Ich weiß ja noch um das Gejammere, das wird zu teuer. Man jubelte das zu Zig-Millionen-Beträgen hoch, die das alles kosten würde. Aber wenn ich jetzt die Schulträger und deren Kämmerer und Haushälter, aber auch die Schulleiter an der Strippe habe und frage, ob sie Probleme oder Bedenken haben, ob das überhaupt geht, dann sagen die: Machen Sie sich keine Sorgen, das kriegen wir schon hin. Da machen wir eine Außenstelle, da haben wir Räumlichkeiten, und dann trauen wir uns zu, das hinzubekommen. - Das nehme ich ihnen auch so ab.
Herr Minister, das vermehrte Angebot von Ganztagsschulen ist ja auch eine Antwort auf das PISADesaster, und es ist auch eine Antwort darauf, dass mehr für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan werden muss.
Die Halbtagsschule hat in Deutschland eine lange Tradition. Aus den von mir genannten Gründen ist das Angebot der vorherigen Landesregierung, nur zwei Nachmittage verpflichtend und zwei Nachmittage freiwillig zu machen, ein Kompromiss auf dem Weg dahin, Ganztagsschulen in unserem Land einzuführen bzw. besser zu verankern.
Wenn Sie jetzt das Angebot nur noch freiwillig machen, dann habe ich den Eindruck, dass Sie der Ganztagsschule nicht mehr - -
Messen Sie der Ganztagsschule noch die Bedeutung zu, die sie unter der SPD-Landesregierung hatte, im pädagogischen und im familienpolitischen Sinne?
Verehrte Frau Kollegin, Sie haben auf die Tradition der Halbtagsschulen hingewiesen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich habe den Wert unserer voll betreuten Halbtagsschulen in Niedersachsen erst richtig erfasst und erkannt, als sich meine Amtsvorgängerin im Zuge der Einführung der Verlässlichen Grundschule daran gemacht hat, alle Standorte der voll betreuten Halbtagsschulen abzuschaffen. Ich habe das bedauert. Wenn wir mehr Geld gehabt hätten, hätten wir möglicherweise mehr Standorte für volle Halbtagsschulen eingerichtet.
Ich bin zunächst einmal froh, dass wir mit dem jetzigen Schulgesetz sagen können: Die Standorte der voll betreuten Halbtagsschulen, die wir haben, die gut profiliert sind, die gut funktionieren, die bleiben auch erhalten, die haben, wenn Sie so wollen, so eine Art Bestandsschutz. Da geht es um über 200 Standorte, und das ist auch gut so.
Sie werden gemerkt haben, dass sich im Laufe des Diskussionsprozesses der letzten Jahre bei den Christdemokraten und den Freien Demokraten,
also der jetzigen Regierungsseite, die Sichtweise ganz deutlich pro Ganztagsschule geöffnet hat. Wir sagen jetzt: Aus der gesellschaftspolitischen Situation heraus ist - das mag dem einen oder anderen vielleicht nicht gefallen - der Bedarf an zusätzlichen Ganztagsschulstandorten durchaus da. Deswegen haben wir das immer bejaht, und deswegen geht das auch diesen Weg. - Das vielleicht als grundsätzliche Anmerkung. Also, wir gewichten die Ganztagsschulen durchaus positiv.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Oh, Herr Gabriel ist wieder da! Kommt rein und stellt eine Frage! - Bernd Althus- mann [CDU]: Kommt rein, setzt sich hin, stellte eine Frage und geht wieder raus!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, weil wir eben Ihre Antwort auf die Frage nach der Finanzierung des Ausstiegs aus der Orientierungsstufe so begeistert zur Kenntnis genommen haben, habe ich eine Frage an Sie. Sie haben erklärt - das war Ihre Argumentation -, der Ausstieg innerhalb eines Jahres fordert die Schulträger finanziell nicht heraus, denn es sind ja genauso viel Schüler. Würden Sie sagen, dass Sie, als Sie als Oppositionspolitiker Busemann behauptet haben,
(Bernd Althusmann [CDU]: Können Sie mal zur Frage kommen! David McAllister [CDU]: Fragen oder raus- gehen!)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Busemann, da Sie damals ja behauptet haben, der Umstieg in fünf Jahren sei so ungeheuer teuer: Würden Sie sagen, dass Sie sich bei Ihren Briefen an die kommunalen Spitzenverbände geirrt haben?
- Sie haben die Frage offenbar nicht nachvollzogen. - Die Frage ist: Haben Sie sich damals, als Sie den kommunalen Spitzenverbänden mitgeteilt haben, der Ausstieg aus der Orientierungsstufe sei so unglaublich teuer, geirrt, oder haben Sie bewusst Panik gemacht?
Sehen Sie, Herr Gabriel, bei manchen Fragen - wie setzt man das um, wie schnell ist das machbar? tastet man sich zu den Entscheidungen ja erst hin.
Das ist der Unterschied zu Ihnen: Sie hauen nachts eine Ideenskizze raus, verzapfen eine Förderstufe, und jetzt sitzen Sie in der Opposition.
Wir machen das schrittweise. Bei uns kann man auch nachdenken, ohne gleich den Mund aufzumachen, und am Ende kommen dabei gute Gesetze heraus.
Ich will Ihnen sagen: Wenn man - bei einer anderen Streitlage! - an die Fragen herangeht: Wie sieht das mit der Abschaffung der Orientierungsstufe aus? Brauchen wir dafür eine gewisse Zeitspanne? Wie kriegen wir das gesetzlich hin? Wie kriegen wir das mit der Umsetzung hin? Wie kriegen wir das mit den Kosten hin? - -
- Ja, natürlich! - Diese Zeitschiene haben wir an den Bedarf angepasst, weil wir die Bürger nämlich ernst nehmen.
Das ist ja ein Flächenbrand, eine Massenbewegung geworden, die sich dann am 2. Februar artikuliert hat, Herr Gabriel. Die hat gesagt: Die Förderstufe muss verhindert werden! Weg mit der Orientierungsstufe! Seht zu, dass ihr die Orientierungsstufe abschafft!
Sie glauben gar nicht, was ich nach dem 2. Februar alles zu tun hatte! Ich dachte, ich müsste der Öffentlichkeit nun schrittweise beibringen, dass es mit der Abschaffung der O-Stufe schneller gehen muss. Aber: Bei mir liefen die Telefondrähte heiß, und es hieß immer: Weg mit der O-Stufe, das ist richtig so! Herr Minister, Herr Wulff, machen Sie das ganz schnell! - Also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, wie wir das möglichst schnell hinbekommen, um den Bedarf entsprechend zu bedienen.
Sehen Sie, Politik ist ein hartes Geschäft. Manchmal mag man morgens nicht in die Zeitung gucken; sondern legt sie lieber zur Seite. Heute habe ich, ehrlich gesagt, die Zeitung gerne gelesen wie auch die Kolleginnen und Kollegen. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Herr Minister Busemann, meine Frage war, ob Sie sich von Ihren damaligen Äußerungen, der Umstieg sei für die Kommunen nicht zu bezahlen, jetzt distanzieren. Diese Frage haben Sie nicht beantwortet.
Wenn Sie allerdings auf die Orientierungsstufe und auf die Förderstufe eingehen, dann frage ich Sie: Können Sie dem geschätzten Haus nach Ihrer Korrektur hinsichtlich des Ausstiegs einmal den Unterschied zwischen der Förderstufe und dem jetzigen Modell von CDU und FDP, wonach die Schullaufbahnentscheidung nach Klasse 6 getroffen werden soll - also eine angebundene Klasse 5 und 6 an den weiterführenden Schulen existiert -, erklären?