Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

als Sie meinten, Herrn Jüttner vorhalten zu müssen, er habe Ihnen einen Trümmerhaufen hinterlassen,

(Christian Dürr [FDP]: Das stimmt nicht!)

was eigentlich eher auf Sie selbst zurückfällt. Vor dem Hintergrund dieser Aussage frage ich Sie, ob Sie uns erklären können, warum Sie sich in Ihrer vermeintlichen Entlastungserklärung, die Sie hier vorgelegt haben, bezüglich der Chronologie auf den Zeitraum von 2001 bis 2004 beziehen, der ja nachweislich in genau diesen Verantwortungsbereich fällt. Können Sie bitte dem Hause erklären, warum Sie, seit Sie Mitte 2004 durch das NLÖ Kenntnis erhalten haben, entsprechend Ihrer eigenen Auflistung absolut untätig geblieben sind?

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung Herr Minister Sander! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Frage nach dem Trümmerhaufen angeht, so glaube ich, Herr Kollege Dehde, haben Sie das ganz klar und deutlich verstanden.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Ja, so wie Sie es gemeint haben!)

Wir haben sehr gute Beamte im Umweltministerium. Aber was ist, wenn die Beamten falsche Vorgaben bekommen? Das bezog sich lediglich auf die falsche Politik, die Sie betrieben haben.

(Beifall bei der FDP - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Aber erst seit 2003!)

Zur weiteren Frage, Herr Kollege Dehde, habe ich Ihnen nachweislich gesagt - Sie hatten danach gefragt -, was seit 2004 geschehen ist -: die Übertragung auf die Gewerbeaufsichtsämter. Gemeinsam mit den Gewerbeaufsichtsämtern ist immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die TA Siedlungsabfall vom 1. Juni an gilt. Weil sie gilt, muss sie auch eingehalten werden.

(Beifall bei der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin Zachow!

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Mich wundert das. Wir tun immer so, als sei die TASi über Nacht gekommen. Sie ist zwölf Jahre alt, und heute stehen wir vor den Problemen.

Lassen Sie mich auf Südostniedersachsen kommen. Damals war eine Verbrennung in Northeim geplant. Zu dieser Verbrennungsanlage ist es aus unterschiedlichen Gründen nicht gekommen, u. a. auch aus ideologischen Gründen. Ich frage Sie, Herr Minister: Können Sie bestätigen, dass exakt in jener Zeit das Haus Griefahn vor wahnsinnigen Überkapazitäten bei Müllverbrennungsanlagen gewarnt hat?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die Landesregierung: Herr Minister Sander, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Der Zustand, den Sie in Südniedersachsen beschrieben haben, entspricht den Tatsachen. Es gab die Richtlinie aus dem Umweltministerium, auf die ich nur ganz kurz verwiesen habe. Wenn Sie in diese Richtlinie hinein

schauen, dann erkennen Sie, dass darin diese Probleme aufgezeigt worden sind. Sie haben aber ebenfalls gesagt, dass dafür nicht sachliche, pragmatische Gründe, sondern rein ideologische Gründe verantwortlich waren, weil man das nicht wollte. Ich hatte ja das Zitat von Frau Griefahn gegenüber dem Kollegen Grill, das allein schon für sich spricht, gebracht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage: Herr Professor Dr. Lennartz!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung und speziell Herrn Umweltminister Sander: Halten Sie die Vorschläge, die Sie im Rahmen einer Bundesratsinitiative zur zeitlich begrenzten Wiedereröffnung von Deponien unterbreiten, für mit dem europäischen Abfallrecht vereinbar?

(Beifall bei der FDP)

Für die Landesregierung: Herr Minister Sander. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Herr Kollege Lennartz, ich danke Ihnen recht herzlich für diese Frage, weil sie mir die Gelegenheit gibt, darauf hinzuweisen, dass die neue Bundesregierung jetzt und die Landesregierung seit 2003 immer wieder einfordern, europäisches Recht 1 : 1 umzusetzen. Die Möglichkeit der zeitlich begrenzten Ausnahme steht nicht im Widerspruch zu der europäischen Regelung. Das heißt, wir könnten bei tatsächlichen Notständen sehr viel flexiblere Möglichkeiten nutzen; darüber hinausgehen möchte ich nicht.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das stimmt nicht! Das ist eine Auslegung!)

