Protokoll der Sitzung vom 23.03.2006

Hier ist nach meiner Erinnerung von der Kollegin Frau Dr. Heinen-Kljajić von der Fachwissenschaft gesprochen worden. Ich möchte jetzt in der Gestalt von Zitaten die Fachwissenschaft zu Wort kommen lassen, und zwar Herrn Dr. Arnold Jacobshagen, eine ausgesprochene Koryphäe auf dem Gebiet der Theaterwissenschaft. Sie finden ihn in Bayreuth am Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth. Dieser Herr ist nicht nur Theaterwissenschaftler, sondern er war vordem Dramaturg. Das heißt, er kennt das Theater aus eigener Anschauung. In seiner hervorragenden Ausarbeitung zum Proseminar „Organisation, Recht, Management im Theater“ aus dem Sommersemester 2004 an der Universität Bayreuth möchte ich in Erinnerung rufen, dass er dort die Vorzüge der Kooperation und auch der Koproduktion unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten beschrieben hat. Ich sage deutlich dazu: In dieser Ausarbeitung findet man, dass die Kooperation im StagioneSystem zu Einsparungen führt. Es sind aber keine Ausführungen dabei, wie sich das StagioneSystem mit dem En-Suite-Spiel verträgt. Ein wichtiges Zitat aus dieser Ausarbeitung: Allerdings scheint der Einwand, die jeweilige Einzigartigkeit des lokalen Theaterstils werde durch Kooperationen verwässert - das ist ein Einwand, den wir hören -, nur in den seltensten Fällen nachvollziehbar zu sein.

Herr Riese, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Das ist auch besser so!)

Mein allerletzter Satz. - Herr Jacobshagen führt außerdem aus - das ist etwas, was wir und bitte auch die Intendanten der niedersächsischen kommunalen Theater beherzigen sollten -: Damit Koproduktionen ihre Vorteile entfalten können, müssen sie von den Intendanzen der beteiligten Theaterbetriebe gewollt sein. - Diesen Willen müssen wir miteinander erzeugen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister Stratmann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Keine Sorge, ich werde nicht zitieren. Aber ich möchte mich dennoch bemühen, die Diskussion noch einmal auf ihren Kern zurückzuführen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten heute Nachmittag eine Aufsichtsratssitzung der Staatstheater GmbH in diesem Hause. Ich kann heute sagen, dass das Staatstheater in Hannover nicht nur inhaltlich, sondern über alles von den Experten gelobt wird. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht haben wir endlich wieder solide Verhältnisse.

Weshalb sage ich das? - Ich sage das deshalb, liebe Kollegin Bührmann, weil ich mich gut an eine Diskussion in diesem Haus vor etwa zweieinhalb Jahren erinnern kann, wo Sie quasi auch den Untergang der Staatstheater beschrieben haben, also der Theater, für die wir die Trägerschaft haben, weil wir zugegebenermaßen 2003 und 2004 in den Bereichen 5,3 Millionen Euro weggekürzt haben. Beim Staatstheater Hannover waren es prozentual sogar erheblich mehr. Dennoch haben wir heute beim Staatstheater Hannover im Vergleich zu den Jahren vor 2003 Verhältnisse, die inhaltlich und wirtschaftlich viel geordneter, viel besser sind, als es zu Ihren Zeiten der Fall war.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das heißt weiter: Das, was wir unseren Häusern zumuten - also den Häusern, für die wir die Trägerschaft innehaben -, erhebliche Kürzungen hinzunehmen und dennoch ein gutes Programm für die Menschen zu präsentieren, genau dies muten wir nicht den Häusern zu, für die wir nicht die Trägerschaft haben. Im Gegenteil, wir sagen den kommunalen Theatern in der Fläche: Das, was ihr bekommt, bekommt ihr auch weiter, und wir geben finanzielle Planungssicherheit für einen Zeitraum, der in Deutschland einzigartig ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das kann man gar nicht häufig genug betonen.

