Dürr, und man muss die Produkte dann auch an den Markt bringen.