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir uns in der Zeit, als Sie noch Regierungspräsident waren und Sie in gewisser Weise für MBAs werben mussten und auch davon überzeugt waren, immer auf sehr praktikable Lösungen verständigt haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Althusmann.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie wissen, dass ich selten zu Polemik neige.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Von daher sei mir der Hinweis gestattet, dass die Kommunen in Deutschland immerhin zwölf Jahre lang Zeit hatten, sich auf die Situation vorzubereiten - das hat die Kollegin Zachow gerade deutlich gemacht -, und man nicht dem Fehler unterliegen sollte, diejenigen zu bestrafen - das haben Sie, Herr Wenzel, im Übrigen vorhin falsch dargestellt; umgekehrt ist es richtig -, die schon Vorsorge getroffen haben. Aber das sei nur am Rande bemerkt.

Da aber vorhin die SPD-Fraktion im Anfall eines Herdentriebes immer wieder ein Wort in den Mund genommen hat, das in mir normalerweise Glücksgefühle erzeugt, nämlich das schöne Wort „Lüneburg“,

(Heiterkeit bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das liegt da, wo die Welt noch in Ordnung sein soll!)

möchte ich den Minister fragen, ob er den derzeitigen Stand in Lüneburg kennt. Frau Präsidentin, ich zitiere jetzt aus einer öffentlichen Beschlussvorlage der Stadt Lüneburg, die allerdings erst in der nächsten Woche im dortigen Wirtschaftsausschuss, den ich leite, behandelt werden wird.

(Rosemarie Tinius [SPD]: Das ist doch ein regionales Problem!)

Dort steht zum Sachverhalt: Wie bereits vor InKraft-Treten der Abfallwirtschaftsverordnung am 01.06.2005 werden der Gesellschaft für Abfallwirtschaft in Lüneburg auch weiterhin pro Woche rund 300 Tonnen an Abfällen übergeben, für die sie keine eigene Entsorgung anbieten kann. Hierbei handelt es sich insbesondere um Baumischabfälle und gemischte Gewerbeabfälle.

In der Vorlage wird weiter ausgeführt:

„Die Geschäftsführung hat dem Aufsichtsrat dargelegt, dass die Motivation der Gesellschaft sich nicht gegen den privaten Wettbewerb richtet, sondern dass sogar in Zusammenarbeit mit diesem“

- Herr Kollege Nahrstedt

„Möglichkeiten einer notwendigen Zwischenlagerung gesehen werden.“

Herr Minister, ich gehe davon aus, dass Ihnen nicht bekannt sein kann, dass gerade aufgrund der von Ihnen geschilderten Situation die Gesellschaft für Abfallwirtschaft in Lüneburg jetzt 700 000 Euro in den Neubau einer Halle investieren will. Das konnten Sie nicht wissen. Aber Sie können es jetzt sagen. Wissen Sie es? - Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Althusmann, diese Frage bedeutet eine erhebliche Ausweitung, auch wenn zwischendurch das Stichwort „Lüneburg“ gefallen ist.

Der Umweltminister möchte antworten. Sie haben das Wort.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie ha- ben überhaupt keine Frage gestellt! - Unruhe bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Althusmann, natürlich war mir der konkrete Fall nicht bekannt. Durch Ihren Vortrag und durch die sehr gute Vorlage ist mir deutlich geworden, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn wir die Unterstützung von unseren Landräten, von den Kommunen bekommen, dann werden wir die in diesem Lande in dieser Frage bestehenden Probleme auch lösen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Die zweite und damit für sie letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Steiner!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte feststellen, dass der Umweltminister in der Beantwortung der Frage zum Einklang mit dem EU-Recht sachlich unzutreffende Ausführungen gemacht hat. Es ist kein Einklang gegeben.

Ich möchte auf die den Gewerbemüll betreffende Frage, über die vielleicht mehr Einigkeit besteht, zurückkommen. Sie haben mir zugestimmt, dass es nicht tragbar ist, dass private Entsorger Scheinverwertungen von Gewerbeabfällen vornehmen: Abkippen in irgendwelche Löcher oder in Naturschutzgebieten in Tschechien etc. Auf meine Frage haben Sie auf der einen Seite geantwortet, dass Sie dagegen nicht viel unternehmen könnten, weil es die föderalen Strukturen gebe. Sie haben aber auf der anderen Seite in Aussicht gestellt, dass Sie Lösungen schaffen, damit solche mafiösen Strukturen nicht wieder entstehen. Ich frage Sie jetzt: Sehen Sie nicht einen Zusammenhang damit, dass die Lücken zwischen anständiger Abfallentsorgung und Nachfrage im privaten Sektor aufgrund der Einführung der „privaten Entsorgung von Gewerbeabfällen“ durch die Bundesregierung unter der damaligen Bundesumweltministerin Merkel entstanden sind und nicht etwa in dem kommunal verantworteten Bereich?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)