Selbstverständlich würde ich mir als zuständiger Kulturminister wieder Zeiten zurückwünschen, in denen wir sagen könnten: Ihr kriegt nicht nur Planungssicherheit, sondern ihr kriegt mehr Geld und

regelmäßig Tarifsteigerungen erstattet. - Das ist gar keine Frage. Diese Zeiten sind aber ein für alle Mal vorbei. Vermutlich stehen wir deshalb vor diesen Problemen, weil u. a. Ihre ehemalige Regierung das Geld in allen Bereichen ziemlich verprasst hat,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

als es darum ging, sich vor Ort immer wieder auf die Schultern klopfen zu lassen. Ich weiß, dass das ein schönes Gefühl ist. Natürlich ist das Geld im Kulturbereich meistens sinnvoll ausgegeben worden. Dennoch haben wir uns manches vermutlich schon vor 10, vielleicht auch vor 20 Jahren nicht leisten können. Das ist die schlichte Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Trotz der schwierigen Haushaltsprobleme, die wir haben, sagt diese Regierung: Planungssicherheit bekommt ihr. Wir schließen mit euch keinen Vertrag mehr, der jederzeit kündbar ist, sondern wir schließen mit euch Zielvereinbarungen. - Im Übrigen, Frau Dr. Andretta: Im Hochschulbereich wird das überhaupt nicht kritisiert, sondern von Ihnen eingefordert. Das ist übrigens ein Prozess, der zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraussetzt. Von Dirigismus kann also gar keine Rede sein. Wir führen in diesen Tagen und Wochen Gespräche mit den Betroffenen vor Ort, mit den zuständigen Trägern und versuchen, in diesen Gesprächen konsensual etwas zu erreichen, was unsere Theaterlandschaft in Niedersachsen insgesamt voranbringt. Wer uns dafür kritisiert, den muss ich als jemanden bezeichnen, der noch nicht verstanden hat, dass sich die Zeiten in dieser Republik geändert haben.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Oha!)

Selbst vor diesem Hintergrund gibt das arme Land Niedersachsen, relativ gesehen, immer noch viel Geld für seine Theater aus und kürzt erheblich weniger, als es derzeit beispielsweise in viel reicheren Ländern der Fall ist. Wir finden das gut, weil Kultur für uns ein extrem wichtiges Thema ist. Kultur ist für uns eines der Schwerpunktthemen. Wir stehen dazu. Es gibt überhaupt keine Veranlassung, uns dafür von dieser Seite zu kritisieren. Im Gegenteil. Wir sind stolz darauf, dass wir trotz der schwierigen Bedingungen etwas erreicht haben, wofür uns andere beneiden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 48: Erste Beratung: Gleichbehandlung für Frauen auch im niedersächsischen Strafvollzug gewährleisten! - Teil II - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/2723

Der Antrag wird von Frau Müller eingebracht. Ich erteile ihr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit zwei kurzen Vorbemerkungen beginnen.

(Unruhe)

Frau Müller, warten Sie einen Augenblick, bis es hier ruhiger geworden ist und diejenigen, die Gespräche führen wollen, nach draußen gegangen sind. - Warten Sie bitte noch einen Augenblick. Ich sehe immer noch Leute, die stehen und Gespräche führen, anstatt nach draußen zu gehen. - Auch hinten in der Ecke der SPD und der Grünen werden Gespräche mit Leuten geführt, die in der Loge sitzen. Bitte gehen Sie nach draußen! - Herr Meyer, bitte führen Sie die Gespräche draußen.

Frau Müller, Sie haben das Wort.

Erste Vorbemerkung: Sie wissen alle, dass draußen in der Lobby eine Ausstellung über den Vollzug stattfindet. Es ist das erste Mal, dass sich der niedersächsische Justizvollzug in diesem Hause präsentieren kann. Es geht dabei um das besondere Thema „Lernen und Arbeiten im Vollzug“. Sie können dort sehen und sich darüber informieren, wie leistungsfähig der niedersächsische Vollzug

ist. Ich meine, dass wir über alle Fraktionsgrenzen hinweg auf diese Leistungsfähigkeit unseres Vollzuges stolz sein sollten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Weiterhin kann ich vermutlich auch über alle Fraktionsgrenzen hinweg die Gelegenheit nutzen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Vollzuges von dieser Stelle aus noch einmal Danke für ihre Arbeit zu sagen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Zweite Vorbemerkung: Vor ungefähr drei Monaten haben wir uns hier schon einmal mit dem Thema „Gleichbehandlung von Frauen im Vollzug“ befasst. Damals ging es um nicht bezahlte Geldstrafen. Die Ministerin hatte damals vehement bestritten, dass es eine Ungleichbehandlung von Frauen gibt. Natürlich wurde unser Antrag abgelehnt. Tatsache ist allerdings auch - das habe ich inzwischen aus dem Frauenvollzug in Vechta gehört -, dass kurze Zeit nach der Debatte hier im Hause die Angelegenheit so geregelt wurde, wie wir es gerne haben wollten: Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen Frauen nicht mehr im geschlossenen Vollzug in Langenhagen, sie sind wieder in Vechta und können nach Überprüfung und bei Eignung dort direkt in den offenen Vollzug überstellt werden. Das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Heute geht es um - lassen Sie es mich so sagen „ganz normale“ Freiheitsstrafen. Ich will versuchen, Ihnen das, was wir wollen, an einem Beispiel zu verdeutlichen. Stellen Sie sich einen Moment lang vor: Es gibt eine Frau - nennen wir sie Frau A. und einen Mann, den wir Herrn B. nennen. Frau A. und Herr B. begehen beide völlig unabhängig voneinander eine sehr gleiche Straftat. Beide werden erwischt. Das, finde ich, ist gut so. Beide kommen vor Gericht. Das finden wir genauso gut. Beide werden verurteilt. Weil die Taten gleich waren, die Tatumstände gleich waren und weil vor dem Gesetz und vor dem Gericht kein Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht wird, werden auch beide gleich verurteilt. Frau A. bekommt zwei Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung, und Herr B. bekommt zwei Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung.

Meine Damen und Herren, bis hierhin ist alles in bester Ordnung. Aber danach beginnt die Ungerechtigkeit. Die haben Sie, Frau Ministerin, ganz persönlich zu verantworten. Jetzt müssen nämlich Frau A. und Herr B. zum Strafantritt geladen werden. Das macht in der Regel ein Rechtspfleger. Der muss bekanntlich das ausführen, was das Ministerium verfügt. Der Rechtspfleger nimmt also die Akte von Herrn B., die nun mal gerade obendrauf liegt, und stellt fest: Aha, zwei Jahre ohne Bewährung. - Er überprüft, ob es eine Vorstrafe gab: Ja, da war eine. Herr B. hat schon mal irgendwann vier Monate lang gesessen. - Der Rechtspfleger schaut in den Einweisungs- und Vollstreckungsplan des Justizministeriums und stellt fest, dass Herr B. nach diesem Plan in den offenen Vollzug zu laden ist. Wir sagen auch hier: Das ist gut so.

Dann folgt der nächste Akt. Der Rechtspfleger nimmt die Akte von Frau A. Er überprüft sie und stellt fest: Zwei Jahre ohne Bewährung wie bei Herrn B. Es gab eine Vorverbüßung, nämlich vier Monate. - Da denkt der Rechtspfleger: Gleiche Sachlage, also auch offener Vollzug. - Weil er aber ein sehr gewissenhafter Mensch ist, schaut er erst noch einmal in den besagten Einweisungs- und Vollstreckungsplan des Landes und stellt fest, dass er Frau A. im Gegensatz zu Herrn B. in den geschlossenen Vollzug laden muss.

(Heike Bockmann [SPD]: Das ist ja eine Schweinerei!)

Frau A. muss also in den geschlossenen Vollzug. So steht es in diesem Plan. Fazit: Die einjährige Haftstrafe für eine Frau wiegt offensichtlich für den Vollzug genauso schwer wie zwei Jahre Vollzug für einen Mann.

(Heike Bockmann [SPD]: Unglaub- lich!)

Das finden wir nun überhaupt nicht mehr gut, und das sagen wir auch ganz deutlich.

(Beifall bei der SPD)

Das ist für meine Fraktion Ungleichbehandlung. Das ist eine Schlechterstellung von Frauen. Das ist ungerecht und nicht verfassungskonform. Wir wollen, dass das geändert wird. Das muss geändert werden. Wir erwarten und die Öffentlichkeit erwartet, dass eine Justizministerin verfassungskonfom handelt.

(Heike Bockmann [SPD]: Und dann noch eine Frau!)

Darüber wollen wir gerne mit Ihnen in den Fachausschüssen diskutieren. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Meihsies.

Frau Präsidentin, keine Vorbemerkung und auch keine Geschichte. - Meine Damen und Herren! Wir teilen die im SPD-Antrag beschriebene Kritik, Frau Müller. Frau Ministerin, wir haben kein Verständnis für diese Formulierung im aktuellen Vollzugs-, Vollstreckungs- und Einweisungsplan. Hier liegt ganz offensichtlich eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen vor. Das kann jeder nachvollziehen, der diese Formulierung gelesen hat.